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Tarifa - Wikipedia

Tarifa

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Puerta de Jerez
Staat: Spanien
Region: Andalusien
Provinz: Cádiz
Fläche: 419 km²
Einwohner: 16.743 (1. Januar 2004)
Postleitzahl: 11380
Geografische Lage:

Koordinaten: 36° 0' 52" N, 5° 36' 22" W36° 0' 52" N, 5° 36' 22" W

Plazuela del Viento

Tarifa, in der andalusischen Provinz Cádiz (Spanien), ist die am weitesten südlich gelegene Stadt auf dem Festland des europäischen Kontinents. Sie markiert das östliche Ende der Costa de la Luz. Durch die strategisch bedeutende Lage an der engsten Stelle der Straße von Gibraltar war Tarifa immer wieder der Schauplatz geschichtlicher Ereignisse. Heute ist die Stadt, neben Hookipa auf Hawaii und Fuerteventura (kanarische Inseln) eine der "Welthauptstädte" für Wind- und Kite-Surfer.

[Bearbeiten] Geographie und Wirtschaft

Der südlichste Punkt Europas, am Horizont die marokkanische Küste
Der südlichste Punkt Europas, am Horizont die marokkanische Küste

Am westlichen Rand der Stadt befindet sich die "Punta de Tarifa" (Punta, span.: "Spitze" oder "Horn"), der südlichste Punkt des europäischen Festlandes. Die Entfernung nach Marokko, und damit dem afrikanischen Kontinent, beträgt hier nur 14 km. Nirgendwo sonst liegen Europa und Afrika näher zueinander. Mehrere Fähren verkehren täglich zwischen Tarifa und Tanger.

In der Region von Tarifa wehen, mit Ausnahme weniger Tage vor allem im August, während des ganzen Jahres starke Winde. Entweder der von Osten, meist von der Sahara kommende warme Levante (Windstärke 7-9, meist stärker), der oft auch große Mengen Sand mitbringt, oder der kühle, meist schwächere (Windstärke 6), vom Atlantik kommende Poniente. Diesen Winden verdanken die Stadt und das Umland bis zum etwa 50 km westlich liegenden Kap Trafalgar ihre Popularität zuerst bei Wind- und später auch bei Kite-Surfern aus aller Welt und damit ihre Stellung als internationale Tourismus-Destination. Von Einheimischen werden die Surfer auch locos por el viento genannt, "die nach dem Wind Verrückten". Seit den 1970er Jahren löste der Tourismus die traditionell bedeutende Fischerei als vorherrschender Wirtschaftszweig ab.

Windenergieanlage bei Tarifa
Windenergieanlage bei Tarifa

Die Windenergie wird auch mit zahlreichen Windenergieanlagen genutzt, die, teils als EU-geförderter Großversuch, auf den Hügeln im Hinterland errichtet wurden.

Die fast permanent und oft sehr stark wehenden Winde sind für die Menschen, Einheimische wie Touristen, allerdings auch problematisch. Tarifa weist eine signifikant höhere Selbstmordrate auf als vergleichbare Städte in Spanien, was auch auf die Belastung durch den ständigen Wind zurückgeführt wird. Eine andere, harmlosere aber unangenehme Folge sind Schwindelgefühle.

Die Nähe des europäischen und afrikanischen Festlandes machen die Region von Tarifa auch zu einem der zentralen Fixpunkte auf den Routen von mehr als 200 Arten von Zugvögeln (siehe auch Vogelzug). Im Meer führt das Zusammentreffen der Wassermassen von Atlantik und Mittelmeer zu einem einzigartigen Ökosystem. Zu den spektakulärsten Bewohnern zählen eine Reihe von Delphin- und Walarten (Gemeiner Delfin, Blau-Weißer Delfin, Großer Tümmler, Grindwal, Orca, Pottwal, Finnwal).

[Bearbeiten] Geschichte und Kultur

Das älteste Zeugnis menschlicher Siedlungstätigkeit in der Region ist ein etwa 60.000 Jahre alter Schädel eines Neandertalers, der in einer Höhle im rund 15 km von Tarifa entfernten Felsen von Gibraltar gefunden wurde.

Archäologische Funde lassen vermuten, dass Tarifa, wie auch Cádiz, die älteste Stadt Europas, bereits zu Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. von den Phöniziern gegründet wurde. Gesichert ist eine Besiedlung durch die Römer ab dem 1. Jahrhundert v. Chr.. Der damalige Name war Tingentera. 15 km westlich von Tarifa, nahe dem Dorf Bolonia, befindet sich mit Baelo Claudia eine der besterhaltenen römischen Siedlungen Spaniens.

Im Jahr 710 führte der Berber Tarif ibn Malik (auch Tarik ibn Malik) ein Expeditionsheer von 500 Mann gegen den Ort. Die meisten Historiker stimmen darin überein, dass der heutige Name der Stadt von diesem Heerführer hergeleitet wurde. Ein andere Ansatz führt den Namen auf das arabische Wort "Taraf" zurück, das "ein Ende" bedeutet. Die Straße von Gibraltar galt schon seit der Antike als das Ende der Welt, was sich erst mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus mehr als 700 Jahre nach der Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren ändern sollte.

Tarif ibn Maliks Angriff war das erste militärische Vordringen der Berber auf das europäische Festland. Ein Jahr später folgte der Beginn der Eroberung von "Al-Andalus" durch die Berber, wiederum ausgehend von der Region um Tarifa, Algeciras und Gibraltar.

Denkmal von König Sancho IV. und das Castillo de Guzmán
Denkmal von König Sancho IV. und das Castillo de Guzmán

Die Burg zwischen Hafen und Stadt wurde von den muslimischen Herrschern im 10. Jahrhundert (um 960) unter dem Kalifen von Córdoba, Abd ar-Rahman III., errichtet. Sie diente vor allem dem Schutz gegen Überfälle der Fatimiden aus dem Gebiet des heutigen Marokko und der Wikinger, sowie der Kontrolle der heute als Straße von Gibraltar bekannten Meerenge, die zu jener Zeit von Piraten heimgesucht wurde. Die "Schutzgelder", die hier eingehoben wurden, führten auch zum heute noch gebräuchlichen Begriff Tarif (span.: tarifa). Die Altstadt von Tarifa, mit ihren engen verwinkelten Gassen und weiß gestrichenen Häusern, geht auf die Zeit des maurischen Spanien, Al-Andalus, zurück.

Ein Heer der katholischen Spanier unter König Sancho IV. von Kastilien und León (herrschte 1284-1295) eroberte Tarifa im Zuge der Reconquista im Jahr 1292. Allerdings blieb die Stadt noch bis zur Eroberung der nahegelegenen Stadt Algeciras (1344) umkämpft. 1292 wurde die Stadt von den Meriniden aus Nordafrika belagert. Sie entführten den Sohn des Kommandanten der Festung und drohten ihn zu töten, wenn sein Vater ihnen nicht die Burg überließ. Doch dieser, bekannt geworden als Guzmán El Bueno, weigerte sich und, glaubt man der Legende, warf sogar seinen Dolch zu den Belagerern hinunter damit sie seinen Sohn damit töten konnten: Lieber wollte er ein Mann ohne Sohn, als einer ohne Ehre sein. Nach ihm benannten die Spanier die in jener Zeit weiter ausgebaute Burg Castillo de Guzmán. Wie auch andere Feldherren, die sich während der Reconquista hervorgetan hatten, wurde er mit Ländereien belohnt. Seine Nachfahren, die Herzöge von Medina-Sidonia, zählten noch bis ins 20. Jahrhundert zu den größten unter den Großgrundbesitzern Andalusiens und besaßen weite Teile der Provinz Cádiz.

Aus Zeit kurz nach der Eroberung durch die Spanier stammt auch die Puerta de Jerez, das an Stelle eines Teils der früheren Stadtmauer im Mudejar-Stil (d.h. von Muslimen, die nach der Reconquista weiterhin im fortan katholischen Spanien lebten) errichtete Tor zur Altstadt. Im 15. Jahrhundert wurde die, später im Stil des Barock erweiterte, Kirche Iglesia de San Mateo im Stadtzentrum errichtet.

Altstadt
Altstadt

Im 16. und 17. Jahrhundert war Tarifa nicht nur einer der Häfen im Schiffsverkehr zwischen Spanien und dessen amerikanischen Kolonien, viele Einwohner der Stadt waren auch aktiv als Seefahrer, Soldaten und Siedler an der Kolonisation beteiligt. Mit dem Ende des spanischen Kolonialreiches büßte Tarifa, das zuvor bereits eine große Zahl seiner Einwohner verloren hatte, seine Bedeutung als Handelshafen ein. In der Folge wurde die Fischerei, schon seit der Zeit der Römer ein bedeutender Wirtschaftszweig, die wichtigste und fast ausschließliche Einnahmequelle der Bewohner der Stadt. Seit den frühen 1980er Jahren gewann der Tourismus zunehmend an Bedeutung und ist heute der primäre Wirtschaftssektor.

Seit dem Beitritt Spaniens zur Europäischen Union wurde die Region um Tarifa wegen der Nähe zur marokkanischen Küste verstärkt zum Ziel von Afrikanern, vor allem aus dem Maghreb, die versuchen illegal nach Europa zu gelangen. Die starke Strömung, die Winde und der oft heftige Wellengang machen die Überfahrt auf den meist überladenen und untauglichen Booten allerdings zu einem gefährlichen und nicht selten auch tödlichen Unterfangen. Jedes Jahr werden mehrere hundert Ertrunkene an den spanischen Stränden gefunden. In den Jahren von 1997 bis 2001 wurden gemäß einer Zählung der marokkanischen "Vereinigung der Freunde und Familien von Opfern der illegalen Einwanderung" ("l'Association des amis et familles des victimes de l'immigration clandestine", AFVIC) an den marokkanischen und spanischen Küstenstreifen der Straße von Gibraltar insgesamt 3.286 Tote gefunden. Wieviele aufs Meer abgetrieben und nie gefunden werden ist unbekannt. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl etwa dreimal so hoch wie jene der an die Strände Geschwemmten ist - also fast 2000 Tote pro Jahr.

[Bearbeiten] Weblinks

Plakate in der Altstadt
Plakate in der Altstadt
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Commons
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