Provinz Posen
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Flagge | Wappen |
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Lage in Preußen | |
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Bestehen | 1815-1920 |
Provinzhauptstadt | Posen |
Fläche | 28 970,4 km² |
Einwohner | 2 099 831 (1910) |
Bevölkerungsdichte | 72 Ew./km² (1910) |
Verwaltung | 2 Regierungsbezirke |
Kfz-Kennzeichen | I Y |
Entstanden aus | Departament Poznański (Herzogtum Warschau) |
Aufgegangen in | Grenzmark Posen-Westpreußen Woiwodschaft Posen |
Heute Teil von | Woiwodschaft Großpolen |
Karte | |
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Die Provinz Posen (bis 1848 Provinz Großherzogtum Posen) war eine 1815–1920 bestehende Provinz im Osten des Staates Preußen. Sie wies eine Fläche von knapp 29.000 km² auf und war landwirtschaftlich geprägt. Im Jahre 1910 hatte sie 2,1 Mio. Einwohner, davon schätzungsweise über 63% mit polnischer, ansonsten mit deutscher Muttersprache. Größere Städte neben der namensgebenden Hauptstadt Posen waren Bromberg, Schneidemühl, Gnesen und Inowrazlaw.
Das Gebiet, zuvor über Jahrhunderte als Woiwodschaft Posen zum Königreich Polen gehörig, wurde von 1793 (Zweite Teilung Polens) bis 1807 (Frieden von Tilsit) zur preußischen Provinz Südpreußen. Nach dem Wiener Kongress fiel es erneut an Preußen. Sie entwickelte sich bald zu einem Schauplatz der Auseinandersetzung zwischen der polnischen Nationalbewegung und den preußischen Behörden, besonders nachdem sie 1871 mit Preußen Teil des Deutschen Kaiserreiches geworden war. Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg kam das Gebiet der Provinz bis auf die klar mehrheitlich deutschsprachigen Randgebiete 1919/20 an den neu gegründeten polnischen Staat. Der Überfall auf Polen 1939 brachte es nochmals als Reichsgau Wartheland an Deutschland, bevor es 1945 schließlich in Gänze polnisch wurde.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Landschaft
Die Landschaft ist meist flach, entwässert von zwei großen Flüssen, der Netze im Norden und der Warthe im Zentrum. Die Gletscher der Eiszeit ließen Moränenablagerungen zurück; über das Land sind zahlreiche kleine Seen verstreut, die von Nebenflüssen der beiden großen Flüsse durchflossen werden. Der wichtigste Wirtschaftszweig war die Landwirtschaft.
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Vom Frühmittelalter bis ins 18. Jahrhundert war das Gebiet unbestrittener Bestandteil des Königreichs Polen und stellte mit dem Erzbischofssitz Gnesen einen seiner Kernräume dar. Der größte Teil lag in der Landschaft Großpolen und gehörte zu den Woiwodschaften Posen und Kalisch. Der Nordosten lag in Kujawien bzw. der Woiwodschaft Inowrazlaw. Im 13. Jahrhundert kam es zur Besiedlung der Randgebiete um Fraustadt, Lissa, Meseritz und Schwerin durch deutsche Bauern, auch viele Städte erlebten deutsche Zuwanderung.
Bei der ersten Teilung Polens 1772 erhielt Preußen den Norden entlang der Netze, bildete hier den Netzedistrikt und förderte die Besiedlung. Im Zuge der zweiten Teilung 1793 kam der Rest nebst weiteren östlichen Gebieten Polens hinzu, woraus die Provinz Südpreußen entstand. Nach der Niederlage Preußens gegen Frankreich unter Napoleon I. gingen diese Erwerbungen infolge des Friedens von Tilsit 1807 fast gänzlich an das neugegründete Großherzogtum Warschau verloren. Nach Zusammenbruch der napoleonischen Vorherrschaft erhielt Preußen auf dem Wiener Kongress 1815 einen Teil wieder zurück und formte daraus die Provinz Posen. Der Nordwesten des vormaligen Netzedistrikts um Deutsch Krone und Flatow ging an die Provinz Westpreußen.
[Bearbeiten] Frühe preußische Zeit
Die Provinz Großherzogtum Posen nahm zunächst eine Sonderstellung im preußischen Staat ein, es lag (wie auch die Provinzen Ost- und Westpreußen) außerhalb der Grenzen des Deutschen Bundes. Verwaltungsmäßig bestanden bis 1920 die beiden Regierungsbezirke Posen und Bromberg, welche sich weiter in Stadtkreise und Landkreise aufgliederten. Die Provinz hatte insgesamt eine – ursprünglich über 70%ige – polnische und zugleich in Teilgebieten (Bromberg, Schneidemühl, Meseritz, Lissa) eine deutschsprachige Bevölkerungsmehrheit. Je kleiner eine Gemeinde war, um so eher war sie entweder rein polnisch oder rein deutsch besiedelt.
Zunächst zeigte sich die preußische Politik tolerant gegenüber der polnischen Oberschicht sowie der polnischsprachigen Mehrheit in der Provinz. Am Beispiel des zum Statthalter der Provinz ernannten Anton Radziwiłł wird deutlich, dass Teile der polnischen Nationalbewegung bereit waren, sich mit dem preußischen Staat zu arrangieren. Nach dem Novemberaufstand in Kongresspolen 1830 wurde die Sonderstellung des Großherzogtums innerhalb des preußischen Staatswesens jedoch weitgehend beseitigt, da die politisch führenden konservativen Kreise befürchteten, Polen könne zum Ausgangspunkt einer liberalen revolutionären Befreiungsbewegung in Europa werden. Außerdem suchte man durch ein härteres Vorgehen die Freundschaft mit Russland zu festigen. Nach der Märzrevolution von 1848 wurde das Gebiet nur noch Provinz Posen genannt.
[Bearbeiten] Im Deutschen Reich
1871 wurde die Provinz wie ganz Preußen ein Teil des Deutschen Kaiserreiches. Die Polnischsprachigen waren nun nicht mehr nur Bürger des in nationaler Hinsicht zumindest nominell neutralen Preußen, sondern sprachliche Minderheit innerhalb eines sich als deutsch verstehenden Staates und sahen sich bald in mehrerlei Hinsicht gezielter staatlicher Ausgrenzung ausgesetzt.
Zum einen versuchte die Preußische Regierung, die polnische Sprache allmählich aus Schule und Verwaltung zu verdrängen. Schwerer wog womöglich noch die Diskriminierung des Katholizismus, dem die meisten Polen angehörten (während die Deutschen überwiegend evangelisch waren), im Zuge des Kulturkampfes. Dies trieb die lange Zeit politisch passive polnische Landbevölkerung den polnischen Nationalisten zu, die nun die Errichtung eines unabhängigen Polen unter Einschluss Posens anstrebten.
Einen Umschwung gab es auch hinsichtlich des Kräfteverhältnisses zwischen den Sprachgruppen. War der deutschsprachige Anteil bis 1890 durch Assimilation v.a. der meisten der ursprünglich nicht wenigen polnischen Protestanten von unter 30 auf fast 38% angewachsen, wurde diese Entwicklung nun rückläufig. Dies hatte seinen Grund zum einen in der höheren Geburtenrate der Polen, zum anderen unterlagen die Deutschen stärker der sogenannten Ostflucht, der Abwanderung in die Industriegebiete des Reiches. Maßnahmen zur Hebung ihres Anteils, besonders die Gründung einer Ansiedlungskommission, die Land von Polen kaufte und nur auswärtigen Deutschen zum Kauf zwecks Ansiedlung anbot, konnten diese Entwicklungen kaum ausgleichen, verschärften jedoch umso mehr den nationalpolitischen Konflikt. Dabei muss jedoch gesagt werden, dass das alltägliche Zusammenleben der Sprachgruppen durchweg friedlich verlief und sich die Unzufriedenheit der Polen gegen die deutschen Behörden, nicht jedoch gegen die deutschen Mitbewohner richtete.
[Bearbeiten] Rückkehr nach Polen
Nach dem Ersten Weltkrieg musste der überwiegende Teil der Provinz gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages an Polen abgetreten werden, das hier die Woiwodschaft Posen einrichtete. Die klar mehrheitlich deutschsprachigen Randgebiete verblieben weitgehend innerhalb der neugebildeten preußischen Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen beim Deutschen Reich.
Der Posener Aufstand begann am 27. Dezember 1918 nach der Ankunft des späteren polnischen Ministerpräsidenten Ignacy Paderewski auf dem Posener Bahnhof. Einen Tag später brach der Großpolnische Aufstand in der Provinz Posen aus, der zu offenen Kampfhandlungen zwischen Deutschen und Polen führte. Der eigentliche Aufstand dauerte nur bis zum 16. Januar 1919, als aufgrund alliierten Drucks ein Waffenstillstand durchgesetzt und eine Demarkationslinie festgelegt wurde, bevor deutsche Grenztruppen die Provinz wieder unter Kontrolle bringen konnten. Praktisch kam es aber in weiten Teilen der Provinz Posen immer wieder zu Schießereien und Scharmützeln. Dieser Zustand dauerte an bis zur Übernahme des Gebietes durch reguläres polnisches Militär durch General Haller im Januar 1920.
Die Karte zeigt die Demarkationslinie, die nach dem Waffenstillstand am 16. Februar 1919 nach den deutsch-polnischen Kampfmaßnahmen in der ehemaligen Provinz Posen durch eine Waffenstillstandskomission festgelegt wurde. Sie folgte weitgehend der Sprachgrenze.
Zwischen 1920 und 1929 enteignete die polnische Regierung gemäß Artikel 297b des Vertrages viele ortsansässige Deutsche, denen die polnische Staatsbürgerschaft nicht zuerkannt wurde. Ab 1925 führte ein Agrarreformgesetz dazu, dass viele deutschsprachige Bauern – darunter auch solche, denen der preußische Staat Grundfläche verkauft hatte – ihr Land zwangsveräußern mussten.
NS-Deutschland annektierte nach dem Polenfeldzug 1939 die Woiwodschaft Posen und bildete in gewisser Anlehnung an die vormalige Provinz, jedoch unter Einbeziehung weiterer polnischer Gebiete, den Reichsgau Wartheland mit Posen als Hauptstadt. Das Gebiet um Bromberg wurde dem Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeschlagen. 1945 ging das gesamte Gebiet der ehemaligen Provinz Posen endgültig an Polen. Nach der Gebietsreform 1999 ist es heute größtenteils identisch mit der Woiwodschaft Großpolen. Einige Kreise der ehemaligen Provinz gehören jedoch zu den Woiwodschaften Kujawien-Pommern und Lebus.
[Bearbeiten] Verwaltungsgliederung 1914
1) ein mehr oder weniger großer Teil des Kreisgebiets verblieb 1920 innerhalb der neugebildeten Grenzmark Posen-Westpreußen beim Deutschen Reich
[Bearbeiten] Oberpräsidenten
- 1815–1824: Joseph von Zerboni di Sposetti
- 1825–1830: Johann Friedrich Theodor von Baumann
- 1830–1840: Eduard Heinrich Flottwell
- 1840–1842: Adolf Heinrich Graf von Arnim-Boitzenburg
- 1843–1850: Carl Moritz von Beurmann
- 1850–1851: Gustav Carl Gisbert Heinrich Wilhelm Gebhard von Bonin (1. Amtszeit)
- 1851–1860: Eugen von Puttkamer
- 1860–1862: Gustav Carl Gisbert Heinrich Wilhelm Gebhard von Bonin (2. Amtszeit)
- 1862–1869: Carl Wilhelm Heinrich Georg von Horn
- 1869–1873: Otto Graf von Königsmarck
- 1873–1886: William Barstow von Guenther
- 1886–1890: Robert Graf von Zedlitz-Trützschler
- 1890–1899: Hugo Freiherr von Wilamowitz-Moellendorff
- 1899–1903: Rudolf von Bitter
- 1903–1911: Wilhelm Hans August von Waldow-Reitzenstein
- 1911–1914: Philipp Schwartzkopf
- 1914–1918: Johannes von Eisenhart-Rothe
[Bearbeiten] Bevölkerungsstatistik
Bevölkerungsentwicklung [1] | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | 1816 | 1831 | 1861 | 1871 | 1880 | 1890 | 1900 | 1910 |
Einwohner | 820.176 | 1.040.712 | 1.467.604 | 1.583.843 | 1.703.397 | 1.751.642 | 1.887.275 | 2.099.831 |
Anteil an Preußen | ? | ? | ? | 6,4% | 6,2% | 5,8% | 5,5% | 5,2% |
Ew./km² | 28 | 36 | 51 | 55 | 59 | 60 | 65 | 72 |
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[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Für 1816: ?; für 1831, 1861, 1890: Leszek Belzyt, Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914, Marburg 1998, S.17; für 1871, 1880, 1900, 1910: http://www.geschichte-on-demand.de/p_posen.html
- ↑ http://www.geschichte-on-demand.de/p_posen.html#bevoelkerung
- ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.17f.
[Bearbeiten] Literatur
- Helmut Neubach: Beiträge zu einem biographischen Lexikon der Deutschen aus dem Raum der Provinz Posen : nach den 1978 - 1998 in der Zeitschrift „Der Kulturwart“ von Joachim Heinrich Balde herausgegebenen „Posener Biographien“. Herne: Martin-Opitz-Bibliothek, 2003 (235 S.)
[Bearbeiten] Weblinks
- Provinz Posen
- Polnisches Digitalisierungsprojekt mit einer kleinen Anzahl deutschsprachiger Titel u.a. Gemeindelexikon der Provinz Posen
- Abschrift Gemeindelexikon von 1905 und Karten der Landkreise.
- Provinz Posen Posen-L Mailing List (Wiki Teilung)
- Provinz Posen (Genealogy.net)
- Provinz Posen (Landkreise, Gemeinden und Gutsbezirke) 1910
- http://www.geschichte-on-demand.de/p_posen.html
- http://users.foxvalley.net/~goertz/faqpos.html Eintrag in Meyers Konversationslexikon von 1888
Im 19. Jh. aufgelöst: Netzedistrikt | Südpreußen | Neuostpreußen | Neuschlesien | Niederrhein | Jülich-Kleve-Berg | Preußen
1772/1822 bis ins 20. Jh.: Ostpreußen | Westpreußen | Brandenburg | Pommern | Posen | Sachsen | Schlesien | Westfalen | Rheinland
1850/68 bis ins 20. Jh.: Hohenzollernsche Lande | Schleswig-Holstein | Hannover | Hessen-Nassau
Im 20. Jh. gebildet: Niederschlesien | Oberschlesien | Groß-Berlin | Posen-Westpreußen | Halle-Merseburg | Kurhessen | Magdeburg | Nassau