Globalisierung
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Unter Globalisierung versteht man den Prozess der zunehmenden internationalen Verflechtung in allen Bereichen (Wirtschaft, Politik, Kultur, Umwelt, Kommunikation etc.). Diese Intensivierung der globalen Beziehungen geschieht auf der Ebene von Individuen, Gesellschaften, Institutionen und Staaten. Als wesentliche Ursachen der Globalisierung gelten der technische Fortschritt (siehe auch: Digitale Revolution), insbesondere in den Kommunikations- und Transporttechniken, sowie die politischen Entscheidungen zur Liberalisierung des Welthandels. Ab welchem Zeitpunkt man von Globalisierung sprechen kann, ist umstritten.
Begriff und Bedeutungen
Der Begriff Globalisierung wurde zunächst in den Sozialwissenschaften geprägt, 1961 taucht Globalization erstmals in einem englischsprachigen Lexikon auf.
Den wirtschaftspolitischen Begriff der Globalisierung prägte Theodore Levitt (1925-2006), ein deutscher Emigrant [1] und ehemaliger Professor an der Harvard Business School 1983 mit dem Artikel "The Globalization of Markets" [2] in der Harvard Business Review.[3] Innerhalb des deutschsprachigen Raums verbreitete sich diese Bedeutung des Terminus' nach 1990 in der öffentlichen Debatte.
Eine andere, weniger gebräuchliche Bezeichnung ist Mondialisierung (nach dem im Französischen bevorzugten Begriff Mondialisation: Le monde heißt 'die Welt'). Einige bezeichnen den beschriebenen Prozess nicht als Globalisierung, sondern als Entnationalisierung oder Denationalisierung, um den Macht- und Bedeutungsverlust des Nationalstaates im Zuge der Globalisierung zu beschreiben.
Dimensionen der Globalisierung
Globalisierung der Wirtschaft
Kapital- und Warenverkehr
Der weltweite statistisch nachweisbare Warenhandel stieg zwischen 1948 und 2004 auf über das 27-fache, während die statistisch dokumentierte Produktion von Gütern sich nur auf knapp das achtfache vergrößerte. Die Zahl der direkten Auslandsinvestitionen stieg zwischen 1970 und 2005 von 13 auf über 900 Milliarden US-Dollar (UNCTAD: WIR 2006). Ihre bisherigen Höchstwerte von knapp 1.100 und 1.400 Mrd. US-Dollar erreichten die laufenden ausländischen Direktinvestitionen in den Jahren 1999 und 2000. Von 1980 bis 2004 stieg das Welthandelsvolumen von 2,4 auf 11,7 Billionen US-Dollar [4]. Im Jahr 2004 wurden weltweit Waren im Wert von etwa 8.900 Mrd. US-Dollar und Dienstleistungen in der Höhe von etwa 2.200 Mrd. US-Dollar exportiert. [5]
- Einfluss der Industriestaaten Moderne Industriezweige benötigen heute für ihre spezialisierten und qualitativ hochwertigen Waren Märkte, die die Nachfrage ihrer heimischen Volkswirtschaft übertreffen. Diese Märkte finden sie zu einem Großteil in anderen Industrieländern, zum Teil - insbesondere in den Konsumgüterindustrien - auch in Entwicklungsländern. Handelspolitisch treten Industriestaaten daher in der Regel für die Öffnung von Märkten gerade für hochwertige Industrieerzeugnisse ein. Die staatliche Handlungsfähigkeit in diesen Ländern wird aber z. B. dadurch eingeschränkt, dass Standorte für Firmensitze und Produktionsstätten auch nach der international verglichenen Steuer- und Abgabenbelastung gewählt werden. Dabei sind jedoch die Staaten auf Steuereinnahmen angewiesen, die von Beschäftigten bezahlt werden - sei es aus Unternehmenssteuern oder aus direkten und indirekten Steuern. Dies kann zu politischen Impulsen für unliebsame Veränderungen (z. B. Rückbau des Sozialstaates) beitragen.
- Einfluss der Schwellenländer Schwellenländer haben durch relativ niedrige Löhne bei relativ niedrigen Lebenskosten die Möglichkeit, Anschluss an die Weltwirtschaft, Wirtschaftswachstum und verhältnismäßigen Wohlstand zu erreichen. Andererseits führt Marktöffnung und Ausrichtung für Weltmärkte oft zu drastischem Strukturwandel, dessen Schattenseite der Niedergang nicht international wettbewerbsfähiger Branchen in bedeutendem Umfang sein kann.
- Einfluss der Entwicklungsländer Entwicklungsländer, die von politischer Instabilität, mangelhafter Rechtssicherheit und unzureichender Infrastruktur geprägt sind, können in der Regel selbst bei niedrigsten Löhnen kaum produktive Auslandsinvestitionen anziehen. Auf diese Weise sind Entwicklungsländer häufig vom Globalisierungsprozess ausgeschlossen, was ihre Rückständigkeit noch verstärkt. Viele dieser Länder haben zum Schutz ihrer fragilen Wirtschaftsstrukturen und zur Einnahmeerzielung relativ hohe Zölle. Andererseits werden vor allem den wettbewerbsfähigen landwirtschaftlichen Produkten aus Entwicklungsländern in den Industrieländern durch hohe dortige Importzölle oder Importkontingentierung nur limitierte Marktzutrittschancen gewährt. Zudem sind viele Entwicklungsländer vom Export nur eines Rohstoffes abhängig, sodass sich Schwankungen der Weltmarktpreise katastrophal auf deren Wirtschaft auswirken können.
- Rolle von produzierenden Unternehmen Viele Unternehmen produzieren mittlerweile weltweit (Global Players) und haben so die Möglichkeit, die unterschiedlichen Arbeitskosten-, Investitions-, Steuer- und sonstige Bedingungen in den unterschiedlichen Ländern zu ihren Gunsten innerhalb des Unternehmens zu nutzen. National operierende kleinere Unternehmen, die diese Möglichkeiten zunächst nicht haben, sind durch die Konkurrenz international operierender Unternehmen vielfach in ihrer Existenz bedroht. Viele sehen sich gezwungen, ihrerseits z. B. Arbeitsplätze in "Billiglohnländer" zu verlegen, was wiederum negative Rückwirkungen auf Arbeitsmärkte und heimische Nachfrage in "Hochlohnländern" haben kann, wenn dort keine entsprechend entlohnten neuen Arbeitsplätze entstehen.
- Einfluss von Banken und Finanzwesen Finanzintermediäre gelten dank moderner EDV als die Hauptbeschleuniger der Globalisierung, denn es lassen sich Milliardenbeträge innerhalb von Sekunden über den Globus verschieben. Andererseits stehen sie selbst in einem globalen Wettbewerb um möglichst rentable Anlagemöglichkeiten. Dies führt dazu, dass sie ihrerseits Geldanlagen mit dem Ziel hoher Profite tätigen und so soziale Aspekte in den Hintergrund treten, und andererseits selbst zu Kosteneffizienz gezwungen sind.
- Regionalisierung Globalisierung verstärkt den Druck auf einzelne Länder, sich zu regionalen Wirtschaftsräumen zusammenzuschliessen. So entstandene Freihandelszonen sind u.a. : das NAFTA in Nordamerika, die APEC im pazifischen Raum, die ASEAN in Südostasien, der Mercosur in Südamerika, die CARICOM im karibischen Raum sowie der GCC einiger Golfstaaten. Die AU ist als Zusammenschluss der afrikanischen Staaten ebenfalls zu nennen, befindet sich jedoch noch im Aufbau.
Transport und Personenverkehr
Die Zahl der Personen-Kilometer im internationalen Flugverkehr und die Transportmenge der Luftfracht hat sich seit 1950 mehr als verhundertfacht. 2004 wurden weltweit täglich über 5,1 Mio. Passagiere auf In- und Auslandsflügen befördert. Und die grenzüberschreitend beförderte Luftfrachtmenge lag im Jahr 2003 bei über 20 Millionen Tonnen. Da die Fracht im Durchschnitt 7.000 Kilometer transportiert wurde, belief sich das Luftfrachtaufkommen auf etwa 140 Milliarden Tonnen-Kilometer.[6]
Auch der Umfang der zu See transportierten Güter ist seit 1920 stark gestiegen. 2004 wurden 6,76 Milliarden Tonnen über viertausend Seemeilen transportiert. Das Seefrachtaufkommen hat sich allein in den vergangenen vier Jahrzehnten von weniger als 6.000 Milliarden Tonnen-Meilen auf über 27.500 Milliarden Tonnen-Meilen erhöht.[7] Mit der Ausweitung des Zug-, Automobil- und Luftverkehrs weiten sich der grenzüberschreitende Personenverkehr und der Tourismus aus.
Kommunikation und Internet
Die Zahl der Telefonanschlüsse am weltweiten Telefonnetz hat sich seit 1960 verzehnfacht. Neben dem Telefon entwickeln sich mit dem Mobiltelefon, der VoIP-Telefonie, der Videokonferenz über IP, dem Fax und dem Internet neue Kommunikationstechnologien. Internetbasierende Telefonie ermöglicht eine global vernetzte Zusammenarbeit durch eine praktisch kostenlose permanente Kommunikationsverbindung in hoher Qualität. Vor allem über das Internet haben sich die grenzüberschreitenden Kommunikationsprozesse vervielfacht und die Zahl der Internetanschlüsse steigt weiter exponentiell, allerdings über den Globus sehr ungleich verteilt und in totalitär regierten Ländern streng überwacht.
Globalisierung der Politik
Die Globalisierung der Politik vollzieht sich auf drei Ebenen:
- Zunahme von internationalen Vereinbarungen bzw. Verträgen (auch: Regimes = Vereinbarungs-Bündel) (je nach Zählweise mit Stand 2004 26.000 internationale Verträge);
- Zunahme von internationalen Organisationen (staatliche und nichtstaatliche) (je nach Zählweise mit Stand 2004: 5.200 oder 252 Regierungsorganisationen, 15.000 oder 6.076 Nichtregierungsorganisationen);
- Zunahme einer internationalen Öffentlichkeit bzw. einer auf globale Ereignisse gerichteten medialen Berichterstattung.
Internationaler Rechtsverkehr
Grundlage aller Globalisierung ist ein Miteinander der Völker in geregelten, rechtlichen Bahnen, eben dem internationalen Rechtsverkehr. Neben einer Vielzahl von völkerrechtlichen Verträgen ist die im Jahre 1961 beschlossene Haager Konvention Nummer 12 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung bzw. Legalisation die wichtigste Rechtsnorm. Die darin vorgesehene Entbürokratisierung und Vereinfachung des Rechtsverkehrs zwischen den Staaten hat eine Globalisierung, wie sie sich heute darstellt, erst ermöglicht. Sie ermöglicht wegen des hohen Mitgliederstandes einen beinahe weltumspannenden Rechtsverkehr, ohne dass die diplomatischen Dienste in Anspruch genommen werden müssen (siehe auch Apostille und Legalisation).
Internationale zwischenstaatliche Organisationen
Die Zunahme der Verflechtungen zwischen den Gesellschaften stellt neue Ansprüche an die Zusammenarbeit zwischen Staaten. Verschiedene internationale Organisationen sind Ausdruck der Globalisierung und prägen ihre Gestalt. Es gibt darunter Organisationen mit einer großen Bandbreite von Aufgaben ebenso wie sehr spezialisierte Organisationen. Ihre Ziele können sich widersprechen, auch sind sie sehr unterschiedlich mit Macht zur Durchsetzung ihrer Standards ausgestattet. Zu nennen sind vor allem:
UNO: Die wichtigsten Aufgaben der Vereinten Nationen sind die Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts, der Schutz der Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit.
ILO: Die International Labour Organization (dt. Internationale Arbeitsorganisation) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Die 178 Mitgliedsstaaten sind durch Repräsentanten von Regierungen sowie von Arbeitnehmern und Arbeitgebern vertreten. Schwerpunkte der Arbeit der ILO sind die Formulierung und Durchsetzung internationaler Arbeits- und Sozialnormen, die soziale und faire Gestaltung der Globalisierung sowie die Schaffung von menschenwürdiger Arbeit als einer zentralen Voraussetzung für die Armutsbekämpfung.
FAO: Die Food and Agriculture Organization ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Rom. Im deutschen Sprachraum ist die FAO auch unter den Bezeichnungen Welternährungsorganisation oder Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen bekannt.
UNEP: Das United Nations Environment Programme (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) wurde 1972 ins Leben gerufen und hat seinen Hauptsitz in Nairobi, Kenia. Trotz seines Namensbestandteils "Programm" kann es als Sonderorganisation der Vereinten Nationen betrachtet werden, in gewisser Weise analog zum deutschen Umweltbundesamt. Nach seinem Selbstverständnis ist UNEP die "Stimme der Umwelt" bei der UNO, es wirkt als Auslöser, Anwalt, Lehrer und Vermittler für den schonenden Umgang mit der Umwelt und einer nachhaltigen Entwicklung. Es arbeitet dafür mit verschiedenen Partnern zusammen, darunter anderen UN-Organisationen und anderen internationalen Organisationen, Regierungen, nichtstaatlichen Organisationen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft.
Weltbank: Die in Washington D.C. (USA) angesiedelte Weltbankgruppe hatte ursprünglich den Zweck, den Wiederaufbau der vom Zweiten Weltkrieg verwüsteten Staaten zu finanzieren. Heute hat sie die offizielle Aufgabe, die wirtschaftliche Entwicklung von weniger entwickelten Mitgliedsländern durch finanzielle Hilfen, durch Beratung und technische Hilfe zu fördern.
IWF: Der Internationale Währungsfonds spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Weltfinanzen und beim Management der internationalen Schuldenkrise. Ziele sind vor allem: die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Währungspolitik, Stabilisierung von Wechselkursen, Überwachung der Geldpolitik.
WTO: Ziel der Welthandelsorganisation ist die Liberalisierung des internationalen Handels wie auch die Stabilisierung der Weltwirtschaft.
OECD: Die Organisation for Economic Co-operation and Development ist eine Organisation der westlichen Industrieländer und hat das Ziel, deren internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit und deren Entwicklungshilfe zu fördern. Sie ist hauptsächlich in den Bereichen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, Energie (Internationale Energieagentur), Bildung und Forschung sowie in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig.
Internationale Nichtregierungsorganisationen
Neben den staatlichen spielen auch die internationalen Nichtregierungsorganisationen (auch: Nichtstaatliche Organisationen) eine zunehmende Rolle. Ihre Zahl steigt kontinuierlich; sie sind häufig stark auf die Bearbeitung einzelner Themen spezialisiert. Beispiele sind im Umweltbereich Greenpeace oder der WWF, allgemein auf die Globalisierung bezogen attac. Ihr Verhältnis zu den staatlichen Organisationen ist uneinheitlich und im Wandel begriffen; es kann je nach den beteiligten Akteuren die Form von Protesten, Lobbypolitik oder auch Zusammenarbeit annehmen.
Globalisierung der Kultur
Die Globalisierung der Kultur führt zur Hyperkulturalität[8].
Im Zuge der Globalisierung lösen sich die kulturellen Ausdrucksformen (Bilder, Klänge, Vorstellungen, Symbole, Rituale etc.) von ihrem ursprünglichen Ort und zirkulieren im globalen Hyperraum. Die Kulturen werden entgrenzt zu einer Hyperkultur. Nicht Grenzen, sondern Vernetzungen und Vermischungen organisieren den Hyperraum der Kultur. Das Nebeneinander und die Gleichzeitigkeit des Verschiedenen charakterisieren die Hyperkultur.Befürworter einer Globalisierung der Kultur sehen darin eine Entwicklung zur weltweiten Verfügbarkeit von Elementen aller Kulturen (beispielsweise Restaurants deutscher Tradition in Afrika, afrikanische Musik in Deutschland, das in England erfundene Chicken Tikka in Indien, die Inbesitznahme der englischen Sprache durch ehemalige Kolonien etc.). Die Verdrängung der einheimischen Kulturen spiele sich häufig nur auf einer oberflächlichen Ebene ab. Einflüsse würden lokal modifiziert und in die eigenen kulturellen Wertvorstellungen eingebunden. Außerdem verbessere sich die Situation von vielen Menschen bzw. Menschengruppen durch den Kontakt mit der westlichen Kultur (zum Beispiel Gleichberechtigung der Frau). Die Hyperkulturalität verweist auf die kulturelle Dynamik der Globalisierung, die über die Inter-, Multi- oder Transkulturalität hinausgeht. Des Weiteren bilde sich eine „universale“ Kultur heraus, es entstünden aber auch hybride Formen aus verschiedenen Traditionen und der Moderne (Postmoderne) – und danach der Postpostmoderne usw.
Unter Globalisierung der Kultur verstehen vor allem die Kritiker einer aus ihrer Sicht bestehenden „westlichen“ Dominanz die Ausbreitung „westlicher“ Wertvorstellungen und Lebensstile. Eine massive Verbreitung westlicher Werte findet vor allem über das Fernsehen und das Kino statt, aber auch Musik und Mode (wie zum Beispiel die Krawatte) würden weltweit vom Westen beeinflusst. Der Massentourismus in die exotischen Urlaubsländer allerdings führe – so die Kritiker – dort immer häufiger zum deutlichen Rückgang der kulturellen Traditionen, weil im Zuge einer wachsenden Abhängigkeit fast nur noch für die Touristen gelebt und gearbeitet werde.
Globalisierung führt aber nicht nur zu einer Verbreitung der „westlichen“ Kultur, sondern auch der globale Einfluss „östlicher“ Kulturen wird deutlicher. „Westliche“ Unternehmer und Politiker führen öfter die für sie im „östlichen“ Ausland besseren Umgebungsbedingungen an und stellen damit das, was für „westlich“ gehalten wird, teilweise in Frage. Das Verhalten eines Teils der „asiatischen“ Arbeitnehmer beispielsweise wird im „Westen“ nicht selten als positives Beispiel für die Wirkung „asiatischer Werte“ gesehen, die als „Dynamik“ verstanden wird, von denen man lernen könne.
So stößt nicht nur die Ausbreitung westlicher Wertvorstellungen und Lebensstile auf Kritik, sondern andererseits sehen sich auch konservativere Vertreter einer Kultur, die sie als „christlich-abendländische“ Kultur charakterisieren, von Globalisierungseffekten bedrängt. Die Auswirkungen dieser Ängste zeigen sich dann beispielsweise in der Diskussion um Quotenregelungen beim Rundfunk für deutsche und nichtdeutsche Musik oder hierzulande in der Debatte um "Leitkultur" oder der "Kopftuchdebatte".
Im Zusammenhang mit dem Konfliktpotenzial der Globalisierung auf kultureller Ebene wird oft das Schlagwort "Kampf der Kulturen" ins Spiel gebracht. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Samuel P. Huntington hat in seinem Buch "Clash of Civilizations" eine Prognose aufgestellt, nach der die Menschen in Zukunft sich nur durch den "Kampf der Kulturen" behaupten können. Kritiker bezweifeln diese Prognose und warnen davor, den "Kampf der Kulturen" als unabwendbares Schicksal anzusehen, das im Zuge einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung reale Ausmaße bekommen könne. Dieses Schlagwort solle kritisch hinterfragt werden, da es latente Konflikte unterstreiche und Möglichkeiten einer friedlichen Lösung utopisch erscheinen lasse, unabhängig von der Toleranz unterschiedlicher Kulturen untereinander sowie interkultureller Kompetenz der Verhandlungspartner.
Andere Ansichten stellen, teils unter dem Schlagwort "Glokalisierung", dem Faktor Globalisierung die Lokalisierung gegenüber. Globalisierung bedeute nicht unbedingt und nicht nur das Verschmelzen von Kulturen, sondern auch eine Stärkung von lokalen und traditionellen Aspekten. Beispielsweise wurde in China in neuester Zeit trotz vielfältiger Adaptionen im technischen und wirtschaftlichen Bereich mit aufwendigen Mitteln das alte Kaisergrab des ersten Kaisers von China restauriert. Die aus dem Ausland einströmenden Ideen führten zu der Suche nach Werten, die der chinesischen Nation eigen und unverwechselbar sind. Auf kultureller Ebene bildeten gerade Unterschiedlichkeit und Vielfalt Teilergebnisse der Globalisierung. Diese kulturelle Diversifikation werde auch von Konzernen mit globalem Absatzmarkt unterstützt, da sie in der Konkurrenz mit anderen Anbietern gezwungen sind, den Geschmack lokaler Kunden zu treffen.
Globalisierung der Sprache Weltweit dominiert die Wirtschaftssprache Englisch, deren Gebrauch sich stetig weiter ausbreitet; Englisch erhält entsprechend einen immer höheren Rang als Zweitsprache in vielen Staaten und deren Schulsystemen (erste Fremdsprache). Damit einher geht aber auch ein häufiger Gebrauch englischer Begriffe für neu erfundene Gerätschaften, Sportarten, Moden. Parallel entwickeln sich in vielen Sprachen auch Mischwörter, die in ihrer Gesamtheit im Deutschen zum Beispiel als Denglisch bezeichnet werden. International ist auch das Verschwinden von Exonymen zu beobachten. Diversifizierungstendenzen zeichnen sich auch hier ab, wenn beispielsweise US-amerikanische Oberschichtseltern ihre Kinder von eigens eingeflogenen chinesischen Kindermädchen erziehen lassen, damit sie die Sprache einer immer wichtigeren Weltmacht von klein auf lernen.
Globalisierung der Umweltprobleme
Die zwei zentralen Dimensionen der Umweltthematik sind der Ressourcenverbrauch (Input) und die Umweltbelastung (Output).
Globaler Ressourcenverbrauch
Der absolute Ressourcenverbrauch ist durch den technischen Fortschritt und das Bevölkerungswachstum gestiegen; das kann nur sehr bedingt der zunehmenden Verflechtung zugeschrieben werden.
Beim relativen Ressourcenverbrauch lassen sich Unterschiede zwischen Industrieländern, Schwellenländern und Entwicklungsländern feststellen. Der relative Ressourcenverbrauch der Industrieländer übersteigt den der Entwicklungsländer deutlich. 20% der Weltbevölkerung (die Industrieländer) nehmen 80% des Ressourcenverbrauchs für sich in Anspruch. Im Zuge des Industrialisierungsprozesses steigt der relative Energieverbrauch der Schwellenländer an. In Entwicklungsländern ist der relative Ressourcenverbrauch aufgrund fehlender Industrie, Maschinen, Fahrzeuge etc. niedriger.
Globale Umweltbelastung
Die absolute Umweltbelastung nimmt aus den gleichen Gründen zu wie der absolute Ressourcenverbrauch: technischer Fortschritt und Bevölkerungswachstum. Die Effekte nehmen in vielen Bereichen (z. B. Klimawandel) bedrohliche Ausmaße an.
Bezüglich der relativen Umweltbelastung ist die Leitfrage: Wer produziert welchen Anteil an Umweltschäden, und wen treffen die Wirkungen am stärksten?
Auch bei der Verursachung von Umweltschäden sprechen viele Untersuchungen immer noch für die oben genannte 80:20-Regel, obwohl sich das Verhältnis immer stärker zu den Entwicklungsländern neigt. Dies ist jedoch vom Schadenstyp abhängig. Wenn es um klimaschädliche Emissionen aus dem Energieverbrauch geht, so lässt sich dieser überwiegend auf die Industrieländer zurückführen. Dies gilt auch für die Produkte und Emissionen der chemisch-synthetischen Industrie. Anders verhält es sich z. B. bei Schäden, die mit der Bodenbewirtschaftung zusammenhängen. Hierbei gibt es einerseits den problematischen Einfluss der agrotechnischen Branche der Industrieländer, andererseits können nicht alle "einheimischen" Wirtschaftsformen der Entwicklungsländer als per se nachhaltig bezeichnet werden.
Bezüglich der Belastung durch ökologische Schäden ist zu fragen: Wer wird von den Schäden am meisten oder als erstes betroffen? Auch hier muss differenziert werden. Manche Schäden treten nur lokal auf, andere wie z. B. das Wüstenwachstum (Desertifikation) oder das Ozonloch treten zunächst nur in bestimmten Weltregionen auf (was sich aber in Zukunft drastisch ändern kann). Wieder andere sind davon gekennzeichnet, dass Schadstoffe nicht an Staatsgrenzen Halt machen. Deshalb treffen beispielsweise die Folgen der globalen Erwärmung bereits jetzt alle Gesellschaften auf dem Planeten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Globale Reaktionen auf globale Umweltprobleme
Die Globalisierung hat die Wahrnehmung der global auftretenden Schäden verbessert. Das betrifft v.a. die verbesserte Kommunikation, die in manchen sozialen Milieus bzw. bei manchen Funktionsträgern ein "planetares Bewusstsein" begünstigt. Die Umweltstandards in Industrieländern sind höher als in Schwellenländern und Entwicklungsländern. Im Zuge der Globalisierung werden die höheren Umweltstandards der Industrieländer zunehmend auf die Schwellenländer und Entwicklungsländer übertragen. So müssen beispielsweise Länder, die der Europäischen Union beitreten wollen, die strengeren Umweltgesetze der EU übernehmen. Effizientere Produktionsweisen führen zu Ressourceneinsparungen und Kostenvorteilen für die Unternehmen, so dass auch in den Schwellenländern langfristig eine Anpassung der Produktionsweisen stattfindet. In der Folge werden die globalen Umweltprobleme zunehmend von Regierungen und lokal, regional und international agierenden NGOs aufgrund eines erhöhten globalen Bewusstseins zum Thema gemacht.
Das internationale politische System reagiert darauf mit neuen Spezialorganisationen (z. B. UNEP, die Umweltbehörde der UNO) und Umweltregelungen / -verträgen, die, allerdings nach Meinung von Kritikern viel zu langsam, auch die Vorgehensweise der traditionellen internationalen Institutionen beeinflussen.
Gegenläufige Tendenzen
Einschränkungen durch Staaten
Hierunter fallen im Bereich Warenverkehr Zölle, Importbeschränkungen für ausländische Produkte einerseits und Exportsubventionen für inländische Anbieter andererseits; im Bereich Personenverkehr Visumspflicht bzw. -nichtgewährung, Erfordernis von Arbeitserlaubnissen etc. Auch Subventionen für inländische Produktion sind Einschränkungen der Globalisierung, wenn dadurch der Marktzugang ausländischer Produzenten erschwert wird (z. B. Subventionen für den Anbau von Zuckerrüben).
Einschränkung durch Unternehmen
Nicht nur von Ländern, sondern auch von Produktanbietern wird versucht, die Globalisierung einzuschränken. Im Warenverkehr ist ein Beispiel der Regionalcode bei DVDs und die Kriminalisierung von Abspielgeräteherstellern, Softwareentwicklern und Besitzern legal erworbener DVDs, die mit technischen Mitteln versuchen, diese konstruierte Handelsbeschränkung zu umgehen. Die Angebotsseite versucht in diesem Beispiel, durch Regionalisierung von Produkten beim globalen Verkauf die freie Wahl der Nachfrageseite beim globalen Einkauf zu begrenzen. Dass eine solche regionale Segmentierung nicht nur eine hingenommene Umgebungsbedingung, sondern ein gepflegtes Marketinginstrument sein kann, zeigt sich beispielsweise auch in den Unterschieden bei der Implementierung von Internationalisierung und Lokalisierung einerseits in kommerziellen und andererseits in freien Betriebssystemen für Computer.
Geschichte der Globalisierung
Die Frage, ab welchem Zeitpunkt man von Globalisierung sprechen kann, ist umstritten. Es gibt grundsätzlich drei Antworten darauf:
- Globalisierung sei ein ganz neues Phänomen, das in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sei
- Globalisierung habe im 15. Jahrhundert mit der europäischen Expansion über die ganze Welt begonnen
- Globalisierung sei ein uralter Trend, dieser Integrationsprozess sei so alt wie die Menschheit
Insbesondere Historiker kritisieren die Gegenwartszentriertheit der wissenschaftlichen und erst recht der öffentlichen Diskussion über Globalisierung. Diese trage zu einem falschen Bild des Phänomens bei und damit zu fragwürdigen Prognosen. Mit der Ergänzung durch die Perspektive der Historiker lasse sich ein viel genaueres Bild der Globalisierung und ihrer Ursachen zeichnen und damit auch plausiblere prognostische Schlüsse ziehen.
So will etwa der Wirtschaftshistoriker Knut Borchardt "das aktuelle Geschehen seiner prinzipiellen Einmaligkeit entkleide(n)",[9] also der Frage nachgehen, was wirklich neu an dem ist, was heute Globalisierung genannt wird. Er schlägt ein Modell vor, das mehrere Globalisierungswellen vorsieht, also historische Phasen der Zunahme der internationalen Verflechtung, die immer gefolgt waren von Phasen der Verflechtungsabnahme. Die letzte Globalisierungswelle sieht er in der Zeit von den 1840er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg. In dieser Zeit seien die Handelsverflechtung, die kommunikationstechnische Verflechtung, der Kapitalverkehr und die Migration enorm angestiegen und haben relative Zahlen erreicht, die meist erst in den 1990er Jahren wieder erreicht wurden, im Bereich Migration bis heute nicht. Mit dem Ersten Weltkrieg hörte das Wachstum der Verflechtung auf, und mit der Weltwirtschaftskrise ab 1929 nahm die Verflechtung wieder ab. Als Ursachen der Verflechtungszunahme sieht Borchardt
- bedeutende technische Innovationen (Produktionstechnik, Verkehrstechnik, Kommunikationstechnik),
- die seit Jahrhunderten vor sich gehende Expansion Europas, sie "erschloss" riesige Gebiete mit ihren Lagerstätten und fruchtbaren Böden für die europäischen Zentren und schuf große Räume mit sehr unterschiedlichen Produktionskosten,
- wichtige außenhandelspolitische Entscheidungen der Nationalstaaten: Seit den 1840er Jahren ist der Trend in Richtung Liberalisierung zu beobachten. Diesem folgte ab den Wirtschaftskrisen der 1870er Jahre ein Trend in Richtung gemäßigter Protektionismus; dieser war ein wichtiger Teil eines politischen Pakets sozialer Kompromisse, die eine Aufrechterhaltung der internationalen Verflechtung erlaubten; damit machten die Globalisierungsgewinner den Globalisierungsverlierern Zugeständnisse. Durch den gemäßigten Protektionismus wurde die Verflechtungszunahme nicht behindert, Borchardt stellt sogar die Hypothese auf, der gemäßigte Protektionismus habe die Globalisierung durch die Abfederung sozialer Härten und die Milderung sozialer Konflikte gefördert. Als empirischer Beleg dient ihm die Tatsache, dass mit dem gemäßigten Protektionismus die internationale Verflechtung weiterhin stark zunahm.
Diese wachsende Verflechtung war den Zeitgenossen durchaus bewußt, sie wurde intensiv öffentlich diskutiert. Schon zur Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieb Friedrich Engels in einer 1847 veröffentlichten Schrift Phänomene, die heute mit wirtschaftlicher Globalisierung in Zusammenhang gebracht werden.
„Die große Industrie hat schon dadurch, daß sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung miteinander gebracht, daß jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern geschieht.“
– Friedrich Engels: Grundsätze des Kommunismus 1847
Auch vor der Globalisierungswelle des 19. Jahrhunderts sind verschiedene Phasen der Zu- und Abnahme der Verflechtung zu beobachten, worauf die wirtschaftshistorische und generell historische Forschung seit mindestens den 1930er Jahren hinweist. Diskutiert werden z. B. die Verflechtung Europas im Mittelalter, die ganz Eurasien umfassenden Fernhandelsverbindungen in der Antike oder auch die Handelsverbindungen der Hochkulturen Ägyptens, Mesopotamiens und der Induskultur.
Diskussion
Die Auswirkungen der Globalisierung werden sehr kontrovers diskutiert:
Vorteile
Als positive Auswirkungen der Globalisierung werden u. a. genannt:
- Globalisierung fördere das Wachstum, erhöhe den Wohlstand und schaffe mehr Warenvielfalt. Globalisierung sei keineswegs eine Auseinandersetzung um einen weltweit fest vorgegebenen Wohlstand, in dem der eine gewinnt, was der andere verliert.
- Durch weltweit wachsende Arbeitsmärkte steigen die Exporte, andere Güter würden billiger importiert als selbst produziert und schaffen in ihren Herkunftsländern mehr Einkommen und steigende Nachfrage. So ermögliche die internationale Arbeitsteilung bei funktionsfähigen Märkten hohe zusätzliche Wohlstandsgewinne, indem sie Produktionsfaktoren weltweit effizienter einsetzt. Nicht funktionsfähige Märkte verursachten hingegen Wohlstandsverluste. Denn sie verhinderten notwendige Anpassungen an sich verändernde Rahmenbedingungen.
- Mit der wettbewerblichen Intensivierung der weltweiten Handelsbeziehungen und überregionaler Arbeitsteilung gehe unter Ausnutzung der komparativen Kostenvorteile eine Steigerung der weltweiten Produktivität und des Wohlstands der beteiligten Produzenten einher.
- Die Globalisierung beschleunige die technische Entwicklung. So setzten sich bessere und günstigere Produkte schneller gegenüber schwachen lokal produzierten Produkten durch, was für den Käufer von Vorteil ist. Somit könne der Käufer seinen Lebenskomfort besser oder mit einem geringen materiellen Aufwand decken.
- Der Kulturaustausch bewirke, dass die Menschen voneinander lernen. Die wechselseitigen Abhängigkeiten aufgrund der zunehmenden Verflechtung erhöhen den Mehrwert kooperativen Verhaltens. Die Zahl der Kriege ist signifikant zurückgegangen. Die Struktur der Kriege hat sich zunehmend verändert. Der Anteil zwischenstaatlicher Kriege ist zurückgegangen, während Bürgerkriege und ethnische Konflikte einen höheren Anteil aller kriegerischen Auseinandersetzungen ausmachen
Kritik
- Hauptartikel: Globalisierungskritik
Die Argumentation der Globalisierungskritiker
Die Globalisierungskritik vom Weltsozialforum, von Peoples Global Action, ATTAC, WEED und BUKO richtet sich nicht gegen das Phänomen der Globalisierung an sich, sondern die als neoliberal bezeichnete Ausprägung sowie den Kapitalismus oder die freie Marktwirtschaft an sich.
Gemeint ist vor allem die deregulierte Öffnung der Märkte. Nicht alle Waren und Dienstleistungen, einschließlich der Bildungseinrichtungen, des öffentlichen Verkehrswesens und der Güter der Grundversorgung sollen der Forderung zufolge unbeschränkt privatisiert und überall verkauft und gekauft werden dürfen. Behauptet wird, dass diese Form der Globalisierung zu einer Zunahme der weltweiten sozialen Ungleichheit führe. Die Kritiker bemängeln weiterhin eine mangelnde Transparenz und demokratische Legitimation von Gremien wie der WTO, des IWF oder der Weltbank.
Kritisiert wird, dass sich die Globalisierung auf Märkte und Geschäftsbeziehungen konzentriere, die Globalisierung von Menschenrechten, Arbeitnehmerrechten, ökologischen Standards oder Demokratie aber unberücksichtigt bleibe. Der Bürger habe, im Gegensatz zu Lobbygruppen der Wirtschaft, kaum noch Einfluss.
Auch werden in Anlehnung an das Stolper-Samuelson-Theorem Lohnsenkungen in reicheren Ländern befürchtet. Dem wird wiederum entgegengehalten, dass in der Realität die Löhne kapitalreicher Länder in den letzten Jahrzehnten (absolut gesehen) stark angestiegen seien. Globalisierungskritiker verweisen hingegen auf relative Zahlen, die tatsächlich sinkende Realeinkommen bei den meisten Menschen der Industrienationen belegen sollen. Hier solle der technische Fortschritt mit konsekutiver Steigerung der Produktivität eine Rolle spielen. Globalisierungskritiker wenden darauf ein, dass dies branchenspezifisch durchaus vorkomme, zum Beispiel in Kommunikation, Elektronik und Mikroprozessoren basierenden Branchen wie den Callcentern und Softwareschmieden, aber auch (wenn nicht global, so doch regional) im Baugewerbe und bei landwirtschaftlicher Saisonarbeit oder in Aupair-Arbeitsverhältnissen; zudem nehme die (teils illegalisierte) Arbeitsmigration von so genannten Gast- und Saisonarbeitern auch objektiv in vielen Industrienationen zu.
Globalisierungskritiker behaupten ferner, dass es zu einer Zunahme der weltweiten sozialen Ungleichheit komme. Globalisierungsbefürworter wenden ein, dass transnationaler Handel für einen - absoluten - Wohlstandsgewinn sorge. Dies lasse sich am komparativen Kostenvorteil illustrieren.
Vielfach wird die Einführung weltweiter sozialer und ökologischer Mindeststandards gefordert.
Vor kurzem wurde der Terminus "Egalisierung" lanciert, und zwar von Evelin Lindner[10], mit dem Ziel, herauszuarbeiten, dass der Prozess der Globalisierung mit der Realisierung gleicher Würde für alle verbunden werden muss, so wie sie im Artikel 1 der Menschenrechtskonvention gefordert wird.
Grundsätzliche Globalisierungsgegner
Eine grundsätzliche Kritik an Globalisierung wird von verschiedenen Seiten formuliert.
Nationalistische, rechtsextreme Gruppierungen wie etwa in Deutschland die NPD wenden sich gegen die zunehmende Vereinheitlichung der Kulturen und gegen die abnehmende Bedeutung der Nationalstaaten (und somit des Nationalismus). Rechtsextreme wenden sich dabei insbesondere gegen die im Zuge der Globalisierung erfolgende Zuwanderung, die die von ihnen behauptete rassische Reinheit der Völker gefährde. Häufig vermischt sich diese Ablehnung der Globalisierung auch mit antiamerikanistischen Haltungen. Gelegentlich wird auch die Meinung vertreten, „Globalisierung“ würde nichts anderes als die „Globalisierung der Amerikaner“ bedeuten.
Von verschiedenen ökologischen Gruppen wird die zunehmende Umweltzerstörung kritisiert, da die Abgase, beispielsweise von Flugzeugen, Autos und Fabriken, immer mehr zunehmen. Auch verbreiten sich durch den zunehmenden Tourismus Tropenkrankheiten in gemäßigten Breiten, weil man sich zum Beispiel im Flugzeug anstecken kann oder im Flugzeug Krankheitserreger schnell um den Globus transportiert werden können. Aus Erwägungen der Systemtheorie stammt der Begriff der globalen Beschleunigungskrise, der von dem Physiker Peter Kafka geprägt wurde. Danach führe ein sehr schneller und global vereinheitlichter Strukturwandel zwangsläufig in eine instabile Gesamtlage der menschlichen Zivilisation und der menschenfreundlichen Biosphäre.
Infragestellung des Phänomens als Solches
Man kann die Globalisierung als solche kritisieren (und sie dabei als Erscheinung anerkennen), man kann aber auch in Frage stellen, ob es Globalisierung überhaupt gibt. So weisen Kritiker darauf hin, dass ein großer Teil der Weltproduktion immer noch auf sehr wenige Länder, insbesondere auf die Triade, konzentriert ist. Die Triadeländer USA, Japan und Deutschland vereinigen mit gerade mal 8 % der Weltbevölkerung 49 % des Welt-Bruttonationaleinkommens auf sich. Vor zehn Jahren waren es noch 9 % der Weltbevölkerung und 53 % des Welt-BNEs.
Die neue Weltwirschaftsordnung (NWWO), die im Jahre 1974 von der UNO verabschiedet wurde, soll helfen, das Gleichgewicht zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern herzustellen. Dies soll mit Hilfe des Integriertem Rohstoffprogramms (IRP), welches feste Rohstoffpreise vorschreibt, gelingen.
Handelsströme fließen in erster Linie zwischen Industrieländern und umfassen nur einzelne Inseln der Entwicklungsländer, wobei derzeit die Volksrepublik China einen besonderen Wachstumspol darstellt. Direktinvestitionen finden überwiegend zwischen den Industrieländern statt. Krisen treffen aufgrund mangelnder Stabilität in erster Linie die Entwicklungsländer, nicht die Industrieländer.
Globalisierung und Gender
Ein weiterer Punkt in der Analyse und Diskussion von Globalisierung ist deren Verschränkung mit und Auswirkung auf Geschlechterverhältnisse. Dabei wird Globalisierung in der geschlechtersensiblen Forschung ambivalent beschrieben: Einerseits hat sie eindeutig negative Folgen für Frauen, indem sie die geschlechtliche Arbeitsteilung im globalen Maßstab umwälzt und Frauen als neue flexible „Reservearmee“ verschleißt, was besonders deutlich z. B. in der Textilverarbeitungsindustrie Lateinamerikas und Südostasiens wird. Gleichzeitig werden flexible und prekäre Arbeitsverhältnisse, die früher weiblich besetzt waren, in alle Gesellschaften und alle Schichten ausgedehnt. Hier wird auch von einer 'Feminisierung des Arbeitsmarktes' gesprochen.
Andererseits eröffnet die Globalisierung Frauen auch neue Möglichkeiten zur internationalen Kooperation und Vernetzung aufgrund neuer Medien der Kommunikation und der Bedeutungszunahme internationaler Organisationen.
Verwandte Themen
- Andere Globalisierung - eine soziale Bewegung für eine andere Form der Globalisierung
- Deglobalisierung - ein wirtschaftspolitischer Kurs, der ausdrücklich nicht die volle Weltmarktintegration anstrebt
- Global Governance
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- Weltwirtschaft
- Zweite Moderne
Einzelnachweise
- ↑ Louis Lavelle: „Theodore Levitt Dead at 81 “, BusinessWeek, 29. Juni 2006
- ↑ Levitt, Theodore: „The globalization of markets“, in: Harvard Business Review, 20. Jg., 1983, Nr. 5, S. 92
- ↑ Barnaby J. Feder: „Theodore Levitt, 81, Who Coined the Term 'Globalization', Is Dead“, New York Times, 6. Juli 2006
- ↑ http://www.zeit.de/2006/47/Grafik-1
- ↑ Handel und Investitionen, aus: Zahlen und Fakten - Globalisierung, Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
- ↑ Grafik: Luftfracht, aus: Zahlen und Fakten - Globalisierung, Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
- ↑ Grafik: Seefracht, aus: Zahlen und Fakten - Globalisierung, Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
- ↑ Byung-Chul Han: Hyperkulturalität. Kultur und Globalisierung, Berlin. 2005. ISBN 3-88396-212-0
- ↑ Borchardt, Knut (2001): Globalisierung in historischer Perspektive. (= Sitzungsberichte Jahrgang 2001, Heft 2). München: Verlag der bayerischen Akademie der Wissenschaften. S. 34.
- ↑ Human Dignity and Humiliation Studies
Literatur
Einführungen
- Varwick, Johannes (2004): Globalisierung. In: Woyke, Wichard (Hg.): Handwörterbuch internationale Politik. (Lizenzausgabe). Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
- Le Monde diplomatique: Atlas der Globalisierung. Berlin 2006, 198 Seiten. ISBN 978-3-937683-07-2.
- Franz Nuscheler: Entwicklungspolitik. Verlag J.H.W. Dietz, Bonn 2005. ISBN 3-8012-0350-6
Weiterführende Literatur
- Markus Balser, Michael Bauchmüller: Die 10 Irrtümer der Globalisierungsgegner - Wie man Ideologie mit Fakten widerlegt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3821839929
- Thomas Baumer: Handbuch Interkulturelle Kompetenz (2 Bände); Verlag Orell Füssli, Zürich. ISBN 3-280-02691-1 und ISBN 3-280-05081-2
- Ulrich Beck: Was ist Globalisierung? ISBN 3-51840-944-1
- Jagdish Bhagwati: In Defense of Globalization. Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0195170253
- Jacques Brasseul: Un monde meilleur? : Pour une nouvelle approche de la mondialisation. Armand Colin, Paris 2005, ISBN 2200265751
- Daniel Cohen: La mondialisation et ses ennemis. Grasset, Paris 2004
- Claus-Heinrich Daub: Globale Wirtschaft - globale Verantwortung. Basel 2005, ISBN 3-906129-23-3
- Fair Future - Ein Report des Wuppertal Instituts. Begrenzte Ressourcen und globale Gerechtigkeit. Verlag C. H. Beck, München 2005,
- Jacques Fontanel: La globalisation en "analyse" - Géoéconomie et stratégie des acteurs. L'Harmattan, 2005, ISBN 3-406-52788-4
- Thomas L. Friedman: Globalisierung verstehen. Zwischen Marktplatz und Weltmarkt. ISBN 3612267957
- Hans-Olaf Henkel: Die Ethik des Erfolgs. Spielregeln für die globalisierte Gesellschaft. ISBN 3430142865
- Henning Klodt: Wege zu einer globalen Wettbewerbsordnung. ISBN 3896652451
- Paul R. Krugman: Der Mythos vom globalen Wirtschaftskrieg. ISBN 3593361477
- Johan Norberg: Das Kapitalistische Manifest, Eichborn, Frankfurt/M. 2003, ISBN 3-8218-3994-5
- Jürgen Osterhammel, Niels P. Peterson: Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen. Verlag C. H. Beck, München 2003. ISBN 3-406-48020-9
- Karl Schlögel: Planet der Nomaden. Globalisierung und Migration. wjs-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-937989-16-1
- Gabor Steingart: Weltkrieg um Wohlstand - Wie Macht und Reichtum neu verteilt werden. München: Piper, 2006.
- Lester Thurow: Die Zukunft der Weltwirtschaft. ISBN 3593374013
Globalisierungskritische Literatur
- Pepe Escobar: Globalistan: How the Globalized World Is Dissolving Into Liquid War. Nimble Books, Januar 2007. - ISBN 0-97881-382-0 (10); ISBN 978-0978813826 (13) (eine Zusammenschau der aktuellen Krisen und Konflikte mit Schwerpunkt auf Eurasien; Rezension der Asia Times Online: [1]; vgl. The Great Game)
- Elmar Altvater, Birgit Mahnkopf: Globalisierung der Unsicherheit. 2002, ISBN 3-89691-513-4
- Elmar Altvater, Birgit Mahnkopf: Grenzen der Globalisierung - Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft. 5. Auflage. Münster 2002, ISBN 3-92958-675-4
- Bernard Cassen, Susan George, Horst-Eberhard Richter, Jean Ziegler: Eine andere Welt ist möglich. 2002, ISBN 387975845X
- Frank Deppe, Stephan Heidbrink, David Salomon, Stefan Schmalz, Stefan Schoppengerd und Ingar Solty: Der neue Imperialismus. Distel, 2004. ISBN-10: 3929348357, ISBN-13: 978-3929348354
- William Greider: Endstation Globalisierung. Neue Wege in eine Welt ohne Grenzen. 1998, ISBN 3-453-15552-1
- Naomi Klein: No Logo! Riemann Verlag, 2002, ISBN 3570500284
- Naomi Klein: Über Zäune und Mauern. Campus Verlag, 2003, ISBN 3593372169
- Christiane Lemke 2003: Gender und Globalisierung
- Hans-Peter Martin, Harald Schumann: Die Globalisierungsfalle. Angriff auf Wohlstand und Demokratie. Rowohlt, 1996, ISBN 3-499-60450-7
- Manfred Julius Müller: Anti-Globalisierung. Zurück zur Vernunft! 2002, ISBN 3831135886
- Beverly Silver: Forces of Labor. Arbeiterbewegungen und Globalisierung seit 1870. Assoziation A, Berlin 2005, ISBN 3-935936-32-X
- Joseph E. Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. 2002, ISBN 3-88680-753-3
- Klaus Werner, Hans Weiss: Das neue Schwarzbuch Markenfirmen. Die Machenschaften der Weltkonzerne. Deuticke Verlag, Wien 2003, ISBN 3-216-30715-8
Weblinks
Wiktionary: Globalisierung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Handbuch der Globalisierung
- Zahlen und Fakten - Globalisierung aktuelles Online-Angebot und weiterführende Links der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
- Links zum Thema „Globalisierung“ im Open Directory Project
- Eintrag (englisch) in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (inkl. Literaturangaben)
- Daten zum Ausmaß der Globalisierung in einzelnen Ländern: Globalisierungsindex der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich
- IMF: Globalisierung - Bedrohung oder Chance?
- Eine ausführliche Erklärung der ökonomischen Grundlagen der Globalisierung
- Begriff und Auswirkungen
- HUMONDE - Für eine humane Welt und Wirtschaft
- Network WorldWide Projects
- World Social Forum
- Einführung auf www.globalisierung-online.de
- Noam Chomsky über "Neoliberalismus und Globale Weltordnung"
- Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen
- „Eine faire Globalisierung“ Publikation der ILO, im PDF-Format
- "Verlorenes Paradis?" - Essay über die Auswirkung der Globalisierung auf das innenpolitische Klima" Fragen zu Identitätskonstruktion und Ursachen von scheinbarer Komplexität, Verunsicherung und Orientierungslosigkeit; wirtschaftliche Entwicklungen und die These vom "Kampf der Kulturen" werden behandelt.
- Gabor Steingart, Kampf dem Raubkatzenkapitalismus! (FAZ, 17. Oktober 2006 - siehe Literatur)