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Stalinismus - Wikipedia

Stalinismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Ursprünglich bezeichnete der Begriff des Stalinismus in den 1920er Jahren in der Sowjetunion die Auffassungen der von Josef Stalin geführten Mehrheit in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) im Kampf um die politische und theoretische Nachfolge Lenins - hauptsächlich in Auseinandersetzung mit dem Trotzkismus. Damals ironisierte Stalin die Begriffsbildung noch, Stalinismus sei eine besonders energische Verteidigung des Leninismus. Anzumerken ist auch, dass der Begriff Marxismus-Leninismus auf Stalin und seine ideologische Prägung zurückzuführen ist.

Um Stalins 55. Geburtstag 1934 herum erhob ein Artikel von Karl Radek die Ideen und die Politik Stalins zu einer eigenständigen Leistung, und es setzte sich die Formel vom Marxismus-Leninismus-Stalinismus durch. Eckpfeiler der stalinistischen Theorie waren die Entwicklung des Sozialismus in einem Lande und die Verschärfung des Klassenkampfes bei der Entwicklung. Die Verschärfung des Klassenkampfes wurde zur Legitimation von Repressionen und Stalinistischen Säuberungen, deren Opfer ermordet oder in die von der Gulag betriebenen sowjetischen Zwangsarbeitslager gebracht wurden. Insgesamt gehen Historiker von einer Opferzahl von mindestens 20 Millionen Menschen aus.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Verwendung

Durch Trotzkis Kritik der politischen Verhältnisse in der Sowjetunion und durch Veröffentlichungen dissidenter Kommunisten wurde der Begriff Stalinismus im westlichen Ausland, in der Sozialwissenschaft und in der Alltagssprache zum Synonym für den ideologischen Dogmatismus und Totalitarismus der Machtpolitik Stalins und der KPdSU in der Kommunistischen Internationale und für das politische System der nach 1945 entstandenen realsozialistischen Staaten. Nach Trotzki entstand unter Stalin eine neue privilegierte Schicht ... die, gierig nach der Macht, gierig nach den Gütern des Lebens, Angst hat um ihre Positionen, Angst vor den Massen - und jegliche Opposition tödlich hasst.

Innerhalb der Sowjetunion, der sozialistischen Länder und der Kommunistischen Parteien wurde die eigene Kritik des Stalinismus nach dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 lange Zeit als Kritik am Personenkult um Stalin umschrieben. In den 1970er Jahren und nach 1989 wurde auch in den euro- und postkommunistischen Parteien von Stalinismus gesprochen, ohne dem Begriff einen umrissenen historischen, theoretischen oder politischen Inhalt zu geben.

Der Philosoph und Historiker Leo Kofler interpretiert den Stalinismus als nachgeholte ursprüngliche Akkumulation und unterzieht den Stalinismus damit als einer der ersten einer marxistischen Analyse. Einen soziologischen Ansatz verfolgt Werner Hofmann. Josef Elleinsteins Geschichte des Stalinismus (für die er aus der französischen KP ausgeschlossen wurde) erklärt den Stalinismus aus der russischen und sowjetischen Geschichte heraus.

Die Bücher des russischen Schriftstellers Alexander Solschenizyn, insbesondere Der Archipel Gulag (1974) führten in Westeuropa und den USA zu einer Verbindung des Begriffs Stalinismus mit dem Gulag-Straflagersystem in der Sowjetunion.

Als stalinistisch werden oft auch Formen des Personenkults und der politischen Machtausübung in der Volksrepublik China (Maoismus) oder in Nordkorea bezeichnet, obwohl gerade diese Formen stark vom Konfuzianismus geprägt sind und Kim Il-sung auf den Stalinismus prägenden Bezügen zum Marxismus-Leninismus verzichtet.

[Bearbeiten] Zeit des Stalinismus

Stalin trieb die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft unnachgiebig voran. Dabei brach er rücksichtslos den Widerstand der Bauern, die er als „Kulaken“ diffamierte. Folge, aber auch durchaus erwünschtes Hilfsmittel der Kollektivierung war eine riesige Hungersnot an der Wolga, in der Ukraine und im ganzen Land. Sie kostete mehreren Millionen Menschen das Leben, jedoch sind genaue Opferzahlen nicht bekannt. Einzelne Schätzungen geben bis zu 15 Millionen Opfer an. Die damalige Hungersnot in der Ukraine ist unter dem Begriff Holodomor bekannt geworden.

Die Ermordung von Sergej Mironowitsch Kirow, der als Stalins „Gegenspieler“ galt, lieferte den Vorwand für die Politik der berüchtigten „Säuberungen“ (russisch „Tschistka“). 90 % derjenigen Parteigenossen, die 1934 am „Parteitag der Sieger“ als Delegierte teilgenommen hatten (und dort versuchten, Stalins Allmacht zu schmälern), wurden in öffentlichen Schauprozessen (Moskauer Prozesse) zum Tode verurteilt, darunter auch der Großteil der Funktionäre und Minister. Stalin allein entschied, welche Minister und Funktionäre oder auch ganze Städte seiner Meinung nicht hinter seiner Politik standen und überließ Jeschow, der während der Zeit der Großen Säuberung der Chef der Geheimpolizei NKWD war, die Durchführung seiner Instruktionen. Diese liefen meist darauf hinaus, daß die betreffenden Personen zumindest verhaftet und häufig erschossen wurden. Die von der Geheimpolizei verwendeten Straftatbestände wegen antisowjetischen Verhaltens, trotzkistischer oder anderer Opposition gegen die KPdSU sowie einer Vielzahl anderer Verschwörungstheorien waren allesamt Verstöße gegen den Paragraphen 58 des Strafgesetzbuches der UdSSR, der die rechtliche Grundlage für die Verfolgungen bildete. Zwischen dem September 1936 und dem Dezember 1938 wurden schätzungsweise etwa 1,5 Millionen Menschen umgebracht. Umstritten bleibt in der Forschung, inwieweit die Verfolgungen von zum Teil treuen Anhängern einen rationalen Kern hatten, oder ob man von reinen Wahnvorstellungen Stalins reden muss. Das Ergebnis der Säuberungen war, dass Stalin nach 1938 wirklich die absolute Macht in der Sowjetunion innehatte. Nach dem Ende der „Tschistka“ und der Ersetzung Jeschows durch Lawrenti Beria wurden die willkürlichen Verhaftungen zwar nicht gestoppt, die verhafteten Menschen wurden aber meist zu Haftzeiten in Straflagern verurteilt, deren Dauer 10 und durch eine Gesetzesänderung im Jahr 1949 25 Jahre betrug.

Der Personenkult um Stalin nahm in dieser Zeit immer größere Ausmaße an. Zu Lobpreisungs- und Ergebenheitswerken in Literatur und bildender Kunst gesellte sich eine allgegenwärtige öffentliche Präsenz, so wurden in fast allen Sowjetrepubliken und Ostblockstaaten einige Städte in Stalingrad bzw. Stalinstadt umbenannt, daneben öffentliche Gebäude, Werke, Sportstätten und anderes mehr.

Wichtige Mitarbeiter Stalins waren Lazar Kaganowitsch,der Volkskommissar für innere Angelegenheiten und NKWD-Chef Lawrenti Beria, Trofim Lyssenko und Michail Kalinin.

1939 schloss er einen Nicht-Angriffspakt mit seinem Gegner Hitler, den Hitler-Stalin-Pakt, der auch ein Geheimabkommen zur Aufteilung Polens und Osteuropas zwischen den beiden Staaten beinhaltete. Nach dem deutschen Angriff auf Polen erfolgte am 17. September 1939 die sowjetische Besetzung Ostpolens und im Juni die der Staaten des Baltikums und des rumänischen Bessarabiens bis zur Donau, die im Hitler-Stalin-Pakt der Sowjetunion zugesprochen worden waren. Dabei kam es zu Kriegsverbrechen, wie der Ermordung von 20.000 gefangenen polnischen Offizieren in Katyn. Stalin war 1940 auch Sieger im Winterkrieg gegen Finnland.

Während des „Großen Vaterländischen Krieges“, nachdem Hitler einen Überraschungsangriff auf die Sowjetunion gestartet hatte, war Stalin auch Oberbefehlshaber der Armee. Ihm gelang es durch Appelle an den Patriotismus und die allgemeine Wut auf die deutsche Aggression große Teile der Bevölkerung hinter die Partei und sich zu scharen. Auch durch die Parole: „Mehr Angst von hinten als von vorn“, dh: Sowjetsoldaten, die zurückwichen wurden häufig liquidiert, konnten massive Reserven organisiert werden.

Millionen von Menschen, ganze Völker und Volksgruppen, wie die Krimtataren, die Russlanddeutschen oder die Tschetschenen wurden in dieser Zeit als potentielle Kollaborateure zur Zwangsarbeit in die unwirtlichen Permafrostgebiete nach Sibirien deportiert, wo es unter den Deportierten große Verluste an Menschenleben gab. Auch die Armenier waren von diesen Deportationen betroffen. Die baltischen Staaten verloren so etwa zehn Prozent ihrer Einwohner.

Stalin ließ das System von Strafarbeitslagern, das unter dem Namen Gulag bekannt war und bereits von Lenin eingerichtet worden war, ausbauen. Es umfasste Internierungs- und Arbeitslager oder „Besserungsanstalten“ für politische Gefangene. Der Paragraph 58 des Strafgesetzbuches ermöglichte es, den Begriff des politischen Gefangenen sehr weit auszudehnen: So war zum Beispiel das Stehlen von Äpfeln aus einem Kolchosgarten konterrevolutionäre Sabotage. Die genauen Zahlen über die Anzahl der Gefangenen und der Todesopfer des Lagersystems sind seit Öffnung der russischen Archive Gegenstand historischer Forschung und äußerst umstritten: So schwankt die geschätzte Zahl der Gefangenen zwischen 3,7 und 28,7 Millionen. Stalins Herrschaft gehört mit ca. 20 bis 40 Millionen Todesopfern neben denen von Mao und Adolf Hitler zu den drei Regimen des zwanzigsten Jahrhundertes, die die meisten Menschenopfer gefordert haben.

1949 bis 1951 kam es erneut zu „Säuberungen“. Auch Geistliche, Angehörige nichtrussischer Völker und vermeintliche politische Gegner (Kosmopoliten, Westler, Juden) wurden zahlreich inhaftiert und mitunter der Folter ausgesetzt, wobei viele Unschuldige sich dem Vorwurf von Spionage oder „konterrevolutionärer Tätigkeit“ ausgesetzt sahen.

Die Verhöre in der Stalinzeit – und auch noch danach – waren geprägt von demütigenden Durchsuchungen, Schlafentzug, Prügel, Hunger, Durst und Einschüchterung.

Auf der Konferenz von Teheran 1943 und der Konferenz von Jalta 1945, an denen Stalin teilnahm, wurden auch die Grenzen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg neu gezogen. Dies resultierte in der Vertreibung von mehreren Millionen Menschen in der östlichen Hälfte Europas.

Siehe auch: Trotzkismus, Linke Opposition, Kommunistische Partei.

[Bearbeiten] Literatur

  • Balázs Ápor, Jan C. Behrends u.a. (Hg.): The Leader Cult in Communist Dictatorships. Stalin and the Eastern Bloc, New York: Palgrave 2004.
  • Jörg Baberowski: Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus, München: DVA 2003.
  • Isaac Deutscher: Stalin. Die Geschichte des modernen Russland, Zürich 1951
  • Isaac Deutscher: Stalin. Eine politische Biographie, Stuttgart 1962. Vollständige deutsche Ausgabe, 2 Bde., Berlin 1976
  • Ulf Wolter: Grundlagen des Stalinismus. Die Entwicklung des Marxismus von einer Wissenschaft zur Ideologie, Berlin 1975
  • Josef Elleinstein: Geschichte des Stalinismus, Berlin: VSA 1979
  • Alexander Jakowlew: Die Abgründe meines Jahrhunderts. Leipzig: Faber und Faber 2003, ISBN 3936618127
  • Kurt Pförtner und Wolfgang Natonek: Ihr aber steht im Licht. Eine Dokumentation aus sowjetischem und sowjetzonalem Gewahrsam. Tübingen: Franz Schlichtenmayr 1962.
  • Werner Hofmann : Stalinismus und Antikommunismus. Zur Soziologie des Ost-West-Konflikts. Frankfurt am Main: suhrkamp 1970.
  • Günter Judick/Kurt Steinhaus (Hg.), stalin bewältigen Sowjetische Dokumente der 50er, 60er und 80er Jahre, Edition Marxistische Blätter, Düsseldorf 1989
  • Werner Hofmann: Was ist Stalinismus? Distel Literaturverlag. ISBN 3923208065
  • Roy Medwedew, Das Urteil der Geschichte Stalin und Stalinismus, Bde 1 bis 3, Dietz Verlag, Berlin 1992
  • George Orwell: Farm der Tiere: Ein Märchen. Diogenes Verlag, Januar 2002, ISBN 3257201184 beschäftigt sich als Fabel mit der Oktoberrevolution und dem Stalinismus an sich.
  • Wolfgang Leonhard: Die Revolution entläßt ihre Kinder, Kiepenheuer & Witsch, ISBN 3-462-03498-7

[Bearbeiten] Weblinks

wikt:
Wiktionary
Wiktionary: Stalinist – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen
wikt:
Wiktionary
Wiktionary: Stalinistin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen

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