Gustav Noske
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Gustav Noske (* 9. Juli 1868 in Brandenburg an der Havel; † 30. November 1946 in Hannover) war ein SPD-Politiker und der erste sozialdemokratische Minister mit der Zuständigkeit für das Militär in der deutschen Geschichte. Gustav Noske ist zudem bekannt durch seine zentrale Rolle in der Novemberrevolution und den nachfolgenden sozialen und politischen Auseinandersetzungen in den Jahren 1918 bis 1920.
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[Bearbeiten] Familie, Ausbildung und Beruf
Nach achtjährigem Schulbesuch auf der Bürgerschule in Brandenburg/Havel erlernte Noske den Beruf des Korbmachers, den er nach kurzer Zeit der Wanderschaft in einer Fabrik ausübte. Bereits in der Lehrzeit engagierte er sich in der lokalen Arbeiterbewegung (SPD und Holzarbeiter-Gewerkschaft). In diesen Jahren der Fabrikarbeit und des politischen und gewerkschaftlichen Engagements verwendete er außerdem viel Energie darauf, sich autodidaktisch weiterzubilden.
1891 heiratete er Martha, geborene Thiel, mit der er drei Kinder hatte.
1893 wurde er Redakteur der Brandenburger Zeitung, 1897 wechselte er zur Königsberger Volkstribüne.
[Bearbeiten] Parteieintritt
Noske war seit 1884 Mitglied der SPD und wurde 1892, zwei Jahre nach dem Ende des Sozialistengesetzes, zum Vorsitzenden des sozialdemokratischen Vereins seiner Heimatstadt gewählt.
[Bearbeiten] Abgeordneter
Noske war von 1906 bis 1918 Reichstagsabgeordneter der SPD für den Wahlkreis Sachsen 16. Er gehörte 1919/20 der Weimarer Nationalversammlung an. Während des Kieler Matrosenaufstandes schickte Reichskanzler Prinz Max von Baden ihn in die Ostseestadt, um dort die Lage zu beruhigen. Er wurde dort umgehend zum Vorsitzenden des örtlichen Arbeiter- und Soldatenrates gewählt.
[Bearbeiten] Öffentliche Ämter
Als Volksbeauftragter für Heer und Marine und als Reichswehrminister war Noske verantwortlich für die blutige Niederschlagung des Januaraufstandes 1919 (Spartakusaufstand), bei der auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet wurden. Auch trug er die Verantwortung für die Niederschlagung der Aufständischen der Berliner Märzkämpfe, bei denen etliche Kämpfer der Spartakisten getötet wurden. Weiterhin war er für die Niederschlagung von lokalen Aufständen, bei denen Räterepubliken nach sowjetischem Vorbild errichtet werden sollten, u.a. in München und in Bremen, verantwortlich. Da er selber in seiner Schilderung der Diskussion, wie gegen die Aufständischen des Januar 1919 vorgegangen werden sollte, seinen Ausspruch "Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht" überlieferte (Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution, Berlin 1920, S. 68), trägt er seitdem, meist unter Kommunisten, den Beinamen der Bluthund oder Blutnoske.
In seiner weiteren Regierungstätigkeit zeigte sich sein zu zögerliches Verhalten gegenüber den machtorientierten Militärs. Er handelte nur zaghaft gegenüber den reaktionären Bestrebungen der extremen politischen Rechten, die bei den kaiserlichen Offizieren viele Sympathien besaß. Er teilte ihren Antibolschewismus und ließ den von der Reichswehr unterstützten Freikorps weitgehend freie Hand bei ihrem harten Vorgehen gegen Streiks und kommunistische Aufstände. Bei den Kommunisten verlor er mit dieser Haltung jede Sympathie. Als er in Absprache mit Friedrich Ebert die reaktionären Freikorps, u.a. die Brigade Ehrhardt am 29. Februar 1920 auflöste, kam es zum reaktionären Kapp-Lüttwitz-Putsch vom 13. März 1920. Auch Reichspräsident Friedrich Ebert konnte Noske nicht mehr halten. Wegen "Begünstigung der Konterrevolution" wurde Noske nach dem Kapp-Putsch zum Rücktritt als Reichswehrminister gezwungen.
[Bearbeiten] Politischer Abstieg
Noske wurde 1920 auf den Posten des Oberpräsidenten der preußischen Provinz Hannover abgeschoben. Seine Versuche, nach 1920 in der SPD wieder Fuß zu fassen, scheiterten. So forderte z.B. der Bezirksvorstand der SPD Pommerns im Januar 1928 mit einem einstimmigen Beschluss den Parteivorstand der SPD auf, eine Kandidatur Noskes für die Reichstagswahl 1928 zu verhindern.
[Bearbeiten] Nationalsozialistische Verfolgung
Aus dem Amt des Oberpräsidenten von Hannover wurde Noske als Sozialdemokrat 1933 von den Nationalsozialisten entlassen.
Im Umfeld des 20. Juli 1944 wurde er von den Nazis verhaftet und zuerst ins Lager Fürstenberg/Havel verbracht, das zu dem Konzentrationslager Ravensbrück gehörte. Er überlebte die insgesamt siebenmonatige Haft in diesem Lager und dann im Gefängnis Lehrter Straße in Berlin-Moabit.
[Bearbeiten] Nachkriegszeit
Zu einem politischen Comeback Noskes nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es nicht mehr. Sozialdemokraten der Westzonen wie Kurt Schumacher verteidigten Noske gegen die Anwürfe der Kommunisten, aber machten ihm gleichzeitig deutlich, dass sie auf eine aktive politische Rolle für ihn keinen Wert legten. Erst in letzter Zeit beginnen Sozialdemokraten wieder, sich zu Noske zu bekennen. So erklärte der SPD-Verteidigungspolitiker Johannes Kahrs (MdB) öffentlich, er zähle Gustav Noske zu seinen politischen Vorbildern.
Kurz vor seinem Tod 1946 verfasste Noske einen Teil seiner Memoiren, in denen er den "ostjüdischen" Einfluss in der deutschen Arbeiterbewegung brandmarkte (Rosa Luxemburg etwa war polnisch-jüdischer Herkunft). Nachdem er feststellte, dass er kein Antisemit sei, behauptete er dennoch, "daß die ostjüdischen `Marxisten´ eine besondere Veranlagung dafür besaßen, den Sozialismus zu einem Dogma auszubilden und Gemeinplätze in Glaubensbekenntnisse zu verwandeln. Sie brüteten eine Geheimwissenschaft aus, die den deutschen Arbeitern stets unverständlich geblieben ist" (Noske 1947, S. 27).
Noskes Grab befindet sich auf dem Stadtfriedhof Engesohde (Abteilung 37) in Hannover.
[Bearbeiten] Forschungsstand
Das Leben Gustav Noskes ist bisher in nur wenigen Biographien verarbeitet worden, so in Wolfram Wettes Buch "Gustav Noske", einer politischen Biographie aus dem Jahre 1987. Dieses Werk besitzt eine sehr breite, fundierte Quellenbasis, wohingegen Czisniks "Gustav Noske" sich größtenteils auf die Erinnerungen des früheren Reichswehrministers beruft. Der Autor hat es leider versäumt, die eigenen Nachforschungen kenntlich zu machen. Neben diesen Biographien gibt es auch noch Spezialstudien zu einzelnen Lebensphasen Noskes. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang "Die Revolution in Kiel" von Dirk Dähnhardt, diese Publikation beleuchtet zwar hauptsächlich den Ablauf der Kieler Revolution, aber auch Noskes Wirken während dieser Phase. Noske selbst hat fünf Bücher verfasst, unter anderem seine 1947 erschienenen Memoiren "Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang einer Demokratie". Im Jahre 1920 erschienen seine Revolutionserinnerungen "Von Kiel bis Kapp". Weiterhin findet man Kurzprotokolle von Noskes Reichstagsreden, Reden in der Nationalversammlung oder SPD-Parteitagen. Die Zeit Noskes als Oberpräsident der Provinz Hannover ist jedoch recht umfassend in einer zweibändigen Dissertation Günther Bodes aus dem Jahre 1982 aufgearbeitet worden.
[Bearbeiten] Schriften (Auswahl)
- Kolonialpolitik und Sozialdemokratie, Stuttgart 1914
- zusammen mit Adolph Koester: Kriegsfahrten durch Belgien und Nordfrankreich 1914, Berlin 1914
- Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution, Berlin 1920
- Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang einer Demokratie, Offenbach 1947 [auch unter dem Titel Aufstieg und Niedergang der deutschen Sozialdemokratie. Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang einer Demokratie erschienen]
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfram Wette: Gustav Noske. Eine politische Biographie. Droste, Düsseldorf 1987, ISBN 3-7700-0728-X
- Rainer Butenschön, Eckart Spoo (Hrsg.): Wozu muss einer der Bluthund sein? Der Mehrheitssozialdemokrat Gustav Noske und der deutsche Militarismus des 20. Jahrhunderts. (Distel-Hefte, Band 35). Distel, Heilbronn 1997, ISBN 3-929348-18-7
- Bode, Günther: Gustav Noske als Oberpräsident der Provinz Hannover 1920-1933, Bd. 1 (Textband) u. Bd. 2 (Anmerkungen, Quellen- und Literaturverzeichnis). Diss. Karlsruhe 1982.
[Bearbeiten] Weblinks
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Personendaten | |
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NAME | Noske, Gustav |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Politiker, Reichswehrminister |
GEBURTSDATUM | 9. Juli 1868 |
GEBURTSORT | Brandenburg an der Havel |
STERBEDATUM | 30. November 1946 |
STERBEORT | Hannover |