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Ideal (Ringtheorie) - Wikipedia

Ideal (Ringtheorie)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

In der abstrakten Algebra ist ein Ideal eines Ringes R eine Teilmenge I, die abgeschlossen bezüglich R-Linearkombinationen ist.

Die Bezeichnung „Ideal“ ist abgeleitet aus dem Begriff „ideale Zahl“: Ideale wurden als Verallgemeinerung von Zahlen angesehen. Mehr dazu im Abschnitt „Ideale Zahlen“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Definition

Wir nehmen durchweg an, dass der betrachtete Ring R ein Einselement besitzt.

Um auch für nichtkommutative Ringe geeignete Begriffe zu haben, unterscheiden wir zwischen Linksidealen, Rechtsidealen und beidseitigen Idealen.

Eine Teilmenge I eines Ringes R heißt Linksideal, wenn

1: Die Null des Ringes liegt in I
2: Für alle a,b in I liegt a − b in I
3L: Für jedes a in I und r in R liegt ra in I

(Die Forderungen 1 und 2 sind dazu äquivalent, dass I eine Untergruppe von (R,+) ist.)

Ein Linksideal in R ist nichts anderes als ein Untermodul von R, aufgefasst als R-Linksmodul, entsprechend für Rechtsideale.

Eine Teilmenge I eines Ringes R heißt Rechtsideal, wenn neben 1 und 2 auch gilt

3R: Für jedes a in I und r in R liegt ar in I

Eine Teilmenge I eines Ringes R heißt beidseitiges Ideal, wenn sie Linksideal und Rechtsideal ist, also 1, 2, 3L und 3R erfüllt.

Ist der Ring kommutativ, dann fallen diese drei Begriffe zusammen, und man spricht schlicht von Idealen. In einem nichtkommutativen Ring können sie sich aber unterscheiden; "Ideal" wird dann auch abkürzend für "zweiseitiges Ideal" benutzt.

[Bearbeiten] Beispiele

  • Die Menge 2Z der geraden ganzen Zahlen ist ein Ideal im Ring Z aller ganzen Zahlen.
  • Die Menge 2Z+1 der ungeraden ganzen Zahlen ist kein Ideal in Z; sie erfüllt keine der drei Bedingungen.
  • Die Menge aller Polynome mit reellen Koeffizienten, die durch X2+1 teilbar sind, bilden ein Ideal im Polynomring R[X]. (Der Körper R[X]/(X2+1) ist isomorph zu den komplexen Zahlen)
  • Der Ring C(R) aller stetigen Funktionen von R nach R enthält das Ideal der Funktionen f mit f(1) = 0. Ein anderes Ideal in C(R) sind die stetigen Funktionen mit kompaktem Träger, d.h. alle Funktionen, die für hinreichend große Argumente gleich 0 sind.
  • Die Mengen {0} und R sind stets Ideale eines Rings R. Wenn {0} und R seine einzigen zweiseitigen Ideale sind, dann nennt man R einfach. Ein kommutativer einfacher Ring ist ein Körper.

[Bearbeiten] Eigenschaften

Da ein Ideal I die 0 enthält, ist es nichtleer. Tatsächlich kann man Bedingung 1 in die Forderung umwandeln, dass I nicht leer ist.

Jedes Ideal ist eine Untergruppe der additiven Gruppe (R, +). Die Umkehrung gilt nicht, z.B. ist Z oder eine andere zyklische Gruppe eine additive Untergruppe von R, aber nicht immer auch ein Ideal.

[Bearbeiten] Arten von Idealen

Ist A eine Teilmenge des Ringes R, dann bezeichnet man mit (A) das kleinste zweiseitige Ideal in R, das A enthält und nennt es das von A erzeugte Ideal. Es besteht aus allen endlichen Summen der Form

r_1 a_1 s_1+\ldots+r_na_ns_n mit r_i,s_i\in R, a_i\in A.

Ist R kommutativ, genügt die einfachere Form

r_1a_1+\ldots+r_na_n mit r_i\in R,a_i\in A.

Das von einem Element a erzeugte Haupt(-links-)ideal ist Ra := {ra : r in R}. Das rechtsseitige Hauptideal aR ist analog definiert. Ist der Ring kommutativ, stimmen Ra und aR überein (und bilden ein beidseitiges Ideal); in diesem Fall schreibt man das Hauptideal meist als (a). Für weitere Details zu Hauptidealen siehe Hauptideal.

Eine alternative Definition des von A erzeugten Ideals, geht über Schnitte

(A):= \bigcap_{J\ \mathrm{Ideal\ von}\ R,\ A \subseteq J} J,

analog auch für Links- und Rechtsideale.

Ein Ideal I heißt echtes Ideal, wenn es nicht ganz R ist; dies ist genau dann der Fall, wenn das Einselement 1 nicht in I liegt.

Ein Ideal I heißt maximales Ideal, wenn es kein größeres echtes Ideal gibt, d.h. wenn gilt

I \subseteq J \subsetneq R \Rightarrow I = J

Mit Hilfe des Lemma von Zorn kann gezeigt werden, dass jedes echte Ideal eines Rings mit 1 in einem maximalen Ideal enthalten ist. Insbesondere besitzt jeder Ring mit 1 ein maximales Ideal.

Ein echtes Ideal heißt Primideal, wenn es folgende Eigenschaft hat: Für alle a und b aus R mit ab in I gilt, dass a in I oder b in I liegt (oder beide). Jedes maximale Ideal ist prim.

[Bearbeiten] Faktorringe und Kerne

Ideale sind wichtig, weil sie als Kerne von Ringhomomorphismen auftreten und die Definition von Faktorringen ermöglichen.

Ein Ringhomomorphismus f vom Ring R in den Ring S ist eine Funktion mit

f(a+b) = f(a) + f(b), f(ab) = f(a) f(b), f(1) = 1.

Der Kern von f ist definiert als

ker(f) := {a in R : f(a) = 0}.

Der Kern ist stets ein beidseitiges Ideal von R.

Startet man umgekehrt mit einem beidseitigen Ideal I von R, dann kann man den Faktorring R/I (sprich: "R modulo I") definieren, dessen Elemente die Form

a + I := {a+i : i in I}

für ein a aus R haben. Die Abbildung

p: R -> R/I, p(a) = a + I

ist ein surjektiver Ringhomomorphismus, dessen Kern genau das Ideal I ist. Damit sind die Ideale eines Rings R genau die Kerne von Ringhomomorphismen von R.

Ist der Ring R kommutativ und I ein Primideal, dann ist R/I ein Integritätsring, ist I ein maximales Ideal, dann ist R/I sogar ein Körper.

Die extremen Beispiele von Faktorringen eines Ringes R entstehen durch Herausteilen der Ideale {0} oder R. Der Faktorring R/{0} ist isomorph zu R, und R/R ist der triviale Ring {0}.

[Bearbeiten] Verknüpfung von Idealen

Sei R ein Ring und I,J Ideale in R Dann gilt:

  • I\cap J ist ein Ideal.
  • I\cup J ist im Allgemeinen kein Ideal. Für das von der Vereinigung erzeugte Ideal gilt (I\cup J) = I+J, wobei I + J definiert ist als I+J:=\{a+b\mid a\in I,b\in J\}.
  • Das Produkt zweier zweiseitiger Ideale I und J ist das Ideal, das von der Menge der Produkte von Elementen aus I mit Elementen aus J (auch Komplexprodukt genannt) erzeugt wird.
IJ := (\{ ab\mid a\in I,b\in J\})

Das Komplexprodukt selbst ist im allgemeinen kein Ideal.

Das Produkt zweier Ideale ist stets in ihrem Schnitt enthalten.

Mit den Verknüpfungen Summe und Durchschnitt bildet die Menge aller Ideale eines Ringes einen Verband.

Einige wichtige Eigenschaften dieser Verknüpfungen werden in den Noetherschen Isomorphiesätzen zusammengefasst.

[Bearbeiten] „Ideale Zahlen“

Der Ursprung der Ideale liegt in der Feststellung, dass in Ringen wie \mathbb Z[\sqrt{-5}] die Eindeutigkeit der Zerlegung in irreduzible Elemente nicht gilt: So ist

6 = 2\cdot 3 = (1+\sqrt{-5})\cdot(1-\sqrt{-5}),

und die beiden Faktoren jeder Zerlegung sind irreduzibel. Kummer stellte fest, dass man die Eindeutigkeit manchmal wiederherstellen kann, indem man weitere, ideale Zahlen hinzunimmt. Im Beispiel erhält man durch Hinzunahme der Zahl i die Faktorisierungen

2=(1+\mathrm i)(1-\mathrm i),\quad 3=\frac{1+\sqrt{-5}}{1+\mathrm i}\cdot\frac{1-\sqrt{-5}}{1-\mathrm i}

(dass die Brüche auf der rechten Seite ganz sind, kann man an ihren Normen sehen) sowie

1\pm\sqrt{-5}=\frac{1\pm\sqrt{-5}}{1\pm\mathrm i}\cdot(1\pm\mathrm i),

und die Eindeutigkeit ist wiederhergestellt.[1] Aus heutiger Sicht entspricht die Einführung der idealen Zahl i dem Übergang zum hilbertschen Klassenkörper, in dem alle Ideale des kleineren Körpers zu Hauptidealen werden.

Dedekind erkannte, dass man diese idealen Zahlen vermeiden kann, indem man statt ihrer die Gesamtheit aller durch sie teilbaren Zahlen betrachtet. So haben die Zahlen 2 und 1+\sqrt{-5} im Beispiel den gemeinsamen idealen Primfaktor 1 + i, und die in \mathbb Z[\sqrt{-5}] liegenden Vielfachen dieser Zahl sind gerade das Primideal

(2,1+\sqrt{-5}).

Ist ein „realer“ gemeinsamer Faktor vorhanden, so besteht das Ideal gerade aus seinen Vielfachen, ist also ein Hauptideal.[2] In Ganzheitsringen von Zahlkörpern (und allgemeiner in der aufgrund dieser Tatsache nach ihm benannten Klasse der Dedekindringe) erhält man auf diese Weise eine eindeutige Zerlegung jedes Ideals (ungleich null) in Primideale.[3]

[Bearbeiten] Norm eines Ideals

Für Ganzheitsringe A eines Zahlkörpers K lässt sich eine Norm eines (ganzen) Ideals \mathfrak{a} definieren durch N(\mathfrak{a}) := \mathrm{card}(A / \mathfrak{a}). Diese Norm ist immer eine endliche Zahl und steht in Zusammenhang mit der Norm der Körperweiterung N_{K/\mathbb{Q}}, nämlich gilt für Hauptideale Aa: N_{K/\mathbb{Q}}(a) = N(Aa). Zudem ist diese Norm multiplikativ, d.h. N(\mathfrak{a}\mathfrak{b}) = N(\mathfrak{a}) N(\mathfrak{b}). Allgemeiner werden diese Normen auch für Ideale in Ordnungen in Zahlkörpern betrachtet.

[Bearbeiten] Literatur

  • Felix Klein, Vorlesungen über die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert, Teil I. Berlin 1926
  • Ernst Kummer, Über die Zerlegung der aus Wurzeln der Einheit gebildeten complexen Zahlen in ihre Primfactoren, J. reine angew. Math. 35 (1847) 327–367

[Bearbeiten] Quellen

  1. Klein, a.a.O., Kapitel VII, Abschnitt Theorie der algebraischen ganzen Zahlen …, S. 321f.
  2. Klein, a.a.O., S. 323
  3. J. Neukirch, Algebraische Zahlentheorie. Springer-Verlag, Berlin 1992. ISBN 3-540-54273-6; Theorem I.3.3

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