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Geschichte des Jazz - Wikipedia

Geschichte des Jazz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Geschichte des Jazz erstreckt sich über beinahe 150 Jahre.

Inhaltsverzeichnis

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[Bearbeiten] Vorgeschichte (19. Jahrhundert)

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es im Süden der USA eine Straßenmusik-Tradition. Die Brass Bands, schwarze aber auch weiße Marschkapellen, spielten zu vielfältigen Anlässen auf. Die schwarzen Blaskapellen waren vor allem vom Blues und kreolischer Musik beeinflusst und mischten diese Einflüsse mit europäischer Musiktradition. Die Musik dieser sogenannten „Marching Bands“ nennt man zunächst archaischen Jazz. Ihm fehlten die individuelle Improvisation und der Swing, obwohl auch dort schon die „leichten“ Taktzeiten (2 + 4) betont wurden. Im heutigen Oldtime Jazz hat er eine Fortsetzung gefunden, die aber - jenseits von New Orleans - vorrangig von weißen Musikern gepflegt wird.

Um 1890 entstand der Ragtime (englisch: ragged time, „zerrissene Zeit“): Dies war ein in ausnotierten Stücken festgelegter Klavierstil, bei dem die linke Hand die Rhythmusgruppe einer Band ersetzt (Bass und Schlaggitarre). Auch dort wurde noch nicht improvisiert; aber aus der Spannung zwischen durchgehendem Viertelbeat und synkopisch „zerrissener“ Melodik entstand bereits eine Art Swing. Hauptkomponist dieses Stils war Scott Joplin, dessen bekanntester Ragtime – der „Entertainer“ – durch den Film „Der Clou“ (1973) erneut populär wurde.

Bereits weniger festgelegt und damit „jazzmäßiger“ spielte Jelly Roll Morton in New Orleans, der von sich selbst behauptete, „im Jahre 1902 den Jazz erfunden“ zu haben. Er war ein großartiger Komponist von Blues, Blues-Songs, Ragtimes, Stomps, und ein herausragender und extravaganter Pianist, aber seine nachgewiesene Bedeutung für den Jazz hatte er mit seinen Bands in den 1920er-Jahren, nicht als Erfinder. Ebenso behauptete Nick LaRocca den Jazz erfunden zu haben. Aber auch seine Behauptung gilt als unwahrscheinlich. Hauptrepräsentant des frühen, wahrscheinlich noch ragtimeverwandten Jazz von New Orleans war Buddy Bolden. Von seinem Vorbild ausgehend dürfte zwischen 1900 und 1915 der Jazz entwickelt worden sein von einer Vielzahl von Bands und Musiker-Persönlichkeiten, auch außerhalb von New Orleans, etwa auch in Memphis. Als um 1915 erste namhafte Bands New Orleans verließen, dürften diese dazu beigetragen haben, den Jazz auch abseits des Mississippi in den USA zu popularisieren. Möglicherweise haben bereits Bands, die um 1910 in andere Metropolen aufbrachen, jazzmäßig gespielt, aber erst ab 1914 nannten sich die Bands auch Jass- beziehungsweise Jazz-Bands, traten also mit dem Selbstbewusstsein auf, eine neue Musikrichtung zu vertreten: Zum Beispiel Pedro Stacholy's Cuban Jazzband (evtl. bereits 1914) in Havanna, Tom Browns Band From Dixieland 1915 in Chicago oder 1916 Johnny Steins Jass Band, und 1915 ging das Black And Tan Orchestra mit dem Trompetenvirtuosen Buddy Petit nach Kalifornien.

[Bearbeiten] Oldtime Jazz (1900-1940)

Die Kategorisierung verschiedener Jazzstile und deren zeitliche Zuordnung ist nur schwer möglich. Die Grenzen zwischen den Stilen sind fließend, der Zeitpunkt ihrer Entstehung meist nicht eindeutig zu definieren. Es ist auch in vielen Fällen kaum möglich von der Dominanz eines Stiles während einer bestimmten Periode zu sprechen. Die nachfolgende Auflistung bietet daher nur einige grobe Anhaltspunkte:

Vor achtzig Jahren, am 26. Februar 1917, nimmt die aus weißen Musikern bestehende „Original Dixieland Jass Band“ die erste Jazzplatte überhaupt auf. Am 12. November 1925 machen Louis Armstrong's Hot Five die ersten Aufnahmen: Dabei lösen Soli der Instrumentalisten die Kollektivimprovisation des frühen Jazz teilweise ab. Bereits 1928 später ist der Jazz auch in Europa so populär, dass das Hoch'sche Konservatorium in Frankfurt am Main eine Jazz-Klasse gründete; ihr Lehrer wird Mátyás Seiber.

Orchester Duke Ellington 1943
Orchester Duke Ellington 1943

Die Swing-Ära von Ende der 20er Jahre bis Anfang der 40er Jahre ist die beim Publikum erfolgreichste Zeit des Jazz. Bandleader wie Duke Ellington, Count Basie, Benny Goodman und Artie Shaw werden zu Stars. Duke Ellington und sein Orchester haben jahrelang ein festes Engagement im Cotton Club. Die Auftritte der Big Bands ziehen ein riesiges Publikum an, Swing ist die populäre Tanzmusik dieser Zeit. Mit der Gründung des Quintette du Hot Club de France durch Django Reinhardt mischt seit 1934 auch Europa in der Jazzgeschichte mit. Nach 1950 entsteht, insbesondere in Großbritannien, aus einer lebendigen Pflege der traditionellen Spielarten des Jazz der Traditional Jazz.

[Bearbeiten] Modern Jazz (seit 1940)

Ella Fitzgerald (1940)
Ella Fitzgerald (1940)

Mit dem Bebop beginnt der Modern Jazz. Um die Entstehungsgeschichte des Bebop ranken sich allerlei Mythen und Legenden. Fest steht jedoch, dass zu einer Zeit, als viele Big Bands des Swing ihren Zenit erreicht oder bereits überschrítten hatten und ihre Musik immer formelhafter wurde, junge Musiker unter anderem im Harlemer Club Minton's Playhouse mit neuen musikalischen Formen experimentierten. Die Unzufriedenheit mit den stereotypen Klischees des kommerziellen Swing, das Zusammentreffen einiger kreativer Musikerpersönlichkeiten und ein erwachendes Selbstbewusstsein dieser meist schwarzen Musiker führte letztendlich zur Entstehung eines neuen Stils. Als "Gründerväter" des Bebop gelten Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Thelonious Monk, Charlie Christian und Kenny Clarke.

Durch die Verbindung des Bebops mit Elementen der latein-amerikanischen Musik entstand der Afro Cuban Jazz. Auslöser hierfür war die Zusammenarbeit Dizzy Gillespies mit dem Kubanischen Perkussionisten Chano Pozo Mitte der 40er Jahre. Stan Kenton entwickelte in der zweiten Hälfte der 1940er mit Hilfe spätromantischer Arrangements, aber auch anspruchsvollen Kompositionen den Progressive Jazz. Unabhängig davon entstand - ebenfalls als früher Cross-Over mit der klassischen Musik - die Third Stream-Bewegung, zu der beispielsweise John Lewis, J. J. Johnson, Charles Mingus und Gunther Schuller mit ihren Kompositionen und Arrangements beitrugen.

Als Geburtsstunde des Cool Jazz werden häufig die Aufnahmen des von Miles Davis geleiteten Nonetts 1949 und 1950 betrachtet, die in den 50er Jahren unter dem Titel "Birth of the Cool" Berühmtheit erlangten. Die Musik dieses Orchesters ist geprägt durch komplexe, vielstimmige Arrangements, die im Unterschied zum Bepop weniger die extrovertierten und oft rasend schnellen Soli der Musiker in den Vordergrund rücken, als viel mehr auf einen kunstvoll aus den einzelnen Instrumentalstimmen gewobenen Klang setzen. Bedeutende Arrangeure waren Gil Evans und der Baritonsaxofonist Gerry Mulligan. Diese "coole" Ästhetik wurde auch von Jazzmusikern wie Chet Baker, Stan Getz und Shelly Manne an der Westküste der USA aufgegriffen und erlangte in den 50er Jahren unter dem Begriff West Coast Cool große Popularität. In den 1960 folgen Bossa Nova-Interpretationen (Stan Getz, Paul Winter, Herbie Mann, Charlie Byrd) und erreichen ebenfalls das breite Publikum.

Der Hard Bop vereint ab Mitte der 50er Jahre die Freiheiten des Bebop mit einer einfacheren Rhythmik und Melodik, die in der Tradition des Blues und der Gospel-Musik steht. Die wichtigsten Impulsgeber dieses Stiles sind Art Blakey And The Jazz Messengers, Horace Silver und Miles Davis. Ein gutes Jahrzehnt war der Hardbop der im Jazz dominierende Stil, in dem Musiker wie Wayne Shorter, Herbie Hancock, Freddie Hubbard, Clifford Brown und andere zahlreiche klassische Aufnahmen machten. Der Hardbop setzte sich, z.T. kombiniert mit einer modalen Improvisation, so weit durch, dass er zum Inbegriff des Mainstreams im Jazz wurde.

Eine Weiterentwickling des Hard Bop stellt der Soul Jazz dar, der noch mehr auf gesangsartige Melodien baut. Der Soul Jazz war Ende der 60er Jahre sehr populär, einer seiner wichtigsten Vertreter, Cannonball Adderley, konnte mit dem Stück Mercy, Mercy, Mercy sogar einen Chart-Erfolg verbuchen.

[Bearbeiten] Free Jazz (seit 1960)

Seit etwa 1957 deuten sich freiere Spielweisen an, bei denen sich die Musiker in ihren Soli teilweise von der Jazzharmonik lösen. Dies gilt einerseits für Musiker wie John Coltrane und Eric Dolphy, die im mainstream verankert scheinen, aber insbesondere für das Quartett von Ornette Coleman. 1960 erscheint Colemans Platte Free Jazz, die bald zum Namen für die freien Formen wird. Selbst das Schlagzeugspiel wird durch den die Metren umspielenden Sonny Murray emanzipiert. Ab 1965 findet in Europa, teilweise unabhängig vom Free Jazz der USA, ein Bruch mit traditionellen Spielweisen statt. Schlüsselgruppierungen sind das Manfred Schoof-Quintet, die Gunter Hampel-Gruppe Heartplants oder die britische Band Joseph Holbrooke. Die Improvisationshaltung wird zunehmend radikaler und führt im Extrem zur freien Form, die ohne jede Verabredung im Zusammenspiel entwickelt wird. Daneben existiert der Free Bop.

[Bearbeiten] Fusion (1968-1980)

Gegen Ende der 60er Jahre geriet der Jazz in eine Krise. Der in diesem Jahrzehnt dominierende Free Jazz traf beim breiten Publikum auf wenig Gegenliebe. Gleichzeitig wurde die Rock- und Soulmusik dieser Zeit mit virtuosen Musikern wie Jimi Hendrix immer anspruchsvoller und komplexer; Idole wie James Brown oder Sly Stone verdrängten den Jazz zunehmend in der Gunst seiner angestammten Hörerschaft. Durch den Einsatz elektrisch verstärkter Instrumente intensivierte sich der Klang der Musik, eine Entwicklung, die der Jazz bis dahin kaum mitgemacht hatte. Mit dem Blues als gemeinsamer Basis und der gesteigerteten Qualität der Popmusik fanden sich aber auch Berührungspunkte zwischen Rock und Jazz.

In Europa gab es früh und z.T. unabhängig von der Entwicklung in den USA eine Jazzrock-Bewegung, die unverdienterweise relativ unbeachtet blieb und der kein kommerzieller Riesenerfolg beschieden war. Hier ist zunächst die Graham Bond Organization zu nennen, aber auch ihre Nachfolgegruppen Cream und Colosseum sowie die Gruppe Softmachine. Als Geburtsstunde des amerikanischen Rockjazz werden häufig die Miles Davis-Alben "In a silent way" (1969) und Bitches Brew (1970) genannt. Miles Davis berichtete später, dass er zu dieser Zeit vor allem Musik von James Brown, Sly Stone und Jimi Hendrix hörte und diese entscheidenden Einfluss auf seine Musik ausübten.

Nach Miles Davis schlugen viele andere Musiker einen ähnlichen Weg ein. Der Rockjazz brachte einigen Musikern außergewöhnlich große kommerzielle Erfolge, vor allem weil ein neues, jugendliches Publikum erreicht wurde. Das Album Headhunters von Herbie Hancock wurde ein Hit, der sich millionenfach verkaufte. Wayne Shorter und Joe Zawinul waren die Gründer der Gruppe Weather Report, die zur erfolgreichsten Formation der Fusion wurde. Diese drei sowie andere herausragende Fusion-Musiker hatten zuvor in der Band Miles Davis' gespielt und auf "Bitches Brew" buchstäblich "mitgemischt". Dazu gehören auch Tony Williams (Bedründer der Gruppe Lifetime), John McLaughlin (Mahavishnu Orchestra) und Chick Corea (Return to Forever).

Die eigentlich kreative Phase des Rockjazz umfasste vor allem die erste Hälfte der 70er Jahre. Danach begann sich diese Musik oft als Smooth Jazz in seichter, kommerzieller Muzak zu erschöpfen oder zur bloßen Leistungsschau einiger Instrumentalvirtuosen zu werden. Bereits Mitte der 70er Jahre wandten sich viele Musiker wieder akustisch gespielter Musik zu, wendeten teilweise aber das Fusionkonzept hierauf an und machten gekonnt arrangierte unterhaltende Musik von sehr hoher Komplexität.

[Bearbeiten] Zwischen New Bop und Contemporary Jazz (1980-heute)

Der Jazz ab 1980 ist äußerst vielgestaltig. Typisch für diese Zeit ist die parallele Existenz verschiedenster, teilweise offen rückbezüglicher Spielweisen, ohne Herausbildung eines klar erkennbaren Mainstreams. Die Benennung von klar erkennbaren Stilrichtungen ist aus der gegenwärtigen Perspektive kaum möglich und umstritten. Selbst die Abgrenzung des Jazz zu anderen Musikrichtungen wie Pop oder Weltmusik wird unscharf.

In den frühen 80er Jahren zeichnete sich eine Strömung ab, in der vornehmlich auf Stile der 50er und 60er Jahre zurückgegriffen wurde. Eine Reihe junger, gut ausgebildeter und virtuoser Musiker wurde von der Plattenindustrie als The Young Lions vermarktet. Herausragendstes Beispiel war der Trompeter Wynton Marsalis, der auch als Leiter der Jazz-Abteilung des Lincoln Center enormen Einfluss gewann. Weitere Musiker waren Joshua Redman und James Carter.

Daneben besteht jedoch der Avantgarde Jazz fort. Hier werden zunehmend kompositorische Elemente betont, die anspruchsvoller waren als die Form "Thema-Soli-Thema". Zugleich wurden unterschiedliche Versuche unternommen, das Diskothekenpublikum zu gewinnen. Einerseits geschah dies wie bei der britischen Band Working Week in Rückgriff auf den Soul Jazz und lateinamerikanische Rhythmen und bereitete den Acid Jazz vor, andererseits entstanden auch neue Subgenres wie Hip Hop Jazz (vgl. etwa DeWieners), Jazz-Rap (Greg Osbys 3D-Lifestyles, Fisz usw.). Zur Verknüpfung von Jazz und elektronischen Sounds kam es aber auch im Nu Jazz.

Von World Music oder nicht-europäischen Musiktraditionen beeinflusste Musikproduktionen erweitern gleichfalls die Ausdrucksmöglichkeiten und werden teilweise als Ethno-Jazz vermarktet. Daneben gibt es aber auch Musizierhaltungen, die mit Erfolg auf bewährte Rezepte der Vergangenheit zielen wie den Retro-Swing und eine Variante des Pop Jazz, wie sie etwas die Sängerin Norah Jones vertritt.

[Bearbeiten] Literatur

  • Joachim-Ernst Berendt: Das Jazzbuch (Frankfurt am Main, 1953, aktualisierte Ausgabe 2005)
  • Ekkehard Jost: Sozialgeschichte des Jazz (Frankfurt am Main, 2003)

[Bearbeiten] Siehe auch

http://www.musikerwiki.de/index.php?title=Jazzgeschichte

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