Filmfestivals in Österreich
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Die Filmfestivals in Österreich weisen ein in Programmausrichtung und internationaler Bedeutung vielfältiges und differenziertes Bild auf. Besonders seit den 1990er Jahren kam es zur Gründung zahlreicher neuer Filmfestivals in Österreich, sodass deren Anzahl auf über dreißig einzelne Veranstaltungen gestiegen ist.
Davon ist die internationale Viennale in Wien das größte Festival. Die anderen weisen meist eine Spezialisierung auf, die sich etwa auf das Filmgenre, die Produktionsländer oder ein bestimmtes Thema beziehen.
Bei der Finanzierung der österreichischen Filmfestivals sind die öffentlichen Förderungen bedeutend, die die Einnahmequellen durch Sponsoring aus der Privatwirtschaft und durch Eigenerträge ergänzen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Programmgestaltung und Geschichte
[Bearbeiten] Überblick
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Das älteste und zugleich größte Filmfestival in Österreich ist die 1960 gegründete Viennale in Wien. Dieses einzige beim Filmproduzentenverband FIAPF akkreditierte internationale Filmfestival Österreichs wird jährlich von über 80.000 Personen besucht.
Das wichtigste Festival für inländische Produktionen ist die Diagonale, die seit 1998 jährlich in Graz stattfindet (zuvor in Salzburg). Ein Vorgänger der Diagonale waren die Österreichischen Filmtage in Wels.
Ein weiteres großes Filmfestival in Österreich ist Crossing Europe in Linz mit einer Spezialisierung auf europäisches Filmschaffen.
Ebenfalls auf europäische Filme spezialisiert (und ebenfalls hochdotiert) ist EU XXL – forum and festival for european film in Krems und Wien.
Einen Schwerpunkt auf Filme aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa legt das Internationale Film Festival Innsbruck. Einen vergleichbaren Schwerpunkt besitzt das SüdFILMfest in Amstetten. Die Jüdische Filmwoche in Wien zeigt vor allem aktuelle Filme aus Israel und historische Arbeiten, die sich mit dem Thema Judentum auseinandersetzen. Bei Festival du film francophone in Wien werden französischsprachige Filme gezeigt.
Das Heimatfilmfestival in Freistadt ist auf ein bestimmtes Filmgenre konzentriert. Für den Bergfilm gibt es in Österreich gleich zwei Festivals: das Internationale Berg + Abenteuer Filmfestival in Graz und das Filmfest St. Anton am Arlberg. Tricky Women in Wien hingegen ist das weltweit erste Festival für Trickfilme von Frauen.
identities in Wien ist Österreichs bislang einziges queeres Filmfestival.
Im Bereich des Kurzfilms ist VIS Vienna Independent Shorts (mit internationaler Programmausrichtung) das größte und bedeutendste Festival. Das älteste Kurzfilmfestival in Österreich ist die Alpinale in Nenzing (mit vorrangig europäischer Programmausrichtung). Weitere Kurzfilmfestivals sind das Festival des Trigitalen Films in Graz – für Kurzfilme, die sich mit unterschiedlichen Formen der Wirklichkeit auseinander setzen –, das kleine Hans Bach Kurzfilmfestival in Andelsbuch und die Debútnale in Linz, bei der Erstlingsfilme gezeigt werden.
Bei den Kinder- und Jugend-Festivals gibt es jene, die Filme von Kindern und Jugendlichen zeigen, und jene, die auf Filme für Kinder und Jugendliche spezialisiert sind. Zur ersten Gruppe gehören die wienervideo&filmtage, die Klappe in Salzburg, YOUKI in Wels und das Internationale Jugendfilmfestival Tirol. Das internationale Jugendfilmfestival in Tirol zeigt Filme von Kindern, aber auch von Filmstudenten. Die zweite Gruppe ist durch das Internationale Kinderfilmfestival Wien und GAFFA – Internationales Filmfestival für junge Leute, ebenfalls in Wien, vertreten.
Das internationale Festival der Nationen in Ebensee ist das zweitälteste Filmfestival Österreichs und das bedeutendste im Bereich des nicht-kommerziellen Films (Amateurfilms). Seine Spezialisierung trägt das Snowboard & Ski Amateur Film Festival Film Up in Innsbruck schon im Namen. Für No- und Low-Budget-Filme existiert Ohne Kohle in Wien. Das Wiener Underdog Filmfest schließlich zeigt jeden Film, der eingereicht wird.
An Studentenfilmfestivals gibt es das Festival der Filmakademie Wien und film:riss in Salzburg. Während bei erstgenanntem Festival Filme aus der Wiener Filmakademie und weiteren, internationalen Filmakademien gezeigt werden, ist film:riss national und allgemein auf studentisches Filmschaffen ausgerichtet.
In seiner Nebenschiene Local Artists widmet sich Crossing Europe lokalen Filmschaffenden. Das tut auch das Festival Oberösterreich im Film, eines der kleinsten Filmfestivals in Österreich.
[Bearbeiten] Liste der Festivals mit Gründungsjahr, Ort und Termin
seit | Name des Filmfestivals | Ort | Termin |
---|---|---|---|
1960 | Viennale – Vienna International Film Festival | Wien | Oktober |
1973 | Festival der Nationen | Ebensee | Juni |
1977 | Österreichische Filmtage (bis 1996) | Wels | |
1985 | Alpinale | Nenzing | August |
1987 | Oberösterreich im Film | Linz | November |
1988 | Heimatfilmfestival | Freistadt | August |
1988 | Internationales Berg + Abenteuer Filmfestival | Graz | November |
1989 | identities | Wien | Juni (bienneal) |
1989 | Internationales Kinderfilmfestival Wien | Wien | November |
1991 | Jüdische Filmwoche | Wien | November |
1992 | Internationales Film Festival Innsbruck | Innsbruck | Juni |
1993 | Diagonale – Festival des österreichischen Films | Graz | März |
1995 | Filmfest St. Anton am Arlberg | St. Anton am Arlberg | Aug. / Sept. |
1996 | wienervideo&filmtage | Wien | Oktober |
1997 | Filmfestival der Filmakademie Wien | Wien | Mai (bienneal) |
1997 | SüdFILMfest | Amstetten | Juli |
1999 | Hans Bach Kurzfilmfestival | Andelsbuch | August |
1999 | Festival du film francophone | Wien | März |
1999 | Klappe | Salzburg | November |
1999 | YOUKI – Internationales Jugend Medien Festival | Wels | November |
2001 | GAFFA – Internationales Filmfestival für junge Leute | Wien | Sept. (bienneal) |
2001 | film:riss | Salzburg | November |
2001 | Tricky Women | Wien | März (bienneal) |
2002 | Film up – Snowboard & Ski Amateur Film Festival | Innsbruck | Juni |
2002 | Internationales Jugendfilmfestival Tirol | Kundl | Juni |
2003 | Debútnale – Festival der ersten Videos | Linz | November |
2003 | EU XXL – forum and festival of european film | Wien, Krems | Nov. (bienneal) |
2004 | Crossing Europe | Linz | April |
2004 | Trigitale - Festival des Trigitalen Films | Graz | November |
2004 | Ohne Kohle | Wien | Juli |
2004 | VIS Vienna Independent Shorts | Wien | Mai |
2006 | Underdog Filmfest | Wien | März |
[Bearbeiten] Organisationsstrukturen und Finanzierung
[Bearbeiten] Große Filmfestivals
Die großen Filmfestivals in Österreich finanzieren sich durch Förderungen der öffentlichen Hand, Sponsoren und Eigenerträge, etwa aus dem Eintrittskartenverkauf.
Die öffentlichen Förderungen ziehen sich bei der Viennale (Wien), der Diagonale (Graz) und Crossing Europe (Linz) durch drei Ebenen der politischen Verwaltung des Staates. Die genannten Festivals erhalten sowohl vom Bund (Bundeskanzleramt), vom Land (Land Steiermark bzw. Oberösterreich) als auch von den Gemeinden (Stadt Wien, Graz bzw. Linz) finanzielle Unterstützung. Crossing Europe bezieht zusätzlich eine hohe Förderung aus dem Media Plus Programme der Europäischen Union [1].
Hauptsponsor von allen drei Filmfestivals ist ein österreichischer Mobilfunknetz-Betreiber. Zu den weiteren Unterstützern gehören halböffentliche Institutionen, beispielsweise Verwertungsgesellschaften.
Die Viennale hat eine ausdifferenzierte, hierarchische Organisationsstruktur mit einem Präsidenten (Eric Pleskow), einem Direktor (Hans Hurch) und einer Geschäftsführerin (Eva Rotter). Hinter der Diagonale steht der Verein Forum österreichischer Film (Intendanz: Birgit Flos) und hinter Crossing Europe die Crossing Europe Filmfestival gem. GmbH (Festival Director: Christine Dollhofer).
Die großen Filmfestivals in Österreich weisen eine hohe Umwegrentabilität auf, etwa durch positive Impulse für den Tourismus.
[Bearbeiten] Mittlere und kleine Filmfestivals
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Die häufigste Organisationsform von mittleren und kleinen Filmfestivals ist der Verein. Diese rechtliche Form bietet unter anderem Vorteile beim Erhalt von Förderungen der öffentlichen Hand.
Der Verein als Veranstalter kann sich ausschließlich der Abwicklung des Filmfestivals widmen, was etwa beim Trägerverein EU XXL Kulturverein zur Förderung der Europäischen Integration für das EU XXL forum and festival for european film der Fall ist.
Außerdem gibt es Vereine, die neben dem Festival in weiteren Bereichen tätig sind. Beispiele dafür sind die Vereine Europäisches Videoarchiv beim Festival der Nationen, Independent Cinema bei VIS Vienna Independent Shorts oder das Otto-Preminger-Institut beim Internationalen Film Festival Innsbruck.
Eine Sonderstellung nimmt der Verein wienXtra als Organisator der wienervideo&filmtage und von GAFFA ein. wienXtra ist von der Stadt Wien mit der Veranstaltung und Koordination mehrerer Bereiche der öffentlichen Kinder- und Jugendarbeit beauftragt.
Einige Filmfestivals werden auch von Firmen organisiert. So tritt die Firma Trinity-Intermedia Ltd. mit Hauptsitz in London beim Festival des Trigitalen Films als Veranstalter auf.
Daneben gibt es auch Mischformen und Festivals, die von mehreren Veranstaltern ausgerichtet werden. Hinter dem Festival Ohne Kohle stehen die Filmproduktionsfirma Viewfinders und Ohne Kohle – Verein zur Förderung der Independent Film- und Videokultur. Das Filmfestival Klappe hat vier verschiedene Veranstalter.
Schließlich gibt es noch Festivals, die von Einzelpersonen organisiert werden, zum Beispiel das Internationale Jugendfilmfestival in Tirol (organisiert von Emanuel Altenburger) oder das Underdog Filmfest.
Viele mittlere und kleine Filmfestivals erhalten von den Bundesländern und Gemeinden sowie von halböffentlichen Institutionen öffentliche Förderungen, die jedoch ungleich geringer sind als bei den großen Festivals. So wird etwa film:riss vom Land Salzburg und der Stadt Salzburg sowie der Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden, dem Fachverband der Audiovisions- und Filmindustrie und dem Österreichischen Filminstitut gefördert.
Eine Förderung durch das Bundeskanzleramt fehlt bei den meisten dieser Filmfestivals. Ausnahmen sind die Alpinale, das Festival der Filmakademie Wien, das Festival der Nationen, die Jüdische Filmwoche, das Internationale Berg + Abenteuer Filmfestival, das Internationale Film Festival Innsbruck, das SüdFILMfest und Tricky Women [2].
Sponsoring seitens der Privatwirtschaft ist nur selten mit finanziellen Zuwendungen gleichzusetzen. Meist handelt es sich um Sachsponsoring. Dem Festival Ohne Kohle wurden 2005 von Elektronikfirmen Kameras zur Verfügung gestellt, die an Preisträger des Festivals verliehen wurden.
Das Fehlen von öffentlichen Förderungen und Sponsoren äußert sich nicht nur in geringeren Budgets, zusätzlich kommt bei den mittleren und kleinen Filmfestivals ein jeweils unterschiedlich hoher Anteil an ehrenamtlicher Arbeit zum Tragen.
[Bearbeiten] Netzwerke
Einige Festivals in Österreich sind in internationalen Organisationen und Filmfestival-Verbänden vertreten. Untereinander sind die österreichischen Filmfestivals in keiner gemeinsamen Organisation verbunden, jedoch bestehen temporäre Netzwerke.
Die Viennale ist bei der FIAPF akkreditiert. Das Internationale Kinderfilmfestival Wien, Tricky Women, die Alpinale und Crossing Europe sind Mitglieder der European Coordination of Film Festivals (ECFF), Crossing Europe gehört außerdem CentEast – The Alliance of Central and Eastern European Film Festivals an. Das Festival der Nationen ist Teil des EuroShortsFestivalNet (ESFN).
Ein Beispiel für offensives, wenn auch anlassbezogenes Networking bietet das Wiener Kurzfilmfestival VIS Vienna Independent Shorts, das etwa bei der Salzburger Klappe und dem Vorarlberger Hans Bach Kurzfilmfestival ein Best-of-Festival-Programm zeigte, bei der Veranstaltungsorganisation mit film:riss in Salzburg zusammen arbeitete und weitere Festivals (darunter die Viennale und Crossing Europe) als Partnerfestivals nennt.
Ähnliches gilt auch für Kooperationen zwischen Filmfestivals in und außerhalb Österreichs, etwa in Form von Filmaustauschprogrammen.
[Bearbeiten] Filmpreise
Bei den Filmfestivals in Österreich werden zahlreiche Filmpreise vergeben. Eine Besonderheit sind Auszeichnungen, die weltweit bei mehreren Filmfestivals verliehen werden. Dazu gehört ein FIPRESCI-Preis des internationalen Filmkritikerverbands FIPRESCI bei der Viennale.
Hauptpreis | Festival | Dotierung |
---|---|---|
Großer Diagonale-Preis | Diagonale | EUR 15.000,- |
Crossing Europe Award – European Competition | Crossing Europe | EUR 10.000,- |
Wiener Filmpreis | Viennale | EUR 7.000,- |
Best Movie International – Red Bull Film Up Stipendium | Film up | EUR 5.000,- |
Preis des Landes Tirol | Internationales Film Festival Innsbruck | EUR 5.000,- |
Preis für die beste Ko-Produktion | EU XXL | EUR 5.000,- |
Grand Prix Graz | Internationales Berg + Abenteuer Filmfestival | EUR 4.500,- |
Tricky Women Preis der Stadt Wien | Tricky Women | EUR 3.650,- |
Filmpreis der Stadt Freistadt | Heimatfilmfestival | EUR 2.222,- |
Goldene Shorts - Kurzfilmpreis der Stadt Wien | VIS Vienna Independent Shorts | EUR 2.000,- |
Internationaler Jurypreis | identities | EUR 1.000,- |
Große Klappe | Klappe | EUR 800,- |
YOUKI | YOUKI – Internationales Jugend Medien Festival | EUR 750,- |
Best Film | Internationales Jugendfilmfestival Tirol | Sachpreis |
film:riss Award | film:riss | Sachpreis |
Jurypreis | wienervideo&filmtage | Sachpreis |
Goldene Kohle | Ohne Kohle | Sachpreis |
Goldener Bobby | Festival der Filmakademie Wien | Sachpreis |
Pokal | Oberösterreich im Film | Sachpreis |
Bester Film des Festivals | GAFFA – Internationales Filmfestival für junge Leute | undotiert |
Ebenseer Bär in Gold | Festival der Nationen | undotiert |
[Bearbeiten] Literatur
- Christina Giovanazzi: Kunstsponsoring von Filmfestivals am Beispiel des Vienna International Film Festival Viennale. Diplomarbeit, Wien 2000
- Philipp Ikrath: Endabnehmerorientierte Marketingpolitik österreichischer Independent Filmfestivals. Diplomarbeit, Wien 2005
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Philipp Ikrath: Endabnehmerorientierte Marketingpolitik österreichischer Independent Filmfestivals. Diplomarbeit, Wien 2005, S. 63
- ↑ Kunstbericht 2005: Bericht über die Kunstförderung des Bundeskanzleramts. Bundeskanzleramt Kunstsektion, Wien 2006, S. 69
[Bearbeiten] Siehe auch
Geschichte: Österreichische Filmgeschichte (Stummfilmära – früher Tonfilm – Nachkriegsära – Neuer Österreichischer Film) | Geschichte der Wochenschauen
Themen und Einrichtungen: Wiener Film | Filmfestivals | Filmförderung | Filmarchiv | Filminstitut | Filmmuseum
Listen: Stummfilme | Tonfilme | Produktionsgesellschaften | Schauspieler | Regisseure
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