Polabische Sprache
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Polabisch |
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Gesprochen in | Deutschland (bis Mitte des 18. Jahrhunderts) | |
Sprecher | - | |
Linguistische Klassifikation |
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Sprachcodes | ||
ISO 639-1: | - | |
ISO 639-2: | (B) sla | (T) - |
SIL ISO 639-3: | POX |
Als Polabisch bezeichnet man die Sprachen der westslawischen Stämme, die seit dem 7. Jahrhundert Gebiete des heutigen Nordostdeutschlands und Nordwestpolens besiedelten.
Gemeinsam mit dem Kaschubischen (auch Slowinzischen) und Polnischen wird es wiederum zum lechischen Zweig des Westslawischen zusammengefasst.
Bis ins 10. Jahrhundert reichte das Verbreitungsgebiet im Westen bis über die Elbe und grenzte im Süden (etwa auf der Höhe von Wittenberg) an Gebiete mit ebenfalls slawischer Sprache, die man jedoch dem Sorbischen zuordnet.
Bekannte Stämme (Stammesverbände) waren die Obodriten in Westmecklenburg und Holstein, die Lutizen im Raum um Berlin und nördlich davon, darunter die Heveller in Westbrandenburg, die Pomoranen in Ostmecklenburg und Pommern sowie die Ranen (Rujanen) auf Rügen. In manchen Darstellungen wird die Sprache der letzten beiden Stämme nicht zum Polabischen gezählt, sondern zusammen mit dem Kaschubischen als Pomoranisch bezeichnet.
Das Wort Polabisch geht auf die Bezeichnung ursprünglich nur eines Stammes südlich von Hamburg zurück und beschreibt die Lage der Polaben ‘an der Elbe’ (po ‘an’ + Laba ‘Elbe’).
Mit der deutschen Ostexpansion im 10. und 12. Jahrhundert wurden die polabischen Sprachen in der Regel mitsamt ihrer Sprecher deklassiert und in die Dörfer abgedrängt, was je nach den politischen Interessen der lokalen Machthaber mit unterschiedlicher Konsequenz erfolgte. Die vielen ins Land geholten Siedler aus Norddeutschland und Holland sowie der alleinige Gebrauch deutscher Mundarten als Stadt- und Amtssprache (teilweise wurden Sprachverbote erlassen) verdrängten bald das Polabische bis auf wenige Sprachinseln. In den Städten im Raum Berlin-Brandenburg durften die "Wenden" genannten Slawen nur das Gewerk des Fischers ausüben und nur in abgegrenzten Wohnbereichen siedeln, wodurch sich bis ins 17. Jahrhundert Polabisch, in diesen so genannten Kietzen (oder: Fischerkietzen) bewahrte. Auf Rügen war Polabisch bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts in Gebrauch. In Niedersachsen östlich von Lüneburg wurde bis Mitte des 18. Jahrhunderts Drawänopolabisch gesprochen, wodurch diese Region nach ihren slawischen Einwohnern den Namen Wendland erhielt.
Heute erinnern, ebenso wie im sorbischen Gebiet, unzählige Orts- und Flurnamen an die früher dort gesprochenen slawischen Sprachen (z. B. Rostock, Potsdam, Usedom).
Das Polabische hat nie eine eigene Schriftsprache entwickelt. Erst kurz vor dem Aussterben begannen sich Forscher für die Sprache zu interessieren, beispielsweise Gottfried Wilhelm Leibniz, der einen Gewährsmann um ein Wörterverzeichnis und die polabische Fassung des Vaterunsers bat. Die ausführlichsten Aufzeichnungen stammen von dem in Wustrow wirkenden evangelischen Pfarrer Christian Henning von Jessen, eine weitere wichtige Quelle sind die Aufzeichnungen des polabischen Bauern Johann Parum Schultze aus Sühten. Die letzte Sprecherin starb laut Kirchenbuch 1756, im Alter von 88 Jahren.
Durch die lange getrennte Entwicklung hatte sich vor allem das Drawänopolabische deutlich von den anderen slawischen Sprachen entfernt: Zum einen ist deutscher Einfluss deutlich zu spüren. So gehörten etwa ö und ü zum Lautsystem, ebenso wie Diphthonge. (Genau wie beim Übergang vom Mittel- zum Neuhochdeutschen und Mittel- zum Neuenglischen wurden langes u und i zu au bzw. ai.) Zum anderen haben sich sprachliche Veränderungen, die alle anderen slawischen Sprachen erfasst haben, aufgrund der Randlage im Polabischen nicht durchgesetzt. Das für das Urslawische typische "Gesetz der steigenden Silbensonorität", nach welchem jede Silbe auf einen Vollvokal enden muss, hat sich im Polabischen nicht vollständig durchgesetzt, so dass die Liquidametathese, also die Ersetzung von urslawischem -or- und -ol- durch -ro- und -lo- oder -ra- und -la- hier nicht vollständig durchgeführt wurde (vgl. die Ortsnamen Stargard, Sagard, Gartow und Garditz, deren Bestandteil gard ‘Burg’ dem unter Gradec behandelten Wort entspricht).
Der Wortschatz enthielt eine Vielzahl deutscher und besonders niederdeutscher Lehnwörter.
deutsch | polabisch | polnisch | niedersorbisch | obersorbisch | tschechisch | russisch |
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Mensch | clawak, clôwak | człowiek | cłowjek | čłowjek | člověk | человек (tschelowek) |
Abend | vicer | wieczór | wjacor | wječor | večer | вечер (wetscher) |
Bruder | brot | brat | bratš | bratr | bratr | брат (brat) |
Tag | dôn | dzień | źeń | dźeń | den | день (den) |
Hand | ręka | ręka | ruka | ruka | ruka | рука (ruka) |
Herbst | prenja zaima, jisin | jesień | nazymje | nazyma | podzim | осень (ossen) |
Schnee | sneg | śnieg | sněg | sněh | sníh | снег (sneg) |
Sommer | lato | lato | lěśe | lěćo | léto | лето (leto) |
Schwester | sestra | siostra | sotša | sotra | sestra | сестра (sestra) |
Fisch | ryba | ryba | ryba | ryba | ryba | рыба (ryba) |
Feuer | widin | ogień | wogeń | woheń | oheň | огонь (ogon) |
Wasser | wôda | woda | woda | woda | voda | вода (woda) |
Wind | wjôter | wiatr | wětš | wětřik, wětr | vítr | ветер (weter) |
Winter | zaima | zima | zymje | zyma | zima | зима (sima) |
[Bearbeiten] Literatur
- Reinhold Olesch: Thesaurus linguae Dravaenopolabicae. (= Slavistische Forschungen; Band 42). Böhlau, Köln und Wien 1983-1987 (Wörterbuch in 3 Bänden und Registerband)
- August Schleicher: Laut- und Formenlehre der polabischen Sprache. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, Sankt Petersburg 1871 (Nachdrucke: Saendig-Reprint-Verlag, Wiesbaden 1967; Reprint-Verlag, Vaduz/Liechtenstein 1999)
- Johann Parum Schultze; Reinhold Olesch (Hrsg.): Fontes linguae Dravaenopolabicae minores et Chronica Venedica J. P. Schultzii. (= Slavistische Forschungen; Band 7). Böhlau, Köln und Graz 1967
- Christian Hennig von Jessen: Vocabularium Venedicum (oder Wendisches Wörter-Buch) (1705). Nachdruck besorgt von Reinhold Olesch. - Köln [u.a.]: Böhlau 1959 (Gewährsmann des Pastors C. Hennig von Jessen war der polabisch sprechende Bauer Johann Janieschge aus Klennow)
[Bearbeiten] Weblinks
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