Bundesrat (Schweiz)
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Der Bundesrat (franz. Conseil fédéral, ital. Consiglio federale, rätoroman. Cussegl federal) ist die Regierung (Exekutive) der Schweizerischen Eidgenossenschaft und damit ihre oberste leitende und vollziehende Behörde. Der Bundesrat ist zugleich das Staatsoberhaupt der Schweiz. Sehr ungewöhnlich ist, dass ein Kollektiv Staatsoberhaupt ist. Der Bundesrat setzt sich aus sieben Mitgliedern zusammen, die einzeln ebenfalls Bundesrat oder Bundesrätin heißen und von der Vereinigten Bundesversammlung auf vier Jahre gewählt werden. (Für Näheres zum Wahlprozedere siehe: Bundesratswahlen). Falls es aus sprachlichen Gründen nötig ist, zwischen der Behörde und dem einzelnen Mitglied zu unterscheiden, nennt man das erste auch Gesamtbundesrat.
Da ein Misstrauensvotum in der Verfassung nicht vorgesehen ist, können Bundesräte während der Legislaturperiode nicht gestürzt werden. Auch eine Nichtwiederwahl eines amtierenden Bundesrates ist nicht üblich und geschah seit 1848 erst dreimal, zuletzt am 10. Dezember 2003, als Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold nicht wiedergewählt wurde. Da Bundesräte also de facto unabsetzbar sind und den Termin ihres Rücktritts nach eigenem Gutdünken bestimmen, haben sie eine viel stärkere Stellung inne als die Minister in anderen Ländern; dieser Befund ist zum Teil damit erklärbar, dass ein Bundesrat zugleich Teil des Staatsoberhauptes ist. Daraus ergibt sich auch eine sehr lange Amtsdauer der Bundesräte (ca. 10 Jahre im Durchschnitt). Die längstdienenden Bundesräte im 20. Jahrhundert waren Giuseppe Motta von 1911 bis 1940 und Philipp Etter von 1934 bis 1959. Am 5. März 2007 begann der Nationalrat (Schweiz) über eine Verfassungsänderung hinsichtlich des oben genannten zu diskutieren: Man müsse die Bundesräte wieder abwählen können, da sie oft "ihre eigene Wege" gehen und nicht mehr immer auf das Parlament hören. Zudem würden sie unliebsame Geschäfte einfach hinausschieben.
Die Vereinigte Bundesversammlung wählt aus den sieben Bundesräten den Bundespräsidenten sowie den Vizepräsidenten des Bundesrates für eine Amtsdauer von einem Jahr. Gemäss Tradition werden diese Positionen der Reihe nach allen Mitgliedern des Bundesrates übertragen. Ein neues Bundesratsmitglied wird üblicherweise erst zum Vizepräsidenten und anschliessend zum Bundespräsidenten gewählt, nachdem es unter dem Präsidium aller amtsälteren Kollegen gewirkt hat. Der Bundespräsident hat als erster unter Gleichen (primus inter pares) keine erweiterten Rechte, sondern erfüllt Repräsentationsaufgaben und leitet die Bundesratssitzungen. Insbesondere ist der Bundespräsident nicht etwa das Staatsoberhaupt, obwohl er international oft so wahrgenommen wird. Im Jahr 2007 ist Micheline Calmy-Rey Bundespräsidentin und Pascal Couchepin Vizepräsident.
[Bearbeiten] Departemente
Die sieben Bundesräte regieren eigentlich gemeinsam über alle Geschäfte, aber tatsächlich stehen sie, als Departementsvorsteher, je einem Departement vor (Departementalprinizip) und sind dadurch vergleichbar mit Ministern anderer Länder. Bedeutsame Unterschiede bestehen darin, dass ein Bundesrat zugleich noch Teil des Staatsoberhauptes ist, und dass es keinen richtigen Regierungschef mit Weisungsbefugnis oder wenigstens Richtlinienkompetenz gibt und der Tatsache, dass ein Bundesrat auf eine Periode von 4 Jahren fest gewählt ist und somit auch einen demokratisch legitimierten Auftrag hat. Der Bundespräsident hat im Vergleich zu den übrigen Bundesräten selbst im äussersten Fall nur den Stichentscheid bei einer sonst unentschiedenen Abstimmung im Gesamtbundesrat. Die Verteilung der Departemente wird jeweils nach der Bundesratswahl durch die Bundesräte selber vorgenommen, es gibt ausdrücklich kein Mitwirkungsrecht des Parlaments.
Darüber hinaus sind jedoch alle Bundesräte auch für sämtliche Geschäfte der anderen Departemente mit zuständig und haben dadurch erhebliche Mitsprache- und Einflussmöglichkeiten. Die Beschlüsse des Bundesrates werden durch das Kollegium mit Mehrheitsentscheid getroffen und müssen dann vom zuständigen Departementsvorsteher vor Parlament und Öffentlichkeit auch dann vertreten werden, wenn dieser den getroffenen Entscheid eigentlich ablehnt (Kollegialitätsprinzip). Der Grundsatz beruht allerdings nur auf ungeschriebener Tradition und ist nicht gesetzlich geregelt. Seit altersher wurde es ausnahmsweise als zulässig erachtet, dass ein Bundesrat eine vom Gesamtbundesrat abweichende Meinung öffentlich kundtut, wenn er sich auf Gewissensgründe beruft und das Geschäft im Übrigen nicht von ihm bearbeitet wird. Es ist in letzter Zeit jedoch immer öfter zu beobachten, dass einzelne Bundesräte Entscheide des Kollegiums mehr oder weniger offen zu desavouieren versuchen. So werden Sinn und Unsinn des Kollegialitätsprinzips auch immer wieder in den Medien und in politischen Gremien thematisiert.
Die Liste der Departemente und der aktuell zuständigen Bundesräte:
- Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA): Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (SP)
- Eidgenössisches Departement des Innern (EDI): Bundesrat Pascal Couchepin (FDP)
- Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK): Bundesrat Moritz Leuenberger (SP)
- Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS): Bundesrat Samuel Schmid (SVP)
- Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD): Bundesrat Christoph Blocher (SVP)
- Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD): Bundesrat Hans-Rudolf Merz (FDP)
- Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (EVD): Bundesrätin Doris Leuthard (CVP)
Der Bundesrat wird durch den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin unterstützt. Dieser leitet die Bundeskanzlei, welche als Stabsstelle des Bundesrates dient.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Liste der Mitglieder des Schweizerischen Bundesrates
- Liste der Schweizer Bundespräsidenten
- Zauberformel