Buster Keaton
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Buster Keaton (eigentlich Joseph Francis Keaton) (* 4. Oktober 1895 in Piqua, Kansas, USA; † 1. Februar 1966 in Woodland Hills, Kalifornien, USA) war ein US-amerikanischer Schauspieler, Komiker und Regisseur.
Keaton zählte neben Charles Chaplin und Harold Lloyd zu den erfolgreichsten Komikern der Stummfilmzeit. Wegen seines bewusst ernsten, stoischen Gesichtsausdrucks wurde er The Great Stoneface und Der Mann der niemals lachte genannt. Ein weiteres Markenzeichen ist sein runder, flacher Filzhut (pork pie hat).
Im Zuge des finanziellen Misserfolgs seines aufwendigen Films The General wurde er Schauspieler bei MGM und geriet in Vergessenheit. Doch mit der Wiederentdeckung seiner Filme wurde er noch zu Lebzeiten als Genie des Kinos gefeiert. Heute zählen seine technisch innovativen Stummfilmkomödien wie The Navigator, Sherlock Jr. und The General zu den bedeutendsten Werken der Filmgeschichte.
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[Bearbeiten] Leben und Werk
[Bearbeiten] Kindheit und Jugend
Joseph Frank (später: Francis) Keaton wurde als erstes Kind von Joseph ('Joe') Hallie Keaton und Myra Keaton, geb. Cutler, in Piqua geboren, einem kleinen Ort im Mittleren Westen der USA. Seine Eltern waren zu dieser Zeit auf Tournee mit der Mohawk Indian Medicine Show, einer Mischung aus Wunderheilung und Unterhaltung, mit der damals viele durch Amerika tourten. Benannt wurde Keaton einerseits nach seinem Vater, andererseits nach seinem Großvater mütterlicherseits. Den Namen aber mit dem er berühmt werden sollte gaben ihm seine Eltern angeblich, als er unverletzt einen gefährlichen Sturz die Treppe hinunter überstand. Dies soll den Entfesselungskünstler Harry Houdini zur Bemerkung veranlasst haben: „That's quite a buster the baby took“ (etwa: „Das war ein ganz schöner Sturz, den das Baby da hingelegt hat“). Marion Meade äußerte in ihrer Keaton-Biographie jedoch die Vermutung, dass der legendäre Houdini erst nachträglich in die Anekdote Einzug fand. Gesichert ist, dass Buster Keaton von klein auf große Gelenkigkeit zeigte und sämtliche Stürze scheinbar unbeschadet überstand.
Ab 1899 suchten Myra und Joe Keaton ihr Glück in den Vaudeville-Shows von New York. Nach einem eher schlechten Start nahmen die beiden ab Oktober 1900 ihren Sohn mit auf die Bühne. Joe und Buster begannen, derbe, körperliche Späße zu präsentieren - und entwickelten sich zu einem Publikumserfolg. Ab dann traten sie nicht mehr als Two Keatons sondern als Three Keatons auf. Als „menschlicher Mop“, der vom Vater rücksichtslos, aber zum Gaudium des Publikums in die Kulissen geschleudert wurde, lernte Keaton dabei früh, dass die Zuschauer umso mehr lachten, je weniger Emotion er zeigte. Er übte so jene Körperbeherrschung und Schmerzunempfindlichkeit, die er später für seine spektakulären Filmstunts nutzte.
Rasch wurde Keaton zum Mittelpunkt der akrobatisch-komischen Darbietungen der Three Keatons. Auch die NYSPCC (New York Society for the Prevention of Cruelty to Children oder, nach einem ihrer Gründer, Gerry Society) interessierte sich für das Kind. Diese gemeinnützige Organisation hatte sich zum Ziel gesetzt, Misshandlung und Ausbeutung von Kindern publik zu machen und deren Unterbindung und Bestrafung zu fördern. Die Kinderarbeit und rauen Stunts Keatons standen in Konflikt mit dem Gesetz. Zum Teil versuchten die Eltern dem zu begegnen, indem sie Buster als kleine Kopie seines bärtigen Vaters ausstaffierten und behaupteten, er wäre ein kleinwüchsiger Erwachsener. Dann wieder schummelten sie Buster zwei Lebensjahre dazu. Diese Ablenkungsmanöver gelangen größtenteils: Mit nur einem Auftrittsverbot, im Staat New York von 1907 bis 1909, kamen die Keatons glimpflich davon. Als Folge der Umgehung auch der Schulgesetze hat Keaton kaum jemals eine Schule von innen gesehen. Was er als Kind und Jugendlicher gelernt hat, lernte er in den Theatern und Pensionen, die auf den Tourneen der Shows durch die USA sein Zuhause waren. Noch vor Beginn seiner Filmkarriere war Buster Keaton durch das Vaudeville ein Star, der weithin bekannt war.
[Bearbeiten] Der Weg zum Film
Einige sehr erfolgreiche Jahre später war die Zeit im Vaudeville vorbei: Keaton stieg 1917, im Alter von 21 Jahren, aus. Zum Teil weil die Nummer, das 'Maßregeln' des mittlerweile erwachsenen Kindes, nicht mehr funktionierte, aber auch weil der mittlerweile ausgeprägte Alkoholismus von Joe Keaton die Auftritte erheblich erschwerte und gefährdete. Keaton sollte im März 1917 in New York in einer extravaganten Musik-Revue auftreten. Bekannt und beliebt wie er war, hätte er leicht am Broadway Karriere machen können. Zufällig traf er einen alten Freund aus seiner Jugend, der nun in einem Filmstudio arbeitete. Lou „Dutch“ Anger lud Keaton ein, das Studiogelände zu besuchen und stellte ihm Roscoe „Fatty“ Arbuckle vor, dessen chaotische und weithin anspruchslose Filmkomödien zu den beliebtesten neben jenen von Charlie Chaplin zählten.
Keaton hatte schon früh ein Faible für das Kintopp entwickelt, ganz im Gegensatz zu seinem Vater Joe, der in den 'laufenden Bildern' lediglich eine seelenlose Konkurrenz zum Live-Theater, zum Vaudeville sah. Arbuckle, der von den Keystone Studios des Mack Sennett gekommen war und nun einen eigenen Vertrag mit dem Filmproduzenten Joseph Schenck hatte, ließ Keaton nahezu ab sofort in seinen Filmen auftreten. Der erste Leinwandauftritt Keatons in The Butcher Boy war der Beginn einer engen wie freundschaftlichen Zusammenarbeit Keatons mit dem für sein freundliches Wesen bekannten Arbuckle. Ihn hat Keaton später als denjenigen benannt, von dem er alles über die Kunst des Filmemachens lernte was er brauchte, vielleicht dabei verschweigend, wieviel Wissen er sich über die Zeit selber erarbeitet hat. Angeblich soll sich Keaton gleich am Anfang seiner Zeit mit Arbuckle eine Kamera vom Set mitgenommen haben, um sie zu Hause komplett auseinander zu nehmen und wieder zusammen zu setzen. Die Technik beeindruckte und faszinierte ihn zutiefst. Für die Filmarbeit ließ Keaton dann auch seinen weitaus einträglicheren Bühnenvertrag auflösen, ein Schritt der noch am Anfang der Ära Hollywood durchaus Skepsis auslöste.
- Filmen mit „Fatty“
Bis 1920 drehte Keaton 15 Two-Reeler (Kurzfilme von etwa 20-25 Minuten Länge, wobei eine Filmrolle rund 10 Minuten Filmmaterial entsprach) als Partner von Arbuckle und wurde so mit jeder Facette der Filmproduktion vertraut gemacht. Auch wenn er sich seit Kindheit an das „Poker-Face“ für seine Auftritte angewöhnt hatte, ist Buster zu diesem Zeitpunkt in seiner Karriere teilweise hysterisch lachend zu sehen. Doch Keatons subtiles Humorverständnis und seine Erfahrungen im Vaudeville prägten im Laufe der Zeit den Stil der Filme Arbuckles immer stärker. Er entwarf nicht nur den Großteil der Gags und der Handlung, sondern führte bald neben Arbuckle Regie.
Nach dem Kriegsdienst 1918 in Frankreich kehrte Buster Keaton trotz einträglicher Angebote anderer Studios zu Arbuckle zurück. Als 1920 die Produktionsfirma Paramount Pictures Arbuckle anbot, Star mehrerer Spielfilme des Studios zu werden, nahm dieser schließlich an. Arbuckles bisheriger Produzent Joseph Schenck gab nun Keaton die Möglichkeit, Arbuckles Stelle einzunehmen und eigene Filme in kreativer Freiheit herzustellen. Zuvor sollte Keaton in The Saphead die Hauptrolle spielen. Metro (später umbenannt in Metro-Goldwyn-Mayer, kurz MGM) produzierte den Film und übernahm den Vertrieb sämtlicher Filme der Keaton-Studios.
[Bearbeiten] Unabhängigkeit und Ruhm
- Two-Reeler
Buster Keaton drehte seine Filme im alten Studio von Charlie Chaplin. Dabei war er ehrgeizig genug, seinen gelungenen, aber nicht umwerfenden Erstling The High Sign (1920) erst später zu veröffentlichen. Seine erste Veröffentlichung One Week zählt heute zu den Klassikern des Genres. Der originelle, aufwendige und klug konstruierte Kurzfilm handelt von dem letztlich desaströsen Versuch eines verliebten Pärchens, sich ein Fertigteil-Haus nach Anleitung zu zimmern.
Der außergewöhnliche Beginn von The Playhouse (1921) illustriert Keatons Zugang zum Medium Film und seinen Humor: Buster löst eine Karte für eine Varieté-Vorstellung, in der jeder Musiker, jeder Künstler auf der Bühne, der Bühnenarbeiter und sogar jeder Zuschauer niemand anderer ist als Buster Keaton, wie Buster Keaton überrascht feststellen muss. Durch mehrfache Doppelbelichtungen desselben Filmmaterials ist Keaton bis zu neun Mal in derselben Szene zu sehen. Er selbst betonte stets die Wichtigkeit seines Filmteams, ohne das seine Filme so nicht möglich wären.
Von seinen insgesamt 19 Kurzfilmen zählt heute Cops (1922) zu seinen bekanntesten: Am Höhepunkt jagen hunderte Polizisten Buster durch die Straßen von New York. Dieses Motiv findet sich variiert wieder in seinen abendfüllenden Komödien Seven Chances (hier sind es erst hunderte heiratswillige Bräute, schließlich unzählige Felsbrocken) und Go West (mit einer Rinderherde in Chicago).
- Abendfüllend
Erst relativ spät - verglichen mit den anderen großen Stummfilmkomikern der Zeit, Charlie Chaplin und Harold Lloyd - verlegte sich Keaton auf abendfüllende Komödien. Während sein erster Versuch The Three Ages (1923) im Prinzip aus drei Kurzfilmen bestand und den typischen, comic-artigen Humor der Kurzfilme aufwies, änderte Keaton seinen Stil grundlegend mit Our Hospitality. Ab jetzt legte er höchsten Wert auf Glaubwürdigkeit der Gags, aus der Überzeugung, das Publikum sonst nicht an die Geschichte fesseln zu können.
In Our Hospitality ist neben seinem Vater Joe Keaton das einzige Mal seine damalige Ehefrau in einem seiner Filme zu sehen. Natalie Talmadge war die Schwägerin seines Produzenten Joseph Schenk. Keaton heiratete sie 1921. Ihr erster gemeinsamer Sohn James ist im Alter von einem Jahr ebenfalls in dem Film zu sehen. Doch schon in dieser Zeit stand es um die Ehe nicht zum Besten.
Mit The Navigator schloß Keaton endgültig zu den beiden populärsten Filmkomikern der Zeit, Chaplin und Lloyd, auf. Es wurde Keatons finanziell erfolgreichste Produktion. In dem 1924 gedrehten Film verschlägt es ihn und seine Partnerin Kathryn McGuire auf ein verlassenes, riesiges Schiff, das ziellos im Ozean treibt.
Die nächsten Filme (Seven Chances, Go West, Battling Butler) bestätigten die außergewöhnliche Popularität Keatons, dessen Ruhm auch darauf gründete, dass er spektakuläre Stunts erfand und selbst ausführte. Die Dreharbeiten waren so stets mit großem Risiko verbunden: Bei einer Szene am Höhepunkt von Our Hospitality (einem Stunt an einem Wasserfall) schluckte er zuviel Wasser; sein Magen musste ausgepumpt werden. Bei Sherlock Jr. (1924) wurde sein Kopf mit Wucht gegen Gleise geschleudert. Keaton litt danach nur unter schweren Kopfschmerzen, die nach einigen Tagen verschwunden waren. Der Bruch eines Nackenwirbels, den er sich dabei zuzog, wurde so erst Jahre später zufällig bei Röntgenaufmahmen entdeckt.
- Finanzielle Desaster
Mit The General, einer 1926 gedrehten, epischen Komödie, die zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs spielt, trieb Keaton seinen Anspruch in Sachen Glaubwürdigkeit und Authentizität auf die Spitze: Er ließ eine historische Dampflokomotive in die Tiefe stürzen. Diese einzelne Szene zählt zu den teuersten der ganzen Stummfilm-Epoche. Das zeitgenössische Publikum konnte sich für den Film jedoch nicht begeistern, und auch von Kritikern wurde das Werk bestenfalls als langweilig abgetan. The General, Keatons wichtigster Film, floppte.
Sein Produzent Joe Schenk übernahm daraufhin verstärkt die Kontrolle über die Produktionen Keatons und stellte diesem - gegen Keatons Willen - Drehbuchautoren und Regisseure zur Seite. Vor allem achtete er strenger auf das Budget. Der folgende Film College (1927) litt deutlich unter den neuen Beschränkungen, wenn auch Keatons Handschrift unverkennbar ist. Letztlich spielte die eher konventionelle Komödie an den Kinokassen nicht mehr Geld ein als The General.
In Steamboat Bill Jr. (1928) realisierte Keaton den vielleicht gefährlichsten und legendärsten Stunt seiner Karriere, indem er eine Hausfassade auf sich kippen ließ und nur durch ein kleines Giebelfenster verschont bleibt. Es sollte sein letzter, unabhängig produzierter Film werden. Die Kosten wurden noch einmal in die Höhe getrieben, als das Finale des Films samt bestehender Bauten geändert werden musste, weil kurz zuvor eine verheerende Überschwemmung in Amerika Schlagzeilen gemacht hatte, und deshalb aus der ursprünglich geplanten Flut ein Hurrikan werden sollte. Die Einnahmen des Films blieben hinter denen von The General und College zurück.
Noch während der Dreharbeiten löste Produzent Joe Schenk, inzwischen Präsident der United Artists, seinen Vertrag mit Keaton. Diesem legte er nahe, einen Vertrag mit MGM, dem mittlerweile größten Filmstudio, zu unterzeichnen. Sowohl Chaplin als auch Lloyd warnten Keaton vor dem kontraproduktiven Studiosystem. Doch Keaton ließ sich von Joseph Schenk überzeugen. Später sprach er über diesen Schritt als den größten Fehler seines Lebens.
[Bearbeiten] Niedergang bei MGM
Bei MGM sollte sich Keaton dem rigiden Studio-System unterwerfen. So wurde etwa verlangt, strikt nach einem vorliegenden Drehbuch zu arbeiten. Das widersprach Keatons bisherigem Arbeitsstil, der - ähnlich wie andere Stummfilmkomiker - den Großteil seiner Ideen aus der Improvisation schöpfte. Es kam zu ernsthaften Spannungen zwischen dem mächtigen Produzenten Louis B. Mayer und Keaton, der sich vorerst einen gewissen Freiraum erkämpfen konnte. Sein erster Film bei MGM The Cameraman (1928) gilt als der letzte im Stile Keatons. Den großen Erfolg des Films verbuchte das Studio für sich und entzog Keaton nicht nur langjährige Mitarbeiter, die mit ihm zu MGM gewechselt waren, sondern auch künstlerischen Einfluss. Stattdessen bekam er Berater zur Seite gestellt, die lenkend in die Entwicklung des Films eingreifen sollten. Seinem letzten Stummfilm Spite Marriage (1929) ist das deutlich anzumerken - auch wenn einige typische Keaton-Gags auftauchen. Obwohl diesmal streng nach einem genauen Drehbuch entstanden, wirkt der Film nach Meinung von Kritikern viel weniger stringent als die klassischen Keaton-Komödien. Eine Beobachtung, die auch bei den folgendenen Tonfilmen zutreffend scheint.
- Tonfilm und Abhängigkeit
Seine Aussprache und Stimme stellten für Keaton kein Problem dar. Doch er musste sich in die Rollen und Filme fügen, die das Studio für ihn vorsah. Zudem machte visuelle Komik meist albernen Dialogen Platz, was nicht Keatons Vorstellung vom Tonfilm entsprach. Jede dieser meist anspruchslosen Komödien hatte er drei- oder viermal zu drehen, jedesmal in einer anderen Sprache: Auf diese Weise wurden Tonfilme aus Hollywood Anfang der 1930er Jahre weltweit vermarktet.
Zu Keatons erstem Tonfilm Free and Easy (1930, MGM) vermerkt Jim Kline in seinem Buch The Complete Films of Buster Keaton: „Buster talks! Buster sings! Buster dances! Buster looks depressed!“ Heute fast vergessen, spielten dieser und die folgenden Filme (unter anderem mit Jimmy Durante als Partner) mehr Geld ein als die Stummfilme der Keaton-Studios.
In dieser Zeit wurde Keaton zum Alkoholiker. Zu Drehterminen erschien er teilweise angetrunken oder gar nicht. Seine Frau Natalie Talmadge reichte 1932 die Scheidung ein - lange Auseinandersetzungen über Aufteilung des Vermögens und Sorgerecht der beiden Kinder folgten. 1933 wurde sein Anstellungs-Vertrag bei MGM nach mehreren Streitigkeiten mit Louis B. Mayer gekündigt. Im selben Jahr verstarb mit Roscoe „Fatty“ Arbuckle sein vielleicht engster Freund. Dessen Ruf und Karriere war inzwischen, trotz Freispruch nach einer Mordanklage, ruiniert. Keaton selbst machte negative Schlagzeilen. Die privaten, beruflichen und finanziellen Probleme verstärkten seine Alkoholsucht. Er heiratete seine private Krankenschwester Mae Scibbens, die ihm während des Entzugs helfen sollte. Die Ehe wurde nach weniger als drei Jahren wieder geschieden. Mit der Unterstützung seines Arztes und seiner Familie gelang es Keaton, sich von der Sucht weitestgehend zu befreien und mit kleinen Engagements sich und seine Familie über Wasser zu halten.
- Arbeiten im Hintergrund
Für die breite Öffentlichkeit war er praktisch von der Bildfläche und aus dem Bewusstsein verschwunden. Er trat zunächst in billig produzierten Kurzfilmen der kleinen Educational Studios auf. Die vielversprechende französische Produktion Le Roi des Champs-Élysée (1934) mit Keaton in der Hauptrolle fand nicht die erhoffte Aufmerksamkeit. Ab 1937 arbeitete Keaton erneut bei MGM - vornehmlich als „Gagman“ hinter den Kulissen, für einen Bruchteil seines letzten Gehalts. Unter anderem ersann er Gags für Filme mit Red Skelton, den Marx-Brothers und Laurel und Hardy. Während er sowohl mit Red Skelton befreundet war und Laurel und Hardy sehr schätzte, äußerste er sich später negativ über den Arbeitsstil der Marx-Brothers: Sie nähmen die Komik nicht ernst. 1939 bekam er die Gelegenheit, für Columbia zehn Kurzfilme zu drehen, die, trotz knapper Budgets und Ideen, dazu beitrugen, Keatons Reputation im Filmgeschäft langsam wieder herzustellen.
1940 heiratete Keaton zum dritten Mal. Die um 23 Jahre jüngere Eleanor Norris, die bei MGM als Tänzerin unter Vertrag stand, hatte er etwa zwei Jahre zuvor kennengelernt. Die glückliche Ehe hielt bis zum Ende seines Lebens.
[Bearbeiten] Wiederentdeckung
1949 erinnerte der einflussreiche Filmkritiker James Agee in einem Artikel im Life Magazine an Keatons Stummfilme. Amerikanische Filmclubs begannen, seine Filme - soweit vorhanden - wieder zu zeigen. Filmarchivierung hatte keine Tradition, darüberhinaus waren Stummfilme seit der Etablierung des Tonfilms für kommerzielle Interessen uninteressant. Bis auf The General, The Navigator und einige seiner Kurzfilme galten Keatons Stummfilme als zerstört oder verschollen.
- Neue Engagements
Das aufkeimende, neue Interesse an Buster Keaton führte zu einigen Engagements für Bühnen- und Varietéproduktionen. Unter anderem absolvierte Keaton im prestigeträchtigen Cirque Medrano in Paris einige erfolgreiche Gastauftritte. Auch das Fernsehen entdeckte Keaton neu. Für The Buster Keaton Comedy Show (aufgezeichnet vor Live-Publikum, 1949) und The Buster Keaton Show (1950 - 51) spielte Keaton in neuen Sketchen - meist mit seiner Frau. Keaton beendete jedoch diese Reihen nach kurzer Zeit. Es folgten Gastauftritte in Talk-Shows, Serien und anderen Sendungen (unter anderem in Candid Camera, der Originalversion von Vorsicht Kamera). Auch im Bereich der Werbung taten sich für Buster Keaton neue Betätigungsfelder auf. So wurde er Star einiger Industriefilme und drehte zwischen 1956 und 1964 Fernseh-Werbespots für Colgate, Alka-Seltzer, 7-Up, Ford, Milky Way, Budweiser und andere.
Von seinen wieder zahlreichen Gastauftritten in Filmen verschiedenster Studios ist besonders Billy Wilders Sunset Boulevard (1950) hervorzuheben: Er stellt quasi sich selbst in einer makaber anmutenden Bridgerunde vergessener Stummfilmstars dar. Zwei Jahre später kam es zu einem ähnlichen denkwürdigen, wenn auch kurzen Auftritt in Charlie Chaplins Limelight: Erstmals sind die beiden größten Komiker der Stummfilmzeit gemeinsam in einem Film zu sehen, bezeichnenderweise als alternde Vaudeville-Komiker am Ende ihrer Karriere.
Paramount produzierte 1957 die Filmbiographie The Buster Keaton Story (Drehbuch und Regie: Sidney Sheldon). Keaton wurde offiziell als Berater herangezogen, seine Einwände wurden jedoch selten beachtet. Auch Hauptdarsteller Donald O'Connor distanzierte sich später von dem Film, der Keatons Leben teils unwahr wiedergibt. Mit dem Geld, das ihm der Film mit seinem Namen brachte, erwarb Keaton eine Ranch in Kalifornien, die er mit seiner Frau für den Rest seines Lebens bewohnte. Seine „Italian Villa“ in Beverly Hills, die er am Höhepunkt seines Ruhmes besaß, musste er in den 1930er-Jahren aufgeben.
- Gefeierte Klassiker
1952 sorgte James Mason als neuer Besitzer der einstigen Villa Keatons für eine Überraschung: In einer versteckten Abstellkammer entdeckte Mason längst vergessene Kopien von Keatons Filmklassikern. Durch den chemischen Zerfall des Filmmaterials, das früher auf Nitrat basierte, war dieses teilweise schwer beschädigt und höchst feuergefährlich.
Der obsessive Filmsammler Raymond Rohauer, den Keaton 1954 bei einer der Wiederaufführungen von The General kennenlernte, investierte in die Rettung der Filme. Nach einer Vereinbarung mit Keaton sicherte sich Rohauer die Rechte an den noch exisitierenden Klassikern und übernahm den Vertrieb an Programmkinos und Festivals. So organisierte Rohauer 1962 aufsehenerregende Wiederaufführungen der restaurierten Fassung von The General in rund zwanzig Städten Deutschlands. Keaton, der die Tour begleitete und den Film ausgesucht hatte, wartete während der Vorstellungen vor dem Kino: Er sähe sich nie seine eigenen Filme mit Publikum an.[1]
Bereits 1959 wurde Keaton ein Ehren-Oscar für seine Verdienste um die Filmkomödie verliehen.
[Bearbeiten] Die letzten Filme
Als lebende Legende griff er für seine Filmauftritte öfters auf sein typisches Outfit aus der Stummfilmzeit zurück. Der kanadische Kurzfilm The Railrodder (1965, Drehbuch und Regie: Gerald Potterton) ist eine Hommage an Keatons Stummfilme, vor allem aber an die Landschaft Kanadas. Während der Dreharbeiten zu The Railrodder entstand die Dokumentation Buster Keaton Rides Again. Neben biographischen Stationen gibt sie Einblicke in die Persönlichkeit und Arbeitsweise des alternden Keaton.
Im selben Jahr verwirklichte Samuel Beckett mit Keaton in der Hauptrolle seinen experimentellen Stummfilm Film (Regie: Alan Schneider), der zum Filmfestival von Venedig eingeladen wurde. Das Premierenpublikum empfing den Stargast Keaton mit stehenden Ovationen.[2]
Als letzte Kinoproduktion drehte Keaton unter der Regie von Richard Lester A Funny Thing Happened on the Way to the Forum (1966). Zu der Zeit war er gesundheitlich bereits sehr angeschlagen, bei gefährlichen Stunts wurde er diesmal gedoubelt. Mit dem Kopf gegen einen Baum zu rennen ließ er sich dennoch nicht nehmen.
- Tod und Nachwirkungen

Bereits seit mehreren Jahren verschlechterte sich Keatons Gesundheitszustand zusehends. Die Diagnose Lungenkrebs, erst im weit fortgeschrittenen Stadium gestellt, wurde ihm von seiner Frau und dem Arzt allerdings verschwiegen.[3] Buster Keaton starb schließlich am 1. Februar 1966 im Alter von 70 Jahren auf seiner Ranch an den Folgen seiner Krankheit.
Erst Monate danach kam A Funny Thing Happened on the Way to the Forum in die Kinos.
Ein knappes Jahr nach seinem Tod fand die letzte Premiere eines Films mit The Great Stone Face in einer Nebenrolle statt. In der 1965 gedrehten amerikanisch-italienischen Co-Produktion War Italian Style spielte Keaton einen Nazi-General. In der letzten Szene lassen zwei Marines den gefangenen General (Buster) frei. Die Zivilisten-Kleidung, die sie ihm geben, entpuppt sich als das typische Buster-Outfit. Mit seinem ausgebeulten Frack und flachen Hut blickt Buster ein letztes Mal auf die Soldaten, wendet sich von der Kamera ab und wandert davon.
Insgesamt war Buster Keaton in über 150 Film- und Fernsehproduktionen zu sehen.
[Bearbeiten] Zusatzinformationen
[Bearbeiten] Verschollenes und zerstörtes Filmmaterial
Im Prinzip sind alle Filme Keatons, die in seiner wichtigsten und äußerst produktiven Zeit zwischen 1920 und 1928 entstanden sind, erhalten. Abgesehen davon, dass die meisten Filme aus der Stummfilm-Ära heute in nur vergleichsweise schlechten Kopien zu sehen sind, liegen einige jedoch nur schwer beschädigt oder in Fragmenten vor.
So fehlen in den Kurzfilmen Hard Luck, nach einem Interview Keatons liebster Film, und Daydreams ganze Sequenzen. Bei den restaurierten Fassungen behalf man sich mit Standbildern, welche die fehlenden Szenen ersetzen. Auch in Convict 13 fehlen einige Momente, was in der restaurierten Fassung zu starken Sprüngen innnerhalb einzelner Szenen führt.
Der Langfilm The Three Ages hat nur in einer optisch lädierten Version überlebt, da das erst in den 1950er Jahren wiederentdeckte und bis heute einzige Negativ vom Nitratzerfall stark angegriffen war. Gleiches gilt für den Kurzfilm The Boat.[4]
[Bearbeiten] Musik zu den Stummfilmen
Bevor der Tonfilm etabliert war, oblag es den Musikern des jeweiligen Kinos, einen Film musikalisch zu untermalen. Eigene Partituren waren seitens der Filmemacher nicht vorgesehen. Weil keine Tonspur auf dem Filmmaterial war, konnten Stummfilme zudem - auch von einer Szene zur nächsten - schneller oder langsamer abgespielt werden.
Spite Marriage, Keatons letzter Stummfilm, der in der Zeit des aufstrebenden Tonfilms produziert wurde, kam als einziger von seinen Stummfilmen mit einer Tonspur heraus. Zu allen anderen Stummfilmen Keatons wurden und werden auch noch heute eigene Tonspuren und Musikuntermalungen erstellt.
Zu den Musikern und Komponisten, die auf den meisten aktuellen Veröffentlichungen der Keaton-Filme zu hören sind, zählen Lee Erwin (Orgel) und die Arrangements von Robert Israel. Hervorzuheben ist auch Carl Davis, der 1987 für Thames Television zu Our Hospitality und The General epische Soundtracks komponierte und seitdem sporadisch mit Orchester live zu Filmvorführungen aufführt. Der renommierte Stummfilmkomponist steuerte auch Musik zu der viel beachteten TV-Dokumentation Buster Keaton: A Hard Act to Follow bei.
1995 veröffentlichte der US-amerikanische Musiker Bill Frisell Musik zu The High Sign, One Week und Go West auf CD.
2004 wurde bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes eine restaurierte Fassung von The General mit einer neu komponierten Filmmusik von Joe Hisaishi uraufgeführt. Ein Jahr später wurde mit The Three Ages ein weiterer Langfilm Keatons mit neuer Musik versehen, diesmal komponiert von dem Techno-DJ Jeff Mills.
[Bearbeiten] Dokumentation
1987 legten die Filmhistoriker Kevin Brownlow und David Gill die dreiteilige Dokumentation Buster Keaton: A Hard Act to Follow vor. Die insgesamt etwa 150 Minuten umfassende Fernseh-Dokumentation beeinhaltet, neben Interviews mit Buster Keaton aus dem Archiv, Gespräche mit Freunden und ehemaligen Mitarbeitern sowie seiner Witwe Eleanor. Dank seines umfangreichen Materials zählt sie zu den informativsten Portaits von Keatons Leben und Werk.
[Bearbeiten] Filmographie
[Bearbeiten] Kurzfilme mit "Fatty" Arbuckle
- 1917 - The Butcher Boy
- 1917 - A Reckless Romeo
- 1917 - The Rough House
- 1917 - His Wedding Night
- 1917 - Oh Doctor!
- 1917 - Coney Island
- 1917 - A Country Hero
- 1918 - Out West
- 1918 - The Bell Boy
- 1918 - Moonshine
- 1918 - Good Night, Nurse!
- 1918 - The Cook
- 1919 - Back Stage
- 1919 - The Hayseed
- 1920 - The Garage
[Bearbeiten] Kurzfilme Keaton-Studio
- 1920 - The High Sign (Premiere 1921)
- 1920 - One Week
- 1920 - Convict 13
- 1920 - The Scarecrow
- 1921 - Neighbors
- 1921 - The Haunted House
- 1921 - Hard Luck
- 1921 - The Goat
- 1921 - The Playhouse
- 1921 - The Boat
- 1922 - The Paleface
- 1922 - Cops
- 1922 - My Wife's Relations
- 1922 - The Blacksmith
- 1922 - The Frozen North
- 1922 - Daydreams
- 1922 - The Electric House
- 1923 - The Balloonatic
- 1923 - The Love Nest
[Bearbeiten] Langfilme (stumm) von und/oder mit Buster Keaton
- 1920 - The Saphead
- 1923 - The Three Ages (Drei Zeitalter/Ben Akiba hat gelogen!/Hat Ben Akiba gelogen?)
- 1923 - Our Hospitality (Verflixte Gastfreundschaft)
- 1924 - Sherlock Jr. (Sherlock Holmes Junior)
- 1924 - The Navigator (Der Navigator/Buster Keaton, der Matrose/Über, auf und unterm Meere/Die Kreuzfahrt der Navigator/Der Schiffbruch/Der Seefahrer)
- 1925 - Seven Chances (Sieben Chancen/Buster Keaton, der Mann mit den 1000 Bräuten)
- 1925 - Go West (Der Cowboy)
- 1926 - Battling Butler (Der Killer von Alabama/Ich bin der Größte/Schlag auf Schlag)
- 1927 - The General (Der General)
- 1927 - College (Der Musterschüler/Der Student/Sport ist Mord)
- 1928 - Steamboat Bill Jr. (Steamboat Bill junior/Wasser hat keine Balken/Stürmische Zeiten/Buster Keaton - Dampfer-Willis Sohn)
- 1928 - The Cameraman (Der Kameramann) (MGM)
- 1929 - Spite Marriage (Trotzheirat/Die unvollkommene Heirat) (MGM)
[Bearbeiten] Einige Tonfilme mit Buster Keaton
- 1930 - Free and Easy (erster Tonfilm)
- 1932 - The Passionate Plumber (erstmals als Partner von Durante)
- 1933 - What! No Beer? (letzter MGM-Film vor Kündigung)
- 1934 - Le Roi des Champs-Élysées
- 1939 - Hollywood Cavalcade (Keatons erster Farbfilm)
- 1950 - Sunset Boulevard (Boulevard der Dämmerung)
- 1952 - Paradise for Buster (erster Industriefilm)
- 1952 - Limelight
- 1956 - Around the World in 80 Days
- 1963 - Eine total, total verrückte Welt
- 1965 - War Italian Style (Premiere 1967)
- 1966 - A Funny Thing Happened on the Way to the Forum (Toll trieben es die alten Römer)
- 1966 - The Scribe (Industriefilm; letzter Filmauftritt)
[Bearbeiten] Literatur
- Jim Kline: The Complete Films of Buster Keaton. Citadel Press, 1993, ISBN 0-8065-1303-9
- Wolfram Tichy: Buster Keaton. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1983, ISBN 3-499-50318-2
- Robert Benayoun: Buster Keaton. Der Augen-Blick des Schweigens. Bahia, München 1983, ISBN 3-922699-18-9
- Wolfram Schütte, Peter W. Jansen (Hrsg.): Buster Keaton. [Reihe Film Band 3]. Hanser, München und Wien 1975, ISBN 3-446-12002-5
- Tom Dardis: Buster Keaton. The Man Who Wouldn't Lie Down. University Press, Minneapolis 2002, ISBN 0-8166-4001-7
- Eleanor Keaton: Buster Keaton Remembered. Abrams, New York 2001, ISBN 0-8109-4227-5
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Buster Keaton im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Buster Keaton in der Internet Movie Database
- Biografie auf film-zeit.de
- Fotogalerie Buster Keaton auf www.silentgents.com
- Who's Who - Buster Keaton
- Eine Hommage
- Die internationale Buster-Keaton-Gesellschaft
- Die Kurzfilme The Blacksmith, The Boat, The Paleface und Daydreams als Bittorrent-Download
- Die Kurzfilme The Playhouse, The Balloonatic, My Wifes Relations und The Electric House als Bittorrent-Download
[Bearbeiten] Quellen
Als Hauptquellen dienten die Bücher The Complete Films of Buster Keaton von Jim Kline, Buster Keaton: Cut to the Chase von Marion Meade und Pioniere des Films: vom Stummfilm bis Hollywood von Kevin Brownlow, außerdem die Biographie auf der Website der Internationalen Buster Keaton Gesellschaft sowie die mit dem Emmy-Award ausgezeichnete, dreiteilige TV-Dokumention Buster Keaton: A Hard Act to Follow von Kevin Brownlow und David Gill für Thames Television in Zusammenarbeit mit Raymond Rohauer.
- ↑ Vgl. Interviews mit Rohauer und Eleanor Keaton in A Hard Act to Follow, Teil 3.
- ↑ Vgl. A Hard Act to Follow, Teil 3.
- ↑ Vgl. Eleanor Keaton in A Hard Act to Follow, Teil 3, etwa 00:46.
- ↑ Vgl. Kline, Jim: The Complete Films Of Buster Keaton sowie A Hard Act to Follow, Teil 3.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Keaton, Buster |
ALTERNATIVNAMEN | Joseph Francis Keaton |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Schauspieler und Regisseur |
GEBURTSDATUM | 4. Oktober 1895 |
GEBURTSORT | Piqua, Kansas, USA |
STERBEDATUM | 1. Februar 1966 |
STERBEORT | Woodland Hills, Kalifornien, USA |