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SEX (Buch) - Wikipedia

SEX (Buch)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

SEX-Buch mit Hülle und CD
SEX-Buch mit Hülle und CD

SEX ist der Titel eines Bildbandes über Madonna mit erotischen Fotografien von Steven Meisel. Für die Gestaltung war der renommierte Designer Glenn O'Brien zuständig. Die Texte wurden von Madonna selbst verfasst. Die Veröffentlichung am 21. Oktober 1992 sorgte weltweit für einen geplanten Skandal: Die erfolgreiche Sängerin Madonna hatte ein Buch veröffentlicht, das die Grenzen zur Pornographie berührte und massiv auf sadomoschistischen Konzepten beruhte: Als solche wurde das Buch in vielen Ländern verboten. Trotz oder wegen dieses Skandals wurde das Buch weltweit 1,5 Millionen mal verkauft und ist somit das erfolgreichste Coffee Table Book aller Zeiten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Das Buch

Das großformatige Buch hat einen spiralgebundenen Metalleinband aus gebürstetem Aluminium. In die Vorderseite ist der Titel "SEX" eingeprägt, in der Rückseite ist ein eingeklammertes "X" ausgestanzt. Beigelegt ist eine CD mit einer unveröffentlichten Version von Erotica, namens Erotic. Dem Buch beigeheftet ist eine 8-seitige Geschichte im Comic-Stil: „Dita in The Chelsea Girl“ .

Verpackt wurde das Buch in einer silbernen Folie, auf der ein stilisiertes, hellblaues Bild von Madonna abgebildet ist (das Album Cover von Erotica zeigt einen Ausschnitt davon). In Deutschland wurde das Buch vom Heyne-Verlag veröffentlicht. Jedes Exemplar des Buches enthält auf der Rückseite des Einbandes eine eingestanzte limitierte Nummer. Das Buch war bereits kurz nach der Veröffentlichung im September 1992 weltweit ausverkauft - trotz eines Verkaufspreises von damals 99 DM, also rund 50 Euro (in Deutschland). Heute werden die Bücher bei Online-Auktionshäusern wie beispielsweise ebay für Liebhaberpreise von durchschnittlich 150,- Euro verkauft.

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Nachdem Madonna ihr weltweit gefeiertes Album Like A Prayer (1989) und die Welthits Vogue und Justify My Love (1990) veröffentlicht hatte, war sie auf dem ersten Zenit ihrer Karriere angelangt.

Schon das Video von „Justify my Love“ zeigte in ästhetischer Form Madonnas Vision von Sex: In schwarzweißen Bildern tauscht sie Küsse und Berührungen mit Männern und Frauen aus, inszeniert in der Anonymität eines alten Hotels in Paris. Angedeutete Szenen um BDSM und „One-Night-Stands“ steigerten die bisherigen erotischen Szenen, die Madonna in den Videos zu Open Your Heart und Express Yourself eher angedeutet, als deutlich gezeigt hatte - und trotzdem für handfeste Skandale gesorgt hatten.

Erotica, das neue Album, sollte das Thema noch weiterführen. Und vor allem den Skandal des Vorgängers toppen: Justify My Love hatte Sendeverbot auf allen großen Musikkanälen erhalten bzw. durfte erst nach Mitternacht ausgestrahlt werden. Kurzerhand veröffentlichte Madonna, mit ihrer neu gegründeten Musikproduktion Maverick das Musikvideo - es wurde das meistverkaufte seiner Zeit, trotz einer Altersfreigabe „Nicht freigegeben unter 18 Jahre“.

Zwei Jahre später wurde, gemeinsam mit dem Fotografen Steven Meisel, das Konzept für ein neues Image für das neue Album Erotica entwickelt. Der Skandal um ihren Welthit, und vor allem das Video, zu Justify My Love waren die Vorlage für eine „neue“ Madonna, die nicht mehr nur erotisch, sondern „SEX pur“ verkörpern sollte.

Das Album Erotica war fertiggestellt, als Madonna mit dem Fotografen Steven Meisel Ideen und Konzepte für Albumcover, Pressefotos und das neue Video durchgingen. Für Madonna, den erfolgreichsten Star dieser Zeit, gab es nur eines: Sie musste alles übertreffen, was jemals dagewesen war. Das Thema „Erotica“ sollte kontrovers und überraschend umgesetzt werden.

Zudem war Madonna wegen der, gegen ihren Willen veröffentlichten, Aktbilder (1983/1984 in Playboy und Penthouse) verärgert. So entschied sie sich die Medien mit selbstinszenierten Nacktbildern zu versorgen - und die alten Aktbilder vergessen machen, die sie nicht hatte verhindern können.

[Bearbeiten] Inhalt

Der Bildband SEX war ein harter Kontrast zu den „geschmackvollen und künstlerischen“ Aufnahmen, die man von Weltstars (und Sternchen) bislang kannte, die sich für Hochglanzmagazine, wie den Playboy fotografieren ließen - und die sich (im Gegensatz zu Madonna) einen neuen Schub für ihre Karriere erhofften. Madonnas Karriere dagegen ließ sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht mehr steigern, weshalb dieser Coup besonders überraschte.

Madonna zeigte eine Seite des „schmutzigen“ Sex, der in der Öffentlichkeit bis dahin nur hinter zugezogenen Vorhängen, in BDSM-Clubs oder in dreckigen Hinterhöfen vermutet wurde. Das Buch beginnt mit Madonnas Worten „Dies ist ein Buch über Sex. Sex ist nicht Liebe. Liebe ist nicht Sex. Aber es ist wie im siebten Himmel, wenn eines zum anderen kommt.“

Die Gestaltung des Buches ist kunstvoll „billig“ gestaltet. In der Mehrzahl finden sich keine glatten oder schamvollen Nacktbilder, wie man sie von den bekannten Hochglanz-Herrenmagazinen kennt.

Ganz im Gegenteil: Wo sich andere Stars und Sternchen gerne die Arme vor den Busen halten, um nicht ganz nackt zu sein, sind Madonnas Lederbustiers gerade dort ausgeschnitten. Typische FemDom-Posen nutzend posiert sie hierbei lachend mit der Lederpeitsche, küsst ihren (damaligen) Liebhaber Tony Ward auf den nackten Hintern und lässt ihn ihre Schuhe ablecken.

Mit zwei Skinhead-Frauen simuliert sie in Leder Dominanzspiele mit Peitsche und Messer - doch zwischen den explizit gezeigten Sexszenen finden sich oftmals Aufnahmen einer befreit lachenden Madonna, die zeigt, dass „alles nur ein Spiel ist“. Dies lockert beispielsweise auch die Bilderserie auf, in denen sie scheinbar von zwei Skinheads vergewaltigt wird und ermöglicht es auch Vanillas den Bildband leichter zu konsumieren.

Andere Bilder zeigen sie mit der Schauspielerin Isabella Rossellini (die einen Smoking trägt) und mit Naomi Campbell, mit der sie lesbische und bisexuelle Szenen spielt. Der gezeigte Sex ist eine Spielart und wirkt wie in den Bereiche Fetisch und BDSM generell üblich inszeniert.

Viele Bilder stellen Madonna bewusst in ungewöhnlichen Situationen dar: So sieht man sie in Lackstiefeln an einer hohen Mauer hängen, Sie zündet sich nackt in der Hocke eine Zigarette an oder rangelt nackt mit einem Hund.

Auf anderen Bildern beobachtet sie Udo Kier, der sich mit mit nackten Männern amüsiert: Er spielt den reifen Playboy, der sie küsst, beobachtet und im wahrsten Sinn an die Leine nimmt. Madonna mimt in abendlicher Garderobe und glamourösem Styling die Statistin, die den homoerotischen Szenen beiwohnt.

Madonna zeigt verschiedene Versionen von Sex, Leidenschaft, Erotik. Nur wenige Bilder lassen leise Töne aufkommen: etwa, wenn sie liegend, gedankenverloren an ihrem Daumen lutscht oder von Isabella Rossellini in die Arme genommen wird. Doch die Mehrheit der Bilder bewirkt vor allem eins nur eines: Die Provokation durch die inszenierte Darstellung gesellschaftlich teiltabuisierten Sexualverhaltens.

Eins der bekanntesten Bilder zeigt Madonna nackt am Straßenrand einer Straße in Miami: Als Anhalterin steht sie direkt an der befahrenen Straße, und streckt ihre Hand aus. Sie trägt nichts als ihre High Heels und eine Handtasche. In der Danksagung am Schluss des Buches, dankt Madonna den Bürgern von Miami, dass sie sie nicht überfahren haben, als sie nackt durch deren Straßen lief...

Zu den Bildern schrieb Madonna besondere Texte, oft in Brief- oder Tagebuchform. Sie beschreibt, als ihr alter Ego „Dita“ ihr Gefühle und Sehnsüchte – und ihre Lust nach fantasievollem Sex. Die Briefe sind an fiktive Freunde, wie beispielsweise Johnny, dem sie von sexuellen Spielen, mit ihrer (fiktiven) Freundin Ingrid schildert. Unterschrieben ist wieder mit „Dita“, hinter der sich Madonna versteckt.

[Bearbeiten] Darsteller

Neben Madonna und einigen unbekannten Modells sind auch diverse bekannte Gesichter in dem Buch zu entdecken. So tauchen auf mehreren Bildern die Schauspieler Isabella Rossellini und Udo Kier auf. Außerdem dabei: Top-Model Naomi Campbell, Pornodarsteller Joey Stefano, Big Daddy Kane, Madonnas Ex-Liebhaber Tony Ward und Rapper Vanilla Ice.

[Bearbeiten] Der Comic

Dita in The Chelsea Girl (mit Madonnas alter Ego Dita und Chiclet, Stella, the Stranger, Bunny und Dex). Die eigenständige Geschichte im Trash-Stil eines billigen Schundheftes aus den sechziger Jahren, hat keine wirkliche Handlung, es ist mehr eine Aneinanderreihung erotischer - und witziger Szenen. Madonna und ihre Freunde - und vor allem ihre Liebhaber, verleben einen Tag voll Sex, Eifersucht und Streitereien in der heruntergekommenen Kulisse eines Hotels. Das ist nur der Vorwand für weitere freizügige Bilder, auf denen Madonna und die anderen Darsteller in Leder und Strapsen viel nackte Haut zeigen.

Madonna, die sich hier „Dita“ nennt, will mit diesem selbst kreierten Alter Ego, ihre Sexualität ausleben. Im Gegensatz zu den Bildern des Hauptbuches zu SEX, spielt sie hier noch offensichtlicher eine Rolle. Die Bilder in schwarzweiß gehalten wirken billig und vor allem übertrieben gestellt. Wenn sie sich mit Gespielinnen streitet oder Liebhabern näher kommt, verharren die Akteure in gestellten Positionen - und Sprech- oder Denkblasen im Comicstil lassen die Szenen nicht nur erotisch, sondern auch komisch wirken.

[Bearbeiten] Die CD

SEX - Buch von Madonna; CD Erotic
SEX - Buch von Madonna; CD Erotic

Die CD enthält eine frühere Version von Madonnas Hitsingle Erotica (Platz 13 in Deutschland, Platz 3 in den USA und GB), der Vorabauskopplung des Albums mit gleichem Namen. Diese Version, mit dem Namen „Erotic“ wirkt noch rauher und ungeschliffener, als die später mit Shep Pettibone fertigproduzierte und bekannte Version. Diese enthält Textteile, die in der fertig produzierten, und bekannten Version nicht enthalten sind.

Erotic bzw. Erotica basieren auf dem ursprünglich You Thrill Me betitelten Song, der in seiner A-capella-Version, in den letzten Jahren, über die Internet-Tauschbörsen Verbreitung fand.

[Bearbeiten] Interessantes

  • Während der Produktion des Buches wurden etliche Bilder gestohlen. Es wurde sogar das FBI eingeschaltet, um diese wiederzufinden. Im Buch dankt Madonna dann auch dem FBI.
  • SEX verkaufte sich alleine in den USA 150.000 mal - am ersten Tag.
  • Weltweit wurden 1,5 Millionen Bücher verkauft.
  • In Japan wurde das Buch verboten. Die kontroversen Bilder verletzten die Gesetze der staatlichen Zensur - Madonna weigerte sich, die beanstandeten Stellen schwärzen zu lassen.
  • Im November 2002 stand das Buch auf Platz 1 der Washington Post- und New York Times-Bestsellerlisten.
  • Staatliche Büchereien in den USA mussten ihre Bestellungen stornieren, da ein Boykott der Gemeinden angedroht wurde.
  • In Indien wurden Einfuhr und Verkauf, bei Androhung von Konfiszierung, verboten.
  • In Frankreich führte die katholische Gruppe The Future Of Culture zwei Prozesse gegen Madonna und den Herausgeber des Buches, da es „die Jugend verderbe“. Alle Exemplare des Buches sollten „zerstört“ werden.
  • Die Leser des britischen NME Magazine kürten SEX zum „Hype Of The Year“.
  • Kritiker bezeichnen das Buch gerne als einen Flop - es erwirtschaftete jedoch einen Netto-Gewinn von 20 Millionen US-Dollar.
  • In Internet-Tauschbörsen tauchte das Produktionsvideo von SEX auf: Die Fotosession von SEX wurde komplett gefilmt. Ein Zusammenschnitt dieser Szenen, die im Buch und im Video von Erotica zu sehen sind, sieht man hier in voller Länge, dazu viele Szenen, die bislang nicht zu sehen waren. Das Video ist/war niemals legal erhältlich und wurde in den letzten Jahren bei Internethändlern unter dem Titel The Making Of The SEX Book, verkauft.
  • Anlässlich der Promotion von ihrem Album Erotica und dem Buch SEX verbrachte Madonna im Oktober 1992 einige Tage in Hamburg. Der Höhepunkt war eine Party im Alsterpavillon, zu dem Madonna direkt über die Alster mit einem Boot chauffiert wurde.

[Bearbeiten] Nachwirkungen

Der Bildband SEX war gemeinsam mit dem dazugehörigen Album Erotica und dem kurz darauf gedrehten (und gefloppten) Erotik-Thriller Body of Evidence der Auslöser für Madonnas größten Karriereknick. Die mehrheitlich jugendlichen Fans von Madonna waren fasziniert, aber durch die Inhalte und verwendete Ästhetik überfordert. Mit Madonnas propagiertem „Sex-Overkill“ konnten sie sich kaum identifizieren. Infolgedessen blieben die Album- und Singlesverkäufe weit hinter den Erwartungen zurück. Erstmals war das Gesetz gebrochen, dass Madonna nur Megahits produzierte.

In Human Nature (1995) besang sie noch ein letztes Mal - in Latex - einen Rückblick auf die Jahre von SEX:

Did I say something true?
Oops, I didn’t know I couldn’t talk about sex
[I musta been crazy]
Did I have a point of view?
Oops, I didn’t know I couldn’t talk about you
And I’m not sorry [I’m not sorry]
It’s human nature [it’s human nature]
Habe ich etwas Wahres gesagt?
Oh, ich wusste nicht, dass ich nicht über Sex reden könnte.
[Ich muss verrückt gewesen sein]
Hatte ich einen Standpunkt?
Oh, ich wusste nicht, dass ich nicht über dich reden könnte.
Und es tut mir nicht Leid, [...tut mir nicht Leid,]
Weil es menschlich ist! [...es menschlich ist!]

Die Skandale nach SEX erzielten nicht mehr die erhoffte Wirkung: Jeder hatte Madonna nackt gesehen. Madonna hatte keinen Raum mehr für die eigene Fantasie übrig gelassen. Sie tat das einzige, was die Medien noch überraschen konnte: Madonna zog sich wieder an. Züchtig, fast prüde und zugeknöpft bis zum Kinn. Es stand wieder die Musik im Vordergrund: Das Balladenalbum Something To Remember und die zurückhaltend-intensive Darstellung in der Musicalverfilmung von Evita folgten.

SEX hatte Madonna in eine Krise gestürzt, die erst 1998, mit dem mit einem Grammy ausgezeichneten Album Ray of Light beendet wurde. Madonnas Sexphase hatte ihre Karriere am stärksten geprägt und sie zum Sexsymbol gemacht - doch sie hatte in dieser Zeit viel an musikalischer Reputation verloren, die sie sich noch 1989 durch das Album Like A Prayer erkämpft hatte.

Heute äußert sich Madonna zu dieser Phase ihres Lebens eher zurückhaltend. In einem Interview räumte sie ein, dass sie mit dem Buch „nur Aufmerksamkeit erregen wollte“, da sie als „größter Weltstar“ alles erreicht habe. In einem „Anfall von Größenwahn“ habe sie versucht, die Welt zu verändern und sich - und vor allem das prüde Amerika - sexuell zu befreien.

Madonna verhinderte 2002 eine Neuauflage von SEX als Taschenbuch, das zum 10. Jubiläum erscheinen sollte.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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