Ruhrschifffahrt
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Das Kapitel der Ruhrschifffahrt auf dem Fluss, der dem Ruhrgebiet seinen Namen gab, zieht sich seit dem Mittelalter, weiter über das 19. Jahrhundert, wo sie ihren Höhepunkt durch die Kohleindustrie erreichte, bis in die heutige Zeit.
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[Bearbeiten] Geschichte
Bereits seit dem Mittelalter wurde auf der Ruhr eine primitive Schifffahrt betrieben. So besaß die Abtei Werden seit 1033 das Recht, zwischen Werden und der Mündung Schifffahrt zu betreiben. Aufgrund der Zersplitterung in zahlreiche kleine Staaten kam sie allerdings nie über eine lokale Bedeutung hinaus.
Auf Geheiß des preußischen Königs Friedrich II. ("Königliche Preußische Wasser- und Ufer-Ordnung für den Ruhr-Strom, in der Grafschaft Mark" vom 10. Mai 1781) wurde die Ruhr bis Holzwickede schiffbar gemacht. Sie diente vor allem dem Transport von Steinkohle, aber auch Salz, Getreide und anderer Güter aus dem Ruhrtal und benachbarten Tälern. Beim Ausbau der Ruhr waren zahlreiche Schwierigkeiten zu überwinden, wie Klippen, Sand- und Kiesbänke. Neben den zahlreichen flachen und steilen Abschnitten, welche den Bau von Schleusen erforderlich machte, waren für die Anlage des Leinpfades Grundstücke entlang der Ruhr notwendig. Besonders die Abtei Werden und das Stift Essen wehrten sich gegen die Abgabe von Grundstücken, da durch Schiffbarmachung die märkische Kohle einen günstigen Transportweg erhielt und somit eine Konkurrenz zur Kohle in Essen darstellte.
Insbesondere wurden in den Jahren 1776 bis 1780 zwischen Duisburg und Langschede 16 neue Schleusen angelegt, an denen später bis zu 80 Schiffe täglich geschleust wurden. Zumeist bestanden die Schleusen noch aus Holz, später wurden sie dann mit Steinen erneuert. Zuvor hatten die Stauwehre, auch Schlagden genannt, nur der Energiegewinnung zum Mühlenbetrieb gedient. Heute dienen die Wehre in erster Linie der Wasserwirtschaft. Herzstück der Ruhrschifffahrt waren die Duisburger Häfen. Die Schiffbarmachung der nördlich gelegenen Emscher von Crange bis zum Rhein war von 1767 bis 1774 mit der Preußischen Regierung verhandelt, aber ergebnislos geblieben. Die Ruhrschifffahrt hingegen boomte und machte die Ruhr seinerzeit zu den meist befahrenen Flüssen Europas, obgleich die Ruhr ab Witten nur bis 1801 befahren wurde.
Zum Zeitpunkt der Eröffnung durchquerten die Schiffer auf einer Reise flussaufwärts sechs politische Territorien: Herzogtum Kleve (preußisch), Herrschaft Broich bei Mülheim, Herzogtum Berg bei Kettwig, Stift Werden, Stift Essen bei Steele und die Grafschaft Mark.
Den Höhepunkt erreichte die Schifffahrt 1860, als mit den Aaken 867.734 Tonnen Steinkohle nach Duisburg verschifft wurden. Mit der Errichtung der Ruhrtal-Bahn (1872 bis 876) verlor die Ruhrschifffahrt ihre Bedeutung. So fiel die Transportleistung parallel zum Bau der Bahn von Styrum nach Hagen auf knapp über 100.000 Tonnen im Jahr 1876 ab. 1889 passierte das letzte Kohlenschiff die Schleuse in Mülheim. Mit der Errichtung der Kanäle Dortmund-Ems-Kanal (1899), Rhein-Herne-Kanal (1914) und Wesel-Datteln-Kanal (1931) machte die Schifffahrt im nördlichen Ruhrgebiet Fortschritte.
Auf den fünf Ruhrstauseen Kettwiger See (1950), Baldeneysee (1933), Kemnader See (1979), Harkortsee (1931) und Hengsteysee (1929) verkehren heute Personenschiffe zur Naherholung. Weiterhin besteht an der Herbeder Schleuse eine Fährverbindung. Dem Wunsch der Initiative Das Ruhrtal nach mehr Anlegestellen treten die Natur- und Umweltschutzverbände mit einer Forderung nach mehr stiller Erholung und dem Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten entgegen. Auf dem Fluss prägen Ruderer und Kanuten das Bild, auf den Seen auch Windsurfer und kleine Segelboote. Die heute zumeist sehr gut ausgebauten, fast überall asphaltierten früheren Treidelwege der Ruhrschifffahrt teilen sich, nicht immer konfliktfrei, heutzutage Spaziergänger, Hundebesitzer, Fahrradfahrer und Skater.
[Bearbeiten] Schiffe und Schleusen
Die Schiffe auf der Ruhr waren die Ruhraaken. Sie hatten eine Länge von 34 Metern, eine Breite von etwa 5 Metern und konnten etwa 165 Tonnen transportieren. Sie waren besegelt und wurden von Zugtieren auf den mit Ruhrsandstein gepflasterten Leinpfaden gezogen. Diese Art des Schiffziehens an den bis zu 400 Meter langen Leinen wird als Treideln bezeichnet. Buhnen sorgen dafür, dass auch bei Niedrigwasser eine Fahrrinne besteht. Die Kohlen wurden an den Kohlenniederlagen übernommen. Die Schleusen besaßen eine genormte Kammerlänge von etwa 44,5 und eine Breite von etwa 5,4 Metern. Daneben befanden sich oftmals Häuser für die Schleusenwärter.
Zu den Schleusen zählen um 1780 (in Klammern die Flusskilometer ab der Mündung):
- Ruhrschleuse Mülheim (12,6)
- Schleuse Kettwig (21,5)
- Papiermühlenschleuse Werden
- Schleuse Neukirchen
- Schleuse Baldeney (29,3)
- Schleuse Rohmannsmühle (38,4)
- Schleuse Spillenburg (42,0)
- Schleuse Horst (47,4)
- Schleuse Dahlhausen (49,9)
- Schleuse Hattingen (57,5)
- Schleuse Blankenstein (61,8)
- Schleuse Kemnade, Stiepel (64,3)
- Herbeder Schleuse (69,2)
- Steinhauser Schleuse
- Schleuse Witten
- Schleuse Wetter (82,6)
- Schleuse Herdecke
Siehe auch: Duisburg-Ruhrorter Häfen, Innenhafen Duisburg, Liste der Sehenswürdigkeiten im Ruhrtal, Route der Industriekultur – Geschichte und Gegenwart der Ruhr
[Bearbeiten] Literatur
- Ludwig Benjamin Henz: Der Ruhrstrom und seine Schifffahrts-Verhältnisse, Essen 1840
- Wilhelm Behrenbeck: Die Schiffbarmachung der Ruhr, Hamburg, 1926
- Gustav Adolf Wüstenfeld: Die Ruhrschiffahrt von 1780-1890, 1978, ISBN 392201402X
- Staatliches Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft Düsseldorf, Außenstelle Duisburg (Hrsg.): 200 Jahre Ruhrschiffahrt, Duisburg 1980
- Walter Ollenik, Jürgen Uphues: Von Mühlen, Schleusen und Turbinen. Klartext-Verlag. ISBN 3-89861-375-5
- Olaf Schmidt-Rutsch: Kohlenschiffe auf der Ruhr. Essen 2000
- Olaf Schmidt-Rutsch: Salzschiffahrt auf der Ruhr. In Memoriam Dr. Jürgen Heinrich Gethmann, in: Märkisches Jahrbuch für Geschichte, hrsg. v. Heinrich Schoppmeyer, 102. Band, 2002, S. 125-143
- Olaf Schmidt-Rutsch: Schiffahrt auf der Ruhr, in: Märkisches Jahrbuch für Geschichte, hrsg. v. Heinrich Schoppmeyer,
- Olaf Schmidt-Rutsch: Kohlenschifffahrt auf der Ruhr, in: Zeche Nachtigall. Museumsführer, hrsg. v. Ingrid Telsemeyer, Klartext-Verlag. ISBN 3-89861-179-5, S. 100-139
- Wolfhard Weber: Die Ruhrschiffahrt im 19. Jahrhundert. In: Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark zu Witten e. V. 78 (1980), S. 57-65
- Ralf Molkenthin, Hardy Priester: Schiffe auf der Ruhr, in: Blicke auf das Mittelalter, Aspekte von Lebenswelt, Herrschaft, Religion und Rezeption, Festschrift Hanna Vollrath zum 65ten Geburtstag, hrsg. v. Bodo Gundelach und Ralf Molkenthin, Herne 2004, S. 217-235
- Ralf Molkenthin: ...‘erlauben Wir, die Ruhr bis zum Kloster mit dem Schiff zu befahren...‘, Mittelalterliche Binnenschiffe auf der Ruhr und anderswo. In: Märkisches Jahrbuch für Geschichte, 105. Band, 2005, S. 7-32.