Hilde Benjamin
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hilde Benjamin (* 5. Februar 1902 in Bernburg; † 18. April 1989 in Berlin; geboren als Hilde Lange) war Vorsitzende Richterin in einer Reihe von politischen Schauprozessen in den 1950er Jahren und Justizministerin der DDR.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben und Werk
Hilde Benjamin studierte nach dem Abitur von 1921-1924 Rechtswissenschaften in Berlin, Heidelberg und Hamburg. Nach Referendars- und Assessorexamen war sie 1928-1933 Rechtsanwältin in Berlin-Wedding bei der Roten Hilfe (u.a. vertrat sie eine Angeklagte im Mordfall Horst Wessel).
1926 heiratete sie Georg Benjamin, den Bruder des Schriftstellers und Philosophen Walter Benjamin. Ihr Schwager beging 1940 auf der Flucht aus dem besetzten Frankreich an der französisch-spanischen Grenze Selbstmord. Ihr Mann starb 1942 im KZ Mauthausen. 1927 trat sie der KPD bei. Nach Berufsverbot 1933 arbeitete Benjamin als juristische Beraterin der sowjetischen Handelsgesellschaft in Berlin und war ab 1939 bis 1945 als Angestellte in der Konfektionsindustrie dienstverpflichtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie in der Deutschen Zentralverwaltung für Justiz tätig. Bereits 1946 trat sie der SED bei und war von 1949 bis 1953 Vizepräsidentin des Obersten Gerichts der DDR. Benjamin war bei den Waldheimer Prozessen beratend beteiligt sowie Vorsitzende in einer Reihe stalinistischer Schauprozesse (z. B. 1950 gegen die Zeugen Jehovas und 1952 gegen die Burianek-Gruppe) und mitverantwortlich auch für Todesurteile. Deshalb wurde sie in der DDR im Volksmund auch die „Rote Guillotine“, „Rote Hilde“ oder „Die blutige Hilde“ genannt.
1949 bis 1967 war sie Abgeordnete der Volkskammer und 1954 bis 1989 Mitglied des Zentralkomitees der SED. Ab 1953 war sie in der Nachfolge von Max Fechner Ministerin der Justiz, musste jedoch auf Wunsch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht 1967 aus „gesundheitlichen Gründen“ zurücktreten. Der eigentliche Grund hierfür waren jedoch ihre überharten, von politischem Fanatismus geprägten, Urteile die dem Streben des SED - Politbüros nach internationaler Anerkennung zunehmend hinderlich wurden. Für eine weitere Laufbahn als Richterin kam sie deshalb nicht mehr in Betracht, durfte ihre juristische Karriere in der DDR jedoch in gehobener Position fortsetzen.
Benjamin schrieb als Leiterin der Gesetzgebungskommission das Gerichtsverfassungsgesetz, das Jugendgerichtsgesetz und die Strafprozessordnung von 1952 und 1963 als Vorsitzende der Kommission zur Ausarbeitung des neuen Strafgesetzbuches Rechtsgeschichte in der DDR. Von 1967 bis zu ihrem Tod war sie Professorin und Leiterin des Lehrstuhls „Geschichte der Rechtspflege“ an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam-Babelsberg.
Benjamin wurde in der DDR vielfach ausgezeichnet: 1962 mit dem Vaterländischen Verdienstorden, 1972 mit der Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden, 1977 und 1987 mit dem Karl-Marx-Orden, 1979 als Verdiente Juristin der DDR und 1982 mit dem Stern der Völkerfreundschaft.
[Bearbeiten] Schriften
- „Georg Benjamin“, Berlin 1978 ISBN 3-74010-105-9
- „Geschichte der Rechtspflege“ (als Leiterin des Autorenkollektivs), Berlin 1976-86
- „Reden und Aufsätze“, Berlin 1982
[Bearbeiten] Literatur
- Walter Janka, Schwierigkeiten mit der Wahrheit, Essay, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1989, darin wird der Auftritt Benjamins bei einem Schauprozess beschrieben
- Andrea Feth, Hilde Benjamin - Eine Biographie, Berlin 1995 ISBN 3-87061-609-1
- Marianne Brentzel, Die Machtfrau Hilde Benjamin 1902-1989, Berlin 1997 ISBN 3-86153-139-9
- Heike Wagner, Hilde Benjamin und die Stalinisierung der DDR-Justiz, Aachen 1999 ISBN 3-82655-855-3
- Heike Amos, Kommunistische Personalpolitik in der Justizverwaltung der SBZ/DDR (1945-1953) : Vom liberalen Justizfachmann Eugen Schiffer über den Parteifunktionär Max Fechner zur kommunistischen Juristin Hilde Benjamin, in: Gerd Bender, Recht im Sozialismus : Analysen zur Normdurchsetzung in osteuropäischen Nachkriegsgesellschaften (1944/45-1989), Frankfurt am Main 1999, Seiten 109 - 145. ISBN 3465027973
- Zwischen Recht und Unrecht - Lebensläufe deutscher Juristen, Justizministerium NRW 2004, S. 144 - 146
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Hilde Benjamin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- FemBiographie: Hilde Benjamin
- Biographie: Hilde Benjamin
- weitere Details [1]
Max Fechner | Hilde Benjamin | Kurt Wünsche | Hans-Joachim Heusinger | Kurt Wünsche
Personendaten | |
---|---|
NAME | Benjamin, Hilde |
ALTERNATIVNAMEN | Hilde Lange |
KURZBESCHREIBUNG | Vorsitzende Richterin in einer Reihe von politischen Schauprozessen in den 1950er Jahren und Justizministerin der DDR |
GEBURTSDATUM | 5. Februar 1902 |
GEBURTSORT | Bernburg (Saale) |
STERBEDATUM | 18. April 1989 |
STERBEORT | Berlin |