Kettenregel
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kettenregel ist eine der Grundregeln der Differentialrechnung zur Ermittlung der Ableitung. Sie bildet einen Spezialfall der verallgemeinerten Kettenregel für den eindimensionalen Fall. Sie ist auch das Gegenstück zur Integration durch Substitution in der Integralrechnung.
Eine zusammengesetzte Funktion ist eine Funktion, die sich aus zwei oder mehreren differenzierbaren Funktionen zusammensetzt. Die zusammensetzenden Funktionen nennt man verkettet. Man leitet die zusammengesetzte Funktion nach der Vorschrift der Kettenregel ab. Mit Hilfe der Kettenregel lässt sich also die Steigung einer Funktion bestimmen, deren zusammensetzende Funktionen beliebig ineinander verschachtelt sind.
Die Ableitung der verketteten Funktion erhält man, indem man jede Verkettungsebene (also jede zusammensetzende Funktion) für sich ableitet und diese Ergebnisse miteinander multipliziert.
Die einfachste Verkettung besteht aus einer inneren Funktion v mit einer äußeren Funktion u:
- f(x) = u(v(x))
Für deren Ableitung gilt:
In Worten: Die Ableitung der Gesamtfunktion ist das Produkt aus der äußeren Ableitung u' und der inneren Ableitung v' .
Ist v(x) für das Intervall [a,b] definiert, und [α,β] der Wertebereich für v, so muss u' im Bereich [α,β] definiert sein.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Beispiel
Es wird die durch definierte verkettete Funktion f betrachtet.
Die innere Funktion v ist gegeben durch
- .
Für die innere Ableitung, d.h. für die Ableitung der inneren Funktion nach der unabhängigen Variablen x gilt
- .
Die äußere Funktion u wird zweckmäßigerweise - entsprechend dem Namen der inneren Funktion - durch die unabhängige Variable v ausgedrückt:
Man verwendet hier v sozusagen als Abkürzung für den Rechenausdruck, der in der Klammer steht. Für die Ableitung von u erhält man
- .
Die Ableitung von f an der Stelle x ergibt sich nun aus der Kettenregel:
[Bearbeiten] Verallgemeinerung auf mehrfache Verkettungen
Etwas komplizierter wird das Differenzieren, wenn mehr als zwei Funktionen verkettet sind. In diesem Fall wird die Kettenregel rekursiv angewendet. Beispielsweise ergibt sich bei Verkettung von drei Funktionen u, v und w:
Beim praktischen Berechnen der Ableitung multipliziert man also Faktoren, die sich folgendermaßen ergeben:
Den ersten Faktor erhält man dadurch, dass man die äußerste Funktion durch eine unabhängige Variable ausdrückt und ableitet. Anstelle dieser unabhängigen Variablen ist der Rechenausdruck für die restlichen (inneren) Funktionen einzusetzen. Der zweite Faktor wird entsprechend berechnet als Ableitung der zweitäußersten Funktion, wobei auch hier der Rechenausdruck für die zugehörigen inneren Funktionen einzusetzen ist. Dieses Verfahren setzt man fort bis zum letzten Faktor, der innersten Ableitung.
[Bearbeiten] Beweis
Sei f die verkettete Funktion: f(x) := u(v(x)).
Dann ist der Differenzialquotient:
- .
[Bearbeiten] Geometrische Veranschaulichung
Von x zum Funktionswert u(v(x)) kann man gelangen, indem man zuerst v(x) und dann u(v) berechnet. Die Funktion v(x) hat die Steigung v'(x) (=innere Ableitung). Die Funktion u(v) hat die Steigung u'(v) (=äußere Ableitung). Die Steigung von u(v(x)) ist u'(x). (=Gesamtableitung)
Der Term entsteht dabei durch Erweiterung des Bruchs mit Δv.
Zu beachten ist hierbei: Die Verkettung von Funktionen ist in der Regel nicht identisch mit der Multiplikation von Funktionen.
[Bearbeiten] Differenzenquotienten
Für die Differenzenquotienten gilt (siehe Abbildung):
Durch den Grenzübergang Δx → 0 werden aus den Differenzenquotienten die Differentialquotienten (=Ableitungen). Aus der obigen Abbildung geht hervor: Wenn Δx → 0, dann auch Δv → 0.
Man erhält dann insgesamt für die Ableitung der verketteten Funktion:
Anmerkung: Die hier verwendete Schreibweise mit Differentialen (z. B. dx) nach Leibniz ist äquivalent zur obigen Schreibweise nach Lagrange.