Weltmacht
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Weltmacht im Unterschied zum umfassenderen Begriff Großmacht bezeichnet einen Staat, der auf weltpolitischer Ebene wesentlichen Einfluss ausübt. Im Unterschied zum Weltreich setzt der Begriff daher das Vorhandensein einer globalen politischen Ebene voraus und ist somit für die Zeit vor dem Zeitalter der Entdeckungen nicht angemessen.[1]
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[Bearbeiten] Geschichte des Begriffs
Der Begriff Weltmacht wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert geprägt. Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm führt als ersten Beleg eine Passage bei Leopold von Ranke von 1868 an[2] Der Begriffsinhalt war dabei stark an der Machtstellung Großbritanniens als Mutterland des britischen Weltreichs orientiert.
[Bearbeiten] Entwicklung des Weltmächtesystems
Ein System der Weltmächte entstand im Zeitalter des Imperialismus, als einige Großmächte, insbesondere Russland, die Vereinigten Staaten und Deutschland versuchten, die Machtstellung Großbritanniens zu erreichen oder gar zu übertreffen. Der Erste Weltkrieg lässt sich in diesem Sinne als Kampf um eine Weltmachtstellung interpretieren.[3].
Im Zweiten Weltkrieg strebten dann Japan und Deutschland eine Weltmachtposition an. Das Ergebnis des Krieges war dann, dass allein USA und Sowjetunion Weltmachtstatus bewahrten. Ihre gegenüber den Weltmächten des imperialistischen Zeitalters noch herausgehobenere Position als Führungsmächte von Ost- und Westblock fand in der Wortprägung Supermacht seinen Ausdruck. Nach dem Zerfall der Sowjetunion blieben die USA als einzige Weltmacht zurück. Für diese neue Machtstellung hat der französische Außenminister Hubert Védrine den Begriff Hypermacht geprägt.
[Bearbeiten] Verwendung des Begriffs
Zum einen bezeichnet Weltmacht eine etablierte Macht, die die bestehende Ordnung aufrecht erhält, wie es Großbritannien zur Zeit des Britischen Imperiums und USA und Sowjetunion zur Zeit des Ost-West-Konflikts waren und die USA als einzige Weltordnungsmacht seit 1990 sind. Zum anderen spricht man vom Aufstieg zur Weltmacht, wenn eine Großmacht versucht, in den Kreis der Weltmächte vorzustoßen, wie es im Zeitalter des Imperialismus das wilhelminische Deutsche Reich tat und gegenwärtig China zu unternehmen bereit ist.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Vjaceslav I. Dasicev: Moskaus Griff nach der Weltmacht. Die bitteren Früchte hegemonialer Politik. Mittler, Hamburg u. a. 2002, ISBN 3-8132-0798-6.
- Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschlands 1914/1918. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-0902-9.
- Xuewu Gu, Hanns W. Maull: Die prekäre Weltmacht. Grundzüge der Außenpolitik Chinas im 21. Jahrhundert. Nomos, Baden-Baden 2005.
- Christian Hacke: Zur Weltmacht verdammt. Die amerikanische Außenpolitik von J. F. Kennedy bis G. W. Bush. 2. Aufl., Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2003.
- Emmanuel Todd: Weltmacht USA. Ein Nachruf. Piper, München/Zürich 2003, ISBN 3-492-04535-9.
- Immanuel Wallerstein: Absturz oder Sinkflug des Adlers? Der Niedergang der amerikanischen Macht. VSA-Verlag 2004, ISBN 3-89965-057-3.
[Bearbeiten] Weblinks
- Thorsten Benner, Jan Martin Witte: Brücken im globalen System. Neues Leitbild für internationale Organisationen. In: Internationale Politik. 56. Jahrgang, Nr. 5, 2001, S. 1–8.
- Heinz Brill: Strategische Allianzen in der internationalen Politik. In: Österreichische Militärische Zeitschrift. Nr. 5, 2002.
- Andreas Bummel: Weltordnungsdiskurs in der Krise. Nationalstaatliche Souveränität als anachronistisches Paradigma. In: Blickpunkt Zukunft. 23. Jahrgang, Nr. 40, 2003.
- Wolfgang H. Reinicke, Thorsten Benner: Politik im globalen Netz. Globale Politiknetzwerke und die Herausforderung offener Systeme. In: Internationale Politik. 54. Jahrgang, Nr. 8, 1999, S. 25–32.
- Artikel des Global Public Policy Institute zum Thema
- Bertelsmann Stiftung, TNS Emnid: Global Policy Council. Who Rules the World? World Powers and International Order (PDF), Repräsentative Umfrage und Ergebnis, Berlin, 2. Juni 2006
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Auch wenn er seit Ende des 19. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebrauch nicht selten auch für frühere Epochen verwendet wird, z. B. von Hans von Zwiedineck-Südenhorst in Venedig als Weltmacht und Weltstadt, Bielefeld 1899/1906.
- ↑ Da traf die orientalische weltmacht, die über zertrümmerten [...] reichen errichtet worden, zuerst mit den kernlanden des occidentalischen lebens [...] zusammen (RANKE s. w. 3 (1868)).
- ↑ Vgl. Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschlands 1914/1918 (siehe Literaturverzeichnis) und die sich daran anschließende Diskussion.