Dänische Minderheit in Deutschland
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Die Dänische Minderheit ist eine autochthone ethnische Gruppe in Schleswig-Holstein, im Landesteil Schleswig (im Sprachgebrauch der Minderheit Südschleswig bezeichnet) und umfasst je nach Definition und Quelle ca. 8.000–50.000 Angehörige.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Status
Wie die Friesen, Sorben, Sinti und Roma genießen sie als Nationale Minderheit gemäß dem 1997 von Deutschland ratifizierten Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten einen besonderen Minderheitenschutz. Bereits in den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 verpflichtete sich die deutsche Regierung, die dänische Minderheit zu schützen; die dänische Regierung garantiert ähnliche Minderheitenrechte für die deutsche Minderheit. Die 5%-Sperrklausel wurde für die politische Vertretung der dänischen Minderheit aufgehoben; es gibt Zuschüsse für die dänischsprachigen Schulen, die Pflege der religiösen, kulturellen und fachlichen Beziehungen zu Dänemark wird garantiert.
[Bearbeiten] Größe
Alle die dänische Minderheit betreffenden Fragen der Bundesinnenpolitik werden seit 1965 beim „Beratenden Ausschuß für Fragen der dänischen Minderheit beim Bundesminister des Innern“ beraten. Der Ausschuss setzt sich aus dem Bundesminister des Innern, einem Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, je zwei Mitgliedern der Fraktionen des Deutschen Bundestages, drei Mitgliedern der dänischen Minderheit (davon zwei des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) und einem des Südschleswigschen Vereins (SSF) sowie der Minderheitenbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein als Vertreterin der Staatskanzlei zusammen und ist die Quelle aller offiziellen Angaben und Mitteilungen, die in Druck- und Internetmedien verbreitet werden. Je nach Problem und Aufgabenstellung können auch Bedienstete anderer Ministerien temporär dem Ausschuss beiwohnen.
Die vom Ausschuss weitergegeben Daten und Zahlen wie z.B. die Größe der dänischen Minderheit von 50.000 Personen stammt von den beiden dänischen Verbänden SSW und SSF. Die Organisationen haben dazu einerseits die Wählerzählen herangezogen und andererseits die Nutzer- und Mitgliedszahlen sämtlicher dänischer Organisationen addiert und versucht, die Summe auf ein Maß zu reduzieren, das Mehrfachmitgliedschaften Rechnung trägt. Problematisch ist zum einen, dass die Datensätze der Organisationen nicht untereinander vernetzt sind, so dass eine genaue Berücksichtigung von Mehrfachmitgliedschaften nur mehr sehr hohem Aufwand möglich wäre, zum anderen, dass der je nach Organisation unterschiedlich hohe, teilweise auch deutlich überwiegende Anteil von nicht-dänischen Mitgliedern und Nutzern unberücksichtigt bleibt, da naturgemäß die Nationalität von Nutzern der Einrichtungen per Definition als dänisch vorausgesetzt wird. Die Ermittlung der Zahlen wird in Anlehnung an die Bonn-Kopenhagener Erklärungen (s.o.) nicht offengelegt.
Die Angaben des Ausschusses bilden die Grundlage für alle im weiteren veröffentlichten offiziellen Angaben seitens deutscher Bundes-, Landes- oder Kommunalbehörden und dient Nachschlagewerken wie Fischers Weltalmanach, Meyers Lexikon oder dem Brockhaus wiederum als Quelle.
Als Indikator für eine realistische Beurteilung der Größe der dänischen Minderheit können des weiteren historische Daten herangezogen werden:
- das Ergebnis der Volkszählung von 1900 im Deutschen Reich, in dem u.a. die Nationalität aller Bewohner festgehalten wurde: in dieser Volkszählung bekannten sich im gesamten Regierungsbezirk Schleswig (dem heutigen Schleswig-Holstein und dem ehem. dänischen Amt Sønderjylland) rd. 140.000 zur dänischen Volkszugehörigkeit, davon ca. 20.000 im Raum des heutigen deutschen Teils Schleswigs – explizit wurde bei jedem Kreis der prozentuale Anteil Dänischgesinnter ermittelt, so für die ehemaligen Stadt- und Landkreise Flensburg (inkl. heute dänischem Teil nördlich der Grenze) als dänische „Hochburgen“ mit 6,8 % bzw. 6,3 %, für die ehemaligen Landkreise Husum, Eiderstedt, Schleswig und Eckernförde Anteile von weniger als 5 % - interessant ist auch, dass sich fast 21.000 Menschen als Friesen bezeichneten, davon im ehem. Landkreis Husum 11,6 % und im ehem. Landkreis Tondern (heute zur Hälfte dänisch und zur Hälfte deutsch) 22,5 %;
- das Ergebnis der Abstimmung über die Nationale Zugehörigkeit Schleswigs von 1920: In der Abstimmungszone II, das sich aus dem ehemaligen Stadtkreis Flensburg, dem südlichen, heute deutschen Teil des ehemaligen Landkreises Flensburg, dem südlichen, heute deutschen Teil des ehemaligen Landkreises Tondern sowie einem nördlichen Randstreifen des ehemaligen Landkreises Husum zusammensetzte und heute dem nördlichen, grenznahen Teil des heutigen Schleswigs entspricht, votierten rd. 12.800 Personen für Dänemark;
- die Angaben der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte über die Entwicklung der Größe der dänischen Minderheit in den Zeiträumen 1920 bis 1945: Diese wird für die Zeit direkt nach 1920 mit rd. 10.000 angegeben, für die Zeit bis 1930 mit ca. 7.000, für die Zeit bis 1945 mit ca. 3.000 – 6.000;
- die Angaben des Sydslevisk-Forening nach 1945 über seine Mitgliederzahlen: Diese betrug 1946 knapp 12.000, explodierte dann binnen eines Jahres auf über 68.000 im Jahre 1947, betrug dann rund 75.000 bis zur Gründung der Bundesrepublik und nahm anschließend kontinuierlich jährlich um knapp 10% ab. 1958 betrug die Mitgliederzahl noch rund 33.000, nahm dann bis Mitte der 1970er Jahre weiter jährlich um ca. 3 - 4 % ab, blieb weitestgehend konstant bis Anfang der 1980er Jahre, ging dann weiter jährlich um 2 % zurück, bis sie 2005 erstmals wieder um 3 % auf 14.000 Mitglieder anstieg.
- Als zusätzliches Kriterium zur Verifikation aller diskutierten Zahlen können die Angaben seitens der Gesellschaft für bedrohte Völker bzw. seitens des dänischen Instituts für Grenzregionsforschung über die Personenzahl, die Dänisch im Alltag nutzt, genannt werden, die mit 8.000 bzw. 10.000 Personen angegeben wird. Diese Zahlen decken sich mit den Angaben des dänischen Kulturvereins, der von rund 10.000 dänischen Muttersprachlern ausgeht.
Durch die Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 ist eine explizite Erhebung der Minderheitenstärke als auch die Überprüfung jeder Eigenschätzung der dänischen oder dritter Verbände durch staatliche Stellen unzulässig. So „läßt sie [die Größe der Minderheit] sich“ laut Institut für Grenzregionsforschung „nach wie vor weder falsifizieren oder verifizieren, sondern muß mangels Alternativen als Schätzung bezeichnet werden“, da „keine Erhebungen, die eine exakte Einschätzung erlauben“ existieren. „Von der gebetsmühlartigen Nennung der Zahl 50.000 ergibt sich noch nicht eine autoritative Quellenlage. Es handelt sich vielmehr um eine Einschätzung, die kaum verifizierbar oder falsifizierbar ist. … Die Antwort hängt davon ab, wie der Begriff Dänentum oder Anbindung an die dänische Minderheit definiert wird. Hier gibt es viele verschiedene Deutungsvorschläge. Wenn das Dänentum so definiert wird, daß man als Däne unbedingt aktiv Dänisch sprechen muß, so würde die Minderheit vielleicht nur 15.000 - 20.000 Mitglieder haben.“ (Kühl).
[Bearbeiten] Geschichte
Die dänische Minderheit in Südschleswig (sowie die deutsche Minderheit in Nordschleswig) entstand durch die Teilung Schleswigs nach der Volksabstimmung 1920. In Bezug auf die meisten Charakteristika wie Abstammung, Religion usw. sind zwischen deutschen und dänischen Schleswigern keine signifikanten Unterschiede festzustellen; und auch die Sprache kann nicht immer als Indiz für die Volkszugehörigkeit herhalten, wie es vor allem die Situation südlich der Grenze heute zeigt. Die Zugehörigkeit zu „deutsch“ oder „dänisch“ entspringt laut Gesetz einer freien Wahl und ist davon abhängig, wie Menschen und Familien ihre Geschichte und Kultur auffassen - man spricht deswegen auch von einer Gesinnungsminderheit (siehe Die Dänische Minderheit im Kontext von Verbänden und Sprache).
Im heutigen Schleswig lebten im frühen Mittelalter nach der Völkerwanderungszeit Dänen - vor allem im Norden - und Friesen – vor allem an der Westküste und auf den Inseln, was u.a. an der Geschichte der Ortsnamen deutlich wird. Der Süden Schleswigs zwischen Schlei und Eider war nur sehr dünn besiedelt. Im Hochmittelalter bereits siedelten sich auch Sachsen nördlich der Eider im südlichen Schleswig an. Um das südliche Grenzgebiet Dänemarks zu verteidigen, wurde von den dänischen Königen die Festungsanlage Danewerk erbaut und das Jarltum Südjütland errichtet, das sich Mitte des 12. Jahrhundert ins Herzogtum Schleswig wandelte.
Durch die aufkommende herrschaftliche und wirtschaftliche Verbindung Schleswigs mit dem deutschen Herzogtum Holstein, erfuhr Schleswig von Süden her eine starke deutsche Zuwanderung durch Holsteinische Gutsbesitzer: erst vor allem in die kaum besiedelte Region zwischen Schlei und Eider, in den folgenden Jahrhunderten dann immer weiter nach Norden. Während sich im ländlichen nördlichen Schleswig Dänisch und Sønderjysk als Umgangssprache halten konnten, setzte sich im südlichen Schleswig sowie in den Städten im Laufe der Jahrhunderte verstärkt Niederdeutsch durch, so dass Deutsch nach der Reformation Kirchensprache im südlichen Teil des Herzogtums und zugeich Verwaltungssprache im gesamten Herzogtum wurde.
Das Nebeneinander von „deutsch“ und „dänisch“ gab in Zeiten, in denen nur die dynastische Zugehörigkeit von Bedeutung war, oder in der späteren Phase des liberalen dänischen Absolutismus wenige Probleme, führte jedoch im 19. Jahrhundert mit dem aufkommenden Nationalismus einhergehend mit Forderungen nach Bürgerrechten Schon in Europa zu Konflikten: in Schleswig-Holstein zum Aufstand der Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark und schließlich zu Krieg zwischen Dänemark und Preußen und Österreich, als die Mehrheit der Bewohner sich für eine Zukunft in einem deutschen Staat, die dänischgesinnten Menschen im nördlichen Schleswig sich jedoch für einen Verbleib bei Dänemark einsetzten.
Von 1864 bis 1920 war ganz Schleswig preußisch, 1920 fiel der nördliche Teil nach den Volksabstimmungen 1920 im Zuge des Ersten Weltkriegs an Dänemark und die heutige Grenze entstand. Als Ergebnis waren jedoch beiderseits der Grenze Minderheiten übrig, die sich lieber als Teil des Nachbaarstaates gesehen hätten. Nun setzten sie sich für die Aufrechterhaltung ihrer Sprache und Kultur in der Heimat ein.
[Bearbeiten] Entwicklung der Minderheit
[Bearbeiten] 1920-1945
Die dänische Minderheit in Südschleswig entstand durch die Teilung Schleswigs nach der Volksabstimmung 1920. Bei der Teilung Schleswigs 1920 wurde bewusst auf eine Grenzziehung gemäß der Sprachlinie zwischen Deutsch und Dänisch verzichtet, um Dänemark ein möglichst großes Gebiet zuzuteilen. So blieben auf beiden Seiten der Grenze unterschiedlich große nationale Minderheiten zurück: südlich der neuen Staatsgrenze (in der 2. Zone) votierten 12.800 Menschen in der Volksabstimmung für Dänemark; weiter südlich, wo keine Abstimmung stattfand, dürfte die dänische Orienterung gering gewesen sein. Bald schrumpfte die Größe der Minderheit weiter auf 7.000 Personen. In der Nazizeit zwischen 1933 und 1945 wurde die Minderheit, wenn auch nicht direkt verfolgt, Repressalien ausgesetzt. Allerdings waren Mitglieder der Minderheit auch, als einzige Reichsbürger, von der zwangsmäßigen Teilnahme an NS-Organisationen befreit. In dieser Zeit verließen weitere rund 1.000 Mitglieder die Minderheit.[1] Die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte spricht von nur „2.700 organisierten Dänen gegen Kriegsende“ (s.u.).
[Bearbeiten] 1945-1955
In den ersten Nachkriegsjahren konnten die Verbände der Dänischen Minderheit einen massiven Zugang verzeichnen. Bereits zwei Jahre nach Kriegsende „identifizierten“ sich bereits ca. 100.000 Personen mit der Minderheit (Kühl 120.000 – 150.000, GSHG 62.000, siehe jeweils Weblink unten). Während es 1945 nur noch 9 dänische Schulen mit weniger als 500 Schüler waren, gab es 1948 schon 60 Schulen mit 14.500 Schülern. Bei der ersten Landtagswahl 1947 erzielten dänische Kandidaten 99.500 Stimmen. Anfang 1948 erreichte der dänische Kulturverein, der Südschleswigsche Verein, seinen Höhepunkt mit 78.000 Mitglieder.[2]
Fachleute sind sich jedoch einig darüber, dass diese „Neudänen“ überwiegend nicht dänisch und in Teilen auch nicht autochthon waren: So spricht Kühl davon, dass es sich bei den Motiven „zum Teil … um politische, nationale, genealogische, aber insbesondere auch materielle Motive“ handelte, und führt weiter aus, dass „der Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen aus dem Osten … ebenfalls die Hinwendung vieler Einheimischer zur dänischen Minderheit, die eine Entfernung der Flüchtlinge und die Bildung eines eignen Landes Südschleswig forderte“ gefördert habe. Ähnliches gibt die GGSH an: „Unter den ‚neuen Dänen‘ waren auch viele, denen die dänische Kultur und Sprache fremd waren. Sie hofften und forderten, dass Südschleswig von Deutschland abgetrennt würde und zu Dänemark käme. Damit wurde der Wunsch verbunden, dass danach die als Last und Gefahr für die eigene Identität empfundenen Flüchtlinge ausgewiesen würden.“
Dabei war Schleswig-Holstein ganz besonders von Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten betroffen. Die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte schätzt die Ratio zwischen Heimatbevölkerung und Vertriebenen im Oktober 1946 auf 4:3 ein.[3] Praktisch jedes Haus musste Flüchtlinge unterbringen; Rationierung und Knappheit and Lebensmitteln herrschten. Noch 1950 machten Vertriebene 33% der Bevölkerung Schleswig-Holsteins aus, der mit Abstand größte Anteil in der Bundesrepublik.[4]
Besonders Sozialdemokraten orientierten sich gegen Norden, aber auch auf bürgerlicher Seite wurde vereinzelt für Dänemark geworben. Im Sommer 1945 agitierte der spätere CDU-Ministerpräsident Friedrich-Wilhelm Lübke unter den Angelner Bauern für Dänemark, aber nur ein Jahr später war er einer der ausgesprochensten Gegner der Grenzverschiebungsbewegung.[5]
1953 legte die Landesregierung das Programm Nord auf. Der Ziel war es, den allgemeinen Not im strukturschwachen nördlichen Teil des Landes, der durch den hohen Anteil der Flüchtlinge verstärkt wurde, zu begegnen. Durch dieses Föderungprogramm hoffte man auch, den Zulauf zur dänischen Bewegung begrenzen zu können. In den dünn besiedelten Gemeinden unmittelbar an der Grenze wurden viele neuerrichtete Hofstellen an Flüchtlingen verteilt.[6] Dies galt für die dänische Bewegung als kontroversiell und führte denn auch zu dauernde Änderungen in der Bevölkerung. Die südjütische Umgangssprache, die noch in Gemeinden auf der Geest ohne Beziehung zur nationaler Orientierung gesprochen wurde, wurde weiter zurückgedrängt.
[Bearbeiten] Nach 1990
Ähnlich rekrutiert sich ein Großteil des Zuwachses der Wähler des SSW in den letzten Jahren aus zugezogenen Personen aus anderen Bundesländern (Kühl/Bohn S. 190/191). Ein klassisches Beispiel für eine der vielen Neu-Dänen („it has become fashionable to be a Dane in Germany“, „and this number is still rising“) unter dem Link „Selbstdarstellung der Dänischen Minderheit“. In der Analyse Kühls (Kühl/Bohn S. 186) wird dieser Punkt als großes Problem für die Identifikation angesehen: So musste z.B. der SSW nach seinen zunehmenden Erfolgen in den 90er Jahren großen Teilen seiner Kommunalvertreter sowohl die dänische Sprache als auch überhaupt Informationen über die Dänische Minderheit selbst von Grund auf vermitteln. In den letzten 10 Jahren hat sich jedoch die Mitgliederzahl im Südschleswigscher Verein um etwa 3.500 Personen verringert, wohingegen die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den Schulen der Minderheit im selben Zeitraum nur um ca. 300 abnahm.
[Bearbeiten] Die Dänische Minderheit im Kontext von Verbänden und Sprache
Generell lässt sich eine Ethnische oder Nationale Minderheit durch objektive (Sprache, Geschichte, Kultur, Tradition, besondere religiöse Merkmale) und bzw. oder subjektive Merkmale charakterisieren bzw. definieren.
Beispielsweise definiert der Große Brockhaus (siehe Link unten) eine Minderheit generell als „eine Teilgruppe innerhalb einer Gesamtgesellschaft, die sich auf Grund bestimmter (politischer, ethnischer, konfessioneller, sprachlicher, rassistischer, kultureller) Merkmale von der herrschenden Mehrheit und den von ihr als gültig angesehenen Werten, Normen und Eigenschaften unterscheidet.“
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (siehe Link unten) definiert eine Nationale Minderheit als Gruppe von Personen, die in einem Staat leben, dessen Staatsangehörigkeit besitzen, langwierige, feste und fortdauernde Verbindungen mit diesem Staat besitzen, eindeutige ethnische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Charakteristika aufweisen und ausreichend repräsentativ sind, obwohl ihre Zahl geringer als die der übrigen Bevölkerung dieses Staates oder einer Region dieses Staates ist.
Ähnlich definiert die UNO eine Minderheit als numerisch unterlegene, nicht-dominierende Gruppe von Individuen mit der Staatsbürgerschaft des betreffenden Landes, die gewisse ethnische, religiöse oder sprachliche Charakteristika teilen und ggf. als Option zusätzlich als Selbstdefinition den Willen, diese Charakteristika zu schützen, äußern. Hier existiert das subjektive Kriterium als ein mögliches, die objektiven Kriterien ergänzendes Kriterium (Fact Sheet No.18 (Rev.1), Minority Rights).
Im Falle des deutsch-dänischen Grenzlandes existiert als einziges objektives Unterscheidungsmerkmal die Sprache. Offizielle Schätzungen, die die Sprache als Grundlage heranziehen, gehen von 8.000 bis 10.000 Personen (s.o.) in Schleswig-Holstein aus, die dänisch im Alltag sprechen (siehe für beide Literatur unten), wobei Personen, die Dänisch lediglich als Fremdsprache lernen bzw. gelernt haben, enthalten sind. Da im Schnitt jährlich etwas mehr als 500 Schüler mit 9 bis 13 Jahren Dänischunterricht auf Muttersprachenniveau die Schulen der Minderheit verlassen, jedoch hiervon nur die wenigsten Dänisch im Alltag sprechen, kann davon ausgegangen werden, dass nicht mehr als 8.000 - 10.000 Personen in Schleswig-Holstein die dänische Sprache als Alltagssprache verwenden.
In den Bonn-Kopenhagener Erklärungen wurde hingegen bewusst auf das Zugrundelegen objektiver Merkmale zur Definition der Minderheit verzichtet und allein die Selbstidentifikation als Kriterium zur Bestimmung, wer zur Dänischen bzw. Deutschen Minderheit gehört, gewählt. So gibt der „Beratende Ausschuss für Fragen der dänischen Minderheit beim Bundesministerium des Innern“ (s.o.) die Zahl der Dänen gemäß Eigenangaben des SSW und SSF mit 50.000 an. Diese Zahl wird in vielen Publikationen anderer Institutionen als die „eigentliche Größe“ der Dänischen Minderheit zitiert.
Diese Zahl ist selbstidentifizierend, d.h. man geht analog dem Grundsatz der Bonn-Kopenhagener Erklärungen „Däne ist, wer sich als Däne bezeichnet“ sogar davon aus, dass die Mitgliedschaft, die Aktivität einer dänischen Organisation oder schon deren Nutzung als Bekenntnis zum Dänentum gemäß den Erklärungen gewertet werden darf, da die Nationalität innerhalb der jeweiligen Organisation nicht überprüft, d.h. der Anteil von Nichtdänen innerhalb der Vereine, Kindergärten, Schulen, Bibliotheken und der dänischen Kirche nicht erfasst wird. Däne ist, wer in einer Dänischen Organisation aktiv wird bzw. – im Falle von Bibliotheken u.ä. – wer deren Einrichtungen nutzt.
Die generelle Problematik, eine Minderheit „exakt“ zu definieren, verdeutlichen beispielsweise die folgenden Zahlen: Im Jahr 2000 wurden europaweit 307 nationale Minderheiten mit 103 Millionen Angehörigen, 2002 bereits 337 Minderheiten mit 105 Millionen Angehörigen, im selben Jahr auf Basis anderer Kriterien mit den selben statistischen Grundlagen jedoch gleichermaßen 356 Minderheiten mit 84 bis 87 Millionen Angehörigen gezählt (Angaben Kühl). Entscheidend ist also stets das der Schätzung zugrundeliegende Kriterium, weswegen man bei Minderheiten auch von relativen und kontextbezogenen Phänomenen spricht.
Letztlich gibt es von staatlicher Seite keine auf ethnischen oder sprachlichen Merkmalen basierenden Statistiken, sondern nur die obigen Schätzungen über die Zahl der Angehörigen der nationalen Minderheiten von Seiten der Gruppen selbst (Angabe zur Definition Nationale Minderheiten vom BMI, siehe Link unten). Diese Minderheitenregelung weicht von den gängigen Definitionen von UN, Europarat etc. ab, indem sie ganz auf objektive Definitionskriterien verzichtet, und ist somit einmalig.
Nördlich der Grenze wirkt sich die Verwendung der unterschiedlichen Kriterien nicht wie südlich der Grenze aus, da die Gruppe der Menschen, die sich selbst als Deutsche Nordschleswiger bezeichnet, nahezu identisch mit der Gruppe von Menschen ist, die neben der deutschen bzw. südjütischen Sprache eine gemeinsame Kultur, Geschichte und Tradition verbindet (siehe auch Link zur Hausarbeit über die Mehrsprachigkeit in beiden Teilen Schleswigs). Im Laufe der Zeit seit 1945 hat es demnach auch außer dem Rückgang infolge Assimilation und Migration keine nennenswerten Größenschwankungen, die den südlich der Grenze vorhandenen ähnlich wären, bei der Deutschen Volksgruppe gegeben.
Der große Unterschied zwischen der Deutschen Volksgruppe in Dänemark und der Dänischen Minderheit in Deutschland besteht demnach darin, dass die erste sich bei Zugrundelegen sowohl von objektiven als auch von subjektiven Kriterien, d.h. einerseits dem Vorhandensein einer eigenen Sprache und einer eigenen Geschichte oder andererseits dem Selbstverständnis, eine Minderheit zu bilden, stets identisch definiert, wohingegen unter den Zahlen der zweiten, wenn in der Regel von 50.000 Dänen gesprochen wird, lediglich das subjektive Kriterium der Selbstdefinition gilt. Es handelt sich also bei den Zahlen der beiden Minderheiten um nicht vergleichbare Größen und somit bei den hinter der jeweiligen Bezeichnung „Minderheit“ stehenden Menschen um Gruppen unterschiedlicher Bedeutung.
Für das relative bzw. kontextbezogene Phänomen „Minderheit“ führt dies im Falle der Verwendung des objektiven Definitionsmerkmals „Sprache“ zu einer Größe der Dänischen Minderheit von etwa 8.000 Personen, im Falle des Ansatzes der Selbstidentifikation via Verbandszahlen zu einer Größe von über 50.000 „Dänen“ südlich der Grenze.
[Bearbeiten] Gegenwart
Die im Süden Schleswigs lebenden Dänen sammeln sich heute im Südschleswigschen Verein. Im Landesteil existieren unter anderem dänische Schulen, Bibliotheken und Kirchen. Die dänische Minderheit arbeitet mit einem kleinen Teil (Friisk Foriining) der an der Westküste lebenden friesischen Minderheit zusammen.
Neben der Dänischen Minderheit leben etwa 6.000 dänische Staatsbürger in Schleswig-Holstein, also sogenannte Reichsdänen, die nicht zur dänischen Volksgruppe in Schleswig gehören, sondern anderen EU-Bürgern gleichgestellt sind.
[Bearbeiten] Politik
Bundesweit bekannt ist der SSW als politische Vertretung der dänischen Minderheit. Nach dem Wahlgesetz für den Landtag von Schleswig-Holstein ist jede Partei der dänischen Minderheit von Schleswig-Holstein von der Fünf-Prozent-Hürde bei Landtagswahlen befreit. Der Anteil für den SSW belief sich bis Ende der 80er Jahre auf ca. 20.000 - 25.000 Stimmen im Landesteil Schleswig (Erststimmen). Seit Einführung der Zweitstimme im Jahre 2000, die auch die Wahl des SSW in Holstein möglich macht, wuchs der Anteil des SSW durch ca. 25.000 Zweitstimmen aus dem Holsteinischen, also einem Gebiet, in dem keine autochthonen Dänen oder Friesen beheimatet sind, auf heute über 50.000 Zweitstimmen an.
[Bearbeiten] Literatur
- Jørgen Kühl/Robert Bohn (Hrg.): Ein europäisches Modell? Nationale MInderheiten im deutsch-dänischen Grenzland 1945-2005, Verlag für Regionalgeschichte, 2005, ISBN: 3-89534-541-5
- Bodo Pieroth/Tobias Aubel: Der Begriff der dänischen Minderheit im Schleswig-Hosteinischen Landeswahlrecht, in: NordÖR 2001, S. 141-147
- Gesellschaft für bedrohte Völker: „Über die Lage der Sprachminderheiten in der EU“, Bozen 2000
- Study on the Rights of Persons belonging to Ethnic, Religious and Linguistic Minorities, UN Document E/CN.4/Sub.2/384/Add.1-7, 1977 und Proposal Concerning a Definition of the Term 'Minority', UN Document E/CN.4/Sub.2/1985/31, 1985.
[Bearbeiten] Weblinks
- Offizielle Seite des Außenministeriums zur dänischen Minderheit
- Offizielle Seite des Innenministeriums
- Zahlen der Dänischen Minderheit der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte
- Zahlen der Dänischen Minderheit der Bundeszentrale für politische Bildung
- Definition Großer Brockhaus
- Definition Nationale Minderheiten des Bundesinnenministeriums
- Definition Nationale Minderheiten vom Verein Menschenrechte Schweiz MERS
- Sydslesvig.de
- Selbstdarstellung der Dänischen Minderheit
- Hausarbeit der Uni Flensburg über Mehrsprachigkeit in beiden Teilen Schleswigs