Aids in Afrika
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Aids in Afrika weist zweierlei Besonderheiten auf: Hinsichtlich des Anteils der Infizierten an der Gesamtbevölkerung unterscheidet sich Nordafrika (0,2%) deutlich vom südlichen Afrika (7,2%); und bezüglich der globalen Verbreitung stellt die Pandemie südlich der Sahara mit 25,8 Millionen Infizierten rund über 60% aller AIDS-Infizierten weltweit. Im Jahr 2005 starben im südlichen Afrika 2,4 Millionen Menschen an AIDS, 3,2 Millionen wurden neu infiziert. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zu den gemeldeten Todesfällen zeigt, dass die Zahl der Todesfälle in der Altersgruppe über 15 Jahre im Zeitraum 1997–2002 um 62% angestiegen ist, die Todesfälle in der Altersgruppe 25–44 Jahre haben sich mehr als verdoppelt.[1] Dies hat dramatische demografische Folgen: In einigen Ländern ist durch die Immunschwäche die Lebenserwartung um mehr als zehn Jahre gesunken. Warum sich die Erkrankung im südlichen Afrika schneller verbreitet, ist unter dem Punkt Ursachen noch näher erläutert.
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(UNAIDS, 2005) |
Inhaltsverzeichnis |
Verbreitung
In diesen Ländern ist der Anteil der mit AIDS Infizierten bezogen auf die Gesamtbevölkerung (15-49 Jahre) am höchsten (wenn nichts angegeben 2003, CIA The World Factbook)
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Geschichte
Siehe auch: Aids
Genaue Angaben über Zeit, Ort, Wirtstier, Art und Anzahl der Übertragungen sind nicht bekannt. Ein internationales Forscherteam konnte 2006 schlüssig beweisen, dass der Ursprung des Erregers bei Schimpansen in Kamerun liegt.[2] Phylogenetische Untersuchungen (Verwandtschaftsvergleiche zwischen den unterschiedlichen Subtypen von HIV und zwischen HIV und SIV) lassen vermuten, dass mehrere unabhängige Übertragungen vom Schimpansen auf den Menschen in Kamerun und/oder dessen Nachbarländern stattfanden. Die erste Blutprobe, in der sich HIV nachweisen ließ, wurde 1959 im Kongo von einem erwachsenen Menschen genommen. Weitere Proben stammen von einem US-Amerikaner (1969) und einem norwegischen Matrosen (1976).
Christoph Köpke, Chef von DaimlerChrysler South Africa (DCSA), engagiert sich seit ca. 1995 für die AIDS Foundation South Africa (AFSA) und eine betriebsinterne AIDS-Aufklärung. Die 11,8 Prozent HIV-positiven Mitarbeiter erhalten kostenlose Medikamente. Seit 2000 sind mehr als 130 DCSA-Mitarbeiter als Ausbilder und Vertrauensleute geschult worden.
Wie auch in einigen anderen Ländern Afrikas und Asiens verdrängten und verharmlosten die Regierungen das Aids-Problem zunächst. Noch im Jahre 2000 tat der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki Aids als westliche Lüge ab. Er vollzog inzwischen aber einen Kurswechsel.
2004 wurde von der WHO die Initiative 3 by 5 gestartet: 3 Millionen Infizierte sollten im Jahr 2005 mit Medikamenten versorgt werden. Mindestens 85% (nahezu 900.000) der Südafrikaner, die antiretrovirale Medikamente benötigen, bekamen diese Mitte 2005 nicht, das gleiche gilt für mindestens 90% der Bedürftigen in Ländern wie Äthiopien, Ghana, Lesotho, Mozambique, Nigeria, der Vereinigten Republik Tansania und Simbabwe. [1]
Der südafrikanische Politikwissenschaftler Deon Geldenhuys urteilt: „Aids, Arbeitslosigkeit und Armut bedrohen Entwicklung und Stabilität. Nur wenn die Regierung hier in den nächsten zehn Jahren so erfolgreich ist wie bei der Demokratisierung, hat Südafrika eine Chance.“ [3]
Ursachen
Die vergleichbare Verbreitung in Nordafrika und West- bzw. Zentraleuropa ist auf den Einfluss Europas auf den nordafrikanischen Teil zurückzuführen; zusätzlich bildet die Sahara eine ökologische Abgrenzung zwischen nord- und südafrikanischen Staaten.
Für die weite Ausbreitung von AIDS in den südafrikanischen Staaten sind vermutlich folgende Ursachen verantwortlich:
- Späte Präventionskampagnen: Während in Europa und Nordamerika kurz nach der Entdeckung des HI-Virus durch Massenmedien die Endzeitstimmung verbreitet wurde und damit große Teile der Bevölkerung über die Übertragungswege und Prävention informiert waren, blieb AIDS in vielen Teilen Afrikas ein Tabuthema, wodurch die Seuche fast 20 Jahre Zeit hatte, sich ungehindert zu verbreiten.
- Kostengründe: Die Bevölkerung Südafrikas gehört zu den ärmsten der Welt. Werden Kondome und HIV-Tests den Betroffenen nicht sehr kostengünstig zur Verfügung gestellt, so werden diese Mittel nicht breite Verwendung finden.
- Prostitution sowie sexuelle und körperliche Gewalt gegen Frauen sind mögliche Gründe, weshalb im Gegensatz zu Europa und Nordamerika mehr Frauen als Männer infiziert sind (57% der HIV-infizierten Erwachsenen sind Frauen[1]), erklären dieses Phänomen jedoch nicht vollständig. In Tansania ergab eine Untersuchung, dass bei jungen Frauen, die Gewalt durch ihren Partner erfahren haben, die Wahrscheinlichkeit, HIV-infiziert zu sein, zehn mal höher war als bei Frauen, die keine Gewalt erfuhren.
- Gleichgültigkeit der Infizierten: In vielen Gebieten besteht kein großes Interesse bei den Betroffenen, den eigenen HIV-Status zu kennen und somit andere schützen zu können. Ein positives Testergebnis kommt in vielen Gebieten Afrikas einem Todesurteil gleich, da es keinerlei Behandlungsmöglichkeiten gibt.
- Starke Tabuisierung von Aids und Diskriminierung und Ausgrenzung von Aids-Kranken, was die Bereitschaft, einen Aids-Test durchzuführen, stark vermindert.
- Kulturelle Ursachen: Polygamie und das sofortige Heiraten der Witwen durch Familienangehörige des Verstorbenen sind ebenfalls begünstigende Faktoren.
Höhere Prävalenz und fehlende Behandlungsmöglichkeiten für andere sexuell übertragbare Krankheiten begünstigen die Übertragung des HI-Virus. In wie weit die Prävalenz dieser Erkrankungen die Verbreitung von HIV beeinflusst, ist noch nicht verstanden. Da viele Geschlechtskrankheiten zu Hautwunden an den Geschlechtsorganen führen, kann das Virus beim Geschlechtsverkehr die Schleimhautbarrieren wesentlich leichter überwinden. Gelegentlich werden auch genetische Faktoren in Betracht gezogen und Unterschiede des HI-Virus zu den in Europa verbreiteten Stämmen genannt. Bekannt ist, dass Aids vermehrt mit den in Afrika häufigen Erkrankungen Tuberkulose und Malaria einher geht.
Auch wenn alle oben genannten Ursachen die Verbreitung von AIDS begünstigen, überwiegen in bestimmten Regionen spezifische Ursachen. Zentral- und Ostafrika sind die einzigen Regionen in Afrika, die eine Abnahme der Verbreitung in der Bevölkerung aufzeigen - um dies nun schon als allmähliche Entschärfung des Problems betrachten zu können, sind die beobachteten Zeiträume jedoch zu kurz und ist der prozentuale Anteil der Infizierten in der Bevölkerung immer noch zu hoch. Trotzdem nimmt man an, dass diese Abnahme auch auf die Präventionskampagne, die seit Mitte der 80er Jahre in Zusammenarbeit mit der WHO begonnen hat und die dafür verantwortlich ist, dass die Aids-Problematik und die möglichen Schutzmaßnahmen inzwischen 99% der Bevölkerung, insbesondere auch den Jugendlichen, bekannt sind, zurückzuführen ist. In Ost- und Zentralafrika konnte die UNAIDS feststellen, dass gute, intensive Präventionskampagnen einen deutlich positiven Effekt aufweisen können.
In Westafrika soll Prostitution eine wichtige Ursache sein. Beispielsweise sind in Luanda 33% , in Ouagadougou 21% der weiblichen Sexarbeiter HIV positiv – ein riesiges Potential für ein zukünftiges Wachstum der Epidemie.[1]
Die Ursachen in Südafrika liegen gemäß UNAIDS (2004) an der frühen sexuellen Aktivität der Jugendlichen (das Durchschnittsalter beim ersten Geschlechtsverkehr beträgt bei Männern 16,4 Jahre und bei Frauen 17 Jahre, Deutschland: 16.9 Jahre) in Zusammenhang mit schlechter bzw. schlicht nicht vorhandener Präventionsaufklärung. Bei den Fünfzehn- bis Neunzehnjährigen sind 4,8% (2004) infiziert, bei den Zwanzig- bis Vierundzwanzigjährigen bereits 16,5% (2004). Auch sexuelle Gewalt scheint eine große Rolle zu spielen: 14% der Frauen in Ostafrika geben an, dass sie zu ihrer ersten sexuellen Erfahrung gezwungen wurden.[1]
Von verschiedenen Seiten (den sogenannten Aids-Dissidenten) werden die Statistiken für Afrika angezweifelt. Armut und Unterernährung seien für Immunschwäche und die Ausbreitung opportunistischer Infektionen verantwortlich und nicht das HI-Virus. Einige HIV-Testverfahren sollen zudem angeblich häufiger zu falsch-positiven Ergebnissen kommen, wenn eine Malariainfektion vorliegt.
Situation der Infizierten
Während sich die Lebenserwartung und Lebensqualität für HIV-Infizierte in den Industrienationen deutlich vergrößert bzw. gebessert haben – sei es durch antiretrovirale Medikamente, durch bessere Behandlung von opportunistischen Infektionen oder die medikamentöse Prophylaxe von Infektionen –, sind die Perspektiven von HIV-Infizierten in den meisten afrikanischen Ländern immer noch schlecht. Wo eine medizinische Versorgung oft ein Privileg Weniger ist, bleibt eine lebenslange antiretrovirale Therapie für Millionen von Menschen unbezahlbar.
Eine antiretrovirale Therapie kostet in Europa zwischen 10.000 $ und 15.000 $ pro Person und Jahr. Die Kosten sind u.a. so hoch, weil auf diesen Medikamenten Patentrechte liegen. Durch pharmazeutische Fabriken in Südafrika, Indien, Brasilien, Thailand und China sowie durch Spenden ist es möglich, in bestimmten afrikanischen Ländern Generika für 140 $ pro Person und Jahr zu Verfügung zu stellen.
Zu Beginn des Jahres 2004 hat die Clinton Foundation eine Einigung zwischen verschiedenen Herstellern von Generika und Markenherstellern erzielt und deutlich günstigere Konditionen für die Länder ausgehandelt, die am stärksten von der Pandemie betroffen sind. UNAIDS verkündete das Ziel, in diesen Ländern bis zum Jahre 2005 drei Millionen Menschen den Zugang zur antiretroviralen Therapie zu ermöglichen.
AIDS-Bekämpfung
Einen eigenen Weg in der AIDS-Bekämpfung in Afrika scheinen die Vereinigten Staaten von Amerika zu gehen. Präsident Bush verkündete einen „Emergency Plan“ und versprach große Geldsummen. Diese Initiative wird jedoch von vielen Seiten kritisiert. Zum einen wird ihr vorgeworfen, dass die versprochenen Geldbeträge künstlich hoch gerechnet würden. Bereits finanzierte Programme würden zum „Emergency Plan“ umdeklariert. Zum anderen werden die Bedingungen kritisiert, die erfüllt werden müssen, um Geld zu erhalten. So dürfen Therapieprogramme nur bestimmte Markenprodukte anstelle von Generika benutzen, was eine Therapie verteuert. Auch die deutliche Bevorzugung von religiösen amerikanischen Organisationen (Faith based Organisations) gegenüber anderen nichtstaatlichen Organisationen und Initiativen wird kritisiert. Von diesen religiösen Organisationen wird oft der Gebrauch von Kondomen abgelehnt – dem effektivsten Mittel im Kampf gegen die Pandemie. Auch die deutliche Gewichtung der Geldmittel zugunsten medikamentöser Therapie gegenüber Präventionsmaßnahmen wird von einigen kritisch gesehen. Wie eine Studie von UNAIDS ergab, ist die Therapie der mit Abstand teuerste Weg der Pandemiebekämpfung.
In Südafrika engagieren sich zahlreiche kleine Organisationen und Gruppen in der besonders betroffenen Provinz KwaZulu/Natal in der AIDS-Arbeit. Oft handelt es sich dabei um dörfliche Initiativen, die dem Leid ihrer Nachbarn nicht länger untätig zusehen wollen. Was ihnen fehlt, sind fachliches Wissen und finanzielle Mittel. Die AIDS Foundation South Africa (AFSA) hilft den Basisgruppen durch fachliche Beratung und mit Geld aus einem eigens dafür eingerichteten Fonds. In den nächsten drei Jahren will AFSA 16 Initiativen, die sich für AIDS-Aufklärung engagieren und betroffenen Familien helfen, finanziell unterstützen und fachlich beraten. So kann sichergestellt werden, dass sich die kleinen Initiativen und Gruppen ganz auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können und Hilfe bekommen, wenn sie nicht mehr weiter wissen.
Quellen
- ↑ a b c d e Alle Zahlen 2005: „Die AIDS-Epidemie.Status-Bericht: Dezember 2005“, UNAIDS, 2005 (PDF)
- ↑ Kathrin Zinkant (26. Juni 2006), „Wurzel einer Pandemie“, Zeit online
- ↑ Focus 16/2004
Literatur
- Dilger, Hansjoerg: Leben mit Aids. Krankheit, Tod und soziale Beziehungen in Afrika. Eine Ethnographie. Campus, Frankfurt a.M., 2005. ISBN 3593377160
Weblinks
- HIV und AIDS in Africa
- UNAIDS - The Joint United Nations Programme on HIV/AIDS
- Arbeitskreis Südafrika und Aids (SAAIDS)
- Project to combat Aids in Mozambique
- Geolinde - AIDS in Afrika
- zeit.de AIDS-Waisen in Afrika - Eine Zusammenfassung von der UNICEF-Studie Africa´s Orphaned Generations (November 2003)
Kategorien: Afrika | Aids