Odin
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Odin oder südgermanisch Wodan aisl. Óðinn, ags. Wóden, as. Uuoden, ahd. Uuodan, g. Wôðanaz ist der Hauptgott in der nordischen Mythologie (Lieder-Edda). Schriftzeugnisse im kontinental-germanischen Bereich sind spärlich, hauptsächlicher Nachweis sind hier spätere Quellen, die die im Brauchtum tief verwurzelten Erinnerungen an die heidnische vorchristliche Zeit und deren religiösen Riten und Mythologien reflektieren. Der Name Wodan entstammt einem Wortgeschlecht, das eine westliche Dehnform zum ig. * wat «anblasen, anfachen» im übertragenen Sinn «inspirieren» ist, in ai. vátati. Die Formen aus dem mhd. und ahd.wuot → Wuotan nhd. Wut entstammt ebenfalls diesem ig. Wortgeschlecht, anord. ódr, und hat die Bedeutung von «Stimme, Gesang,Leidenschaft, Dichtung», und in Substantivierungen zu g. *wōda «besessen, erregt». Dies sind charakterisierende Darstellungen der Wesenhaftigkeit und Handlungsmaximen Odins/Wodans.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Wodan in der frühmittelalterlichen Überlieferung
Wodan ist der bestbezeugte Gott bei den Kontinentalgermanen.
Langobarden: Der Gelehrte Paulus Diaconus erzählt eine Sage, wie Frea ihren Mann Wodan / Godan überlistete.
Alemannen: Die Runenfibel von Nordendorf (Anf. 7. Jh.) nennt die Götter Wodan und Wigiþonar. Dagegen ist umstritten, ob logaþore einen Gott bezeichnet. Ein weiteres Zeugnis berichtet von den Missionaren Columban und Gallus (um 600), die bei Bregenz eine Gruppe Leute antrafen, die dabei waren, dem Wodan ein Bieropfer darzubringen. Als der heilige Columban in das Opfergefäß pustete, sei dieses zerborsten und der Teufel sei zum Vorschein gekommen.
Franken: Im zweiten Merseburger Zauberspruch erscheint Uuodan als geschickter Magier, der das verletzte Pferd des Gottes Phol heilte.
Sachsen: Das sächsische Taufgelöbnis nennt die Götter Thunaer, Uuoden und Saxnote.
Schweden: Adam von Bremen berichtet von einem Tempel in Uppsala, wo die drei Götter Wodan, Thoro und Fricco verehrt wurden. Zur Deutung des Namens von Wodan schreibt er: „Wodan id est Furor“ (auf Deutsch: „Wodan, dieser ist Raserei“).
Der Gott wird in der altnordischen Literatur mit zahlreichen Beinamen belegt; siehe dazu Liste der Beinamen Odins.
[Bearbeiten] Odin in der nordischen Mythologie
Odin ist eine der komplexesten Gestalten in der nordischen Mythologie. Er ist nicht zu verwechseln mit Alfadur (wiewohl er diesen Titel als Beinamen führt), denn Alfadur ist der ewige, unerschaffene Gott, Odin ist aber ein erdgeborener Gott/König.
Die Edda erzählt: Aus den Salzbereiften Steinen leckte die Kuh Audumbla den Riesen Bure; dieser bekam einen Sohn, Bör, welcher sich mit der Riesentochter Bestla vermählte und mit ihr den Odin, den Wile und den We erzeugte. Die letzteren beiden verlieren sich aus der Asengeschichte, werden selten erwähnt und haben wenig getan ; Odin aber waltet mächtig, schöpferisch, durch alle Zeiten hindurch, bis zum Weltuntergang - dem Götterschicksal, Ragnarök. Die erste Tat der drei vereinten Brüder war, dass sie gegen den Joten Ymer auszogen, ihn erschlugen und aus seinem Leichnam die Welt bildeten. Die Welt war durch Ymers Blut überschwemmt und es rettet sich nur ein Paar, der Riese Bergelmer und dessen Frau. Nachdem die Erde gebildet war, bevölkerte Odin diese, indem er ein Menschenpaar, Ask und Embla, erschuf. Allein das Riesengeschlecht pflanzte sich gleichfalls fort, und so war von Anfang der Streit zwischen dem Guten und dem Bösen gelegt, in welchem auch Odin selbst untergeht, da er doch nur ein endlicher Gott ist.
Odin ist überaus weise und sein Wissen verdankt er zwei Raben Hugin und Munin, die auf seinen Schultern sitzen und ihm alles erzählen, was auf der Welt geschieht, daher er auch der Rabengott heißt; ferner einem Trunk aus Mimir's Brunnen, wofür er ein Auge verlor, daher auch der Einäugige genannt wird. Den köstlichen Dichtermet wusste er sich durch seine List und männliche Schönheit von Gunlöda zu verschaffen, und ist daher auch Dichterkönig und führt den Beinamen Liodasmieder (Liedermacher, Verseschmieder).
Odins Gattinnen und Geliebte sind: Jörd (ihr Sohn Thor), Rinda (Mutter des Vali), Frigga die Asenkönigen ( Mutter des Baldur, Braga, Hermode und Tyr), Grydur (Mutter des Vidar), neun reine Riesenjungfrauen von unendlicher Schöhnheit, welche alle neun, am Meeresstrand schlafend, zugleich Mütter des Heimdall wurden; Skade, früher Njörd's Gattin (von O. Mutter des Semming und vieler anderer Söhne), Gritha (Mutter Skiold's); ferner erfreuten ihn mit ihrer Gunst die Riesentochter Gunlöda, von welcher er für seine Liebe den Dichtermet erhielt, und Laga, die Göttin der Gewässer.
Odin wohnt in Asgard, wo er drei Paläste hat, welche Gladsheim, Walaskialf und Walhall heißen: Der Erste ist zu den Versammlungen des Götterrats bestimmt; von dem Zweiten vermag er die ganze Welt zu überschauen; in dem Dritten sammeln sich um ihn alle Helden der Erde, um mit ihm gegen die den Weltuntergang herbeiführenden Mächte zu kämpfen. Diese Helden heißen Einheriar, werden auf dem Schlachtfeld (Walstatt) durch die Walküren mit einem Kuss zum Festmahl Odin's eingeladen und erwarten dort unter fortwährenden Festgelage und Kämpfen die Götterdämmerung (Ragnarök). Selbst ein Freund des Zechens und der Schlachten, lässt Odin sich stets von zwei Walküren, Rista und Mista, mit goldenen Pokalen bedienen und kämpft mit den Einheriar's auf seinem Achtfüßigen Ross mit einem nie das Ziel verfehlenden Speer; doch helfen ihm weder seine Helden noch seine Waffen: Der Weltuntergang bringt auch ihm den Tod.
[Bearbeiten] Magische Artefakte und Begleiter
Odin reitet jeden Morgen auf seinem achtbeinigen Ross Sleipnir und mit seinen beiden treuen Raben Hugin und Munin („Gedanke" und "Erinnerung“) über den Morgenhimmel und erkundet die Welt. Seine Wölfe Geri und Freki („Gierig“ und „Gefräßig“) helfen ihm bei der Jagd. Er besitzt den goldenen Zwergen-Ring Draupnir und den Speer Gungnir, mit dem er den ersten Krieg in die Welten (Asgard, Midgard und Utgard, Wanaheim, Schwarzalbenheim, Lichtelfenheim, Helheim, Niflheim, Muspelheim) brachte, als er ihn ins Heer der Wanen warf. Weiterhin hat er den abgetrennten Kopf des Riesen Mimir, der die Zukunft vorhersagen kann. Von seinem Thron Hlidskjalf aus (er steht in Valaskjalf; siehe auch: Sökkvabekk oder Gladsheim) kann Odin alles sehen, was sich in der Welt ereignet.
Odin trägt einen Wunschmantel, der ihn an die Orte bringt, an denen er sich aufhalten will.
[Bearbeiten] Verehrung Odins
[Bearbeiten] Menschenopfer
Es war ein seltener Brauch, Gefangene vor einer Schlacht Odin zu weihen oder nach einer Schlacht zu opfern. Möglicherweise war der „Tollund-Mann“ solch ein Gefangener: Er wurde erhängt und nackt mit einigen anderen in Jütland gefunden. Speziell bei Opfern für Odin wurden Praktiken wie Erhängen, Aufspießen auf Speeren und Verbrennung angewandt. Die Orkneyinga saga erwähnt noch ein weiteres (und ungewöhnliches) Ritual, den Blutaar. Hierbei wurden dem Opfer die Rippen von der Wirbelsäule getrennt und wie blutige Adlerschwingen zur Seite gebogen.
[Bearbeiten] Ächtung durch die christliche Kirche
Im Verlauf der Christianisierung wurde der Glaube an die germanischen Götter und mit ihnen an Odin nicht vollkommen ausgelöscht. Vielmehr existierten sie als Vorlagen für Teufels- oder Spukgestalten weiter. Eine weitere Strategie war die Ersetzung heidnischer Götter durch christliche Gestalten. Die Woche nach Herbstbeginn, der Tag- und Nachtgleiche, die den Feiern für Wodan gewidmet war, wurde auf dem Konzil zu Mainz 813 auf Verlangen Kaiser Ludwig des Frommen dem Erzengel Michael gewidmet (Michaelis = 29.September) und dieser gleichzeitig zum Schutzpatron seines Reichs erklärt. So wurden über Wodanheiligtümern insbesondere in Norddeutschland vornehmlich Michaelskapellen gebaut.
Doch abseits der Verfolgung durch die Kirche hielt sich die Erinnerung an Odin in Legenden und Märchen. Noch heute finden sich zahlreiche Ortsbezeichnungen, die auf Odin verweisen: unter anderem Wodenesberg, Wuodenesberg, Godesberg, Gudensberg, Odisheim, Wodensbolt oder das Odinsthal in Wachenheim an der Weinstraße.
Ein weiteres Indiz für die Nachwirkung germanischer Mythologie sind die Merseburger Zaubersprüche, in denen unter anderem uuodan vorkommt.
[Bearbeiten] Folklore
Es heißt, dass Wodan sich zur Zeit der Herbststürme in der wilden Jagd (skand.: Odensjakt) mit dem Heer der Verstorbenen durch den Himmel bewegt. Die wilde Jagd heißt im Nordischen auch Asgardareid. Odin und Frigg nehmen dort gemeinsam teil.
[Bearbeiten] Wotan in Richard Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen
Wotan ist eine der tragenden Figuren in der Tetralogie Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner:
Wagner selbst äußerte in einem Brief an Röckel, Wotan verkörpere „die Summe der Intelligenz der Gegenwart“. Seine Funktion im Drama reicht jedoch noch viel weiter, Wotan selbst beschreibt seinen Konflikt im zweiten Aufzug der Walküre: „Als junger Liebe Lust mir verblich, verlangte nach Macht mein Mut - von der Liebe doch mocht ich nicht lassen“.
In dem Bemühen, Macht und Liebe (eine funktionierende Ordnung und die individuelle Freiheit des Einzelnen) zu vereinen, tritt Wotan an den am Fuße der Weltesche Yggdrasil befindlichen Weisheitsquell, opfert ein Auge und schneidet aus der Weltesche seinen Speer, in den er die Runen „treu beratner Verträge“ einschneidet. Aufgrund dieser Verträge errichten die Riesen Fasolt und Fafner im Rheingold (dem ersten Werk der Tetralogie) Wotan die Burg Walhall.
Hierfür hatte Wotan den Riesen die Göttin Freia versprechen müssen. Obwohl der Verlust von Freia für die Götter das Ende bedeutet hätte, erweist sich Wotan als vertragstreu. Donner (althochdeutsch Donar, isländisch Þórr, internationalisiert Thor), der statt der Vertragserfüllung den offenen Kampf sucht, wird von Wotan zurechtgewiesen: „Halt du Wilder, nichts durch Gewalt. Verträge schützt meines Speeres Schaft - spar deines Hammers Heft“.
Erst als die Riesen selbst bereit sind, auf Freia zu verzichten, wenn sie dafür den Nibelungenschatz erhielten, zieht Wotan mit Loge (Loki) aus und erbeutet den Schatz von Alberich. Der Nibelungenring, der seinem Besitzer zu maßloser Macht verhilft, fällt so an Fafner.
Von Walhall aus übt Wotan sodann seine Herrschaft aus, die immer noch im Zeichen des Speeres und der Vertragtreue steht. Es gelingt ihm allerdings nicht, den seine auf Freiheit gegründete Ordnung bedrohenden Machttrieb der Individuen, der in dem Ring sein Symbol findet, zu überwinden. Hierfür erhofft er sich den freien Helden, der in Siegfried ersteht. Siegfried bezwingt nicht nur den zum Lindwurm mutierten Fafner, sondern er zerschlägt im Zweikampf auch den Speer Wotans. Dieser, seines Herrschaftssymbols ledig, darf sich darauf zurückziehen und die Herrschaft über die Welt Siegfried überlassen, dem Macht freilich so wenig bedeutet, dass er die gewonnene Herrschaft gar nicht ausübt.
[Bearbeiten] Literatur
- Waltraud Hunke: Odins Geburt. In: Edda, Skalden, Saga. Festschrift zum 70. Geburtstag von Felix Genzmer. Heidelberg 1952.
- Kris Kershaw: Odin. Der einäugige Gott und die indogermanischen Männerbünde. Arun Verlag. 2004. ISBN 3935581386.
- Horst Obleser: Odin. Psychologischer Streifzug durch die germanische Mythologie. Stendel Verlag. Waiblingen, 1993. ISBN 392678914X.
- Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. Kröner Verlag. Stuttgart, 1995. ISBN 3520368021.
- Rudolf Simek: Religion und Mythologie der Germanen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt, 2003. ISBN 3534169107.
- Jacob Grimm: Deutsche Mythologie K. W. Schütz- Verlag, Coburg. ISBN 3-87725-133-1 (Überarbeiteter Reprint der Originalausgabe von 1943 nach dem Exempar des Verlagsarchives)
- Arthur Cotterell Die Enzyklopadie der Mythologie Verlag Edition XXL ISBN 978-3897363007
- Aufsatz: "Odin, odna ili odno kivi?" Überraschende Ergebnisse einer Umfrage zum Numerus und Genus neuer Lehnwörter im Russischen In: Zielsprache Russisch 3 München 1992 87-89 Prof. Dr. Wolfgang Stadler
- Kveldulf Gundarsson: Teutonic Magic: The Magical and Spiritual Practices of the Germanic People, 1990 (ISBN 0-875422-91-8)
- Kveldulf Gundarsson: Teutonic Religion: Folk Beliefs & Practices of the Northern Tradition, 1993 (ISBN 0-875422-60-8)
- Der große Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Verlag De Gruyter 24.Auflage 2002 ISBN 978-3-11-017473-1
- Wasserzieher, Dr. Ernst: Ableitendes Wörterbuch der deutschen Sprache. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung Berlin 1925
- HERDER - Lexikon der germanischen und keltischen Mythologie ISBN 3-451-04250-9
- Dr.Vollmer's: Wörterbuch der Mythologie aller Völker - Hoffmann'sche Verlagsbuchhandlung Stuttgart 1874, REPRINT-VERLAG-LEIPZIG 2002
- Golther,Wolfgang: Handbuch der Germanischen Mythologie
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Odin – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Die Odin-Texte in Vingilot
- Wodan Odin - Grundlegende Einführung und verschiedene Aspekte des Gottes
- Zeus - Jupiter - Ódinn: Ein Vergleich
- Odin in der Mythologie
- Die Edda original digitalisiert - Odin bezogenen Passagen sind nachzulesen