Altstraße
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Altstraßen sind historische Wege, die in einem Wegenetz wichtige Städte und Orte in ganz Europa miteinander verbanden.
Altstraßen waren mit Ausnahme von Römerstraßen nicht befestigte Naturwege, deren Verlauf sich nach der Geologie und der Topographie des Gebietes richtete, durch das der Weg führte. Die Täler waren im frühen Mittelalter oft noch mit dichtem Auenwald bewachsen und mäandernde Flüsse und Flussmündungsgebiete stellten für viele Reisende unüberwindbare Hindernisse dar. Daher wurden Höhenwege entlang von Wasserscheiden bevorzugt. Der Ursprung dieser Höhenwege lässt sich oft bis in germanische beziehungsweise keltische Zeiten zurück datieren.
Sie hatten den Vorteil, dass sie trockener waren als im Tal und es mussten keine Bäche und Flüsse überquert werden. Basaltverwitterungsboden wurde bevorzugt, da sich auf Sandsteinböden schnell Hohlwege bildeten. Weiterhin konnten auf den Höhen Gefahren schon von weitem gesehen werden. Erst am Ziel, bei bekannten Furten oder den wenigen Steinbrücken stieg man ins Tal ab.
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[Bearbeiten] Kategorien
Georg Landau (* 1807; † 1865, hessischer Archivar und Historiker) unterschied zwischen
- Öffentliche Straßen und Heerstraßen,
- Land- oder Markwege (viae convicinales),
- Kirchwege (viae pastorales) und
- Notpfade.
Öffentliche Straßen und Heerstraßen trugen viele unterschiedliche Bezeichnungen, die auf ihre Verwendung, ihre Lage oder auf ihr Umfeld schließen lassen. Dies waren:
- Königs- oder Reichsstraßen (via regia)
- öffentliche Straßen (via publica),
- Heerwege (nach strategischen Gesichtspunkten angelegt),
- Helwege (Weg zum Salztransport),
- Diet- oder Volkswege,
- Land- oder Bergstraßen,
- hohe Straßen,
- Rennwege (schnelle Route für Läufer und Reiter),
- Rennstiege (schnelle Gebirgsroute für Läufer und Reiter),
- Wald- oder Riesenwege und
- Weinstraßen (eine Straße für Ochsenkarren, Kutschen und andere Gespanne, der Wortursprung stammt aus dem hessischen "we-in", "Wän" oder "Wäng" = Wagen und nicht vom Getränk).
[Bearbeiten] Geschichte
In ihren Ursprüngen in keltischer und germanischer Zeit, dienten die europäischen Altstraßen hauptsächlich dem Handel und dem Salztransport zu den Oppida. Die Merowinger bezogen die Römerstraßen in ihrem Reich mit in das Netz der Altstraßen ein und bauten an wichtigen Kreuzungspunkten und Verzweigungen Pfalzen. Sie nutzen die Wege als Heerstraßen, und seit den Karolingern wurden die Wege durch Burgen gesichert und zur Missionierung genutzt. Es wurden Klöster an Kreuzungspunkten gebaut, die vorhandenen Wege wurden zu Pilgerwegen und zunehmend wurden Handelswege für den allgemeinen Warenverkehr zwischen den Städten und Marktflecken genutzt. Die Besiedelung entwickelte sich entlang dieser Straßen und die Burgen und Klöster wurden oft zu Keimzellen von Ortschaften (z. B. auf der Straße Fulda, Hersfeld und Erfurt). Aus dem frühen Mittelalter stammen auch die ersten urkundlichen Belege einzelner Wege (mit Ausnahme der Römerstraßen), so der Ortesweg, der in der Vita Sturmi vom vierten Abt Fuldas Eigil erwähnt wird, als Sturmius 744 nach einem geeigneten Ort für das Kloster suchte.
Die Öffentlichen Straßen und Heerstraßen hatten die Bedeutung von Hauptstraßen. Die Reisenden standen auf ihnen unter dem Land- oder Königsfrieden. Der Besitzer hatte für die Sicherheit der Reisenden auf dieser Straße zu sorgen. Daraus entwickelte sich im Mittelalter das Geleitwesen. Altstraßen befanden sich nach der ersten Rodungsperiode (während der Karolinger) auch zunehmend im Tal, da sich durch Bevölkerungswachstum die Siedungsdichte in den Tälern erhöhte. Dadurch gab es immer öfter direkte Verbindungen (meist eine Art Feldweg) von Ort zu Ort. Die Höhenwege hatten jedoch noch lange hohe Bedeutung, um Zollstellen oder stark befestigte Orte zu umgehen. Die Höhenwege entwickelten sich durch ihre Lage auf Gebirgszügen (natürliche Grenzen) oft auch zu Grenzwegen (siehe Rennsteig). Ein weiterer Grund, warum sich die Altstraßen oft auch zu Grenzwegen entwickelten war die Tatsache, dass man ab dem frühen Mittelalter begann die Wege in die schriftlich niedergelegten Grenzbeschreibungen einzubeziehen.
Da es jahrhundertelang in Mitteleuropa viele Kleinstaaten gab, ergab es für die Herrscher keinen Sinn, in befestigte Straßen zu investieren. Diese gab es dann erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Straßen von Seiten des Staates geplant und befestigt wurden. Diese Kunststraßen (Chausseen) konnten somit leichter für den Fernverkehr genutzt werden als die Höhenwege. Damit verloren diese rasch an Bedeutung und wurden nicht mehr genutzt.
Viele Altstraßen sind im Laufe der Jahrhunderte überbaut worden (z. B. A 66) oder wurden wieder vom Wald überwachsen beziehungsweise eingeebnet zu Feldern. Einige Teilstrecken existieren aber heute noch in ihrer ursprünglichen Form und werden als Feld-, Forst- oder Wanderweg genutzt.
[Bearbeiten] Bekannte Altstraßen
Die Altstraßen hatten in Europa meistens keine durchgängigen Eigennamen und keinen bestimmten Beginn oder Ende. Sie bildeten in ihrer Gesamtheit ein Wegenetz. Die Wege wurden von der örtlichen Bevölkerung immer nach nahe gelegenen Zielen benannt. Da sich die Wege über die Jahrhunderte verlagerten (Orte verloren ihre Bedeutung, Zollstellen und unsichere Gebiete wurden umgangen usw.) gab es auf langen Wegstrecken auch keine festen Wege, sondern eine breite Trasse mit unterschiedlicher Wegführung. Daneben gab es Nebenstraßen und Abkürzungen, die ein Reisender je nach den Bedingungen (Witterung, Räuberbanden, Fehden) nutzen konnte. Somit ergaben sich für die gleiche Straße von Ort zu Ort unterschiedliche Bezeichnungen. Auch bei Besitzerwechsel zum Beispiel vom Kaiser zum Landgrafen bürgerten sich andere Namen ein.
Feste Namen wurden vielfach erst von Historikern der Altstraßenforschung als Hilfsmittel zur Beschreibung der Wege eingeführt.
[Bearbeiten] Fränkisches Reich
- Alte Salzstraße
- Birkenhainer Landstraße (Weinstraße)
- Bergische Eisenstraße
- Brabanter Straße bzw. Brüderstraße (Leipzig, Erfurt, Eisenach, Marburg, Herborn,Angelburg (Berg), Siegen, Köln, Antwerpen "Brabant")
- Deitweg
- Elisabethenstraße (von Mainz-Kastel nach Marburg, Wallfahrtsweg zum Grab der Elisabeth von Thüringen)
- Eselsweg
- durch die Kurzen Hessen (Geleit- und Heerstraße)
- durch die Langen Hessen (Weinstraße)
- Jakobsweg
- Kaiserroute (Aachen-Paderborn)
- Ochsenweg
- Postkurs (Innsbruck (Österreich) - Mecheln (Belgien) im Jahre 1490)
- Rennsteig
- Rennstraße (Höhenstraße im Taunus)
- Salzmannstraße
- Schwabenweg
- Via Regia (Königsstraße von Frankfurt am Main über Leipzig nach Görlitz)
- Via Tolosana (letzte Pilgerroute auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela)
- Via Publica (Fernhandelsstraße von Brüssel über Frankfurt am Main, Würzburg und Nürnberg nach Prag)
- Weinstraße (Wagenstraße)
- Westfalenweg (hieß im Raum Gießen ein Weg, der von den "langen Hessen" abzweigte, am Opidium Dünsberg vorbei auf der Lahn/Dill Wassescheide zum Kreuzungspunkt mehrerer Altstraßen (z. B. mit der "Brabanter Straße" oder Köln-Leipziger-Straße genannt) bei der Angelburg führte, von wo aus er weiter nach Norden in Richtung Paderborn zog.)
- Zeithstraße (Bonn - Siegburg - Dortmund)
[Bearbeiten] Germanen und Kelten
- Antsanvia (Handelsstraße von Mainz nach Thüringen)
- Bernsteinstraße
- Hellweg
- Hessenstraße (urspr. keltische Straße von St. Goar bis Eiserne Hand, später bis Kassel (Kurhessen))
- Hünerstraße (Keltenstraße von Altkönig (Taunus) bis Gießen (Dünsberg, Glauberg))
- Ortesweg (Weg vom Marburger Land nach Bamberg)
[Bearbeiten] Sachsen (Obersachsen, Kurfürstentum Sachsen)
- Alte Dresden-Teplitzer Poststraße
- Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße
- Frankenstraße
- Hohe Straße
- Kulmer Steig
- Salzstraßen nach Hallstatt im Salzkammergut und nach Halle an der Saale und Reichenhall
[Bearbeiten] Griechenland
[Bearbeiten] Römisches Reich
Die Gesamtlänge des römischen Straßennetzes wird zu Zeit Kaiser Trajans auf 80.000 Kilometer geschätzt. Besonders die Heerstraßen waren in der Antike schon befestigte Kunststraßen. Weiteres hierzu unter Römerstraßen.
[Bearbeiten] Inkareich
In der Neuen Welt erbauten die Inka in einer für den Straßenbau schwierigsten Gegenden der Erde, den Anden, ein ausgedehntes Straßennetz von 40.000 Kilometer Länge mit Brücken, Tunnel und Raststationen.
[Bearbeiten] Naher Osten und Asien
- Weihrauchstraße vom Hadramaut über Jemen, Medina und Petra nach Damaskus, Syrien
- Seidenstraße von China über Afghanistan und Persien bzw. Samarkand nach Kleinasien
- Gewürzstraße
[Bearbeiten] Literatur
- Erika Dreyer-Eimbecke: Alte Straßen im Herzen Europas: Könige, Kaufleute, Fahrendes Volk. Umschau, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-524-69078-5
- Georg Landau: Beiträge zur Geschichte der alten Heer- und Handelsstraßen in Deutschland. Bärenreiter, Kassel 1958