Schloss Schwetzingen
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Schloss Schwetzingen war die Sommerresidenz der pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp und Karl Theodor und liegt in der gleichnamigen Stadt (siehe Schwetzingen) zwischen den beiden ehemaligen kurpfälzischen Residenzstädten Heidelberg und Mannheim. Schwetzingen liegt im Nordwesten des Landes Baden-Württemberg und in der europäischen Metropolregion Rhein-Neckar. 2007 wurde der Antrag auf Aufnahme der ehemaligen kurpfälzischen Sommerresidenz Schwetzingen in die UNESCO-Welterbe-Liste gestellt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Feste Schwetzingen
Das Schwetzinger Schloss wurde im Jahr 1350 zum ersten Mal als Feste urkundlich erwähnt.
[Bearbeiten] Jagdschloss Schwetzingen
Es wurde mehrfach umgebaut und gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs sowie 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört. Der Kern des Schlosses - Bestandteile einer mittelalterlichen Wasserburg - blieb stehen. Der Wassergraben, der die Feste umschloss wurde zugeschüttet.
[Bearbeiten] Residenzschloss Schwetzingen
Kurfürst Karl Ludwig ließ das Schwetzinger Schloss für seine Geliebte Luise von Degenfeld wieder aufbauen und verlebte von 1657 an zwanzig Jahre in Schwetzingen. Während eines Besuchs befahl er im August 1656 den Einwohnern von Schwetzingen sämtlichen Schutt und Trümmer wegzuräumen, wobei die aufgelesenen Trümmerteile wie Steine, Hölzer und "altes Eisenwerk" bei den Untertanen zur eigenen Verwendung verbleiben konnten.
Seine heutige Form erhielt das Schloss auf Befehl des Kurfürsten Johann Wilhelm, der in Düsseldorf regierte. Dieser ließ unter Leitung des Grafen Matteo Alberti - des Erbauers des Schlosses Bensberg - von dem Heidelberger Baumeister Johann Adam Breunig umbauen und durch zwei Flügelbauten wesentlich vergrößern.
Das Bauwerk wurde in mehreren Bauabschnitten ab dem Jahre 1697 errichtet und ausgebaut. 1752 wurde eine Gartenerweiterung vorgenommen. Interessanterweise wurde der Garten noch fertig gestellt, obwohl das Schloss seit der Verlegung der Residenz des Kurfürsten Karl Theodor von Mannheim nach München 1778 kaum mehr benutzt wurde.
Unter Karl Theodor war Schwetzingen Sommerresidenz: Die Hofhaltung wurde in den warmen Monaten von Schloss Mannheim nach Schloss Schwetzingen verlegt. Die Schlichtheit der Wohnungen des Kurfürstenpaares und eine grössere Informalität der Umgangsformen waren Ausdruck eines vorgeblich einfacheren, unbeschwerten Lebens auf dem Lande.
[Bearbeiten] Chronologie
- 1350 Erste Erwähnung der „Veste Schwetzingen“
- 1715 Wiederaufbau des Schlosses
- 1752 Eröffnung des Schlosstheaters
- 1938 Eröffnung des renovierten Schlosstheaters
- 1952 Erstmals Schwetzinger Festspiele im Schlosstheater
[Bearbeiten] Künstler
An der künstlerischen Ausgestaltung von Schloss und Garten waren nahezu alle am Hof in Mannheim beschäftigten Künstler beteiligt. Dazu gehörten Alessandro Galli da Bibiena und Peter Anton von Verschaffelt. Der Lothringer Nicolas de Pigage war Intendant der Gärten und Wasserkünste sowie der bestimmende Architekt in der Karl-Theodor-Zeit. Pigage erweiterte den Garten in allen Stilwandlungen der Zeit. Der Zweibrücker Hofgärtner Johann Ludwig Petri plante das Hauptparterre und den Zirkel des französischen Gartens. Der erste Hofgärtner, van Wynder, wurde aus Kassel nach Schwetzingen berufen. Der zweite Hofgärtner war Johann Wilhelm Sckell, ein Hauptmitarbeiter Pigages. Sein Sohn Friedrich Ludwig Sckell wurde 1804 nach München berufen, wo er den englischen Garten anlegte. Der erste badische Gartenbaudirektor war Johann Michael Zeyher, der den Flieder in Schwetzingen einführte.
[Bearbeiten] Garten
Die Schwetzinger Gartensituation ist in ihrer Gestaltung und in ihrem Erhaltungszustand einzigartig: Hier haben nicht, wie in nahezu allen Schlossgärten, neuere Gartenstile die älteren ersetzt und damit vorhandene Substanz zerstört oder überformt. Vielmehr sind in Schwetzingen der ältere formale Garten französischer Prägung und der moderne landschaftliche Garten nach englischem Vorbild eine einmalige, historisch gewachsene Verbindung eingegangen, die zudem in ununterbrochener Pflegetradition auf uns überkommen ist.
Der Schwetzinger Schlossgarten war, mit Ausnahme des Bereiches um das Badhaus, bereits in kurfürstlicher Zeit für die gesamte Bevölkerung zugänglich, damals noch ohne Eintrittsgeld. Eine Parkordnung regelte das angemessene Verhalten der Besucher.
[Bearbeiten] Französischer Garten
Längs der Hauptachse des Gartens blickt man nach Osten genau auf den Königstuhl im Odenwald und nach Westen auf die Kalmit im Pfälzerwald.
Der Barockgarten ist ein formaler Garten nach französischer Art und in strengen geometrischen Formen angelegt. Die wichtigsten Elemente sind die Hauptachse, die Querachse und das Kreisrund. Der vordere Gartenteil zeigt Parterres und Boskette.
Der zentrale Arionbrunnen von Guibal hat eine Begebenheit der antiken Mythologie zum Thema: Arion (Arion von Lesbos) ist ein berühmter Sänger. Nach einem Wettstreit reicht beschenkt, wird er auf See von den Schiffsleuten bedrängt. Er bittet, ein letztes Mal singen zu dürfen. Bei seinem Gesang erscheinen Delfine, der Sänger stürzt sich in die Fluten, und ein Delfin bringt ihn an die Küste, so dass er seinen Weg nach Korinth fortsetzen kann. Das Sternbild Delfin wird in manchen Überlieferungen als der von den Göttern ans Firmament entrückte Arion auf dem Delfin gedeutet.
Abgeschlossen wird der französische Garten durch die Darstellung einer Hirschjagd von Verschaffelt. In unmittelbarer Nähe sind die vier Elemente in Skulpturen dargestellt.
[Bearbeiten] Englischer Garten
Der hintere Teil des Gartens wurde als englischer Landschaftsgarten gestaltet. Im Gegensatz zum französischen Garten sind hier die Wege und Uferlinien leicht geschwungen. Am unregelmäßigen Waldbereich wurde fast nichts verändert.
[Bearbeiten] Türkischer Garten
Im hinteren Bereich, dem so genannten "Türkischen Garten" steht die Moschee von Pigage. Sie ist keine originale türkische Moschee sondern die Interpretation in der europäischen Kunstsprache des 18. Jahrhunderts und somit keine Nachbildung irgendeines islamischen Bauwerkes. Der Moscheehof wurde gelegentlich für Freilichtaufführungen von Opern genutzt. Die Moschee wurde zeitweise tatsächlich von Muslimen genutzt.
Vor der Moschee befindet sich der ehemalige fürstliche Obstgarten, dahinter eine Baumschule und die Schlossgärtnerei.
[Bearbeiten] Arboretum
Ein Arboretum ist eine Sammlung oft exotischer Gehölze. Der Gartenbaumeister Zeyher legte diesen Garten im Jahr 1802 mit exotischen Bildern aus aller Welt an. Besonders eindrucksvoll ist das schmiedeeiserne Tor von Rabaliatti. Auf der gleichen Fläche befand sich vorher eine Fasanerie mit Tiergehegen.
[Bearbeiten] See
Schon beim Betreten des Schlossgartens hat man einen Blick auf den großen See, der den Garten abschließt. An der Stelle des Sees befand sich ursprünglich ein ummauertes Bassin, das auf Vorschlag Zeyhers 1823 auf Befehl des Großherzogs Ludwig von Baden erweitert und in einen See mit natürlicher Uferausformung umgewandelt wurde. Zwei Skulpturen von Verschaffelt ruhen auf der dem Schloss zugewandten Längsseite beidseits der Blickachse: die Flussgötter Rhein und Donau.
Der See und alle übrigen Gewässer, auch Wasserkünste genannt, werden seit Pigage von zwei Wasserwerken gefüllt, die den Leimbach (Rhein-Neckar) als Antrieb für die Mühlräder der Pumpen nutzten. Dieser umschloss bereits die ursprüngliche Burganlage und fließt vom Odenwald her Richtung Rhein. Für die Fontänen etc. wurde sauberes Grundwasser verwendet. Diese Pumpen befanden sich im nördlichen Schlossflügel (oberes Wasserwerk). Ein zweites Pumpwerk mit Hochbehälter für einen kontinuierlichen Druck war am Parkende hinter dem Aquädukt versteckt (unteres Wasserwerk).
[Bearbeiten] Bauten
Die Stadt, das Schloss und der Garten mit seinen Gartengebäuden, Brunnen und Skulpturen bilden eine gestalterische, in die umgebende Landschaft ausgreifende Einheit. In den beiden Gartenteilen befinden sich neben vielen Statuen folgende "Ausflugsziele" für den Fürsten und Teile seines Hofs: Merkurtempel (künstliche Ruine), See vor der Moschee mit Medrese, Minervatempel, Apollotempel, Tempel der Botanik, das Badhaus (kleines Lusthaus), die Orangerie und separater Gartenteil mit Statuen der drei Jahreszeiten,„Perspektiv“ beim Badhaus, Römische Wasserleitung mit einem künstlichen Wasserfall. Sicht- und Wegbeziehungen, Tore und Brücken sollten den Park nicht nur in Einzelräume unterteilen, sondern auch größer werden lassen.
Das Gebäudeprogramm zeigt einen philosophischen und architektonischen Bezug auf die klassische Antike und, im Falle des Moschee-Komplexes, auf den Islam und die orientalische Weisheit. Neuere Forschungen wollen im Schwetzinger Garten ein freimaurerisches Programm erkennen, in welches dann auch christliche Vorstellungen eingebunden wären.
[Bearbeiten] Schloss
Besucher betreten das Schloss durch einen prunkvollen Ehrenhof, der von lila Flieder gesäumt ist. In den Wachhäuschen befinden sich Shop und Café.
[Bearbeiten] Innenräume
In einer langwierigen Restaurierung der Jahre 1975–1991 wurden die Innenräume des Schlosses wiederhergestellt und mit authentischen Möbeln des 18. Jahrhunderts eingerichtet. In der Beletage verdeutlichen im Rahmen eines Schlossmuseums die Gesellschaftsräume, die Wohnung des Kurfürsten und die Wohnung der Kurfürstin das Funktionsprofil des Schlosses in der Karl-Theodor-Zeit.
Von besonderem kunstgeschichtlichen Rang sind die Räume der in badischer Zeit ab 1803 umgestalteten Wohnung der Reichsgräfin Luise Karoline von Hochberg im zweiten Obergeschoss aufgrund der vorzüglich erhaltenen Handdrucktapeten (1804) der Firma Zuber in Rixheim (Compagniezimmer mit Alpenpanorama „Vues de Suisse“, Schlafzimmer, Grand Cabinet).
[Bearbeiten] Zirkelbauten
Die Zirkelbauten sind zwei eingeschossige, dank hoher Fenstertüren mit unmittelbarem Gartenzugang versehene Werksteinbauten, die sich seitlich an das Schloss zu einem Halbrund anschließen und das kreisrunde Gartenparterre gemeinsam mit dem Halbkreis der Wandelgänge aus Lattenwerk umfangen. Der nördliche Zirkelbau wurde in den Jahren 1748/1749 von Bibiena erbaut, der südliche im Jahr 1753 von Rabliatti. Die Zirkelbauten wurden für die Hofgesellschaften (Speisetafel, Spiele und Konzerte, Bälle) genutzt. Solche zusätzlichen, repräsentativen Räumlichkeiten waren angesichts der beengten Verhältnisse im alten Wohnbau des Schlosses unverzichtbar. Heute werden die Zirkelbauten als Café und Theaterfoyer sowie für Konzerte und Ausstellungen genutzt.
[Bearbeiten] Theater
Das kurfürstliche Hoftheater im frühklassizistischen Stil (oft fälschlich "Rokokotheater" genannt) wurde im Jahr 1752 mit dem musikalischen Intermezzo „Porsognacco" eröffnet. Hier wirkten Sänger, Instrumentalisten und Komponisten von internationalem Rang, darunter die Vertreter der Mannheimer Schule.
Nachdem Karl Theodor seine Residenz nach München verlegt hatte, fanden nur noch gelegentliche Aufführungen in Schwetzingen statt, wenn der Kurfürst dort zu Besuch war. Auch in der badischen Zeit wurde das Theater nur selten benutzt. Es verfiel und konnte nicht mehr bespielt werden. 1936/37 und 2002/03 wurde das Theater im völlig renoviert.
Die Brüstungen der leicht ansteigenden Logenränge haben im Grundriss die Form einer Lyra. Die Pfeiler sind reich verziert und von Korbbögen überbrückt, die die Wirkung des Raumes vertiefen.
[Bearbeiten] Tempel
[Bearbeiten] Merkurtempel
In den „Parties sauvages“, den südwestlichen landschaftlichen Partien des Schwetzinger Gartens wurde bereits 1784 ein „Monument“ gegenüber der Moschee geplant. 1787/88 entstand der Ruinenbau Pigages, der erstmals 1791 dem römischen Gott Merkur zugewiesen wird. Sein kellerartiger Unterbau aus großen Sandsteinblöcken erscheint als Rest eines älteren Vorgängers. Der dreigeschossige, turmartige Merkur-Tempel aus Tuffstein besitzt ein im Grundriss sechseckiges Hauptgeschoss, darüber ein Attikageschoss und eine abschließende Laterne. Auf Merkur verweisen Reliefs aus Stuckmarmor über den Eingängen der drei gleichartigen Fassaden.
Die Deutung der Parkruine ist kontrovers: Nach überkommener Lesart steht sie für die Überwindung von Geheimlehren durch die Vernunft, eine neue freimaurerische Interpretation hingegen sieht verborgene Verweise auf den Salomonischen Tempel und seinen Architekten Hiram Abif.
Der Merkurtempel hat auch die Funktion eines Belvedere. Vom Obergeschoss aus hat man einen schönen Blick über den See auf die Moschee.
[Bearbeiten] Minervatempel
Die römische Göttin Minerva ist mehrfach im Schlossgarten dargestellt. Symmetrisch zu dem Minerva-Tempel war als Gegenstück ein Tempel des Cupido geplant, der nicht zur Ausführung kam.
Der von Pigage entworfene Tempel war 1769 vollendet. Seine viersäulige Front korinthischer Ordnung ist durch ein antik-römisches Vorbild angeregt, den Eingangsbau zur Portikus der Octavia. Einmalig ist die Umkehrung des Verhältnisses von Säulenhalle und Cella: Die Tempelcella wird zu einer gegenüber der Natur geöffneten Raumhülle umgedeutet, innerhalb derer sich die Säulenstellung fortsetzt.
Minerva, Göttin der Weisheit, erscheint vor der Rückwand in einem umgearbeiteten Standbild von Grupello. Sie ist, auch nach Ausweis des Giebelfeldes, die Göttin der friedlichen Künste und Wissenschaften, insbesondere der Gartenkunst. Die mit Marmorbänken ausgestattete Cella dient Parkbesuchern als Ruheraum, kann aber auch als imaginärer Versammlungsort derjenigen, die Weisheit erlangt haben, verstanden werden.
Unterhalb des Tempels befindet sich ein rechteckiger Raum, mit Nischen und runden Fensteröffnungen. Dieser Raum ist von außen zugänglich und zeigt Merkmale eines geheimen Versammlungsortes. Er wird von Pan regiert, wie eine Maske über der Tür anzeigt. Der Minerva-Tempel, der sich über dieser irrationalen Sphäre erhebt, wird so ein aufklärerisches Monument der gestaltenden Vernunft und der menschlichen Zivilisationsleistung.
[Bearbeiten] Apollotempel
Schon 1762 plante man an dieser Stelle ein Belvedere. Nach dem Entwurf von Nicolas de Pigage entstand ein hoher, terrassierter Unterbau, auf dessen oberster Plattform sich ein Monopteros, ein Rundtempel mit zwölf Säulen ionischer Ordnung ohne Cella erhebt. Der Tempel ist dem griechischen Gott Apollo gewidmet. Die Statue des Apollo stammt von dem Bildhauer Anton von Verschaffelt. Sie zeigt den Gott beim linkshändigen Lyra-Spiel, was dem Künstler einigen Hohn eingebracht hat. In einem Briefwechsel zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller heißt es, er stehe zwar »gar heilig« auf einer Anhöhe, »nur hat der lincke Gott darin einen erbärmlichen Hintern«.
Der Apollo-Tempel krönt eine nach zwei Seiten gerichtete Anlage: Vom Eingang an der Westseite steigt der Besucher durch felsige, dunkle und verwirrende Korridore zur lichtumfluteten Plattform mit dem klassischen Monopteros empor. Aus der Sicht der Zuschauer im östlichen Heckentheater krönt der Tempel den Bühnenprospekt. Apoll erscheint als Gott der Künste und Führer der Musen auf dem Berg Helikon, wo der Hufschlag des Pegasus die Quelle Hippokrene, deren Wasser durch die Najaden über die Kaskade an die Menschen weitergegeben wird.
[Bearbeiten] Tempel der Waldbotanik
Der von Pigage entworfene Tempel der Waldbotanik - „Botanicae Silvestris“ - wurde schon 1777 geplant. Die Weiheinschrift nennt das Datum 1778, aber erst 1780 wurde der Bau fertig. Er bildet den Abschluss des "Arboretum Theodoricum", der Baumsammlung im sogenannten Wiesentälchen. Der aufgesockelte, zylindrische Baukörper weist außen Rauputz nach Art von Eichenrinde auf. Eine Freitreppe, auf deren Wangen Sphingen wachen, führt zur Eingangstür. Innen vermittelt eine runde Öffnung von ca. 20 cm Durchmesser in der Fußbodenmitte zu einem dunklen Gewölbe darunter. Das Bildprogramm handelt vom Wachsen, Reifen und Absterben der Natur. Vier große Relieffelder zeigen Symbole der Jahreszeiten, jeweils in Verbindung mit einem antiken Dreifuss. Die Naturrhythmen werden mit der modernen Naturwissenschaft verknüpft: Bildnismedaillons der älteren Autoritäten Theophrastos von Eresos und Plinius stehen solche der modernen Naturforscher Joseph Pitton de Tournefort und Carl von Linné gegenüber. Linnés revolutionäres Buch über die Pflanzensystematik bildete das inzwischen verschwundene Attribut einer Statue der Göttin Ceres in der Mittelapsis.
[Bearbeiten] Sonstiges
[Bearbeiten] Badhaus
Das Badhaus von Pigage ist ein kleines Lusthaus nach Art einer italienischen Villa. Während unter Karl Theodor der übrige Schlossgarten öffentlich zugänglich war, durfte der Badhaus-Bereich, zu dem ein eigener Garten gehört, nur auf Einladung oder mit Genehmigung des Kurfürsten betreten werden. Hier konnte Karl Theodor wie ein Privatmann leben und sich seinen musischen Neigungen hingeben. Vom Apollo-Bezirk wird das Badhaus durch eine im Grundriss halbkreisförmige Exedra betreten, ein gleich gebildete liegt an der Rückseite. Durch beide Eingangsbereiche gelangt man in den Ovalsaal, der das Zentrum des Schlösschens bildet. Vom Ovalsaal gehen nach Westen und nach Osten flurartige Vorzimmer ab. Über sie gelangt man in das Schlafzimmer des Kurfürsten (Südwestseite) und in den Baderaum (Nordwestseite) mit einem vertieften Marmorbecken (etwa 1,2m tief) in einer elliptischen Nische. An der Nordostseite liegt das Chinesische Zimmer mit chinesischen Papiertapeten, an der Südostseite das Schreibzimmer mit Landschaftsgemälden von Ferdinand Kobell. In der beim Badhaus gelegenen Badhausküche befand sich auch der Kessel zum Erhitzen des Badewassers.
[Bearbeiten] Wasserspeiende Vögel
Eine Attraktion des Badhausgartens ist der Brunnen der wasserspeienden Vögel. Im mittleren Bassin sitzt ein Uhu aus Eisenblech, der in seinen Fängen einen toten Fasan hält. Oben auf der Einfassung aus Lattenwerk, das die Anlage umgibt, sitzen andere Vögel, die den Uhu (mit Wasser) bespucken. Das Thema des Brunnens geht auf eine Fabel von Äsop zurück, die vom Zorn der guten Vögel über den bösen Uhu handelt. Die Schwetzinger Figuren stammen aus dem lothringischen Schloss La Malgrange des polnischen Exkönigs Stanislas I. Leszczynski. Vier Volieren mit lebenden, zwitschernden Vögel, erhöhen die Illusion. Zu der Anlage zählen zwei weitere kleine Gebäude, die sog. Achathäuschen.
[Bearbeiten] Perspektiv (sog. Ende der Welt)
Das Perspektiv, im Volksmund auch als „Ende der Welt“ der Welt bezeichnet, schließt die Hauptachse des Badhausgartens nach Norden hin ab. Es zeigt eine weite Flusslandschaft, die auf eine gewölbte, vom Tageslicht beleuchtete Wand gemalt ist. Besonders aus der Entfernung, durch den langen Korridor aus Lattenwerk, betrachtet, wirkt es sehr realistisch.
[Bearbeiten] Orangerie
Ab dem 16. Jahrhundert kamen an den europäischen Fürstenhöfen Sammlungen von Orangen und anderen Zitrusbäumen in Mode. Neben diesen Anpflanzungen gab es dann ein Gebäude, in dem die mit dem Wurzelstock ausgegrabenen Bäumchen überwintern konnten. Die Schwetzinger Orangerie mit ihren Fassadenmalereien wurde von Pigage entworfen. Die Malereien täuschen Naturstein als Material vor, wo nur simple Backsteinmauern sind. An den Ecken dieses Gartenteils stehen Statuen von drei Jahreszeiten. In der Mitte stehen die Orangen- und Zitronenbäume in Kübeln auf einer rechteckigen Insel.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts konnte der Bedarf an Räumlichkeiten für höfische Festivitäten in Schwetzingen nicht annähernd gedeckt werden. Eine Orangerie mit großem Festsaal sollte hier Abhilfe schaffen. So hatte es jedenfalls Kurfürst Karl Philipp entschieden, der 1716 die Nachfolge des überwiegend in Düsseldorf residierenden Kürfürsten Johann Wilhelm angetreten hatte.
[Bearbeiten] Observatorium
Ein Observatorium befand sich bis 1762 auf dem Gelände der heutigen Orangerie.
[Bearbeiten] Römische Wasserleitung
Im Sommer 1779 wurde die am nördlichen Rand des Gartens gelegene künstliche Ruine nach Entwürfen von Nicolas de Pigage begonnen. Ein Torbau, auf dem noch ein Turmaufsatz erhalten scheint, erinnert an einen römischen Triumphbogen. In seiner mittleren Arkade rauscht ein Wasserfall. Von diesem Torbau greifen nach drei Seiten die Reste eines Aquäduktes aus, wobei der östliche Arm einen Freiplatz hinterfängt, auf dem sich ein Obelisk erhebt.
Pigage konnte wohl auf eigene Antikenstudien während seiner Italienreise 1767/68 zurückgreifen. Die Verbindung von Torbogen und Aquädukt begegnet an der römischen Porta Maggiore und am Aquädukt der Acqua Vergine. Das Turmfreigeschoß könnte durch mittelalterliche Wehraufbauten auf römischen Brücken angeregt sein. Die Vorbilder finden sich auch in Veduten von Piranesi. Die Bezeichnung als Römisches Wasserkastell erscheint erst 1828.
[Bearbeiten] Chinesische Brücke
Die chinesische Brücke im hinteren Bereich des Gartens verbindet den französischen mit dem englischen Garten. Sie hat den Spitznamen "Lügenbrücke", denn es heißt, wer auf deren unregelmäßigen Stufen ins Straucheln kommt, hat schon einmal geschwindelt.
[Bearbeiten] Berühmte Besucher des Schwetzinger Schlosses
[Bearbeiten] Voltaire
Voltaire kam im Jahr 1753 zum ersten Mal nach Schwetzingen und war vierzehn Tage lang Gast des mit ihm befreundeten Kurfürsten. Hier wurden seine Komödien mit Begeisterung gespielt. Im Sommer 1758 kam Voltaire erneut zu kurzem Aufenthalt nach Schwetzingen. Am 30. September 1762 fand hier unter der Regie seines ehemaligen Sekretärs Cosimo Alessandro Collini, der am Schwetzinger Hof eine Anstellung gefunden hatte, die Uraufführung seines Trauerspiels „Olympie" statt. Kurz vor seinem Tod schrieb Voltaire an Collini:
- „Ich will, bevor ich sterbe, noch einer Pflicht genügen und einen Trost genießen: ich will Schwetzingen wiedersehen, dieser Gedanke beherrscht meine ganze Seele."
[Bearbeiten] Mozart
Wolfgang Amadeus Mozart wirkte als siebenjähriger Wunderknabe, zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester, an einem Hofkonzert mit, das am 18. Juli 1763 stattfand. Leopold Mozart berichtet in einem Brief über dieses Konzert:
- „Das Orchester ist ohne Widerspruch das beste in Deutschland. Lauter junge Leute und durchaus von guter Lebensart, weder Säufer noch Spieler, noch liederliche Lumpen, so daß wohl ihre Konduite als ihre Kondition hoch zu schätzen sind. Meine Kinder haben ganz Schwetzingen in Bewegung gesetzt."
[Bearbeiten] Gluck
Der Komponist Christoph Willibald Ritter von Gluck war im Jahr 1774 Gast des Kurfürsten. Der Maler Mannlich berichtet in seinen Lebenserinnerungen, dass Gluck nach dem Mittagsmahl während einer Aufführung der Pastoraloper „Amor vincitore" von Johann Christian Bach im Schlosstheater hinter dem kurfürstlichen Paare einschlief.
[Bearbeiten] Schiller
Friedrich Schiller fand in Schwetzingen Anregungen zu den gegensätzlichen Aranjuez-Stimmungen des ersten Aktes von Don Karlos.
[Bearbeiten] Iffland
Der Schauspieler August Wilhelm Iffland schildert in einem Brief vom 26. November 1779 eine Jagd bei Schwetzingen, die 50.000 Gulden kostete und bei der für 9.000 Menschen Zuschauergerüste aufgebaut waren:
- „Der Platz selbst war eine völlige Ebene, auf welcher man Berge auf Leinwand aufgespannt hatte, in der Tat ein ganz neuer Anblick für mich, Berge, Schlösser, Brücken, Terrassen in der Größe, in welcher man sie natürlich sieht, in freier Luft gemalt zu sehen. Die Gemälde in einem halben Mond gemalt, die Gerüste in dem anderen machten einen geschlossenen Zirkel aus. Die Schweine, Füchse, Dachse und Hasen wurden oben aus einem Pförtgen aus den gemalten Bergen herausgelassen und wenn sie sich in den Wegen, die von Brettern gemacht waren, häuften, fielen oft fünfzig, sechzig herunter, dass die Erde krachte."
[Bearbeiten] Joseph II.
Kaiser Joseph II., der im Jahr 1781 unter dem Namen Graf von Falkenstein in Schwetzingen weilte und von Pigage durch den Schlossgarten geführt wurde, machte zu Pigage politische Anspielungen:
- „Wahrhaftig, mein Herr, ich werde des Bewunderns nicht müde; ich begreife nicht, wie der durchlauchtigste Fürst eines so angenehmen Aufenthaltes entsagen kann, wie überhaupt der Pfalz, die ganz ein Garten; ein irdisches Paradies ist."
Pigage entgegnete ihm:
- „Herr Graf, das kommt daher, weil Bayern gegenwärtig sein größter Kuchen ist und es natürlich erscheint, dass er diesem den Vorzug gibt."
Der Kaiser:
- „Gut, man isst die großen und die kleinen Kuchen, wo es einem gefällt. Was mich anbetrifft, so würde ich an Ihres Fürsten Stelle alle meine Kuchen in der Pfalz essen.“
Das Gespräch, in dem es darum ging, warum der Kurfürst die Herrschaft in Bayern antrat, anstatt einen vom Kaiser angeregten Gebietstausch mit den österreichischen Niederlande, dem heutigen Belgien, anzunehmen, ist durch ein Originalmanuskript Pigages überliefert.
[Bearbeiten] Baumbestand
[Bearbeiten] Siehe auch
- Schloss Benrath - 1755 bis 1773 von Pigage im Auftrag von Kurfürst Karl Theodor erbaut am Übergang vom Rokoko zum Klassizismus. Der Garten ist eine geometrisch achsensymmetrische Barockanlage nach französischem Vorbild, der Privatgarten des Kurfürsten wurde im 19. Jahrhundert landschaftlich umgestaltet. Im Nebengebäude des Schlosses befindet sich das Museum für Europäische Gartenkunst.
- Liste der Burgen und Schlösser in Deutschland
- Maulbeerbaumallee nach Heidelberg - im Zusammenhang mit der Seidenraupenzucht.
[Bearbeiten] Literatur
- Carl Ludwig Fuchs, Claus Reisinger: Schloss und Garten zu Schwetzingen. 2. Auflage. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms, 2001, ISBN 3884621645
- Oswald Zenker: Schwetzinger Schlossgarten. Ein Führer durch das Französische Gartenparterre und den Englischen Landschaftsgarten, mit Informationen über Schloss und Rokokotheater sowie Sehenswürdigkeiten der Umgebung. K. F. Schimper-Verlag, Schwetzingen 2002, ISBN 3877421709
- Wegweiser durch den Schwetzinger Garten. Mit zwölf Ansichten von Conrad Caspar Rordorf. Engelmann, Heidelberg 1830 (Digitalisat)
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Schloss Schwetzingen – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Mehr zum Schwetzinger Schloss
- Landeskunde online: Schloss Schwetzingen
- Kein Land „wo die Zitronen blühen“, Artikel zur Geschichte von Orangerien, darunter der in Schwetzingen
- Schloss Schwetzingen auf badischewanderungen.de
Koordinaten: 49° 23′ 02" N, 08° 34′ 11" O