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Politische Bildung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die politische Bildung hat begrifflich ihre Wurzeln in der Politikwissenschaft und der Pädagogik. Das Ziel der politischen Bildung ist, Toleranz und Kritikfähigkeit zu vermitteln und zu stärken, demokratische Spielregeln zu verankern und damit zur Herausbildung und Weiterentwicklung von aktiver Bürgerschaft und Partizipation beizutragen. In der Sache geht sie bereits bis auf die Antike zurück.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ziele der politischen Bildung

Schriften zur politischen Bildung gibt es in Europa seit dem 5. Jh. v. Chr. - so etwa die Kyrupädie ("Erziehung des Kyros") des Xenophon. Sie wählten dann oft die Form der Darstellung eines musterhaften Herrschers. Ihre Zielgruppe waren oft die kommenden Monarchen ("Fürstenspiegel"), doch gaben sie damit auch den Untertanen eine Möglichkeit der Kritik an ihren aktuellen Herren. Vgl. für die Aufklärung auch die Erzählung Der goldene Spiegel von Christoph Martin Wieland (1772), in der die Unerziehbarkeit eines schwankend-wohlwollenden jungen Herrschers zum Thema wird und die öffentliche Meinung direkt angezielt wird.

In demokratischen Gesellschaften ist es das Ziel der politischen Bildung, systematisch die Kenntnisse über das demokratische System zu vermitteln, um den Bürger zu autonomen und mündigen Staatsbürgern zu erziehen. Kurz gefasst: Demokratie lernen.

Die politischen Bildner und Bildnerinnen bemühen sich, Themen möglichst werturteilsfrei zu behandeln. Das heißt nicht, dass sie selbst keine Meinung vertreten. Aber den Lernenden bleibt der Raum, ihr eigenes Weltbild zu entwickeln.

Für konservative Politiker bzw. Pädagogen ist das oberste Ziel die Aufrechterhaltung von Ordnung und Hierarchie durch die Staatsautorität. Es soll Verständnis für politische Zusammenhänge aufgezeigt werden – Institutionenkunde, Rechtsprinzipien – und die Staatsbürger sollen einen Gemeinsinn für ihre Umgebung (Gemeinde, Kreis, Land, BRD) entwickeln.

Für liberal-konservative Politiker bzw. Pädagogen ist das oberste Ziel die Wahrung der rechtsstaatlichen Verantwortlichkeiten. Wissen über die Gesellschaftsordnung und Wertebewusstsein sowie das Einüben von soziale Tugenden sind ihnen wichtig.

Für sozial-liberale Politiker bzw. Pädagogen ist das oberste Ziel, eine vielfältige Konkurrenz um Stabilität und Effizienz zu erreichen. Politische Bildung soll Urteilsvermögen schärfen und eine kritische Loyalität zu allen gesellschaftlichen Akteuren und Institutionen schaffen sowie die Interessenwahrnehmung fördern.

Für demokratisch-sozialistische Politiker bzw. Pädagogen ist das oberste Ziel der Abbau von Herrschaft in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Prioritäten liegen auf Herrschafts- und Ideologiekritik. Die Bürger sollen sich bewusst sein, dass sie kollektiv handeln müssen, um sich zu emanzipieren.

Für marxistische Politiker bzw. Pädagogen ist oder war das Ziel die revolutionäre Aufhebung der politisch-ökonomischen Grundstruktur des kapitalistischen Systems. Die Bürger sollen ein Klassenbewusstsein entwickeln. Für die Aufhebung der Ordnung ist es wichtig, solidarische Handlungsformen zu fördern.

Für Pädagoginnen und Pädagogen jeglicher Couleur gilt, dass das Vermitteln von Autonomie und Kritikfähigkeit das wichtigste Ziel politischer Bildung ist.

Im so genannten „Beutelsbacher Konsens“ schlugen in den 70er Jahren wichtige Politikdidaktiker - zunächst für den schulischen Bereich - einige Grundprinzipien dafür vor, was politische Bildung darf bzw. beachten muss. Die drei Grundsätze besagen erstens, dass Schüler nicht überwältigt werden dürfen. D.h., dass Lehrer ihre Meinung den Schülern nicht aufnötigen dürfen. Zweitens muss etwas kontrovers während des Unterrichtes diskutiert werden, wenn es auch in der Öffentlichkeit kontrovers erscheint. Drittens muss politische Bildung die Schüler in die Lage versetzen, die politische Situation und ihre eigene Position zu analysieren und daraus Konsequenzen zu ziehen. Diese Normen sind inzwischen auch weitgehend für die außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung, die sich ansonsten ja in vielem vom Schulunterricht unterscheidet, akzeptiert.

Einen breiten Konsens über die Ziele politischer Bildung erreichte die Fachdidaktik der politischen Bildung mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für nationale Bildungsstandards für den Politikunterricht in der Schule im Jahr 2004 (s.u. GPJE 2004). Hier werden die Ziele des Faches in drei Kompetenzbereichen definiert: politische Urteilsfähigkeit, politische Handlungsfähigkeit und methodische Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten werden nach konkreten Kompetenzbeschreibungen für alle Schulstufen differenziert und sollen insgesamt die politische Mündigkeit der Schülerinnen und Schüler fördern.

[Bearbeiten] Epochen der politischen Bildung in Deutschland

Politische Bildung im heutigen Sinn ist untrennbar mit demokratischen Verhältnissen und offenen Debatten verknüpft. Hier wird daher nicht auf undemokratische Epochen eingegangen wie z.B.: die staatsbürgerliche Erziehung des Kaiserreiches, die nationalsozialistische Erziehung oder die Staatsbürgerkunde der DDR.

[Bearbeiten] 1918-1933

Mit der Novemberrevolution setzte sich in Deutschland nicht nur die Demokratie durch, sondern es kamen auch neue Initiativen im Bildungswesen zum Zuge. Die Volkshochschulen erlebten einen gewaltigen Gründungsboom, aber auch andere Bildungsinstitutionen nahmen einen Aufschwung. Im Umkreis der (damals noch in verschiedene Strömungen zersplitterten) Gewerkschaften mussten Tausende von Funktionären für die neuen Formen der Mitbestimmung und Selbstverwaltung geschult werden, die Parteien bemühten sich verstärkt um die Aufklärung ihrer Mitglieder, und eine ganze Reihe unabhängiger Institutionen wandte sich an andere Gruppen oder an alle Staatsbürger. Die Heimvolkshochschulen (nach dänischem Vorbild) versuchten in längeren, oft mehrmonatigen Kursen die politische Erziehung mit der Persönlichkeitsbildung zu verbinden. Die "Reichszentrale für Heimatdienst" , deren Ursprünge schon im Ersten Weltkrieg lagen, versuchte sich in der Schulung von "Rednern" und der Unterstützung republikfreundlicher Kräfte.

[Bearbeiten] 1945-1949

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges war die politische Bildung darauf ausgerichtet, die Deutschen zu entnazifizieren (Entnazifizierung, re-education-Umerziehung). Es ging darum, die Deutschen überhaupt zu demokratisieren. Der Alliierte Kontrollrat beschloss in seiner „Direktive 54“ vom 25. April 1947, dass die Schulen „die Entwicklung eines bürgerlichen Verantwortungsgefühls“ und „die Auffassung einer demokratischen Lebensweise“ fördern sollen. Die Alliierten (besonders die britische Besatzungsmacht) unterstützten aber auch die Entstehung neuer Lernorte und Bildungsprogramme, besonders für Frauen und Jugendliche.

[Bearbeiten] 1949-1964

Die Bundesländer erhielten die ausschließliche Zuständigkeit für die politische Bildung, taten sich aber schwer damit. Demokratie war fast ein Fremdwort. Anstöße kamen hier aus der Pädagogik und der Politikwissenschaft. Die Diskussionen um die "Aufarbeitung der Vergangenheit" verstärkten ab Ende der 1950er Jahre die Ansätze einer wissenschaftlichen Begründung und professionellen Arbeit.

[Bearbeiten] 1960-1970

Kennzeichen dieser Epoche war der Übergang von eher erziehungsphilosophischen Theorien zu fachdidaktischen Konzeptionen der politischen Bildung. Anlass war die Einrichtung von Lehrstühlen an den Universitäten. Außerhalb der Schulen verbanden sich hier und da einflussreiche Kräfte der politischen Bildung mit den Impulsen der 1968er-Bewegung.

[Bearbeiten] 1970-1989

In dieser Phase wurden die die politididaktischen Ansätze ausdifferenziert und es begann eine Systematisierung didaktischer und methodischer Ansätze. Politische Kontroversen um tatsächliche oder vermeintliche Einseitigkeiten der politischen Bildung prägten die Szene innerhalb und außerhalb der Schulen. In der politischen Erwachsenenbildung bildete sich eine Vielzahl neuer Institutionen heraus - einerseits geprägt vom politischen Gestaltungsoptimismus dieser Jahre, andererseits mit angestoßen von einer neuen Weiterbildungs-Gesetzgebung in vielen Bundesländern.

[Bearbeiten] ab 1989

Herausforderung für die politische Bildung war die Vereinigung Deutschlands. Die zweite Generation von Hochschullehrer/innen wurde berufen. Die Politikdidaktik wandte sich auch Fragen der Lehr-Lern-Forschung zu.

[Bearbeiten] heute

Die Bundeszentrale für politische Bildung und die Landeszentralen für politische Bildung haben 1997 im Münchner Manifest die Aufgaben der politischen Bildung im 21. Jahrhundert formuliert.

[Bearbeiten] Didaktische Prinzipien politischer Bildung

[Bearbeiten] Methoden der politischen Bildung

[Bearbeiten] Alternative Ansätze

[Bearbeiten] Ausgewählte Didaktiker der politischen Bildung in Deutschland

  • Bernhard Claußen
  • Gotthard Breit
  • Joachim Detjen
  • Kurt Fischer
  • Walter Gagel
  • Hermann Giesecke
  • Tilman Grammes
  • Reinhold Hedtke
  • Peter Henkenborg
  • Wolfgang Hilligen
  • Gerhard Himmelmann
  • Heidrun Hoppe
  • Peter Massing
  • Sibylle Reinhardt
  • Dagmar Richter
  • Wolfgang Sander (Gießen)
  • Wolfgang Sander (Münster)
  • Rolf Schmiederer
  • Bernhard Sutor
  • Peter Weinbrenner
  • Georg Weißeno

[Bearbeiten] Institutionen der politischen Bildung

[Bearbeiten] Literatur

  • Breit, Gotthard/Schiele, Siegfried (Hrsg.): Demokratie braucht politische Bildung. 2004, ISBN 3899741579
  • Diendorfer, Gertraud / Steininger, Sigrid (Hg.): Demokratie-Bildung in Europa. Herausforderungen für Österreich. Bestandsaufnahme, Praxis, Perspektiven. Schwalbach/Ts. Wochenschau-Verlag 2006, ISBN 3-89974247-8
  • Gagel, Walter, Geschichte der politischen Bildung in der Bundesrepublik Deutschland 1945-1989. Zwölf Lektionen., 2. überarbeitete Aufl.. Leske+Budrich, Opladen 1995, ISBN 3-8100-1426-5
  • George, Siegfried/Prote, Ingrid (Hg.): Handbuch für Politische Bildung in der Grundschule. Bad Schwalbach: Wochenschau Verlag 1996
  • Giesecke, Hermann: Didaktik der politischen Bildung. 10. erw. Aufl., Juventa Verlag München 1976, ISBN 3-7799-0531-0
  • GPJE (Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung): Nationale Bildungsstandards für den Fachunterricht in der Politischen Bildung an Schulen. Ein Entwurf, Schwalbach 2004
  • Lange, Dirk/Kaiser, Astrid: Frühe Konzepte der Politischen Bildung im Sachunterricht (ab 1970). In: Kaiser, Astrid/ Pech, Detlef (Hg.): Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts. Basiswissen Sachunterricht Band 1. Baltmannsweiler: Schneider 2004, S. 166-169
  • Pohl, Kerstin (Hrsg.): Positionen der politischen Bildung Bd. 1. Ein Interviewbuch zur Politikdidaktik. Schwalbach 2004
  • Hufer, Klaus-Peter/Pohl, Kerstin/Scheurich, Imke (Hrsg.): Positionen der politischen Bildung Bd. 2. Ein Interviewbuch zur außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Schwalbach 2004
  • Reinhardt, Volker: Aspekte der politischen Bildung nach 1945. Politische Erwachsenenbildung unter dem Einfluss schulischer politischer Bildung, Hamburg 2004
  • Beer, Wolfgang u.a. (Hrsg.) Handbuch politische Erwachsenenbildung, Schwalbach 1999
  • Sander, Wolfgang: Politik in der Schule. Kleine Geschichte der politischen Bildung, Marburg, 2004
  • Sander, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch politische Bildung. 3., völlig überab. Aufl., Schwalbach 2005, ISBN 3879206139
  • Vorholt, Udo: Institutionen politischer Bildung. Eine systematisierende Übersicht, Frankfurt 2003, ISBN 3631513739
  • Weißeno, Georg (Hrsg.): Lexikon der politischen Bildung, 3 Bände, Schwalbach 1999/2000, ISBN 3879200424
  • Weißeno, Georg (Hrsg.): Politik besser verstehen. Neue Wege der politischen Bildung, Wiesbaden 2005, ISBN 3531146718

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Deutschland

[Bearbeiten] Österreich

[Bearbeiten] Schweiz

[Bearbeiten] Aktionstage Politische Bildung

[Bearbeiten] Europa

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