New Immissions/Updates:
boundless - educate - edutalab - empatico - es-ebooks - es16 - fr16 - fsfiles - hesperian - solidaria - wikipediaforschools
- wikipediaforschoolses - wikipediaforschoolsfr - wikipediaforschoolspt - worldmap -

See also: Liber Liber - Libro Parlato - Liber Musica  - Manuzio -  Liber Liber ISO Files - Alphabetical Order - Multivolume ZIP Complete Archive - PDF Files - OGG Music Files -

PROJECT GUTENBERG HTML: Volume I - Volume II - Volume III - Volume IV - Volume V - Volume VI - Volume VII - Volume VIII - Volume IX

Ascolta ""Volevo solo fare un audiolibro"" su Spreaker.
CLASSICISTRANIERI HOME PAGE - YOUTUBE CHANNEL
Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions
Historische Aufführungspraxis - Wikipedia

Historische Aufführungspraxis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Historische Aufführungspraxis, auch „historisch informierte Aufführungspraxis“, nennt man die Bemühung, die Musik vergangener Epochen mit authentischem Instrumentarium, historischer Spieltechnik und im Wissen um die künstlerischen Gestaltungsmittel der jeweiligen Zeit wiederzugeben. Ursprünglich bezog sich Begriff auf die Alte Musik, auf die Interpretation der vor etwa 1830 entstandenen Werke. In den letzten Jahrzehnten beschäftigt sich die Historische Aufführungspraxis zunehmend mit Werken der Romantik und Spätromantik und des frühen 20. Jahrhunderts. Unter Aufführungspraktikern wird für diese Art der Interpretation auch die Abkürzung „HIP“ verwendet (von engl. „historically informed performance (practice)“).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Aspekte der Historischen Aufführungspraxis

[Bearbeiten] Instrumentarium

Vielfach wurden in früheren Abschnitten der Musikgeschichte Instrumente verwendet, die später außer Gebrauch kamen, z. B. Gamben, Zinken, Krummhörner. Will man heute Musik auf solchen Instrumenten aufführen, müssen die wenigen erhaltenen und meist nicht mehr spielbaren Originale zunächst von Instrumentenbauern kopiert werden. Außerdem erfordert das Erlernen der jeweils erforderlichen Spieltechniken ein besonderes Quellenstudium, da die Kontinuität der Lehrtradition unterbrochen ist.

Die nicht außer Gebrauch geratenen Instrumente wurden im Laufe der Zeit baulich fortentwickelt. Beispielsweise hatten Barockviolinen andere Abmessungen als die moderne Geige. Ihre Saiten bestanden i. d. R. aus Tierdarm statt aus Metall oder Kunststoff. Sie wurde mit einem Bogen gespielt, der, anders als heutige Bögen, gestreckt bis konvex statt konkav war, was sich insgesamt auf die erforderliche Spielweise auswirkt und somit auch auf den Klang.

Ein anderes Beispiel ist das Horn, das vor etwa 1840 keine Ventile hatte und dadurch nur über begrenzte Möglichkeiten verfügte, chromatische Tonfolgen hervorzubringen. Die andere Bauweise sowie die speziellen Spieltechniken des Naturhorns bedingen wiederum einen eigenen Klang, der sich von dem eines modernen Ventilhorns unterscheidet.

Schon bei der Wahl des Instrumentariums stellt sich daher heute die Frage, inwieweit originale Instrumente („period instruments“) bzw. deren Kopien verwendet werden sollen und können, oder ob eine Annäherung an ein vermutlich historisches Klangbild auch auf modernen Instrumenten möglich ist.

[Bearbeiten] Stimmton

Vor der ersten internationalen Stimmtonkonferenz in Paris im Jahr 1858 war die Frequenz des Kammertons a1 nicht einheitlich festgelegt. Instrumentenfunde belegen jedoch, dass im 18. Jahrhundert überwiegend mit einem tieferen Kammerton musiziert wurde. Neben dem Kammerton für eher weltliche Instrumentalmusik gab es für die Stimmung von Orgeln und damit für geistliche Vokalmusik außerdem den sogenannten Chorton, der etwa einen Ganzton über dem jeweiligen Kammerton lag.

In Kreisen der historischen Aufführungspraxis besteht heute eine pragmatische Übereinkunft darin, mitteleuropäische Barockmusik zwischen etwa 1650 und 1750 mit einem einheitlichen Kammerton von a1 = 415 Hz zu musizieren. Für einige Genres (z. B. italienisches Frühbarock) hat sich auch ein höherer Stimmton von 466 Hz eingebürgert, für andere (französisches Barock) 392 Hz. Für Musik zwischen etwa 1750 und 1850 wählt man häufig a1 = 430 Hz. Mit diesen nur wenige verschiedene Stimmtöne umfassenden Konventionen können spezialisierte Instrumentalisten international agieren und Instrumentenbauer ihre Kopien historischer Originalinstrumente auf einem globalen Markt absetzen.

[Bearbeiten] Stimmungssysteme

Vor der allgemeinen Verbreitung der gleichstufigen Stimmung verwendete man verschiedene Stimmsysteme, wodurch verschiedenen Tonarten auch ein unterschiedlicher Charakter innewohnte. Im Bereich der historischen Aufführungspraxis greift man heute wieder auf ungleichstufige Stimmungen zurück, um bei älterer Musik den Tonartencharakter hörbar zu machen.

[Bearbeiten] Spielweisen und Verhältnis zur Notation

Von ausführenden Musikern war es bis zum Ende der barocken Ära weit mehr gefordert, dem Notentext eigene Verzierungen und Improvisationen hinzuzufügen. Darüberhinaus wurde von den Komponisten generell nicht so akribisch notiert wie in späteren Zeiten. Es konnte beispielsweise vorausgesetzt werden, dass ausübende Musiker wussten, wie ein Tempowechsel auszuführen war. Der Freiraum für die Verantwortung des Interpreten drückte sich auch in der Generalbass-Technik aus.

[Bearbeiten] Tempi

Aus der Zeit des Barocks sind zum Teil sehr exakte Tempoangaben überliefert. L'Affilard (1705) und Choquel (1762) geben ihre Tempi mit Hilfe eines Fadenpendels an. Quantz bestimmte die Tempi durch einen durchschnittlichen Pulsschlag, den er mit etwa 80 Schlägen pro Minute angibt.

Friedrich Wilhelm Marpurg notierte allerdings 1763: „Dieser ordentliche Werth (des 4/4-Taktes) muß aus dem Gebrauche erlernet werden, da der Pulsschlag so wenig eine unfehlbare Regel ist, als der Schritt eines Menschen.“ [1]

Den Komponisten des Barock genügte zur Tempoangabe in erster Linie die „natürliche Bewegung“ der Taktart; Johann Philipp Kirnberger schreibt 1776: „Ueberhaupt ist also anzumerken, daß von den Tacktarten, die gleich viel Zeiten haben, der, welcher grössere, oder längere Tackttheile hat, natürlicher Weise etwas ernsthafter ist, als der von kurzen Zeiten: so ist der 4/4 Tackt weniger munter, als der 4/8 Tackt; der 3/2 Tackt schwerfälliger, als der 3/4, und dieser nicht so munter, als der 3/8 Tackt.“ [2] c diente zur Kennzeichnung eines langsameren Stückes, ¢ eines schnelleren. Im stile antico der Kirchenmusik galt ¢ für doppelt so schnell als c.

In zweiter Linie ergab sich das Tempo aus den kleinsten temporelevanten Notenwerten: „In Ansehung der Notengattungen haben die Tanzstücke worin Sechszehntel und Zweyunddreyßigtheile vorkommen, eine langsamere Taktbewegung, als solche, die bey der nemlichen Taktart nur Achtel, höchstens Sechszehntel, als die geschwindesten Notengattungen vertragen. Also wird das Tempo giusto durch die Taktart und durch die längeren und kürzeren Notengattungen eines Stücks bestimmt.“ [3]

In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde es nötig, die Tempoangaben näher zu differenzieren: „Hat der junge Tonsetzer erst dieses (das tempo giusto) ins Gefühl, denn begreift er bald, wie viel die Beywörter largo, adagio, andante, allegro, presto, und ihre Modificationen ... der natürlichen Taktbewegung an Geschwindigkeit oder Langsamkeit zusetzen oder abnehmen“ [4]

Entgegen späterem Gebrauch war im späten 18. Jahrhundert also nicht das Tempowort allein die „Tempobezeichnung“. Die Kombination aus Taktart, Notenklasse und Tempowort bestimmte sowohl das Betonungsgefüge als auch die Geschwindigkeit, den Charakter und die Spielart, also die „Bewegung“ und den Vortrag im weitesten Sinne. „Vortrag und Bewegung werden durch die längern oder kürzern Notengattungen, die jeder Taktart eigen sind, bestimmt; nämlich schwer und langsam bey jenen, und leichter und lebhafter bey diesen. ... Der 3/8 Takt z. B. hat einen leichten Vortrag; ist aber ein Stük in dieser Taktart mit Adagio bezeichnet, und mit Zweyunddreyßigtheilen angefüllt, denn ist der Vortrag desselben schwerer, als er ohnedem seyn würde, aber nicht so schwer, als wenn dasselbe Stük im 3/4 Takt gesetzt wäre.“ [5]

Siehe auch Tempo (Musik)#Tempo-Interpretation

[Bearbeiten] Ensemble-Größen

Das spätere, gleichsam „standardisierte“ Orchester gab es in vorklassischer Zeit noch nicht. Die Aufführungsapparate waren im allgemeinen deutlich kleiner, und ihre Besetzung variierte von Werk zu Werk wie auch von Aufführung zu Aufführung.

Insbesondere die Größe der Chöre entsprach nicht heutigen Gepflogenheiten. Es wird heute vermutet, dass Werke, die man heute der Chormusik zurechnet, in Renaissance und Barock oft oder sogar meistens solistisch aufgeführt wurden, höchstens aber mit nur wenigen Singenden pro Stimme.

[Bearbeiten] Gesangsstimmen

Einen Unterschied zur heutigen Musikpraxis stellt der frühere intensive Gebrauch von Knabenstimmen (heutzutage setzt der Stimmbruch früher ein) oder gar Kastraten dar, verursacht vor allem durch das kirchliche Musizierverbot für Frauen. Es ist davon auszugehen, dass (auch weibliche) Gesangsstimmen früher anders ausgebildet wurden und dem Klang von Knaben- oder Kastratenstimmen näher waren, als es heute meist der Fall ist. Erwachsene Sängerinnen und Sänger sind heutzutage im Durchschnitt körperlich deutlich größer als im ausgehenden 17. Jahrhundert, was Auswirkungen auf Klang und Tonhöhe haben kann. Insgesamt vermutet man, dass die Stimmen früher „kleiner“ waren und mit weniger Vibrato benutzt wurden. Daher ist der Einsatz modern ausgebildeter Frauenstimmen für Sopran und Alt aufführungspraktisch gesehen besonders zu hinterfragen.

Es gibt zahlreiche Knabenchöre, die nahezu ausschließlich nach den Erkenntnissen der historischen Aufführungspraxis und mit dem Instrumentarium der jeweiligen Epoche musizieren. Insbesondere Nikolaus Harnoncourt, Gustav Leonhardt (Gesamtaufnahme der Bach-Kantaten), Ton Koopman (Aufnahme von Buxtehude-Kantaten) und Heinz Hennig (Einspielung zahlreicher Werke von Heinrich Schütz, Andreas Hammerschmidt und anderen mit dem Knabenchor Hannover) haben seit den 1970er Jahren die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis unter Einbeziehung von Knabenchören und Knabenstimmen konsequent umgesetzt.

In der Praxis wird vor allem seit den 1990er Jahren seitens zahlreicher Dirigenten und Ensembles vermehrt von der Verwendung von Knabenchören abgesehen. Dies ist in erster Linie eine pragmatische Entscheidung, da der Einsatz professioneller Berufsmusiker gegenüber dem Einsatz von Kindern eine weit größere Flexibilität ermöglicht. Andererseits gibt es heute immer mehr Sängerinnen und Countertenöre, die sich auf einen entsprechenden Stimmklang spezialisieren.

[Bearbeiten] Räumlichkeiten

Zur historisch informierten Aufführungspraxis gehört auch die Wahl geeigneter Aufführungsorte. Oft lässt sich erkennen, ob ein altes Musikwerk für einen kleinen und akustisch „trockenen“ oder aber einen großen, hallenden Raum geschrieben wurde. Sehr bedeutend in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass viele Kompositionen ausdrücklich die Ausdehnung des Raums einbeziehen, so z. B. in der Venezianischen Mehrchörigkeit.

[Bearbeiten] Disposition der Mitwirkenden im Raum

Bildliche Darstellungen, Aufstellungsskizzen und schriftliche Quellen informieren uns über die räumliche Aufstellung der Mitwirkenden. Die heute gängige Praxis, den Chor hinter das Orchester zu stellen ist zwar auch dokumentiert, scheint aber eher die Ausnahme gewesen zu sein (Johann Mattheson: „Die Sänger müssen allenthalben voranstehen“ [6]).

Uns begegnen folgende Grundaufstellungen:

  • Kreis oder lockerer Haufen (Renaissance und Frühbarock)
  • Vokalisten vorne und Instrumentalisten hinten (diese Aufstellung ist bis weit in das 19. Jahrhundert dokumentiert).
  • Vokalisten und Instrumente gruppenweise nebeneinander auf der Empore

[Bearbeiten] Entwicklung

[Bearbeiten] Geschichte

Ein wichtiger Meilenstein zur Wiederentdeckung Alter Musik war die Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion 1829 durch Felix Mendelssohn Bartholdy. Das Werk wurde dabei allerdings weitreichenden Bearbeitungen (Instrumentierung, Kürzungen) unterzogen, da es in seiner Urgestalt als nicht zumutbar empfunden wurde. Zudem wurden einfach die aktuell üblichen Instrumente, Spieltechniken und Orchestergrößen eingesetzt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann eine allmähliche Besinnung auf werkgetreuere Aufführungstechniken zunächst bei der Barockmusik unter Zuhilfenahme von original erhaltenen Instrumenten bzw. exakten Nachbauten.

Ein anfangs belächelter Pionier war der in England ansässige Musiker und Instrumentenbauer Arnold Dolmetsch (1858-1940); ebenfalls von Bedeutung war Alfred Deller, der die Countertenor-Gesangstechnik wiederbelebte.

In Frankreich waren Henri Casadesus (Viola d'amore) und Eduard Nanny (Kontrabass) Mitbegründer der „Société de concerts des instruments anciens“ (Konzertgesellschaft für historische Instrumente), die unter der Präsidentschaft des Komponisten Camille Saint-Saëns stand. Ziel der Gesellschaft war die Wiederbelebung der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts auf Originalinstrumenten. Ausgehend von dieser Gruppe, alles Preisträger des Pariser Konservatoriums, begann eine intensive Erforschung der Barockmusik.

In Deutschland beschäftigte sich der Cellist Christian Döbereiner (1874-1961) mit der Gambe und gründete um 1905 die „Vereinigung für Alte Musik“. Die so genannte Gambenbewegung der 1920er-Jahre war ähnlich der Wandervogel-Bewegung eine Form des Protestes gegen das (in diesem Fall künstlerische) Establishment. Ab 1927 musizierte der aus Basel stammende August Wenzinger unter Förderung des Amateurgeigers und Industriellen Hans Hoesch aus Hagen mit anderen interessierten Musikern in der „Kabeler Kammermusik“ zum Teil auf Originalinstrumenten. Ein Meilenstein dieser Arbeit war der 18. September 1954, als das im Mai 1954 gegründete erste Orchester mit Originalinstrumenten „Cappella Coloniensis“ [1] unter der Leitung von Wenzinger und Karl Richter mit einem Bach-Programm im Funkhaus des damaligen NWDR auftrat. Weitere Impulse gab die aus Polen stammende Pianistin Wanda Landowska, die sich für die Wiederbenutzung des Cembalos, allerdings nicht in seiner historischen Form, sondern in Form der damals verwendeten Neukonstruktionen mit Stahlrahmen einsetzte. Für die Wiederverwendung von Tasteninstrumenten nach historischen Baumustern waren insbesondere Ralph Kirkpatrick und Fritz Neumeyer von Bedeutung. Letzterer hatte schon 1927 in Saarbrücken ebenfalls eine „Vereinigung für Alte Musik“ gegründet, die im wesentlichen Kammermusik des 18. Jahrhunderts aufführte. Zahlreiche Konzerte wurden in den 1930er und 1940er Jahren vom damaligen „Radio Saarbrücken“ live gesendet.

Durch die Initiative des Komponisten Paul Hindemith fand eine der ersten öffentlichen Aufführungen der Solo-Sonaten und -Partiten von Johann Sebastian Bach in Österreich durch den Geiger Eduard Melkus zu Beginn der 1950er Jahre statt. Melkus gehörte zu dem engen Kreis von Musikern um den Cellisten und späteren Dirigenten Nikolaus Harnoncourt und seiner Frau Alice Harnoncourt, der sich ab 1948 als Gegenpol zur modernen Orchesterarbeit intensiv der Alten Musik widmete. Aus dieser Gruppe bildete sich nach und nach der Concentus Musicus Wien, der 1957 erstmals öffentlich auftrat. Die Bach-Interpretationen des Ensembles wurden zu Meilensteinen in der Historisch informierten Aufführungspraxis.

Bis gegen Ende der 1970er Jahre bezog sich die Historische Aufführungspraxis fast ganz auf ältere Musik bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. U. a. mit Einspielungen der Sinfonien und Konzerte von Mozart, Haydn und Beethoven erschlossen Dirigenten wie Christopher Hogwood, Roger Norrington und John Eliot Gardiner sodann das Repertoire der Wiener Klassik. Inzwischen wendet sich die Historische Aufführungspraxis auch der Romantik und Spätromantik zu. Die Differenz zwischen dem frühen 20. Jahrhundert und der Gegenwart ist in Instrumentarium und Spielweise bereits so erheblich, dass 2006 eine historisch informierte Einspielung von Orchesterwerken Maurice Ravels vorgelegt wurde.

Auflistung einiger Interpreten siehe: Liste von Barockinterpreten und Ensembles

[Bearbeiten] Kritik

In ihren Anfängen wurde der historisch informierten Aufführungspraxis auch kritisch-ablehnend begegnet. Der Gegensatz zu etablierten Hörgewohnheiten führte dazu, dass von vielen die schwierig zu spielenden historischen Instrumente mit ihren alten Stimmungssystemen als verstimmt, die ungewohnten Besetzungsstärken als mangelhaft balanciert, und die erzielten Klangbilder allgemein als schroff und unemotional empfunden wurden. Polemische Gegner sprachen den Interpreten gar jegliche Musikalität und künstlerische Eigenständigkeit ab. Diese Debatte ist heute beendet; nur noch sehr wenige Interpreten ignorieren die Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis für ihr eigenes Musizieren.

Aktuelle fundierte Kritik der historisch informierten Aufführungspraxis formulierte der Musikwissenschaftler Richard Taruskin. Danach darf die Annäherung an historische Klangbilder nicht zum musealen Selbstzweck verkommen, denn sowohl Interpreten als auch Zuhörer sind Menschen von heute, die Alte Musik für sich, in ihren heutigen Lebenszusammenhängen entdecken, bewerten und einordnen müssen. Es genügt daher nicht, einfach den Stil anderer HIP-Interpreten zu kopieren, da nur eine neue, dogmatische Aufführungstradition entstehen würde. Bei aller musikhistorischen Korrektheit muss eine lebendige Auseinandersetzung sichergestellt sein.

[Bearbeiten] Kompromisse

Heutige Interpreten werden die Erkenntnisse der Historischen Aufführungspraxis stets nur zum Teil umsetzen können, während in etlichen der oben genannten Punkte Kompromisse eingegangen werden müssen. So wird beispielsweise selbst von bekannten Ensembles aus dem HIP-Bereich nur selten die historische Aufstellung des Chores vor dem Orchester praktiziert. Doch selbst unter ungünstigen Bedingungen (z. B. wenn gar keine historischen Instrumente zur Verfügung stehen oder ein großer Laienchor eingesetzt werden muss) lassen sich immer noch etliche Teilaspekte umsetzen.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Quellen zur Aufführungspraxis

[Bearbeiten] Deutschland

[Bearbeiten] Frankreich

  • Michel Corrette, Le Maître de clavecin pour l’accompagnement. Paris 1753/1775; Faksimile Genf 1976 ISBN 2-8266-0606-9
  • Michel Corrette, Le Parfait maître à chanter. Paris 1758; Faksimile Genf 1999 ISBN 2-8266-0480-0 (mit formal falscher ISBN ausgeliefert und katalogisiert, Suche über KVK möglich)
  • François Couperin, L´art de toucher le clavecin. Paris 1717; Faksimile Genf 1986 ISBN 2-8266-0896-7
  • Michel L'Affilard: Principes trés faciles pour bien apprendre la musique. Paris 1694/1705; Faksimile Genf 1971 ISBN 2-8266-0349-3
  • Henri-Louis Choquel: La musique rendue sensible par la méchanique, ou nouveau système por apprendre facilement la Musique soi-meme. Paris 1759/1762; Faksimile Genf 1972 ISBN 2-8266-0312-4

[Bearbeiten] Italien

[Bearbeiten] Spanien

  • Tomás de Santa Maria, Libro llamado Arte de tañer Fantasia, Valladolid 1565; Faksimile Genf 1973 ISBN 2-8266-0421-X
  • Gaspar Sanz, Instruccion de musica sobre la guitarra espanola, Zaragoza 1697; Faksimile Genf 1976 ISBN 2-8266-0628-X

[Bearbeiten] Sekundärliteratur

  • Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Kassel 1998, Sachteil, Artikel "Tempo".
  • David Dodge Boyden: Die Geschichte des Violinspiels von seinen Anfängen bis 1761. Schott's Söhne, Mainz 1971
  • Carl Dahlhaus / Hermann Danuser (Hrsg.): Neues Handbuch der Musikwissenschaft. Laaber-Verlag, Laaber 1981-1995. Daraus:
Bd. 3 - Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts. ISBN 3-89007-033-7 / ISBN 3-89007-043-4
Bd. 4 - Werner Braun (Hrsg.): Die Musik des 17. Jahrhunderts. ISBN 3-89007-034-5
Bd. 11 - Hermann Danuser (Hrsg.): Musikalische Interpretation. ISBN 3-89007-041-8
  • Hans Gebhard: Praktische Anleitung für die Aufführung der Vokalmusik des 16. bis 18. Jahrhunderts. Edition Peters, Frankfurt/ Leipzig 1998, ISBN 3-87626-170-8
  • Nikolaus Harnoncourt: Musik als Klangrede. Residenz, St. Pölten 2004 ISBN 3-7017-1379-0
  • Hartmut Krones / Robert Schollum: Vokale und allgemeine Aufführungspraxis. Böhlau, Wien 1983 ISBN 3-205-08371-7
  • Peter Reidemeister: Historische Aufführungspraxis. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996 ISBN 3-534-01797-8
  • Siegfried Schmalzriedt: Aspekte der Musik des Barock. Aufführungspraxis und Stil. Laaber-Verlag, Laaber 2006 ISBN 3-89007-649-1
  • Curt Sachs: Rhythm and Tempo. A Study in Music History, New York 1953.
  • Robert Donington: The Interpretation of Early Music, New Version, London 1979 ISBN 0-571-04789--0.
  • Robert Donington: A Performer's Guide to Baroque Music, London 1978 ISBN 0-571-09797-9.
  • Paul Badura-Skoda: Bach-Interpretation. Die Klavierwerke Johann Sebastian Bachs, Laaber 1990 ISBN 3-89007-141-4.
  • Eva und Paul Badura-Skoda: Mozart-Interpretation, Wien 1957.
  • Irmgard Herrmann-Bengen: Tempobezeichnungen. Ursprung. Wandel im 17. und 18. Jahrhundert, Münchner Veröffentlichungen zur Musikgeschichte, Band 1, Tutzing 1959.
  • Helmut Breidenstein: Mozarts Tempo-System. Die zusammengesetzten Takte als Schlüssel. in: Mozart-Studien Bd. 13 (Manfred Hermann Schmid, Hrg.) Verlag Hans Schneider, Tutzing 2004 ISBN 3-7952-1156-5
  • Helmut Breidenstein: Worauf beziehen sich Mozarts Tempobezeichnungen? in Das Orchester März 2004, S. 17-22; Mainz ISSN 0030-4468; Langfassung unter http://www.mozart-tempi.net
  • Helmut Breidenstein: Tempo in Mozarts und Haydns Chorwerken. in: Chor und Konzert Heft 3/2004, S. 6-11 und 1/2005, S. 13-19; Weimar ISSN 1617-8689 und ISSN 1617-8690; Langfassung unter http://www.mozart-tempi.net

[Bearbeiten] zitierte Quellen

  1. Fr. Wilh. Marpurg: Anleitung zur Musik überhaupt und zur Singkunst besonders ..., Berlin 1763, Zweyter Theil, welcher die Grundsätze der Singkunst überhaupt abhandelt., 4. Capitel, Vom Tact überhaupt, und der Bewegung des Tacts., S. 73.
  2. Joh. Phil. Kirnberger, „Die Kunst des reinen Satzes in der Musik“, 2. Teil (1776), S. 133.
  3. Kirnberger, a.a.O., S. 106f.
  4. Kirnberger, a.a.O., S. 107
  5. Johann Abraham Peter Schulz, Artikel „Tact“ und Artikel „Vortrag“ in: Johann Georg Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band I-IV, Leipzig 1792-94; Nachdruck Hildesheim 1967
  6. Johann Mattheson: Der vollkommene Capellmeister. Hamburg 1739, S. 484; Faksimile Kassel 1991, ISBN 3-7618-0100-9

[Bearbeiten] Weblinks

Static Wikipedia (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -

Static Wikipedia 2007 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -

Static Wikipedia 2006 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu

Static Wikipedia February 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu