The Velvet Underground
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The Velvet Underground | |
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Gründung: | 1965 |
Auflösung: | 1971 |
Reunion: | 1993 - 94 |
Genre: | Rock / Alternative |
Label: | Verve Records Atlantic Records |
Bandmitglieder | |
Gitarre, Gesang: | Lou Reed |
Bass, Viola, Keyboard, Gesang: | John Cale |
Gitarre, Gesang, Bass: | Sterling Morrison |
Schlagzeug: | Maureen „Moe” Tucker (vorher Angus MacLise) |
Ersatzmusiker (nach John Cales Ausscheiden) | Doug Yule |
The Velvet Underground (VU) war eine experimentelle Rockband aus den 1960er-Jahren.
In ihrer Anfangsformation bestand sie aus Lou Reed (Gitarre, Gesang), John Cale (Bass, Viola, Keyboard und Gesang), Angus MacLise / Maureen Tucker (Schlagzeug), Sterling Morrison (Gitarre) und interim Nico (Gesang) auf dem Debütalbum. Der Bandname bezieht sich auf ein Buch von Michael Leigh über Sadomasochismus, das ein Freund von Reed und Morrison zufällig im Müll gefunden hatte.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Bandgeschichte
Als Kopf der Band und Mastermind wird in der Regel Lou Reed gesehen, der bereits während des Studiums für die Plattenfirma Pickwick Records Songs geschrieben hatte. Reed tingelte zunächst mit zweitklassigen Garagenbands durch New Yorker Clubs. Zusammen mit dem britischen Musiker John Cale, der über eine klassische Kompositionsausbildung verfügte und bereits mit den Komponisten John Cage und La Monte Young gearbeitet hatte, gründete Reed im Jahre 1965 die Gruppe The Primitives. Verstärkt wurde die Band bald durch Reeds ehemaligen Studienkollegen Sterling Morrison und zunächst durch den Schlagzeuger Angus McLise. Die Gruppe tingelte anfangs durch schäbige New Yorker Klubs und Kneipen. Die eigentlichen Velvet Underground entstanden allerdings erst, nachdem Angus McLise nach Differenzen mit Reed und Cale, durch die Drummerin Maureen Tucker ersetzt wurde. Tucker kam durch Sterling Morrison, mit dem sie befreundet war, in die Band und beeindruckte durch ihr ungewöhnliches Schlagzeugspiel: Sie spielte im Stehen, benutzte für die Bassdrum keine Fußmaschine und hatte eine eigene Anordnung der Schlaginstrumente, überdies legte sie gern ein Tambourin auf ihre Snaredrum. Als zusätzliche Innovation war Tucker eine der ersten Schlagzeugerinnen der Rockgeschichte.
Ihr erstes Konzert unter dem Namen The Velvet Underground gab die Band am 11. Dezember 1965. Der eigentliche Aufstieg begann, als bei einem Auftritt im Cafe Bizarre im Greenwich Village der Pop-Art-Künstler Andy Warhol auf die skurrile Gruppe aufmerksam wurde. Die Velvets hatten es sich nämlich zur Angewohnheit gemacht, stoisch mit dem Rücken zum Publikum zu spielen. „Wir ignorierten quasi unser eigenes Publikum und konzentrierten uns nur auf unseren Sound” sagte John Cale in einem späteren Interview. Da Warhol stets von Kuriosität fasziniert war und die Velvets mit all ihrer in Kakophonie verwobener Lyrik wie eine wundervoll finstere Nemesis auftraten, engagierte er die Gruppe für sein neues Multimediaprojekt „Exploding Plastic Inevitable”.
Die Band gehörte ab diesem Zeitpunkt kurzfristig der „Factory“ Andy Warhols an, der als Manager die Karriere der Gruppe entscheidend förderte, ihnen die Factory als Übungsraum zur Verfügung stellte und sie als Zugpferd in seine provokativen Performanceshows integrierte. Er entwarf auch das berühmte Cover für das Debütalbum „The Velvet Underground & Nico” (1967) mit der (in der ersten Auflage als Siebdruck abziehbaren) Banane und konzipierte eine umfangreiche Promotion für „sein” neues Produkt. Als Gegenleistung verlangte Warhol, das attraktive blonde Kölner Fotomodell Nico (bürgerlich Christa Päffgen) in die Band aufzunehmen. Nico musste nach dem ersten Album die Band wieder verlassen, da sie nach Ansicht von Reed und Cale zwar eine starke erotische Ausstrahlung besaß, jedoch beim Singen große Intonationsprobleme hatte. Nebenbei hatte sie eine Liaison mit Reed und überdies war es zu Konflikten mit Maureen Tucker gekommen. Später sagte Tucker in der ZDF-Dokumentation Nico Icon über Christa Päffgen: „To me she was just a great pain in the ass.“ (deutsch: „Sie war wie ein Schmerz/Stachel in meinem Arsch bzw. sie hat mich einfach nur angekotzt“) John Cale produzierte nach seinem Ausstieg aus der Band im Jahre 1968 noch einige Songs und Schallplattenaufnahmen von Nico („The Marble Index“ u.a.) neben eigenen Soloprojekten.
[Bearbeiten] Studioproduktionen
[Bearbeiten] The Velvet Underground and Nico
- Hauptartikel: The Velvet Underground and Nico
[Bearbeiten] White Light/ White Heat
Das zweite Album White Light/ White Heat, das nicht mehr unter dem Einfluss von Andy Warhol stand (neuer Produzent war Tom Wilson), ist in mancherlei Hinsicht wesentlich radikaler als sein Vorgänger. Es fällt besonders durch den exzessiven Gebrauch von Verzerrern und Feedbacks auf - so z.B. in „I Heard Her Call My Name“ oder dem 17-minütigen „Sister Ray“ (u.a. in den 70ern gecovert von der englischen Gruppe Joy Division auf dem Album Still).
Velvet Underground begannen nun als eine der ersten Rockgruppen bewusst den „Krach“ - also den nach tradierten ästhetischen Vorstellungen „unschönen“ Klang bzw. die Kakophonie - zu einem besonderen Merkmal ihrer Ästhetik zu erheben. Vehemente Gitarren-Rückkopplungen und ein treibendes Schlagzeug bestimmen den Sound des Albums. Überdies experimentierten VU auf diesem Album verstärkt mit der Stereotechnik, indem sie verschiedene akustische Elemente vom linken zum rechten Kanal wechseln ließen. Bei „The Gift” setzten sie einen achtminütigen monotonen Sprechgesang ein. Ein Zitat des 80er Jahre Lifestyle-Magazins Tempo hierzu: „White Light / White Heat: Ein Album, das sogar Plutonium zum Schmelzen bringen kann ..." Velvet Underground gingen damit weit über vergleichbare Experimente von Jimi Hendrix (z.B. „Star Bangled Banner“), den Beatles (etwa mit „Tomorrow Never Knows“ auf dem Album Revolver), den Rolling Stones (auf dem Album „Their Satanic Majesties Request”) und der Psychedelic-Gruppe The United States Of America hinaus. Diese Entwicklung führte allerdings dazu, dass „White Light/ White Heat“ jene lyrischen Momente, über die das erste Album mit Liedern und Balladen wie „Sunday Morning“ oder „I'll Be Your Mirror“ verfügte, vollkommen vermissen ließ. Als ein eher experimentell konzipiertes Album sollte White Light / White Heat kein kommerzieller Erfolg beschieden sein.
[Bearbeiten] The Velvet Underground
In völligem Gegensatz dazu zeigt sich das dritte Album der Gruppe, das schlicht mit „The Velvet Underground“ betitelt war. Nachdem Lou Reed seinen Rivalen John Cale aus der Band gedrängt hatte, war Reed nun der einzige kreative Kopf der Band. Damit ging der experimentelle Charakter der Band weitgehend verloren. Reed legte nun ein besonderes Augenmerk auf die Texte. Allerdings bekam er mit dem Nachwuchstalent Doug Yule erneut Konkurrenz in der Band: Als „Mann für alle Fälle“ bediente Yule den Bass, war zweiter Lead-Gitarrist und sang die Background-Vocals. Dennoch gilt „The Velvet Underground“ noch als ein echtes V.U.-Album. Die Songs bestechen durch eine besondere melancholische Schönheit.
[Bearbeiten] VU / Another View
Bereits nach der Veröffentlichung von „White Light, White Heat“, vor allem aber nach Veröffentlichung des dritten Albums „Velvet Underground“ nahm die Band weiteres Material auf, das aber von der Plattenfirma MGM nicht veröffentlicht wurde, da ein kommerzieller Erfolg für Velvet Underground zunächst ausgeblieben war. Das Material wurde erst 1984 und 1985 auf den beiden Alben „VU“ und „Another View“ veröffentlicht. Inzwischen waren „Velvet Underground“ im Zuge des New Wave zu einer Kultband avanciert, die von Künstlern wie David Bowie, den Sex Pistols, Siouxsie and The Banshees oder Bauhaus als wichtiges Vorbild benannt wurde.
[Bearbeiten] Loaded
Nachdem es zur Veröffentlichung eines vierten Albums bei MGM nicht gekommen war, wechselten die Velvets zu Atlantic Records. Resultat war das Album „Loaded“ aus dem Jahre 1970, das der bemerkendste kommerzielle Erfolg der Gruppe wurde: Der Titel weist auf den Druck der Plattenfirma, ein mit Erfolgen geladenes Album (loaded with hits) herauszugeben. Aber trotz vieler starker, gefälliger Songs („Rock And Roll“, „Sweet Jane“, „Who Loves The Sun“) besitzt „Loaded“ schon nicht mehr den charakteristischen Velvet-Underground-Sound. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Maureen Tucker schwanger geworden war und bei den Aufnahmen durch Billy Yule, den Bruder Doug Yules, ersetzt wurde, und dass Lou Reed vor Herausgabe der Platte die Band verliess und somit fast die Hälfte der Songs ohne ihn fertiggestellt werden musste.
[Bearbeiten] Squeeze
Nachdem mit Lou Reed nun auch das letzte ursprüngliche kreative Mitglied die Band verlassen hatte (er gab sein letztes Konzert mit der Band am 23. August 1970), verlor die Band ihre Identität und Qualität. Ungeachtet der Auflösung versuchte Manager Steve Sesnick, den kommerziellen Erfolg des Namens "Velvet Underground" bis zum Ende auszunutzen. 1973 löste sich die Band endgültig auf, da die nachrückenden Musiker die Ausstrahlung der Originalbesetzung nicht mehr auf die Bühne bringen konnten. Das letzte Album Squeeze, auf dem Yule komplett selbst die Instrumente spielte, gilt heute als besonders schwaches Album, dessen Bezeichnung mit „Velvet Underground“ ein Etikettenschwindel ist.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von „Squeeze“ verfolgten Nico, John Cale und Lou Reed längst erfolgreiche Solo-Karrieren, die im Falle Cales und Reeds bis heute andauern.
[Bearbeiten] Liveproduktionen
[Bearbeiten] 1969 Velvet Underground Live With Lou Reed (Volume 1)
Eine Kompilation verschiedener Liveauftritte Velvet Undergrounds in Texas und San Francisco aus dem Jahr 1969. Das Album besteht aus zwei Schallplatten und skizziert letztmalig das gesamte kreative Live-Spektrum der Gruppe vor ihrer Auflösung; so finden sich überlange Versionen von Heroin, Ocean und Rock and Roll auf der Produktion. Bemerkenswert ist die fast neun Minuten andauernde, enervierend treibende Version von What Goes On die von einem „metronomartigen” Gitarren- und Schlagzeugspiel unterstützt wird.
[Bearbeiten] The Velvet Underground Live At Max's Kansas City
Live At Max's Kansas City wird oft als eines der ersten Bootlegs der Musikgeschichte bezeichnet. Die inoffizielle/offizielle Aufnahme von VU entstand circa 1970 bei einem Konzert in dem legendären Nachtklub und Restaurant Max's Kansas City in New York. Die Aufnahmen wurden von der Factory-Mitarbeiterin Brigid Berlin alias Brigid Polk mit einem Kassettenrekorder gemacht. Die Aufnahme ist eher als Zeitdokument zu betrachten, da sehr viel Stimmengewirr und Kommentare des Publikums mitaufgezeichnet worden sind.
[Bearbeiten] Live MCMXCIII
1993 gab es eine kurze Wiedervereinigung der Band mit einer Tour in der ursprünglichen Besetzung - ohne Nico, die bereits 1988 verstorben war. Zu neuen Studioaufnahmen kam es aber nicht. Sterling Morrison starb 1995 an Krebs. (Doppel CD-Set).
[Bearbeiten] Bedeutung
Heute gilt die Band „Velvet Underground“ als ein bedeutender Wegbereiter von Punk, New Wave und Alternative. Aber auch der Sound zahlreicher moderner Gruppen, von Garbage bis zu den Strokes, wäre ohne den Einfluss der Gruppe nicht denkbar.
[Bearbeiten] Diskografie
[Bearbeiten] Reguläre Veröffentlichungen
- The Velvet Underground and Nico (März 1967) - auch bekannt als Bananen-Album
- White Light/White Heat (30. Januar 1968)
- The Velvet Underground (März 1969)
- Loaded (September 1970)
- Squeeze (Februar 1973) - ohne die ursprünglichen Mitglieder
- Live MCMXCIII (26. November 1993)
- Lou Reed NYC MAN (2003) - enthält ein Paar Velvet Stücke von Lou Reed neu bearbeitet
[Bearbeiten] Spätere Veröffentlichungen von Archivmaterial
- Live at Max's Kansas City (1972)
- Live 1969 (1974)
- VU (1984)
- Another View (1985)
- Peel slowly & see (1995)
- Loaded (Fully Loaded Edition) (1997)
- Live at Max's Kansas City Deluxe Edition (2005)
...sowie unzählige Bootlegs, deren Tonqualität teilweise nur unterstes Mittelmaß erreichen
[Bearbeiten] Literatur und Medien
- «Up-tight. The Story of The Velvet Underground» von Victor Bockris und Gerard Malanga, (1983); Reprint 2003 bei Cooper Square Press ISBN 0815412851 (englisch)
- Bockris, Victor/ Cale, John - What´s Welsh For Zen. London, 1999.
- Nico Icon (Dokumentation des ZDF zum Leben und Werk von Christa Päffgen alias Nico)