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Auslandseinsätze der Bundeswehr - Wikipedia

Auslandseinsätze der Bundeswehr

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Überblick der Auslandseinsätze der Bundeswehr
Überblick der Auslandseinsätze der Bundeswehr

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind im weiteren Sinne alle Einsätze der Bundeswehr außerhalb Deutschlands. In einem engeren Sinne sind damit vom Bundestag mandatierte Einsätze gemäß den Kriterien zu verstehen, die das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil am 12. Juli 1994 festgelegt hat.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Debatte und erste Einsätze

Seit 1990 wird die Bundeswehr zu friedenserhaltenden und -sichernden Maßnahmen (peacebuilding und peacekeeping) außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt. Bereits unmittelbar nach der Deutschen Wiedervereinigung 1990 begann eine heftige Debatte über den Einsatz der Bundeswehr außerhalb des NATO-Vertragsgebiets (out-of-area-Debatte).

Die ersten derartigen Einsätze waren 1991 eine Minenräumaktion der Deutschen Marine nach dem Zweiten Golfkrieg im Persischen Golf und 1993 die Entsendung eines Feldlazaretts nach Phnom Penh im Rahmen einer UN-Mission. Es folgten Einsätze in der Adria (Operation Sharp Guard 1992–1996), in Somalia und auf dem Balkan im Rahmen der Einsätze IFOR und SFOR.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einsätze nach Maßgabe des Art. 24 Abs. 2 GG hat das Urteil des Bundesverfassungsgericht von 1994 geklärt. Darüber hinaus enthält dieses Urteil die Grundlegung für den Parlamentsvorbehalt für den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Im Schrifttum ist umstritten, ob dieser Vorbehalt durch das Urteil nur explizit klargestellt oder in extensiver Auslegung der Verfassung erst durch das Gericht eingeführt wurde.

[Bearbeiten] Kosovo-Krieg und KFOR-Einsatz

1999 hat die Bundeswehr mit der Luftwaffe im Rahmen der Operation Allied Force mit etwa 500 Einsätzen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik an einem verfassungsmäßig und völkerrechtlich umstrittenen Krieg – dem Kosovo-Krieg – teilgenommen. Die völkerrechtliche Grundlage für den Einsatz war in der Fachdiskussion stark umstritten. Überwiegend wurde die Intervention von den verantwortenden Politikern als „humanitäre Intervention“ bezeichnet und in der Hinsicht als gerechtfertigt angesehen. Die Legitimation der Beteiligung stützte sich besonders auf geheimdienstliche Informationen, die bei Kriegseintritt als fragwürdig galten. Die Teilnahme deutscher Streitkräfte an der Operation konnte bei Annahme des Rechtfertigungskonstruktes als verfassungsrechtlich zulässig angesehen werden, denn es lag kein Angriffskrieg im Sinne des Art. 26 GG vor und die Teilnahme erfolgte im Rahmen eines Systems gegenseitiger und kollektiver Sicherheit, wie es Art. 24 Abs. 2 GG verlangt.

Wird die Begründung der „humanitären Intervention“ nicht geteilt, stellte die NATO-Intervention völkerrechtlich einen Angriffskrieg dar, wodurch die Beteiligung der Bundesrepublik verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Diesem Einsatz schloss sich eine Beteiligung an der KFOR-Mission zum Schutz der Bevölkerung und der im Land tätigen Hilfsorganisationen an. Der Einsatz der internationalen Sicherheitspräsenz KFOR fußte von Anfang an auf der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates.

[Bearbeiten] Nach dem 11. September 2001

Seit 2001 ist die Bundeswehr unter der Führung des Einsatzführungskommandos auch im Rahmen der Antiterrorkoalition eingesetzt. Ein Marinekontingent überwacht, abgestützt auf Dschibuti, das Seegebiet am Horn von Afrika; außerdem ist die Deutsche Marine an entsprechenden NATO-Operationen im Mittelmeer beteiligt. Ein Heereskontingent ist in Afghanistan im Rahmen der ISAF aktiv und schützt seit November 2003 im Rahmen der Bildung eines regionalen Aufbauteams den Handel der Stadt Kunduz und Demilitarisierungsprogramme wie Disarmament, Demobilization and Restauration (DDR). Auch die übrigen Teile der Bundeswehr sind an diesen Operationen unterstützend beteiligt. Im Irak sind derzeit keine Soldaten der Bundeswehr eingesetzt, bilden jedoch in Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten Polizei- und Milizkräfte der neuen irakischen Sicherheitskräfte aus.

[Bearbeiten] Verluste

Bei Auslandseinsätzen kamen insgesamt bisher 65 Soldaten ums Leben.[1] Um der Gefallenen dieser Einsätze zu gedenken, bestehen in den Einsatzländern Ehrenmale der Bundeswehr. Zudem gibt es Vorschläge, ein zentrales Denkmal in Berlin zu errichten.

[Bearbeiten] Liste der Auslandseinsätze

Bundeswehrsoldaten der SFOR in Pale in Bosnien, Operation Joint Forge im Januar 2004
Bundeswehrsoldaten der SFOR in Pale in Bosnien, Operation Joint Forge im Januar 2004
  • seit 1960 an mehr als 130 humanitären Hilfsaktionen. Darunter Hilfeleistungen von Luftwaffe und Sanitätsdienst für die durch ein Erdbeben im Februar 1960 zerstörte Stadt Agadir in Marokko.
  • Januar 1965 - Erstmals Beteiligung an einer großen internationalen Hilfsaktion in Algerien. Hierzu bilden zwei Lufttransportgeschwader mit 12 Flugzeugen vom Typ "Noratlas" eine Luftbrücke.
  • August 1976 - Katastrophenhilfe im norditalienischen Erdbebengebiet Friaul.
  • November 1984 - Flugzeuge vom Typ "Transall" der Luftwaffe fliegen Versorgungsgüter in die Hungergebiete in Äthiopien.
  • 1988-1989 - Transportflüge im Rahmen der UNTAG-Mission in Namibia.
  • Juni 1990 - Erdbebenhilfe im Iran – Ein Feldlazarett und 40 Sanitätsoffiziere und Sanitätssoldaten des Sanitätslehrbataillons 851 aus München werden in das Erdbebengebiet verlegt.
  • 6. Januar 1991 - Verlegung von 18 Kampfflugzeugen des Typs "Alpha-Jet" auf den Fliegerhorst Erhac in der Türkei. Insgesamt 212 Soldaten der Luftwaffe sollen einen Beitrag zum Schutz der Türkei vor Angriffen aus dem Irak leisten.
  • ab März 1991 im Rahmen der US-geführten "Operation Südflanke" Entsendung von Minensuchbooten ins Mittelmeer und später zum Minenräumen in den Persischen Golf (ca. 350 Deutsche, 7 Schiffe).
  • April 1991 - Im Rahmen der "Operation Kurdenhilfe" versorgen Sanitätskräfte und Heeresflieger mit Transporthubschrauber vom Typ CH-53 kurdische Flüchtlinge im Iran und in Anatolien.
  • 1991-1996 - Transport von UN-Waffeninspekteuren mit Transallflugzeugen und Hubschraubern im Irak im Rahmen der UNSCOM-Mission.
  • November 1991 - Sechs, später 18 deutsche Sanitätssoldaten werden zur medizinischen Betreuung von Angehörigen der UN Advanced Mission in Cambodia (UNAMIC) in Kambodscha entsandt.
  • 1992-1996 Operation Sharp Guard, Embargo gegen das ehemalige Jugoslawien in der Adria durch Marineverbände, stets zwei deutsche Fregatten oder Zerstörer, außerdem Flugzeuge.
  • April 1992-1993 unter UN-Kommando: Entsendung von 140 weiteren Sanitätssoldaten, darunter 30 Sanitätsoffiziere, nach Phnom Penh zur medizinischen Betreuung von Angehörigen der United Nations Transitional Authority in Cambodia (UNTAC)
  • 1993-1994 unter UN-Kommando: Teilnahme an United Nations Operation in Somalia II, einer Stabilisierungsmission der UN in Somalia, siehe Deutscher Unterstützungsverband Somalia (ca. 1.700 Heeressoldaten unter anderem stationiert in Beledweyne, später außerdem vier Schiffe der Marine für die Rückführung aus Mogadischu). In Mombasa in Kenia wurden zwei Transportflugzeuge stationiert.
  • 1994 - Beobachtermission in Georgien zur Überwachung des Waffenstillstandes in Abchasien im Rahmen von UNOMIG.
  • 1995 Operation Deliberate Force, NATO-Operation zum Schutz der UNPROFOR in Bosnien-Herzegowina
  • 1995-1996 (UNPF) innerhalb Kroatiens mit ersten Maßnahmen nach Bosnien Herzegovina, abgelöst durch IFOR
  • 1995-1996 unter NATO-Kommando: IFOR (Implementation Forces in Bosnia and Herzegovina), abgelöst durch SFOR
  • 1996-2004 unter NATO-Kommando: SFOR (Stabilisation Force in Bosnia and Herzegovina), 1.700 Deutsche, abgelöst durch EUFOR
  • 1999 unter NATO-Kommando: Teilnahme an Luftangriffen im Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo-Krieg, Belgrad)
  • 1999 unter NATO-Kommando: KFOR (Kosovo Force), bis 4.700 Deutsche.
  • 1999-2000 - Transportflüge und medizinische Versorgung im Rahmen der UN-Mission INTERFET für Osttimor.
  • 2001 Operation „Essential Harvest“ in Mazedonien, Entwaffnung von albanischen Extremisten, 600 Deutsche.
  • seit 2001 Operation ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer zum Schutz des Seeverkehrs gegen terroristische Bedrohungen, deutsche Fregatten und Schnellboote.
  • Seit Januar 2002 unter US-Kommando: Operation Enduring Freedom als Teil des Kampfes gegen den Terrorismus mit zeitweise bis zu 4.900 deutschen Soldaten. Gegenwärtig im wesentlichen auf Marinepräsenz am Horn von Afrika reduziert (Beteiligung schwankend: 240 - 450 Soldaten).
  • seit Januar 2002 ISAF-Einsatz in Afghanistan zur Friedenssicherung unter GBR (ISAF 1), TUR (ISAF 2) und GE/NL Kommando (ISAF 3). Seit ISAF 4 2003 unter NATO-Kommando.
  • seit Dezember 2004 unter EU-Kommando: EUFOR (European Union Force in Bosnia and Herzegovina) etwa 1100 Deutsche
  • Dezember 2004 AMIS (African Union Mission in Sudan) - Bereitstellung von Lufttransportkapazitäten für die Verlegung von Friedenstruppen der Afrikanischen Union in die sudanesische Krisenregion Darfur.
  • Januar - März 2005 Humanitäre Hilfe in Indonesien - Einsatz von Sanitätskräften, MEDEVAC-Flugzeugen und dem Einsatzgruppenversorger "Berlin" nach der Flutwelle im indischen Ozean (ca. 385 Soldaten).
  • seit April 2005 UNMIS (United Nations Mission in Sudan) - Entsendung von bis zu 75 unbewaffneten Militärbeobachtern in den Süden und Osten des Sudans zur Überwachung des Friedensabkommens.
  • 31. Juli 2006 - 30. November 2006 - Bundeswehreinsatz im Kongo 2006 - Entsendung von bis zu 780 Soldaten, davon 500 Einsatz- und 280 Unterstützungskräfte in die Hauptstadt Kinshasa und die Umgebung zum Schutz der Parlamentswahlen. Den überwiegenden Teil bildet die Reserve in Gabun. Am 01. Dezember 2006 begann die Rückverlegung des Kontingents nach Deutschland. Geplant ist der Abschluss zum 22. Dezember. Im Rahmen des Abzuges aus Gabun werden die medizinischen Bestände dem Krankenhaus in Lambarene gestiftet.
  • seit September 2006 - Seeraumüberwachung vor der Küste des Libanons im Rahmen von UNIFIL II mit Fregatten, Schnellbooten und Hilfsschiffen unter deutscher Führung. Einschließlich Landkomponenten zur Versorgung und zur Unterstützung der libanesischen Kräfte ca. 1.400 Soldaten entsandt (Mandatsobergrenze 2.400).

[Bearbeiten] Quellen

  1. Rühe bringt Ehrenmal im Reichstag ins Spiel vom 05.02.2007

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