Umgangsformen
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Umgangsformen sind Formen und Muster zwischenmenschlicher Interaktion. In der gesellschaftlichen Bewertung reichen sie von derb und roh bis kultiviert und edel. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der kultiviert geltenden Variante, den so genannten "guten Umgangsformen".
Je nach Kulturkreis, soziokulturellen Aspekten oder sozialem Umfeld können die als üblich geltenden Umgangsformen erhebliche Unterschiede aufweisen. Sie sind oft identitätsstiftendes Symbol der jeweiligen Gruppe.
Als Gute Umgangsformen oder Gutes Benehmen (auch Etikette, Guten Ton, Anstand, Betragen oder Gute Manieren) bezeichnet man diejenigen Verhaltensweisen und -regeln, die dazu dienen sollen, das menschliche Zusammenleben möglichst reibungslos und angenehm zu machen. Was als "Gute Umgangsformen" gilt, ist auch sehr stark vom Kulturkreis bzw. sozialen Milieu abhängig. Nicht in allen Fällen sind die in einem sozialen Umfeld als "gut" geltenden Umgangsformen auch die in diesem Umfeld üblichen Umgangsformen.
Für die eine steht der Begriff Umgangsformen schon für eine verkünstelte Übertreibung, andere bezeichnen damit ein humanistisch sinnvolles Maß.
Ob, in welchem Maße und in welcher Weise Regeln den menschlichen Umgang regeln sollten, ist umstritten, ebenso ab wann diese Regeln den Charakter des manierierten Äußerlichen einnehmen.
Umgangsformen erlernt man in der Regel durch den Umgang selbst, doch es gibt auch Stimmen, aus deren Sicht es Fälle gebe, in denen eine theoretische Vorbildung wohl angebracht sei, namentlich bei mangelnder Erfahrung und Anleitung, um zu erlernen, wie man den Umgang zu pflegen habe
Es gibt auch Situationen und soziale Kontexte, in denen bewußt derbe, also "Schlechte Umgangsformen" gepflegt werden. Beispiele für entsprechende Situationen sind Vatertagsrituale und manche Initiationsriten, Beispiele für entsprechende soziale Kontexte sind die Milieus / Szenen der Fußballfans, Hooligans und Skinheads, sowie manche Jugendcliquen. Hier wird häufig ein bewußt provokant-prolliges Verhalten und eine anstößige vulgäre Sprache zelebriert. Dies ist allerdings nicht Gegenstand dieses Artikel, siehe dazu unter vulgär.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Anstand
Anstand ähnelt der Höflichkeit und der Fairness und bezeichnet ein Verhalten, das dem Gegenüber seine Persönlichkeit lässt und ihn nicht bloßstellt oder benachteiligt.
Moralische Anständigkeit geht aber noch über die Höflichkeit hinaus, denn sie ist mit Hilfsbereitschaft, mit Toleranz, dem Respekt vor dem Anderen und mit Mitmenschlichkeit (Humanität) verbunden. Hier ähnelt die Anständigkeit der Fairness und lässt dem Gegenüber eine Chance. Diese Regeln sind abhängig von der Kultur des jeweiligen Landes.
Der Begriff Anstand hat seit der 68er Bewegung vermehrt eine negative Konnotation erfahren. Im Gegensatz zum Begriff Fairness wird hier auch Angepaßtheit, Konformismus, unkritische Loyalität zum Staat, fehlende Zivilcourage, Untertanenverhalten und biedermeierliches Spießertum assoziiert. Diese Untertanenmentalität wird seitdem immer wieder kritisiert, auch als Wegbereiter totalitärer Systeme, da der (in diesem Sinne) anständige Bürger keinen Widerstand leiste, sondern sich brav unterordne, gleichgültig, was die Obrigkeit fordert. Um diese Konnotationen zu vermeiden werden stattdessen oft Begriffe wie respektvolles Verhalten, Fairness oder ähnliches verwendet.
Darüberhinaus wird Anstand nicht selten auch in totalitären Regimen (Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus), nationalistischen und religiös-fundamentalistischen Bewegungen als nebensächlich resp. "(klein-)bürgerlicher Krimskrams" eingestuft, der die "gute Sache" nur behindere oder wird in einem eingeschränkten Sinne dann als kultivierte Umgangsform nur für die und innerhalb der bevorzugten Bevölkerungs- und Glaubensgruppen respektive Herrschaftsschichten zur Anwendung gebracht, um die "äußeren Formen" und den Anschein zu wahren (Anschein statt Anstand).
Vertreter eines Anstandsbegriffs im humanistischen Sinne verweisen darauf, dass diese oben als kultiviert bezeichneten Umgangsformen nicht Anstand in dem von ihnen verstandenen Sinne seien: wie sollten auch Kriegsplanungen, Pogrome, Kreuzzüge, politische, ethnische oder religiöse Repression und entsprechende "Säuberungen" mit den nachfolgenden Folterungen und Massenmorden bis hin zu Genozid, Klassenvernichtung (z.B. die Vernichtung der Großbauernschaft("Kulakentum") in der Sowjetunion unter Stalin oder in Rot-China unter Mao Tse Dong) oder der faschistische Holocaust am europäischen Judentum "erfolgreich" bis zum bitteren Ende mit Anstand in dieser humanistischer Bedeutung bewerkstelligt werden? Anstand, Fairness, Toleranz, Gerechtigkeitssinn und Mitgefühl in ihrer universalen Dimension, die alle Menschen in ihrer kreativen Verschiedenartigkeit anerkennt und sie ebenso wie die gesamte Schöpfung als schützenswert umgreift, werde von diesen Bewegungen verteufelt, unterdrückt und verfolgt.
[Bearbeiten] Begrüßung und Abschied
Zu den global gültigen Umgangsformen zählt das Grüßen beim Kommen und Gehen. Während in Mitteleuropa meist kurze Grüße bevorzugt werden, sind ihre Formen im Süden, Osten und im Orient viel "körperbetonter".
[Bearbeiten] Händeschütteln
- Wenn wir jemandem die Hand reichen, und er/sie lässt sie zu lange nicht los, empfinden wir das als aufdringlich. Aber bereits in Italien, noch mehr aber in Nahost könnte ein zu kurzer Händedruck als gezwungene, nur kühle Begrüßung gedeutet werden. Es wird jeweils die rechte Hand geschüttelt. In Mitteleuropa steht ein Mann stets auf, wenn er einer Person die Hände schüttelt. Männer mit schwachem Händedruck können beim Gegenüber den Eindruck einer nicht selbstbewußten Person vermitteln.
- Auf 'vornehmen' Veranstaltungen ist nur noch selten der Handkuss üblich. Doch ist es ohne gewisse Übung (beidseits) besser, darauf zu verzichten. Denn wenn die Dame ihre Hand zu deutlich (oder zu wenig) hebt, kann es peinlich sein. Noch mehr aber, wenn der Herr seine Lippen tatsächlich auf die Hand drückt.
- In Südosteuropa, im Orient oder gar in der Volksrepublik China und Japan gilt es als unfein, ein Gespräch zu rasch zum Kern der Sache zu bringen. In großen Teilen Afrikas muss sogar ein richtiggehendes Palaver vorangehen - umso länger, je wichtiger die Angelegenheit und je hochgestellter die Beteiligten sind. In der deutschen Sprache ist das Wort Palaver eher negativ belegt, doch hat es in manchen Ländern auch den Zweck, das Gegenüber vor den entscheidenden Gesprächsphasen etwas näher kennen zu lernen.
- Ein Ladenbesitzer in einem Basar ist enttäuscht, wenn ein potentieller Kunde, der nicht fündig wird, sich zu rasch zum Gehen wendet. Manchmal versucht er, einen 'unruhigen Gast' noch rechtzeitig zu einem Glas Tee zu bewegen. Wenn es gelingt, ist ein eventueller Geschäftsabschluss oft weniger wichtig als diese kleine Gastfreundschaft.
[Bearbeiten] Umarmen und "Bruderkuss"
Was die Körpersprache beim Grüßen betrifft, ist derzeit ein gewisser Wandel im Gange. Vor relativ kurzer Zeit betrachtete man in Mitteleuropa eine Umarmung oder einen Begrüßungs-Kuss als Privileg unter Russen oder Franzosen. In Jugendkreisen ist es inzwischen teilweise üblich - täuscht jedoch oft eine (noch) nicht vorhandene Vertrautheit vor.
Wird man dann mit drei statt zwei Wangenküssen begrüßt oder verabschiedet, ist der prägende Ausdruck von länderspezifischen Umgangsformen zu spüren, und lässt manche/n Deutsche/n etwas verwirrt zurück. Doch schon zwischen Süden und Norden im deutschen Sprachraum können Abschiedsworte wie "Tschüs", "Moin", "Ciao", "Baba" oder "Grüezi" Erstaunen hervorrufen. Wer jedoch ein bayrisches "Grüß Gott" mit einem lakonischen "Tach" beantwortet, begeht fast einen Fauxpas des Taktgefühls. Aber auch, wer leutselig ein "Servus!" darauf erwidert, wird oft eher auf Zurückhaltung (bei einem nicht näher bekannten Gegenüber) stoßen.
[Bearbeiten] Bekleidung und äußere Erscheinung
Unsere die Kleidung betreffenden Gebräuche haben sich in den letzten zweihundert Jahren stark gelockert. Verordnete Kleiderordnungen existieren in den meisten Lebensbereichen nicht mehr (Ausnahme z.B.: Zwang zu Badebekleidung in Schwimmbädern oder Zwang zu Nacktheit an FKK-Stränden, Dresscodes in Nachtclubs und deren Kontrolle durch Türsteher). Dennoch gibt es gesellschaftliche Erwartungshaltungen bezüglich angemessener äußerer Erscheinung, ohne dass dies explizit vorgeschrieben ist. Die Erfüllung dieser Rollenerwartungen wird als Bestandteil guter Umgangsformen und als Sache des Anstands angesehen. Das betrifft Rollenerwartungen im Berufsleben, bei gesellschaftlichen Anlässen und im Alltag, in denen eine gewisse äußere Erscheinungsform erwartet wird. Dazu gehört Businesskleidung bei Bankangestellten, oder hygienisch einwandfreie Kleidung bei Ärzten und Pflegepersonal, aber auch beispielsweise die Erwartungshaltung, auf der Straße nicht mit Badebekleidung zu flanieren.
Bekannt ist, dass man Moscheen nicht mit Schuhen betreten darf. Doch oft gehen Urlauber in Kirchen eines besuchten Landes, ohne die üblichen Regeln wie bedeckte Oberarme zu beachten. Bei Unsicherheit ist es am besten, sich beim Eintritt verhalten zu bewegen oder kurz die Einheimischen zu beobachten.
Unberührt von gesellschaftlichen Entwicklungen halten einige der großen, traditionellen Spielbanken in Europa an ihren Kleiderordnungen fest, ohne deren Einhaltung Spielern der Zutritt zu den Spielsälen nicht gestattet ist.
[Bearbeiten] Anderes
In den östlicheren Teilen Europas, ungefähr ab und einschließlich Österreich und der ehemaligen DDR, ist es unhöflich, eine fremde Wohnung mit Straßenschuhen zu betreten. Gastgeber sollten entsprechende Hausschuhe bereitstellen. In manchen Balkanländern gibt es sogar entsprechende Häuservorbauten (Papučluk), die nur dem Abstellen von Straßenschuhen dienen.
[Bearbeiten] Rauchen bei Tisch
Sitzt man gemeinsam bei Tisch, so gilt grundsätzlich, dass nicht geraucht wird, solange noch jemand am Tisch isst. Auch zwischen den Gängen eines Menüs sollte nicht geraucht werden. Frühestens nach dem Dessert darf wieder geraucht werden. In gehobenen Restaurants ist dies erkennbar, wenn vom Servicepersonal die Aschenbecher eingedeckt werden. Man sollte grundsätzlich immer jeden Nichtraucher in seiner Umgebung fragen, ob es ihn stört, wenn man neben ihm raucht. Ein allgemeines "Stört es, wenn ich rauche?" - während man womöglich schon die Zigarettenpackung oder gar die Zigarette aus der Packung genommen hat - gilt als rein rhetorische (und damit unhöfliche) Suggestivfrage und sollte daher unterbleiben. Ebenfalls sollte man sich vergewissern, ob Rauchen überhaupt gestattet ist. Höflich und rücksichtsvoll ist es, wenn man als Raucher zum Rauchen den Tisch und den Raum verlässt. Rauchen in öffentlichen Räumlichkeiten wird immer stärker eingeschränkt. Hier gibt es von Land zu Land unterschiedliche Regeln.
[Bearbeiten] Zitat
- Alle benehmen sich schlecht. Man muss ihnen nur die Gelegenheit bieten. - Ernest Hemingway (Fiesta)
[Bearbeiten] Literatur
- Asfa-Wossen Asserate: "Manieren". Eichborn-Verl., Frankfurt am Main 2003, 388 S., ISBN 3-8218-4739-5 (unter Mitwirkung von Martin Mosebach)
- Thomas Baumer: Handbuch Interkulturelle Kompetenz (2 Bände); Verlag Orell Füssli, Zürich. ISBN 3-280-02691-1 und ISBN 3-280-05081-2
- Karlheinz Graudenz: Das Buch der Etikette, unter Mitarbeit von Erica Pappritz, Marbach am Neckar: Perlen-Verlag, 1956
- Karlheinz Graudenz; Erica Pappritz: Etikette neu, 12., völlig neu bearb. Aufl., München: Südwest-Verlag, 1971, ISBN 3-517-00026-4.
- Susanne Helbach-Grosser: Erfolg mit Takt und Stil (1996) Expert Verlag, ISBN 3-8169-1749-6
- Susanne Helbach-Grosser, Jutta Hofmann: Business- Knigge für Frauen (2006), Orell Füssli Verlag, ISBN 3-280-05152-5
- Nora und Diether Schäfer-Elmayer: Der Elmayer - gutes Benehmen immer gefragt (1969)
- Thomas Schäfer-Elmayer: Der Elmayer - gutes Benehmen gefragt (1991, 2000)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Siehe auch zu Umgangsformen
- Adolph Freiherr Knigge
- Anrede
- Asfa-Wossen Asserate
- Benimmunterricht
- Diplomatie
- Interkulturelle Kompetenz
- Netiquette
- Taktgefühl
- Tischsitten
- "Umgangsformen, Benehmen, Verhalten", schulisches Unterrichtsfach in Bremen
[Bearbeiten] Siehe auch zu Anstand
- Höflichkeit
- Fairness
- Toleranz
- Hilfsbereitschaft
- Respekt
- Menschlichkeit und Humanität
- Persönlichkeit
- Blamage
- Scham
- Scheuheit
- Gesichtsverlust
[Bearbeiten] Weblinks
- Manieren per Mausklick
- Verhaltensregeln auf Auslandsreisen
- Benimmbuch für Jugendliche von 1825 (Digitalisat)
- Claudia Schmölders: Die Wiederkehr der Höflichkeit. Kurzporträt der Autorin und Auswahlbibliographie
- Der Ratgeber für Stil & Etikette im Internet
- Business Etikette in Deutschland Kurze Auszüge aus dem Buch von Joachim Graff & Gretchen Schaupp
- www.benehmensberatung.de Benimm-Knigge von A-Z
Wikibooks: Umgangsformen – Lern- und Lehrmaterialien |
Wikibooks: Austauschschüler-Knigge für die USA – Lern- und Lehrmaterialien |