Kanzler
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Das Wort Kanzler (aus lateinisch: cancellarius) bezeichnete im Mittelalter einen Hofgeistlichen, der in einer Kanzlei (von lat. „cancelli“ - „Gitter, Schranken“), einem abgetrennten Raum, Urkunden ausfertigte.
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[Bearbeiten] Kanzler (Staatswesen)
[Bearbeiten] Historisches
[Bearbeiten] Deutschland und Österreich
Seit Ludwig dem Deutschen stand an der Spitze der königlichen Hofkapelle der Erzkaplan, der wegen der Kanzleifunktion der Hofkapelle bald Erzkanzler genannt wurde. Ab 870 bekleidete dieses Amt der Erzbischof von Mainz. Das Amt des Erzkanzlers gehörte zu den Erzämtern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und wurde bis 1806 vom Kurfürst-Erzbischof von Mainz ausgeübt. Entsprechend übernahmen die Kurfürst-Erzbischöfe von Köln und Trier die Kanzler-Ämter für die mit dem damaligen deutschen Reich verbundenen Königreiche Italien (Lombardei) bzw. Burgund.
Auch in den größten deutschen Teilstaaten Österreich und Preußen wurde vor und nach dem Ende des Alten Reiches der Kanzlertitel geführt. So fungierten in Österreich die Fürsten Kaunitz und Metternich im 18. und 19. Jahrhundert lange als „Staatskanzler“, der Graf Beust 1868-1871 sogar als „Reichskanzler“. In Preußen amtierte ähnlich um 1820 Fürst Hardenberg als „Preußischer Staatskanzler“.
Es dürfte diese Tradition der Staatskanzlerschaft gewesen sein, die den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck veranlasste, in seiner zusätzlichen Funktion als Regierungschef des Norddeutschen Bundes 1867-1871 den Titel Bundeskanzler anzunehmen, der nach der Reichsgründung von 1871 in Reichskanzler abgeändert wurde. Bismarck wurde später auch als „der eiserne Kanzler“ bezeichnet. Der „Reichskanzler“-Titel bezeichnete bis 1945 unter verschiedenen politischen Verfassungen den Regierungschef des Deutschen Reiches - zuletzt unter der NS-Diktatur von Adolf Hitler als „Führer und Reichskanzler“ (siehe auch Präsidialkanzler).
[Bearbeiten] Heute
[Bearbeiten] Deutschland
Reichskanzler war die fortlaufende Amtsbezeichnung des Regierungschefs des Deutschen Reiches von 1871 bis 1945. In dieser Rolle stand er dem Kabinett - von 1871 bis 1918 der sogenannten Reichsleitung, von 1919 bis 1945 der Reichsregierung - vor.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt der Vorsitzende der Bundesregierung in Deutschland den Titel Bundeskanzler. Dieser Titel drückt aus, dass der Regierungschef nicht etwa der Souverän ist, sondern nur im Auftrag der Legislative, gewissermaßen als Gehilfe, das Land verwaltet.
In ähnlicher Verwaltungstradition steht die vielfach übliche Bezeichnung der Hauptbürokratie einiger Ministerpräsidenten deutscher Bundesländer als Staatskanzlei - in der es allerdings keinen Staatskanzler gibt.
[Bearbeiten] Österreich
Von 1919-1938 trug und erneut ab 1945 trägt der Regierungschef der Republik Österreich den Titel Bundeskanzler.
[Bearbeiten] Schweiz
Der Bundeskanzler-Titel bezeichnet in der Schweiz nur den Leiter der Bundeskanzlei, nicht aber den Regierungschef. Die Bundeskanzlei ist die Stabsstelle des Bundesrates, der Schweizer Regierung.
[Bearbeiten] Großbritannien
Der britische Finanzminister wird im Deutschen Sprachraum auch als Schatzkanzler (englisch: Chancellor of the Exchequer) bezeichnet. Der britische Justizminister trägt den Titel Lordkanzler (Lord Chancellor); er war, bis zu seiner Ablösung durch den Lord Speaker, auch Präsident des House of Lords.
Siehe auch: Bundeskanzler (Österreich), Bundeskanzler (Deutschland), Bundeskanzler (Schweiz)
[Bearbeiten] Kanzler (Hochschule)
An einer deutschen Hochschule ist der Kanzler Leiter der Verwaltung. Er ist Dienstvorgesetzter des nichtwissenschaftlichen bzw. nichtkünstlerischen Personals und zuständig für den Haushalt, die Liegenschaften sowie für Rechts- und sonstige Verwaltungsaufgaben. Als Besoldungsgruppe wird für dieses Amt bei Universitäten oft B 3 angesetzt.
Der chancellor an Hochschulen in den USA, dem Vereinigten Königreich und den meisten Ländern des Commonwealth of Nations entspricht eher den deutschen Uni-Präsidenten bzw. -Rektoren; der Leiter der Verwaltung ist der vice-chancellor.
[Bearbeiten] Amtsbezeichnung
In Deutschland ist in den Besoldungsgruppen A 11 bis A 13 für Beamte im gehobenen auswärtigen Dienst die Amtsbezeichnungen „Kanzler“ (A 11) bzw. „Kanzler Erster Klasse“ (A 12 und A 13) verbunden. Kanzler leiten die Verwaltung einer Botschaft.
[Bearbeiten] Kanzler (Leiter einer Kanzlei)
Allgemein kann unter Kanzler auch jeder Leiter einer Kanzlei, also einer Verwaltung, verstanden werden. Den Leiter der städtischen Kanzlei nannte man im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zumeist Stadtschreiber.
In der Schweiz ist der Bundeskanzler der Leiter der Bundeskanzlei und damit Leiter der Bundesverwaltung.
[Bearbeiten] Weitere Varianten
Chancelier, Schachvarianten mit Kanzler als Spielfigur, Vorstand eines Fanclubs
Wiktionary: Kanzler – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |