Skandal
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Ein Skandal (aus dem Französ.; v. griech. skandalon Fallstrick, Kieselstein) (verharmlosend: Affäre) ist das beabsichtigte oder irrtümliche Fehlverhalten angesehener Personen oder Institutionen, das öffentlich bekannt wird und in der Gegenwart meist mittels der Medien öffentlich gemacht wird und hohes Aufsehen erregt (siehe dazu auch "Investigativer Journalismus").
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[Bearbeiten] Grundsätzliches zum Skandal
Heutzutage lebt man in einer Zeit, die von Skandalen aus den verschiedensten Bereichen begleitet ist. Hier werden Fehlverhalten, teilweise irrtürmlich, in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angeprangert. Vorwiegend der Politikbereich (z.B. Freiflugaffären von Politikern) oder aber auch bestimmte Behörden (z.B. Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitslosenstatistik-Affäre) sind Ziel dieser Skandalisierungen. Verstärkt finden sich auch Skandale im Bereich von Wirtschaft und Politik. Beispielsweise im Zusammenhang mit illegaler Finanzierung, Steuerhinterziehung, Unterschlagung, Vorteilsnahme oder aber auch im Umweltbereich.
Personen des öffentlichen Lebens an sich sind meist im Fokus von Skandalen vertreten. Zum Beispiel die Skandale um die Scheidung vom englischen Thronfolger Prinz Charles und seiner damaligen Ehefrau Diana oder aber auch Fremdgeh-Affären von Politikern wie beispielsweise die vom ehemaligen amerikanischen Präsident Bill Clinton und seiner Praktikantin Monica Lewinsky. Auch nicht politische Personen des öffentlichen Lebens oder Monarchen stehen im Fokus von Skandalen. Personen, die aus den Medien oder beispielsweise dem Sport bekannt sind. Grundsätzlich kann man sagen, mit Skandalen werden Karrieren gemacht und ruiniert, Produkte vom Markt gefegt und Wahlen entschieden. Skandale sind eine treibende Kraft, die einen erheblichen Einfluss auf die Politik, die Wirtschaft, die Kultur und den Sport besitzt.
[Bearbeiten] Skandal - Der moderne Medienpranger
Zum Skandal werden Missstände nur, wenn sie durch und mit Hilfe von allen, oder zumindest den meisten Medien, angeprangert werden. Diese Art und Weise könnte man auch als "modernen Medienpranger" bezeichnen, der sich allerdings grundsätzlich vom mittelalterlichen Pranger unterscheidet. Der mittelalterliche Pranger war Strafe nach Abschluss eines für die damalige Zeit geregelten Verfahrens. Die Skandalisierung durch den "modernen Medienpranger" geht einem geregelten Verfahren voraus, und ersetzt es manchmal sogar. Und es lässt keine Revision zu, denn was öffentlich skandalisiert wurde, kann nicht mehr rückgängig gemacht werden bzw. in einer anderen Form wiederholt werden. Und wer einmal Bestandteil oder Ursache eines Skandals gewesen ist, bleibt für immer gezeichnet. Auch wenn derjenige später von allen Vorwürfen freigesprochen wird.
[Bearbeiten] Präventivwirkung
Skandale üben eine Präventivwirkung aus. Indem sie jene bestrafen, die geltende Regeln verletzt haben, schrecken sie eventuell mögliche Folgetäter ab. Skandale verursachen jedoch auch materielle und immaterielle Schäden, die oft ein erhebliches Ausmaß annehmen können. Materiell wenn es sich beispielsweise um hohe finanzielle Schäden handelt, oder aber immaterielle wenn es beispielsweise um enorme Imageverluste geht (z.B. verlorenes Vertrauen in eine Regierung, etc.).
[Bearbeiten] Einblicke in Gesellschaften
Interessant ist die Tatsache, dass man mit Hilfe von Skandalen Rückschlüsse auf die Norm- und Wertvorstellungen der anprangernden Gesellschaft ziehen kann. Bei einem Skandal handelt es sich immer um einen Zustand der allgemeinen Empörung. Wenn man also nun weiß, worüber sich eine Gesellschaft empört, kann man daran ablesen, wo und wie die überschritten Grenzen liegen.
Dies ist besonders interessant, da gesellschaftliche Normen und Werte nicht niedergeschrieben sind wie Gesetze, sondern sich immer wieder durch die Wert- und Normvorstellungen der einzelnen Individuen dynamisch zu den Wertvorstellungen einer Gesellschaft zusammensetzen. Dabei kann es innerhalb verschiedener Gesellschaften Unterschiede geben, und das auch auf zeitliche und räumliche Betrachtung bezogen. Es ist ein Wandel von Normen und Werten im Verlauf der Zeit zu erkennen, genauso wie innerhalb unterschiedlicher Gesellschaften zu ein und demselben Zeitpunkt. Was früher einen Skandal hervorgerufen hat, muss heutzutage nicht unbedingt wieder zwangsläufig zu einem Skandal führen. Und was in einem bestimmten Erdteil oder einer bestimmten Gesellschaft einen Skandal hervorruft, muss es nicht zwangsläufig auch in einer anderen Gesellschaft.
[Bearbeiten] Skandalöse Handlungsweisen
Verschiedene Handlungsweisen werden oftmals in der Privatsphäre hingenommen, die aber im Kern der Öffentlichkeit (z.B. in der Politik) sofort einen Skandal auslösen würden. So ist es beispielsweise möglich, dass im Privaten Korruption, Bestechung und persönliche Vorteilsnahme durchaus ausgeführt werden. Sie gelten zwar nicht als löbliche, dafür aber bei vielen Personen dieser Gemeinschaften als unerlässliche Handlungen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Würde das selbe Verhalten beispielsweise in der Politik (also Bereich des Öffentlichen) auftreten, würde sofort ein Skandal ausgelöst werden, wenn die Handlung aufgedeckt wird. Es ist also nicht nur wichtig welche Handlungen bzw. Verletzungen von Werten und Normen Skandale auslösen, sondern auch in welchem Personen- bzw. Gesellschaftskreis und in welchem Umfang diese Wert- und Normverletzungen stattgefunden haben.
Auch Lügen genießen beispielsweise hin und wieder im privaten Bereich eine gewisse Toleranz (beispielsweise wenn es sich um Notlügen) handelt. Im Bereich der Politik ist die Lüge aber generell als eines der schlimmsten Ärgernisse verrufen, und der Lügner kann sich in der Regel nicht mehr davon lossprechen.
[Bearbeiten] Erfolgreiche Skandalisierung
Nicht alle Missstände bedingen Skandale, und nicht jeder Skandal muss auf einer solchen Übertretung von Wert- und Normvorstellungen beruhen. Bestimmte Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Skandalisierung (mit Medienrummel und allem was dazugehört) überhaupt ermöglicht wird. Zum einen müssen der Skandalisierte (also der die "Übertretung" begangen hat), der Skandalisierer (der, der diese "Übertretung" aufdeckt bzw. publiziert oder anklagt) und das Medium eine gewisse Macht bzw. Stellung haben, um überhaupt die Masse der Gesellschaft zu erreichen.
Weiterhin muss der Skandalisierte interessant und wichtig genug sein, und die Skandalierer und die Medien genug Einfluss und Durchdringungsvermögen besitzen. Zum anderen müssen die sich ständig dynamisch ändernden Wert- und Normvorstellungen der Gesellschaft für die skandalisierte Übertretung empfindlich sein. Sprich der beklagte Missstand muss sich mit der Wert- und Normvorstellungen der Gesellschaft decken.
[Bearbeiten] Künstliche Skandale
Mit einer gewissen Medienmacht können auch künstlich Skandale erzeugt werden, obwohl vielleicht gar keine Übertretung von gesellschaftlichen Werten und Normen stattgefunden hat. Zum Beispiel zur Verunglimpfung unliebsamer Gegner in Politik, Sport, Kunst oder auch Kultur.
Grundsätzlich kann man also sagen, dass nicht alle großen Missstände (also Wert- und Normübertretungen innerhalb einer Gesellschaft) zu Skandalen werden, und nicht allen Skandalen entsprechende Missstände zugrunde liegen. Deshalb kann man weder von der Art und Häufigkeit der Skandale auf die Art und Häufigkeit der Missstände schließen, noch ist der Umkehrschluss möglich.
[Bearbeiten] Erfolglose Skandalisierung
Wenn offensichtlich ist, dass jemand der einen Zustand oder eine Tat anklagt, dies nur zu seinem eigenen Vorteil tut oder um denjenigen zu verunglimpfen, ist dessen Potential gering. Der vermeindliche Skandal wird vermutlich in der Regel verhallen, sofern die Skandalisierung nicht zu durchtrieben und geschickt angestellt wird.
Generell ist zu beobachten, das ein Skandalruf erfolglos verläuft, wenn es nicht gelingt die Aufmerksamkeit eines Publikums zu gewinnen (also die Wert- und Normvorstellungen der Gesellschaft nicht tangiert werden). Weiterhin muss derjenige, der eine Skandalisierung anstrebt, glaubwürdig sein. Ist er das nicht, wird er sich auch nicht gegenüber einem Publikum behaupten können.
Fehlt die Macht eines Skandalisierers, können sogar schon längst bekannte wirkliche Missstände untergehen, da das Skandalpublikum nicht erreicht werden kann. Zum Beispiel fremdfinanzierte Reisen von Personen des Öffentlichen Lebens (z.B. Politikern). Dieser Missstand ist oftmals innerhalb einer kleinen Gemeinschaft bekannt, fliegt aber nicht zwangsläufig auf.
[Bearbeiten] Berühmte Skandale
[Bearbeiten] Schweiz
- Fichenskandal, Anfang 1990er: Die Schweizer Regierung lässt ""Karteikarten"" von über 900.000 Schweizer Bürgern anfertigen.
- Borer-Affäre, 2002
[Bearbeiten] Deutschland (allgemein)
- Hauptstadtaffäre, 1949: Bonn wird Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland
- Nacktszene von Hildegard Knef in "Die Sünderin", 1950
- Starfighter-Affäre
- Fall Kilb, 1959
- Contergan-Skandal, 1961/62
- Fibag-Affäre, 1961
- Spiegel-Affäre, 1962
- Bundesliga-Skandal,1971
- Lauschaffäre Traube, 1977
- Hitler-Tagebücher, 1983
- Flüssigei-Skandal, 1985
- Glykolwein-Skandal, 1985
- Jeanny, 1986
- Barschel-Affäre, 1987
- Celler Loch, 1988
- Memminger Abtreibungsprozess, 1989
- Treuhand-Skandal, 1990
- 1993
- Tötung des RAF-Terroristen Wolfgang Grams in Bad Kleinen
- Schubladenaffäre um Björn Engholm
- Möllemann-Skandale, 1994, 2002 und weitere
- Plutoniumskandal, 1995
- CDU-Parteispendenaffäre, 1999 ff
- 2002
- der Bonner Schreiber-Skandal
- der Kölner Müllskandal
- der Nitrofen-Skandal
- 2003
- Aids in Blutkonserven, Frankreich u. a.
- der Hohmann-Skandal
- das Maut-Debakel
- die Kirch-Affäre
- 2004
- der Bundeswehr-Radaranlagen-Skandal
- 2005
- Peter Gloysteins Sektdusche für einen Obdachlosen
- der Grüne-Filz-Pressekandal
- der Fußball-Wettskandal
- Fleischskandale bei Real, in Bayern und Niedersachsen
- undatiert
- der Jäger-90-Skandal
- der Müllskandal der Deponie Schönberg
- der Milchskandal (Müllermilch)
- diverse Pflegeskandale (D-A-CH)
[Bearbeiten] Deutschland (Finanzen und Bestechung)
- die Flick-Affäre, 1982
- die Neue-Heimat-Affäre, 1982
- die Amigo-Affäre, 1993
- der Fall Jürgen Schneider, 1994
- die CDU-Spendenaffäre, 1999
- die FlowTex-Affäre, 2000
- der Berliner Bankenskandal, 2002
[Bearbeiten] Österreich
- Schiffstaufe in Fußach 1964
- Bauring-Skandal 1973
- Kreisky-Peter-Wiesenthal-Affäre 1975
- Lucona-Skandal 1977
- Noricum-Skandal 1985
- AKH-Skandal 1980
- Glykolwein-Skandal 1985
- Waldheim-Affäre 1986
- Spitzelskandal
- Rosenstingl-Affäre
- Hump-Dump-Affäre
- BAWAG-Affäre 2006
[Bearbeiten] Frankreich
- die Dreyfus-Affäre
[Bearbeiten] USA
- die Watergate-Affäre
- die Iran-Contra-Affäre
- die Clinton-Lewinsky-Starr-Affäre
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Martin Kohlrausch: "Der Monarch im Skandal : Die Logik der Massenmedien und die Transformation der wilhelminischen Monarchie". Akademie Verl., Berlin 2005. 500 S. Schriftenreihe: Elitenwandel in der Modernen 7 ISBN 3-05-004020-3
- Karl Otto Hondrich: "Enthüllung und Entrüstung : eine Phänomenologie des politischen Skandals". Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002. 166 S. ISBN 3-518-12270-3
- Florian Deising: "Der Nitrofen-Skandal : zur Notwendigkeit genossenschaftlicher Kommunikationsstrategien". IfG, Münster 2003. 58 Bl.
- Martin Sabrow: "Skandal und Diktatur : Formen öffentlicher Empörung im NS-Staat und in der DDR". Wallstein, Göttingen 2004. 269 S. ISBN 3-89244-791-8
- Jürgen Habermas: "Strukturwandel der Öffentlichkeit", Neuwied 1962
- H.M. Kepplinger: "Die Kunst der Skandalierung und die Illusion der Wahrheit", Olzog-Verlag
- Barbara Stollberg-Rilinger: "Europa im Jahrhundert der Aufklärung", Stuttgart 2000
- Interview mit Kurt Imhof: "Über Skandale, Skandalierte und Skandalmedien", Basler Zeitung
- Harro Zimmermann: "Skandal als Instrument der Aufklärung", Süddeutsche Zeitung
- Reinhard Koselleck: "Kritik und Krise", Freiburg 1959
- Neumann-Braun und Müller-Doohm: "Medien- und Kommunikationssoziologie", Juventa Verlag
- Andreas Gestrich: "Absolutismus und Öffentlichkeit", Göttingen 1994
- F. Hanselmann: "Öffentliche Kommunikation im Dienste der Manipulation", Verlagsgenossenschaft Vorwärts
- Steffen Burkhardt: "Medienskandale. Zur moralischen Sprengkraft öffentlicher Diskurse", Köln 2006