André Breton
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André Breton (* 18. Februar 1896 in Tinchebray (Orne) in der Normandie; † 28. September 1966 in Paris) war ein französischer Dichter, Schriftsteller und der wichtigste Theoretiker des Surrealismus; sein ganzes Leben war an diese Bewegung gekoppelt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben
[Bearbeiten] Breton vor Breton: bis 1924
1913 lernte er den Schriftsteller Paul Valéry kennen, damals sein Vorbild; er schrieb Lyrik, beeindruckt von Stéphane Mallarmé und anderen Autoren des Symbolismus. 1915, nach dem Beginn eines Medizinstudiums, wurde er zum Sanitätsdienst eingezogen, traf in Nantes Jacques Vaché, beschäftigte sich intensiv mit Arthur Rimbaud; er arbeitete in einer psychiatrischen Anstalt und las die Arbeiten von Sigmund Freud, den er 1921 in Wien besuchen sollte. 1918 lernte er Guillaume Apollinaire kennen und entdeckte die wilde Poesie von Lautréamont. Er brach sein Studium der Medizin ab, um freiberuflicher Schriftsteller zu werden. 1919 gründete er mit Louis Aragon und Philippe Soupault die Zeitschrift Littérature, die dem Dadaismus nahe stand. 1919 kam auch Tristan Tzara aus Zürich nach Paris, die Gruppe der Pariser Dadaisten erweiterte sich ständig, als Paul Eluard, Max Ernst, Robert Desnos, René Crevel, Benjamin Péret dazustießen. Das Unbewusste wurde erforscht, es war die Zeit des „Automatischen Schreibens“ (écriture automatique), der Hypnoseversuche und Traumprotokolle.
[Bearbeiten] Der Surrealismus bis zum Krieg
1924 verfasste er das Manifest des Surrealismus, in dem er Surrealismus als einen „reinen psychischen Automatismus“ definierte. Organ der neuen Gruppe wurde die Zeitschrift La Révolution Surréaliste (zwölf Nummern 1924–1929). Das wachsende politische Interesse brachte ihn und die Gruppe in die Nähe der Kommunisten, schließlich traten 1927 neben André Breton Louis Aragon, Paul Eluard, Benjamin Péret und Pierre Unik der KPF bei.
1928 schrieb er sein bisher erfolgreichstes Buch: den experimentellen Roman Nadja. Mit Le Surréalisme et la Peinture bemühte er sich um eine theoretische Begründung surrealistischer Malerei, für die er als Beispiele Max Ernst, Pablo Picasso, Joan Miró und André Masson heranzog. 1930 versuchte er im Zweiten Manifest des Surrealismus eine Neudefinition des Surrealismus als eine sozial-revolutionäre Bewegung: „Marx sagt, die Welt verändern. Rimbaud sagt, das Leben verändern.“ – Der Surrealismus sei die Synthese dieser beiden Ideen, er bekannte sich zur „sozialen wie zur psychischen Revolution.“ In der gemeinsam mit Paul Eluard verfassten Unbefleckten Empfängnis versuchten die beiden eine textlich-poetische Simulation von Wahnzuständen aus der freudschen Psychoanalyse. Breton beschäftigte sich intensiv mit dem Gegensatz von „Wachsein“ und „Traum“ in Den kommunizierenden Röhren (1932, enthält u. a. auch einen kurzen Schriftwechsel mit Sigmund Freud).
Die neue Zeitung der Gruppe ist Programm: Le Surréalisme au service de la révolution (Der Surrealismus im Dienst der Revolution, sechs Ausgaben, 1930–33). Doch Breton und seine Freunde hatten immer mehr Probleme mit der Parteidogmatik, 1935 gipfelten die Spannungen im endgültigen Bruch mit der KPF. André Breton wurde zum Kritiker des Stalinismus; es war die Zeit des Spanischen Bürgerkrieges, an dem sich einige der Surrealisten (wie Benjamin Péret und Tristan Tzara) auf republikanischer Seite beteiligten. 1936 gründete Breton zusammen mit Georges Bataille eine Gruppe linksrevolutionärer Intellektueller, die unter dem Namen „Contre-Attaque“ bekannt werden sollte. Breton traf schließlich 1938 Leo Trotzki in dessen Exil in Mexiko bei Diego Rivera: sie verfassten gemeinsam das Manifest Für eine unabhängige revolutionäre Kunst. Inzwischen war der Surrealismus weit über die Grenzen von Frankreich bekannt und aktiv, mit Gruppen und Manifestationen in Brüssel, Barcelona, London oder Prag. 1938 organisierte Breton in Paris die erste „Internationale Surrealismusausstellung“.
[Bearbeiten] Krieg, Exil, Rückkehr
Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht floh er 1940 nach Marseille, von dort aus über die Antillen nach New York. Dort traf er auf Marcel Duchamp und Max Ernst, sie publizierten in der Zeitung 'VVV'. Es folgte die Auseinandersetzung mit dem präkolumbischen Amerika und den Frühsozialisten, vor allem mit Charles Fourier. Nach dem Krieg kehrte er 1946 nach Europa zurück, seine Hoffnung auf einen gesellschaftlichen wie politischen Neuanfang wurde enttäuscht. Teile der Gruppe, wie Louis Aragon und Paul Eluard, hatten sich inzwischen der moskaufreundlichen Parteilinie angeschlossen. Gemeinsam mit Jean Dubuffet gründete Breton 1947 den Verein Compagnie de l'Art Brut, um Außenseiterkunst zu fördern und auszustellen, überwarf sich mit ihm aber darüber 1951. In den ersten Nachkriegsjahren hatte er insbesondere durch die Gegnerschaft der Stalinisten Probleme, sich in der Kulturszene Gehör zu verschaffen; das änderte sich mit einer umfassenden Surrealismus-Ausstellung, die er gemeinsam mit Marcel Duchamp 1947 in Paris organisierte. 1960 engagierte er sich gegen den Algerienkrieg. In den folgendem Jahrzehnt verstand es der als „Papst des Surrealismus“ kritisierte Schriftsteller, weiterhin der Bewegung Gehör zu verschaffen, etwa mit den Sammelbänden L'Art magique (1957), Le Surréalisme et la Peinture (1965) und der Organisation mehrerer Internationaler Surrealismusausstellungen: E.R.O.S. (1959/1960) und der letzten großen Ausstellung, deren Titel wie ein Programm für ihn und den Surrealismus steht: „L'écart absolu“: die absolute Abweichung. 1966 starb er an einer Lungenkrankheit und wurde auf dem Cimetière des Battignolles bei Paris beigesetzt.
[Bearbeiten] Werke
- Mont de piété (Leihhaus), Gedichte (1919)
- Les Champs magnétiques (Die magnetischen Felder) mit Philippe Soupault (1920)
- Clair de Terre (Erdschein), Gedichte (1923)
- Manifeste du Surréalisme (Das Manifest des Surrealismus) (1924, Text bei Wikisource)
- Poisson Soluble (Löslicher Fisch) (integraler Bestandteil des Manifests) (1924, Text bei Wikisource)
- Nadja (1928)
- Le Surréalisme et la peinture (Der Surrealismus und die Malerei) (1928)
- Second Manifeste du Surréalisme (Das Zweite Manifest des Surrealismus) (1930)
- L'Immaculée Conception (Die unbefleckte Empfängnis) mit Paul Eluard (1930)
- Les Vases communicants (Die kommunizierenden Röhren) (1932)
- Le revolver a cheveux blancs (Der weißhaarige Revolver), Gedichte (1932)
- L'air de l'eau (Die Weise des Wassers), Gedichte (1934)
- L'Amour fou (1937)
- Pour un art indépendant révolutionnaire (Für ein unabhängige revolutionäre Kunst) mit Leo Trotzki (1938)
- Anthologie de l’humour noir (Anthologie des Schwarzen Humors) (1940)
- Prolégomènes à un troisième manifeste ou non (Vorwort zu einem 3. Manifest oder auch nicht) (1942)
- Arcane 17 (Arkanum 17) (1944)
- Ode à Charles Fourier (Ode an Charles Fourier) (1945)
- Entretiens (Entretiens – Gespräche) (1952)
- La Clé des champs (Das Weite suchen) (1953)
[Bearbeiten] Kommentierte Werkausgabe
- André Breton: Œuvres complètes Bd. 1–3, Hg. Marguerite Bonnet, Bibliothèque de la Pléiade, Paris: Gallimard 1987–1999 (weiterer Band in Vorbereitung) ISBN 2070111385 (Bd. 1); ISBN 2070112349 (Bd. 2); ISBN 2070113760 (Bd. 3) (ältere Gesamtausgabe: Gallimard, 1952)
[Bearbeiten] Deutsch
- Anthologie des Schwarzen Humors. Hg. und Vorwort von Andre Breton (1939), Rogner & Berhard, München 1979. Textsammlung mit Beiträgen von (und mit jeweils einführenden Worten von Andre Breton über) Jonathan Swift, Marquis de Sade, Georg Christoph Lichtenberg, Charles Fourier, Thomas de Quincey, Pierre-Francois Lacenaire, Christian Dietrich Grabbe, Petrus Borel, Edgar Allan Poe, Xavier Forneret, Charles Baudelaire, Lewis Carroll, Villiers de L'Isle-Adam, Charles Cros, Friedrich Nietzsche, Joris-Karl Huysmans, Isidore Ducasse Comte de Lautreamont, Arthur Rimbaud, Alphonse Allais, Jean Pierre Brisset, O. Henry, J.M.Synge, Andre Gide, Francis Picabia, Guillaume Apollinaire, Pablo Picasso, Jakob van Hoddis, Hans Arp, Marcel Duchamp, Jacques Vache, Alfred Jarry, Franz Kafka, Salvador Dali, Gisele Prassinos, Jean-Pierre Duprey, Jacques Rigaut, Jacques Prévert, Leonora Carrington u. a.; Die EA der Anthologie erschien 1940, vier Tage vor dem Fall von Paris. Die Ausgabe wurde von der Regierung Petain verboten. Die nächsten beiden Ausgaben erschienen 1945 und 1950 mit vermehrten Inhalt.
[Bearbeiten] Literatur
- Volker Zotz: André Breton. Reinbek 1990 (Rororo-Bildmonographie)
- Mark Polizzotti: Revolution des Geistes. Das Leben André Bretons. München, Wien 1996 (bislang umfangreichste Biografie)
[Bearbeiten] Weitere Literatur
- Zu Contre-Attaque: Moebius, Stephan: Die Zauberlehrlinge. Soziologiegeschichte des Collège de Sociologie 1937–1939 (Georges Bataille, Michel Leiris, Roger Caillois, die Geheimgesellschaft Acéphale und die Wirkungen auf Foucault, Lévinas, Nancy, Maffesoli, Baudrillard und Derrida). Konstanz: UVK, 2006, ISBN 3-89669-532-0
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über André Breton im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- http://www.lichtensteiger.de/methoden.html Das „Anrennen gegen die Grenzen der Sprache“ – Methoden des Schreibens und Strategien des Lesens (Eine Diskussion mit Roland Barthes, André Breton, Gilles Deleuze und Raymond Federman) von Ralph Lichtensteiger
- http://www.ubu.com/sound/breton.html Bretons Stimme im Interview
- Hinter den Kulissen von Paris – Ein Essay von Heike Minneken über das Paris der Surrealisten am Beispiel von Bretons „Nadja“
Personendaten | |
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NAME | Breton, André |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Dichter, Schriftsteller und wichtigster Theoretiker des Surrealismus |
GEBURTSDATUM | 18. Februar 1896 |
GEBURTSORT | Tinchebray, Normandie |
STERBEDATUM | 28. September 1966 |
STERBEORT | Paris |