Parkour
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Le Parkour ist eine kleine von David Belle begründete Sportart, nach dem Selbstverständnis vieler Anhänger eine Kunst, bei welcher der Teilnehmer, der Traceur (französisch: „der den Weg ebnet“), unter Überwindung sämtlicher Hindernisse einen geraden Weg von A zum selbstgewählten Ziel B nimmt. Der Traceur überwindet dabei alles, was ihm an Hindernissen in den Weg kommt. In einer urbanen Umgebung werden Pfützen, Papierkörbe, Bänke, Blumenbeete und Mülltonnen ebenso wie Bauzäune, Mauern, Litfaßsäulen, Garagen und unter Umständen Hochhäuser und Hochhausschluchten übersprungen und überklettert. Gewählt wird immer der kürzest mögliche Weg. Ein oft angestrebtes Ideal des Traceurs ist es, durch nichts – außer der eigenen Kreativität – in der Bewegung eingeschränkt zu sein.
Le Parkour kann prinzipiell überall, sowohl in natürlichem wie in urbanem Umfeld praktiziert werden. Die Hindernisse selbst dürfen jedoch nicht verändert werden, weil es darum geht mit dem vorgefundenen Umfeld zurecht zu kommen.
Die Bezeichnung als Trendsportart lehnen viele Anhänger ab, weil man in den Parkour nicht mal schnell hineinriechen könne, sondern er ein umfangreiches tägliches mehrstündiges Training erfordere.
Tatsächlich ist Parkour wie er von David Belle begründet wurde eine Disziplin, die Bewegungskunst, Sport und Technik verbindet und der einige philosophische Elemente zugrunde liegen. Anders als Akrobatik ist die Bewegungskunst des Parkour in diesem Sinn nicht auf Showeffekte beim Publikum berechnet, sondern auf "elegante, effiziente, geschmeidige, flüssige Bewegungen".
Allerdings ist wie immer bei Neuschöpfungen von Künsten und Sportarten diese dem Schöpfer entglitten und es gibt Traceure und Gruppen von Traceuren, die den Parkour aus reinem Spaß, aus Angeberei, um Freunde und das andere Geschlecht zu beeindrucken oder als Sport ausüben, als Form der Akrobatik oder als Stuntkunst weiterentwickeln. Zu unterscheiden ist also die ursprüngliche Formen samt deren Weiterentwicklung durch Belle und dessen Freunde und Anhänger und die Varianten anderer Sportler.
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Ursprung
David Belle lernte als Kind von seinem Vater, einem ehemaligen Vietnamsoldaten in den Wäldern Nordfrankreichs die Méthode Naturelle eine Kunst der Bewegung durch die Landschaft mit ihren natürlichen Hindernissen im Einklang mit Natur und Umwelt. Ende der 80er Jahre übertrug er spielerisch diese Methode auf die urbane Landschaft des Pariser Vorortes Lisses aus Beton und Stahl. Aus den spielerischen Verfolgungsjagden der Kinder über Treppen, Tischtennisplatten, Papierkörbe und kleine Bäche entwickelten die Freunde als Jugendliche durch Einbeziehung immer schwieriger Hindernisse wie Mauern, Zäune, Baugerüste und später Gebäudefassaden und Hochhäuser den Parkour.
Technik
Zu den Grundtechniken gehören unter anderem „saut de chat“ (Katzensprung über ein Hindernis), „saut de bras“ (Armsprung an ein Objekt) oder „saut de précision“ (Präzisionssprung).
Im Gegensatz zu vielen Funsportarten besitzt im Parkour nicht jede Technik-Hindernis-Kombination einen eigenen Namen. Die Methode, wie das Hindernis am Besten zu überwinden ist, entsteht aus der Interaktion mit dem Hindernis selbst. Die verwendeten französischen Bezeichnungen umfassen dementsprechend nur eine Grundtechnik, die in der Ausführung stark an das jeweilige Hindernis angepasst wird.
Wichtig hierbei ist der Grundgedanke, das Hindernis so schnell und flüssig wie möglich und doch nur mit minimalem Aufwand zu überwinden, natürlich alles ohne die Kontrolle über die Bewegung zu verlieren. Techniken wie Salti und überflüssige Drehungen sind dabei nur hinderlich und verschwenden die körpereigenen Ressourcen.
Gesundheit
Da Parkour eine gute körperliche und geistige Fitness erfordert, wird besonders Acht auf das Wohlergehen des Körpers gelegt. Eine beim Betreiben von Parkour oft eintretende Veränderung der Denkweise ist das immer stärkere Bewusstsein für den eigenen Körper - hierzu zählen unter anderem eine Ernährungsumstellung und eine bessere Beachtung körperlicher Warnsignale.
Während Le Parkour richtig ausgeführt nicht gefährlich ist, können anfängliche Versuche leicht zu Verletzungen oder Ähnlichem führen, daher sollte man dabei besonders vorsichtig sein und sich ausreichend informieren.
Ein häufig angeführtes Vorurteil ist die enorme Gelenkbeanspruchung bei tiefen Sprüngen. Jedoch werden mit einer speziellen Abrolltechnik ("roulade"), wie sie ähnlich bei vielen Kampfsportarten praktiziert wird, große Teile der Fallenergie umgeleitet und somit der Gelenkverschleiß drastisch reduziert. Bei der Landung empfiehlt es sich vorne, auf dem Fußballen, zu landen um Verletzungen zu vermeiden. Der Traceur muss sich sicher sein, dass er das Hindernis überwinden kann, andernfalls sollte er sich vorerst ein leichteres suchen.
Philosophie
Belle selbst sieht Parkour nicht nur als Sportart, sondern vielmehr als kreative Kunst, die dabei hilft die eigenen durch Körper und Umwelt gesetzten Grenzen zu erkennen und zu überwinden – ohne den Hintergedanken andere mit seinem Können beeindrucken zu wollen. Hierbei ist es jedoch nicht erforderlich, sich gefährlichen oder waghalsigen Situationen auszusetzen. Die Philosophie von Parkour beinhaltet es, die Voraussetzungen für eine Technik abzuschätzen und dabei immer im Auge zu behalten, ob man diese Voraussetzungen erfüllt und die Situation gefahrlos meistern kann.
Ein anderer Aspekt der Philosophie ist der respektvolle Umgang des Traceurs mit seiner Umgebung und seinen Mitmenschen. Der Traceur ist auf seine Umgebung angewiesen und sollte deshalb darum bemüht sein sie intakt zu halten, auch wenn er ungewöhnliche Wege beschreitet, die bei unvorsichtiger Begehung darunter leiden könnten. Ebenso ist er auf das Verständnis seiner Mitmenschen angewiesen wenn er seinen Weg geht. Also sollte er auch anderen, die ungewöhnliche Interessen haben, offen entgegentreten und nicht von Vorurteilen beherrscht sein.
Künstlerische Aussage
Die Philosophie von Parkour bezieht sich jedoch nicht nur auf den eigenen Körper und Geist oder den Umgang mit anderen, sondern ist zugleich eine künstlerische Aussage zum öffentlichen und urbanen Raum. Parkour ist eine Zurückeroberung des urbanen Raumes in Zeiten seiner zunehmenden Besetzung für private und vor allem kommerzielle Zwecke. Das heißt, der öffentliche Raum wird immer mehr privatisiert und ist daher kaum noch öffentlicher Raum im Sinne eines für alle nutzbaren Raumes. Er ist besetzt von Regeln und kommerziellen Erwartungen wie beispielsweise der Verlust von Plätzen, wo man schlicht sitzen darf – meistens ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum mit einer gastronomischen bzw. kommerziellen Verpflichtung verbunden - man muss etwas kaufen, z.B. ein Getränk bestellen oder ähnliches.
Der öffentliche bzw. urbane Raum wird sich bei Parkour in seiner Materialität zunutze gemacht. Scheinbar festgelegte Funktionen (von Material und Orten) werden aufgebrochen, Material und Ort umgedeutet, andere Ebenen oder „Gesichter“ von Material und urbanem Raum aufgezeigt und neu interpretiert. Somit ist Parkour auch im Diskurs der Kunst im öffentlichen Raum mitzudenken.
Kommerzialisierung
Dieser philosophische Aspekt wird in der immer weiter fortschreitenden Kommerzialisierung dieses Sports vernachlässigt. Es wird suggeriert, dass es nur auf spektakuläre Tricks, hohe und weite Sprünge und den optischen Eindruck einer Technik ankomme. Doch wie David Belle treffend bemerkt, wurden Grundzüge dieses Sports von französischen Vietnamsoldaten entwickelt, in der Absicht, den Gegnern im Gelände schnellstmöglich zu entkommen, und Parkour sollte diesen Grundgedanken der Effizienz und Schnelligkeit auch ohne Notsituation beibehalten.
Parkour in den Medien
Parkour im Film
Im Jahr 2001 entstand in Frankreich der Film „Yamakasi – Les samouraïs des temps modernes“ (Die Samurai der Moderne) unter Regie von Ariel Zeitoun. In diesem Film dreht sich alles um eine Gruppe Traceure die Parkour und Artistik beeindruckend gut beherrschen.
Bekannt wurde die Kunst/Sportart durch den 2004 erschienenen Film "Banlieu 13", deutscher Titel "Ghettogangz - Die Hölle von Paris", der die wachsende Kriminalität in den Vororten von Paris beschreibt. In dem von Luc Besson produzierten Film spielten einige der besten französischen Parkour-Sportler mit und sorgten für spektakuläre Szenen.
Im James Bond Film Casino Royale aus dem Jahr 2006 findet in einer Sequenz zu Beginn des Films eine Verfolgungsjagd zwischen Bond und einem mutmaßlichen Terroristen statt, die stark im Parkour-Stil aufgebaut ist.
Parkour in Musikvideos
In Musikvideos der letzten Jahre tauchen vermehrt Parkour-Elemente auf, wenn auch größtenteils in einer Videoclip-tauglichen, abgemilderten Version.
Verwendet wurde Parkour unter anderem in Videos folgender Künstler:
- Madonna in den Clips Hung up und Jump, David Guetta vs The Egg, Liza Li, Grieg, Die Trying, Fort Minor, Jean-Michel Jarre mit dem computeranimierten Clip zu Teo & Tea
Videospiele
Parkourelemente werden auch in Videospielen genutzt, insbesondere in: Assassin's Creed, Prince of Persia, Spider-Man, Spider-Man 2
Parkour in der Werbung
Mehr mediale Aufmerksamkeit erlangte Parkour durch eine Werbekampangne der Österreichische Bundesbahnen.
Parkour im Schulsport
Im Januar 2007 wurde der Trendsport Parkours im Rahmen von Sport-Projekttagen an der Alfred-Teves-Schule in Gifhorn in der Sporthalle erprobt. Angeleitet durch einen Sportlehrer erprobten 20 Jugendliche Parkourstechniken erfolgreich durch den Einbezug der gesamten Sporthalle. Der Lebensart der Jugendlichen entsprechend sind dabei sehr viele Kurzvideos entstanden. Die Tatsache des Filmens der athletischen Kunststücke motiviert die Athleten bei diesem Trendsport ungemein.
Inzwischen wurde die Idee der Umsetzung von Parkour im Schulsport in einer ganzen Reihe von Schulen in anderen Städten aufgegriffen.
Trivia
Parkour ist unter anderem in der Parkour Worldwide Association organisiert.
Verwandte Bewegungen
Free Running von Sébastian Foucan
Mit dem gleichen Grundanliegen alle Hindernisse auf dem Weg von A nach B zu überwinden, statt zu umgehen, tritt auch das von Sébastien Foucan begründete "Free Running" an. Es legt jedoch besonderen Wert auf Ästhetik und Akrobatik, also auf besonders schöne und spektakuläre Bewegungen und die Integration von Flips und Saltos, die von den Anhängern des Parcour von David Belle abgelehnt werden. Diese erachten zum Beispiel Saltos als ineffizient und gefährlich, da der Blickkontakt zum Landepunkt unterbrochen wird. Bekannt wurde Sebastian Foucan durch seinen Auftritt in dem Video "Jump London" (mit Johann Vigroux und Jérôme Ben Aoues (2003)), das von vielen trotz der Stilunterschiede zu David Belle als wichtiges Parkourvideo angesehen wird. Ein weiteres, wichtiges Werk dieser Richtung ist das Video "Jump Britain" (2005) in dem auch das UrbanFreeFlow-Team vorgestellt wird. Weitere Bekanntheit erlangte Foucan durch seinen Free Running-Stunt-Auftritt in dem James Bond-Film "Casino Royale" (2006). Darin wird eine mehrminütige spektakuläre Verfolgungsjagd inszeniert, in der er die Rolle des Bösewichts Mollaka darstellt.
Yamakasi - l'art du deplacement
Mitglieder der ersten Gruppe von David Belle, Yamakasi, die an der Entwicklung des Parkour teilhatten, vertreten einen Stil der sich "Yamakasi - l'art du deplacement" nennt und dem Luc Besson in seinem Film „Yamakasi“ ein Denkmal gesetzt hat. Diesen Film lehnte David Belle ab.
Freie Gruppen
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe freier Parkourgruppen und Traceure die, unabhängig von der Bewegung des Gründers, Parkour ausschließlich zum Spaß oder als "Sport" ausüben. Im deutschsprachigen Raum ist die Wiener Gruppe um Thomas Stoklasa (Parkour-Vienna) ein Beispiel für freie Parkourgruppen.
Weblinks
Commons: Parkour – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Links zum Thema „Parkour“ im Open Directory Project
- FAZ: „Ich möchte Pfeil einer Jugendbewegung sein“ (24. Mai 2005)
- http://parkour.net/ Internationales Parkour-Portal
- http://www.parkour.de/ Deutsche Parkour-Community
- http://www.parkour-vienna.at/ Wiener Parkour-Gruppe bzw. österreichische Parkour-Community