Bahnstrecke Maulbronn West–Maulbronn
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Bahnstrecke Maulbronn West–Maulbronn | |||||||||||||||||
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Kursbuchstrecke: | 772 | ||||||||||||||||
Streckennummer: | 4841 | ||||||||||||||||
Streckenlänge: | 2,3 km | ||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 10 ‰ | ||||||||||||||||
Minimaler Radius: | 200 m | ||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 50 km/h | ||||||||||||||||
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Die Bahnstrecke Maulbronn West–Maulbronn ist eine 1914 eröffnete 3,2 km kurze eingleisige Nebenbahn, die die Stadt Maulbronn an den außerhalb der Stadt gelegenen Bahnhof Maulbronn West der Württembergischen Westbahn anbindet. Heute wird die Strecke nur noch an Wochenenden im Sommer mit Ausflugszügen – dem so genannten „Klosterstadt-Express“ – befahren. Für diesen Zweck übernahm die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) im Jahr 1998 die Strecke.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Verlauf
Ausgangspunkt der Strecke ist der Bahnhof Maulbronn West, welcher ca. 3,5 km südwestlich der Stadt liegt und als Keilbahnhof angelegt ist. Während die Westbahn hier nach Passieren der Wasserscheide zwischen Neckar und Rhein dem Lauf der Salzach abwärts folgt, wendet sich die Nebenbahn von hier aus in einem Einschnitt nordöstlich und folgt der Salzach flussaufwärts. Die Strecke endet am südwestlichen Ortsende, der Bahnhof liegt in ca. 800m Entfernung vom Kloster Maulbronn. Wesentliche Kunstbauten mussten für die Trassenführung nicht errichtet werden.
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Vorgeschichte, Planung und Bau
Die Strecke Maulbronn West–Maulbronn verdankt ihre Entstehung dem Ergebnis der langwierigen und kompromissbehafteten Verhandlungen zwischen den Staaten Baden und Württemberg über den Bau einer Eisenbahnverbindung von Stuttgart nach Baden. Nachdem Einigkeit bestand, dass die Württembergisch-Badische Grenze bei Kleinvillars passiert werden sollte, wäre eine Streckenführung über das Schmie- und das Salzachtal naheliegend gewesen, da damit auch die Oberamtsstadt Maulbronn einen direkten Anschluss an das Eisenbahnnetz erhalten hätte. Dies stand jedoch Badischen Interessen entgegen, das eine südwestlicher liegende Streckenführung über Mühlacker forderte, um seinerseits mit geringerem Aufwand einen Anschluss in Richtung Karlsruhe erbauen zu können. Schlussendlich legte der Staatsvertrag vom 4. Dezember 1850 für den Bau der Westbahn dem Badischen Standpunkt entsprechend eine Streckenführung über Mühlacker, Ötisheim, Ölbronn und weiter über einen Tunnel ca. vier Kilometer südwestlich von Maulbronn in das Salzachtal fest.
Für Maulbronn bedeutete dies, dass die Stadt mit der Eisenbahn nur über einen drei Kilometer außerhalb im Wald gelegenen Bahnhof zu erreichen war. Dies veranlasste die Stadt Maulbronn zu diversen Petitionen für die Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Bahnhof und Stadt, welche mit dem Bedürfnis nach einem Gleisanschluss für die örtlichen weit bekannten Sandsteinbrüche, dem Transport landwirtschaftlicher Güter aber auch mit dem aufkommenden Tourismus zum berühmten Kloster Maulbronn begründet wurde. Eine solche Petition, die von Oktober 1904 datiert, schlug beispielsweise eine Verlängerung der schmalspurigen Zabergäubahn bis nach Mühlacker vor, die über Sternenfels, Freudenstein, Zaisersweiher, Maulbronn, Schmie und Lienzingen führen sollte. Da parallel die Gemeinden Knittlingen, Großvillars, Oberderdingen und Kürnbach für eine Verlängerung der Zabergäubahn in Richtung Bretten petitionierten, enthielt die erstere Petition auch entsprechende Wirtschaftlichkeitsrechungen, die der südlicheren Streckenführung eine höhere Rendite bescheinigten.
Da von Badischer Seite die Entscheidung für eine normalspurige Stichstrecke Bretten-Derdingen fiel, entstand auf Württembergischer Seite 1909 ein Gesetzentwurf für eine Normalspurstrecke, die lediglich Maulbronn an die Westbahn anbinden sollte. Allerdings sollte der Endbahnhof so ausgelegt werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Verlängerung nach Sternenfels möglich gewesen wäre. Am 25. August 1909 beschloss die Württembergische Abgeordnetenkammer das Gesetz zum Bau der Strecke vorbehaltlich der unentgeltlichen Bereitstellung von Grund und Boden im Wert von 45.000 Mark sowie eines Zuschusses von 13.000 Mark durch die Stadt Maulbronn. Nachdem die Stadt diese Voraussetzungen geschaffen hatte, gab das Land Württemberg am 15. August 1911 per Gesetz die noch benötigten Gelder in Höhe von 506.000 Mark frei.
Noch im selben Jahr wurde mit ersten Vorarbeiten begonnen, der eigentliche Bau wurde im Laufe des Jahres 1912 in Angriff genommen. Um erhöhte Kosten für eine mögliche Verlängerung in Richtung Sternenfels zu vermeiden, wurde der Stadtbahnhof in etwas erhöhter Lage am Talabhang erbaut. Das neue Bahnhofsgebäude wurde völlig unabhängig von der üblichen Württembergischen Bahnhofsarchitektur gestaltet: In neuromanischem Stil zitiert es das 800 m entfernte Kloster, das Wahrzeichen der Stadt. Nach rund zweijähriger Bauzeit konnte die Strecke am 1. August 1914 dem Verkehr übergeben werden. Aufgrund des mittlerweile ausgebrochenen ersten Weltkriegs fand die Einweihungszeremonie in stark gekürztem Umfang in Anwesenheit von nur wenigen Gästen statt.
[Bearbeiten] Niedergang
Nachdem bereits in den 1960er Jahren erste Züge in Tagesrandlagen durch Bahnbusse ersetzt wurden, verkehrte der letzte planmäßige Personenzug am 3 Juni 1973. Noch bis 1975 wurde der Maulbronner Stadtbahnhof im Stückgutverkehr bedient, danach war der Bahnhof unbesetzt, und es gab noch bis 1997 unregelmäßigen Güterverkehr, nachdem die Deutsche Bahn Ende 1996 ankündigte, die Strecke aus wirtschaftlichen Gründen komplett aufgeben zu wollen, obwohl ein 1994 durch das Land Baden-Württemberg im Rahmen der Regionalisierung des SPNV beauftragtes Konzept einen Stadtbahn-Betrieb zwischen Bretten und Mühlacker unter Einbeziehung der Maulbronner Stichbahn empfahl. Zum 31. Juli 1999 stellte die Deutsche Bahn auch offiziell die Bedienung im Güterverkehr ein.
[Bearbeiten] Übernahme durch die AVG und Ausflugsverkehr
Um auf das drohende Schicksal und eine mögliche Nutzung der Strecke hinzuweisen, organisierte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) an einem Wochenende im Sommer des Jahres 1996 erstmalig Sonderfahrten in den Relationen Bretten–Mühlacker und Maulbronn West–Maulbronn. Im Sommer 1997 wurden diese Sonderfahren aus Anlass des 850-jährigen Jubiläums des Klosters auf alle Sonntage ausgedehnt. Zwischen Mühlacker und Maulbronn Stadt pendelte als „Klosterstadtexpress“ ein Triebwagen der Baureihe 628, es wurden vier Zugpaare angeboten. Aufgrund des großen Erfolgs wurde die Initiative auch im kommenden Jahr gleichermaßen fortgesetzt, ebenfalls 1998 wurde die Strecke durch die AVG mit Unterstützung des Maulbronner Gemeinderats gepachtet, um eine dauerhafte Erhaltung sicherzustellen.
Als 1999 der Stadtbahn-Vorlaufbetrieb der Linie S9 zwischen Bretten und Mühlacker aufgenommen wurde, ergriffen der VCD und Pro Bahn nochmals die Initiative und sprachen sich für den Bau einer Verbindungskurve Bretten–Maulbronn aus, die einen durchgehenden Stadtbahnverkehr auf der Westbahn mit Einbeziehung des Maulbronner Stadtbahnhofs mit einem dortigen Fahrtrichtungswechsel ermöglichen sollte. Auch die AVG unterstützte diese Vorhaben. Die standardisierte Bewertung ergab jedoch einen Faktor kleiner eins, so dass es nicht weiter verfolgt wurde.
In den Sommermonaten des Jahres 1999 wurde das sonntägliche Zugangebot auf einen Pendelverkehr zwischen den beiden Maulbronner Bahnhöfen um Halbstundentakt ausgedehnt und durch eine Zugverbindung Horb–Pforzheim–Maulbronn ergänzt. Die Zugverbindung führt seitdem den Untertitel „auf den Spuren Hermann Hesses“, womit auf den Lebensweg des Dichters Bezug genommen wird. Seit 2000 gibt es an den Betriebstagen sogar vier Zugpaare in der Relation Tübingen–Horb–Pforzheim–Maulbronn.
[Bearbeiten] Betrieb
Von der Eröffnung der Strecke bis zur Einstellung des Personenverkehrs gab es fast durchgehend ein umfangreiches Zugangebot, welches zu den in Maulbronn West haltenden Personenzügen einen Anschluss in die Stadt herstellte. Über die Jahre gab es auf der Strecke konstant ca. 12 bis 14 Zugpaare, wobei das Angebot während des ersten Weltkriegs reduziert werden musste. Während der Wirtschaftskrise von 1923 wurde der Betrieb auf der Strecke an Sonntagen eingestellt. In den 1950er und frühen 1960er Jahren erlebte die Strecke mit bis zu 20 täglichen Zugpaaren eine letzte große Blüte, doch bereits ab dieser Periode wurde der Zugbetrieb in den Morgen- und Abendstunden und an Wochenenden durch Bahnbusse ersetzt.
Aufgrund des geringen Fahrgastaufkommens wurde der Betrieb von Anfang an mit Triebwagen durchgeführt, bis 1948 kam dafür ein in Mühlacker stationierter Kittel-Dampftriebwagen zum Einsatz, der zwischen den beiden Bahnhöfen pendelte. Als Ersatzfahrzeug wurde in Mühlacker ein weiterer Dampftriebwagen stationiert. Zwischen 1948 und 1955 wurde der Betrieb mit dem in Stuttgart stationierten Benzoltriebwagen VT 75 900 durchgeführt, welcher bis zur Einstellung des Personenverkehrs durch einen in Stuttgart stationierten Uerdinger Schienenbus der Baureihe VT 95 abgelöst wurde.
[Bearbeiten] Literatur
- Hans-Wolfgang Scharf: Die Eisenbahn im Kraichgau. Eisenbahngeschichte zwischen Rhein und Neckar. EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 3-8825-5769-9
- Matthias Lieb, Jürgen Schedler: Wandern mit dem Klosterstadt-Express – rund um Maulbronn. In: Schwäbische Heimat. 2/1999 (PDF, 122 kB)