Materie
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Materie (lat.: materia = »Stoff«) ist eine allgemeine Bezeichnung für alles Stoffliche, was uns umgibt und aus dem wir selbst bestehen. Im physikalischen Sinne bezeichnet man mit Materie alles, was in mehr oder weniger komplizierter Weise aus Fermionen aufgebaut ist. Im philosophischen Sinn bezeichnet Materie die objektive Realität, die von unseren Sinnen abgebildet oder wiedergespiegelt wird (W.I. Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus. Berlin 1962).
Die definierenden Eigenschaften von Materie sind ihre Masse, der Raumbedarf, die Struktur und die innere Thermische Energie.
Unter Materie im weiteren Sinne werden sowohl Materie im engeren Sinne wie auch Antimaterie zusammengefasst.
Vor allem in der Philosophie bildet die "Form" den Gegenbegriff zur Materie.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Allgemeines
Materie ist aus kleinsten Teilchen aufgebaut, den Atomen, welche wiederum Moleküle bilden können.
Diese kleinsten Teilchen dienen vielen physikalischen Modellen der Mechanik als Grundlage.
Atome bestehen wiederum aus Protonen, Neutronen und Elektronen, den Elementarteilchen, die man häufig auch mit dem Begriff Materie gleichsetzt.
[Bearbeiten] Aggregatzustände
Es gibt mehrere Erscheinungsformen (Aggregatzustände) von Materie:
- fest
- flüssig
- gasförmig
- Plasma
- Bose-Einstein-Kondensat
- Fermionen-Kondensat (Deborah Jin, 2003)
Nach neuerer Definition sind die Begriffe fest und flüssig abgeschafft, und man unterscheidet statt dessen kristallin und amorph.
Wenn Materie von einem Aggregatzustand in den anderen übergeht, dann wird die innere Ordnung der Materie stark verändert. Die Entropie kann sich dabei auch bei gleichbleibender Temperatur stark verändern. Diese Phasenübergangsphänomene werden von der Thermodynamik untersucht.
[Bearbeiten] Entstehung der Materie
Beim Urknall wurden große Energiemengen freigesetzt und die expandierende vierdimensionale Raumzeit entstand.
Diese gewaltigen Energiemengen führten zur Entstehung großer Mengen an dicht gepackten Elementarteilchen. In der so genannten Hadronen-Ära zwischen 10-32 und 10-4 Sekunden nach dem Urknall entstanden die ersten stabilen Protonen und Neutronen.
In der so genannten Leptonen-Ära darauf bis zur 1. Sekunde nach dem Urknall, entstanden die ersten stabilen Elektronen. Bis in diese Zeit vernichteten sich Materie und Antimaterie gegenseitig. Letztlich blieb die Materie zurück. Siehe Supersymmetrie.
In der folgenden Strahlungs-Ära entstanden Wasserstoff (auch: Protium), Deuterium und Tritium.
Eine Million Jahre nach dem Urknall begann die heutige Materie-Ära. Die Wasserstoffwolken bildeten Galaxien und Sterne, und in jenen fusionierte der Wasserstoff zu Helium bis Kohlenstoff und Eisen, den in unserem Universum verbreitetsten chemischen Elementen.
Man vermutet, dass durch die Kollision von Neutronensternen, aber insbesondere auch in Supernovae weitere, schwerere, seltenere Elemente entstanden sind, wie Gold, Blei und Uran.
[Bearbeiten] Eigenschaften von Materie
Materie hat einige wichtige Eigenschaften:
[Bearbeiten] Komplikationen
Mit der Entwicklung der Speziellen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik stellte Albert Einstein die bekannte Formel E = mc² (Energie = Masse × Lichtgeschwindigkeit²) auf. Hierdurch kann man auch elektromagnetischer Strahlung (Licht, Wärmestrahlen etc.), deren Elementarteilchen, das Photon, keine Ruhemasse hat, eine 'dynamische', relativistische Masse zuordnen.
Umgekehrt haben auch massive Materieteilchen Welleneigenschaften (siehe Materiewelle). Beispielsweise hat ein Elektronenstrahl eine von der Energie der Elektronen abhängige De-Broglie-Wellenlänge (nach Louis Victor de Broglie). Man spricht vom Welle-Teilchen-Dualismus.
Daher wird die Bedingung, dass Materie Masse haben muss, durch die Bedingung, dass Materie Ruhemasse haben muss, ersetzt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Materie aus Atomen besteht, welche wiederum aus Fermionen aufgebaut sind.
[Bearbeiten] Keine Materie
- Dagegen zählt man elektromagnetische Strahlung, genau wie alle anderen (ruhemasselosen) Bosonen, nicht zur Materie
- mathematische Konzepte wie Punkt, Gerade, Ebene sind materielos
- Vakuum enthält wenig oder keine Materie
[Bearbeiten] Philosophisch
Der Begriff der Materie wird seit den Anfängen der Philosophie kontrovers diskutiert.
[Bearbeiten] Antike
Nach den Vorsokratikern sind die Bausteine der Wirklichkeit die 'Elemente' Feuer, Wasser, Luft oder Erde.
[Bearbeiten] Mittelalter
Im Mittelalter stützt sich die scholastische Lehre der Materie auf die aristotelischen Grundbegriffe und baut diese aus. Ausgangspunkt bildet das Problem des Werdens. Um dieses zu erklären bedarf es eines bleibenden und eines verändernden Teils. Der bleibende Teil ist die Materie (auch Stoff genannt). Der verändernde Teil ist die immaterielle Form (forma); siehe auch Seele. Im Hinblick auf die 'in' der Materie steckenden manigfachen Möglichkeiten der Formungen ist im Rahmen der scholastischen Philosophie auch das Begriffspaar Akt (Philosophie) und Potenz (Philosophie) von Bedeutung.
[Bearbeiten] Neuzeit
Die philosophische Lehre, nach der die gesamte Wirklichkeit materiell aufgebaut und demgemäß rein materiell verstanden werden kann, ist der Materialismus.
Nach Kant handelt es sich bei Materie a) um einen verstehbaren Begriff, der Raum (Ausdehnung) impliziert, und b) um eine begreifbare Anschauung, in der dem Raum die Masse hinzugekommen ist. Beides ist nicht notwendig verbunden, sondern nur der "Möglichkeit" nach: ersterer a prori gegeben ("angeboren"), letztere ein Ergebnis der Erfahrung (a posteriori; später gegeben).
Materie als philosophische Kategorie wird von Marxisten-Leninisten nicht durch die Aufzählung physikalischer Eigenschaften definiert, sondern durch die Formulierung des dialektischen Gegensatzes zum Bewusstsein. Materie in diesem philosophischen Sinn umfasst also alles, was unabhängig vom Bewusstsein existiert.
Ernst Bloch versteht Materie als schöpferische Prozessmaterie und setzt sie gleich mit real-objektive Möglichkeit.
[Bearbeiten] Theologisch
Aus Sicht der christlichen Theologie ist die Materie ein Teil der göttlichen Schöpfung. Die Auslegung der Schöpfungsgeschichte ist dabei teilweise umstritten. Insbesondere die Frage nach der Möglichkeit einer Entwicklung der Materie entsprechend der Evolutionstheorie wird von einem Großteil der evangelikalen Christen höchst kritisch gesehen.
[Bearbeiten] Rechtswissenschaft
In der Rechtswissenschaft findet das Begriffspaar "Form und Materie" in den Begriffen "formelles Recht/materielles Recht" sowie "formelles/materielles Gesetz" seine Entsprechung.
[Bearbeiten] Literatur
- Thomas Ziegler: Warum gibt es Materie? Physik in unserer Zeit 34(2), S. 61 – 62 (2003), ISSN 0031-9252
- James M. Cline: Der Ursprung der Materie. Spektrum der Wissenschaft, November 2004, S. 32 - 41, ISSN 0170-2971
- Hubertus M. Thomas, Gregor E. Morfill: Plasmakristalle an Bord der ISS: Komplexe Plasmen in Schwerelosigkeit. Physik in unserer Zeit 36(2), S. 76 - 83 (2005), ISSN 0031-9252
- Reinhard Stock: Die Geburt der Materie im Urknall. Physik in unserer Zeit 36(3), S. 107 (2005), ISSN 0031-9252
[Bearbeiten] Siehe auch
- Weiche Materie
- Immaterialität, Stoff, Form, Materia prima
- Feststoff, Flüssigkeit, Gase, Plasma (Physik), Kristall
- chemische Verbindung, Lösung (Chemie), Gemisch
- Elementarteilchen
- Antimaterie
[Bearbeiten] Weblinks
- Eintrag in Philolex - Die Materie in der Philosophie