Kommunistische Internationale
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kommunistische Internationale (kurz KI oder Komintern, auch Dritte Internationale) war der Zusammenschluss kommunistischer Parteien zu einer weltweiten Organisation unter Führung der Bolschewiki (ab 1922: KPdSU). Die Gründung erfolgte am I.Weltkongreß der KI im März 1919 in Moskau. Die 21 Aufnahmebedingungen, [1] die am II. Weltkongreß (Juli/August 1920) beschlossen wurden, machten die nationalen Kommunistischen Parteien als Sektionen der KI zu Erfüllungsgehilfen des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI), das dem Politbüro der KPdSU unterstand. Diese straffe Organisation erschien Lenin erforderlich, um das revolutionäre Potential der Nachkriegsjahre zu nutzen und das Projekt "Weltrevolution" voranzutreiben. Als der Export der Revolution scheiterte und die Probleme der Bolschewiki bzw. der Sowjetunion ( Niederlagen gegen Polen, Aufstände und Wirtschaftsprobleme) zu einer Pause zwangen, wurde die KI von einem revolutionären Instrument zwangsläufig immer mehr zu einem Instrument zur Förderung sowjetischer Interessen. Im zweiten Weltkrieg auf internationale Hilfe angewiesen, löste Stalin die KI mit Wirkung vom 10. Juni 1943 auf.
1922 umfasste die Komintern 66 Parteien mit insgesamt 1,2 Millionen Mitgliedern. 1928 gehörten ihr noch 40 Parteien mit 1,6 Millionen Mitgliedern an, davon allerdings nur 440.000 außerhalb der Sowjetunion. 1935 waren es 61 Parteien mit 3,1 Millionen Mitgliedern, davon 785.000 außerhalb der Sowjetunion. [2] 1921 wurde die Rote Gewerkschaftsinternationale (RGI) gegründet, die bis 1937 bestand. Neben der RGI bestand auch eine eher unbedeutende Kommunistische Jugend-Internationale und die von der Komintern geleitete Bauerninternationale. Bis 1926 war Grigori Sinowjew Vorsitzender der Komintern, danach wurde sie von Nikolai Bucharin bis 1928 geleitet. 1935 wurde Georgi Dimitroff Generalsekretär.
[Bearbeiten] Vorgeschichte
1889 wurde in Paris die Zweite Internationale als Bündnis sozialistischer Parteien gegründet. Diese Organisation beruhte auf dem Gedankengut der von Karl Marx angeregten Internationalen Arbeiterassoziation (IAA). Diese wurde 1864 als Erste Internationale gegründet, zerbrach aber einige Jahre später am Konflikt mit den Anarchisten. Die Zweite Internationale setzte sich besonders mit der wachsenden Kriegsgefahr in Europa auseinander und beschloss dieser mit dem „revolutionären Defaitismus“ zu begegnen. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde jedoch die Masse der Mitgliedsparteien von der nationalen Kriegsbegeisterung erfasst, wobei die wichtigsten Linksparteien wie die deutsche SPD, die österreichische SDAP, die französischen Sozialisten wie auch die britische Labour Party mehrheitlich die politischen Positionen ihrer jeweiligen nationalen Regierungen annahmen. (In Deutschland beispielsweise im Rahmen einer Burgfriedenspolitik). Dies versetzte der Organisation eine schweren Schlag, die eine Neugründung nach dem Krieg erforderlich werden ließ.
Lenin war an einer solchen Neugründung sehr interessiert, da er nach der von ihm initiierten Sprengung der Aktionsgemeinschaft der russischen Sozialisten beim Parteikongress in Prag (1912) und dem Fernbleiben von der Allrussischen Einigungskonferenz (Juli 1914) nicht nur den Rest der russischen Sozialisten, sondern auch die Führung der Zweiten Internationale gegen sich wusste. [3] Im November 1914 forderte Lenin in einem Manifest die Gründung einer neuen Internationale, die den imperialistischen Krieg in einen Krieg gegen die eigene Bourgeoisie umwandeln sollte. [4] Mit diesen Vorschlägen kamen jedoch seine Delegierten weder bei der internationalen Frauenkonferenz von Bern (März 1915), noch beim internationalen sozialistischen Jugendkongress (April 1915) durch. Bei der bedeutenden Sozialistenkonferenz in Zimmerwald bei Bern (5.-8.September 1915) scheiterte Lenin, der persönlich anwesend war, erneut, konnte jedoch eine nicht unbedeutende Minderheit (Zimmerwalder Linke, auch Internationalisten der Tat) für eine Neugründung gewinnen. Dazu gehörten neben Lenin Leo Trotzki, der Lette Jan Bersin, der Pole Karl Radek, der Schweizer Fritz Platten und von den Deutschen allerdings nur Julian Borchardt. Lenin war in Folge mit der Vorbereitung und Durchführung der Oktoberrevolution beschäftigt. Die Revolution selbst polarisierte und stärkte die Position und die Anhängerschaft der Zimmerwalder Linken. Dazu Lenin: [5]
- „Die Dritte Internationale wurde faktisch im Jahr 1918 geschaffen, als der langjährige Prozess des Kampfes mit dem Opportunismus und Sozialchauvinismus, besonders während der Kriegszeit, in einer Reihe von Nationen zur Bildung von kommunistischen Parteien geführt hatte.“
Vom 3. bis zum 10. Februar 1919 tagte in Bern eine internationale Konferenz sozialistischer und sozialdemokratischer Parteien. Es waren 97 Vertreter aus 21 Ländern erschienen, die mehrheitlich an die Tradition der Zweiten Internationale anknüpfen wollten. Durch die Initiative der österreichischen Delegation wurde jedoch eine Neugründung und auch der Termin des nächsten Kongresses verschoben, um der durch den Exodus der Kommunisten drohenden Zersplitterung der Arbeiterbewegung auf dem Verhandlungswege entgegenzutreten. Nach der Gründung der Kommunistischen Internationale am 4.März 1919 kam es auf Initiative von Friedrich Adler zur Gründung der Internationalen Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Parteien die am 2. April 1922 den Versuch unternahm, die auseinanderstrebenden Gruppierungen wieder zusammen zu führen. Als dieser Versuch scheitert, löste Adler seine Organisation auf und gründete gemeinsam mit den eher reformorientierten Kräften am 21. März 1923 die Sozialistische Arbeiterinternationale als Nachfolgeorganisation der Zweiten Internationale.
[Bearbeiten] Ziele der Komintern
In Programmatik und Zielsetzung berief sich die Komintern auf den einflussreichsten Theoretiker des Kommunismus, auf Karl Marx. Bestimmend für die konkrete Umsetzung zur Zeit ihrer Gründung waren jedoch die Vorstellungen Lenins und der russischen Bolschewiki. Nach diesen befand sich die Weltgeschichte in einer Phase des Imperialismus und der Kriege und somit in einer revolutionären Situation. Letztendlich wegbereitend war der Erfolg der russischen Oktoberrevolution von 1917. Dort bildete die Machtübernahme der linksrevolutionären Bolschewiki erstmals die Möglichkeit für den Aufbau eines sozialistischen Staates. In der Ideenwelt der Komintern-Gründer galt es, die Oktoberrevolution auf eine Weltrevolution zur Errichtung der "Diktatur des Proletariats" auszudehnen. In diesem Prozess sollte die Komintern als straff organisierte, kommunistische Weltpartei die Koordination und Leitung übernehmen.
Vor diesem Hintergrund kann die Entwicklung der Komintern in vier (drei) [6] Phasen eingeteilt werden:
- In der ersten Phase (1917 bis etwa 1921) dominierte gedanklich und agitativ der Aufbau einer kommunistischen Weltbewegung und die Weltrevolution. Diese Phase endete mit dem Scheitern der Bemühungen, im Zuge der europäischen Nachkriegswirren die Revolution über die Grenzen des bolschewistischen Russlands hinaus zu tragen.
- In der zweiten Phase (1921 bis 1928) gerieten die Bolschewiki zunächst selbst in die Krise (Niederlage gegen Polen, Matrosenaufstand in Kronstadt, Bauernaufstand in Tambow, Zusammenbruch der Wirtschaft durch permanente Kriege und Isolation durch weltweite revolutionäre Agitation). In dieser Jahren mussten die weltrevolutionären Ziele zurückgenommen werden um zunächst eine Konsolidierung des eigenen Staates zu erreichen und ein entsprechendes wirtschaftliches und militärisches Potential aufzubauen, das als Basis für die Fortsetzung einer revolutionären Außenpolitik dienen konnte. Diese Konsolidierung leitete Lenin mit der Neuen ökonomischen Politik (NÖP) ein, sie wurde unter Stalin mit der Kollektivierung der Landwirtschaft und der Industrialisierung und militärischen Aufrüstung des Landes fortgesetzt. Industrialisierung und Rüstung waren allerdings ohne technische und finanzielle Hilfe des Westens nicht zu realisieren. Man musste daher die Isolation durchbrechen, was durch vertrauensbildende Maßnahmen wie Völkerbundbeitritt, Unterzeichnung des Briand-Kellogg-Paktes und dem Slogan "Kommunismus in einem Land" auch gelang und die Grenzen für Ex- und Importe öffnete. Ultralinke Kräfte, die an dieser Praxis Kritik übten und die permanente Revolution einmahnten wurden beseitigt. Der Komintern kam in dieser Phase die Aufgabe zu, die Konsolidierung der Sowjetunion abzuschirmen.
- Zu Beginn der dritten Phase (1928 bis 1941) war die Konsolidierung der Sowjetmacht bereits so weit fortgeschritten, dass man wieder zu einer aggressiveren Außenpolitik übergehen konnte. Da jedoch die Außenpolitik dieser Jahre in die Katastrophe des Juni 1941 führte und als verfehlt betrachtet werden muss, waren Generationen sozialistischer Historiker bemüht, die nahe liegenden Gründe des Scheiterns zu verschleiern bzw. als unergründlich dazustellen, was auch von renommierten Historikern wie Manfred Hildermeier übernommen wurde. [7] Bei näherer Betrachtung wird die Zielrichtung rasch klar. Stalin war bestrebt in Europa ein revolutionäres Potential aufzubauen, wofür ein offener europäischer Konflikt die besten Voraussetzungen bot. [8] Dieser Konflikt sollte jedoch nicht von der Sowjetunion, sondern von einer "Marionette" ausgelöst werden. Als solche bot sich Hitler an und wurde auch so bezeichnet. [9] Stalin verhalf ihm 1933 zur Macht, indem er der KPD befahl, nicht die Nationalsozialisten sondern die als "Sozialfaschisten" bezeichnete Sozialdemokratie anzugreifen. Er schloss dann mit dem siegreichen Hitler einen Pakt, der zum gewünschten Krieg führte und unterstützte Hitlers Kriegsführung durch Rohstofflieferungen und Sabotage der Kriegsanstrengungen der Hitlergegner. Belege: [10] [11] [12] Der Aufbau von Hitler als "Marionette" konnte natürlich nicht öffentlich propagiert werden, man musste sich auf mündliche Aufklärung der Funktionäre beschränken, was die Verwirrung weder in den eigenen Reihen noch in der Öffentlichkeit beheben konnte.Der Komintern kam in dieser Phase die ungemein schwierige Aufgabe zu ihren Mitgliedern klar zu machen, dass sie sowohl die eigenen, als auch die nationalen Interessen einer mittelfristig zu erwartenden europäischen Revolution unterzuordnen hatten, dass sie zumindest zeitweilig als Handlanger Hitlers tätig sein mussten und einen weiteren blutigen Krieg in Kauf zu nehmen hatten.
- In einer vierten Phase musste man ab dem Juni 1941 zur Kenntnis nehmen, dass die "Marionette" viel rascher als erwartet ihre Kriege am Kontinent für sich entscheiden konnte und sogar imstande war die Sowjetunion zu überraschen. Die Komintern, die seit 1939 die Kriegsführung der Hitlergegner sabotiert hatte, musste nun umschwenken und die Kriegsführung der Alliierten unterstützen.Dazu benötigte Stalin aber keine Komintern mehr und löste sie 1943 als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber den Alliierten auf.
Unter völlig anderen historischen Rahmenbedingungen wurde 1947 von der Sowjetunion als quasi-Nachfolgeorganisation das Kommunistische Informationsbüro (Kominform) etabliert. Mitgliedsparteien waren hier überwiegend KPs, die im Gefolge des Zweiten Weltkrieges in den von der Sowjetunion dominierten osteuropäischen Satellitenstaaten und im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands an die Regierungsmacht gekommen waren.
[Bearbeiten] 1919: I. Weltkongress 1919 - Gründungskongress
Auf dem I. Weltkongress vom 2. bis 6. März 1919 in Moskau waren 51 Delegierte aus 29 Ländern anwesend. Die Konferenzsprache war Deutsch. Die Mehrzahl der Delegierten waren Emigranten, die in Russland lebten, und infolge schwieriger Verkehrsverhältnisse (Intervention) kaum Verbindung mit ihren Heimatparteien hatte. [13] An den ersten beiden Kongresstagen berichteten die Delegierten über die Lage ihrer Parteien. Da Hugo Eberlein, der Vertreter der wichtigen KPD schon vor Beginn der Konferenz Lenin dargelegt hatte, dass Rosa Luxemburg und Leo Jogiches gegen eine sofortige Gründung waren, blieb eine Gründung zunächst offen. Das Blatt wendet sich, als am 2.Tag der österreichische Delegierte Karl Steinhart erschien und eine sofortige Gründung forderte. Ihm schlossen sich schließlich alle Delegierten - mit Ausnahme Eberleins an. Eberlein, unter dem Decknamen Albert, am dritten Sitzungstag:[14]
- „[...] Wenn hier gesagt wird, dass die Gründung der III. Internationale eine unbedingte Notwendigkeit sei, wagen wir das zu bestreiten. [...] was eine III. Internationale sein muss, ist nicht allein ein geistiges Zentrum, nicht allein eine Institution, in der sich die Theoretiker gegenseitig heisse Reden halten, sondern sie muss die Grundlage einer organisatorischen Macht sein. Wollen wir aus der III. Internationale ein gebrauchsfähiges Werkzeug machen, wollen wir diese Internationale zu einem Kampfmittel gestalten, dann ist es notwendig, dass dazu auch die Vorbedingungen vorhanden sind. [...] Ich habe dabei immer das Gefühl, als ob die Genossen, die so zur Gründung drängen, sich doch bedeutend beeinflussen lassen vom Werdegang der II. Internationale, dass sie nach dem Zustandekommen der Berner Konferenz ihr ein Konkurrenzunternehmen entgegensetzen wollen.[...]“ Dennoch wird die KPD die erste Partei sein, die sich zur Kommunistischen Internationale bekennt.
Neben der Gründung der neuen Internationale nutzte der Kongress die Möglichkeit die Weltöffentlichkeit über deren Prinzipien zu informieren. Sie wurden drei Denkschriften festgehalten: [15]
- Bucharin: Richtlinien des Internationalen Kommunistischen Kongresses
- Lenin: Leitsätze über bürgerliche Demokratie und proletarische Diktatur
- Trotzki: Manifest der Kommunistischen Internationale an das Proletariat der ganzen Welt
Alle Verfasser gingen vom Grundgedanken aus, dass die bestehende Krise nur mittels einer proletarischen Revolution und der Diktatur des Proletariats gelöst werden könne. Dies sei im Weltmaßstab erforderlich, da der nationale Staat für die Entwicklung der Produktivkräfte zu eng geworden sei. Die Komintern solle dabei, im Gegensatz zur Zweiten Internationale, eine straff, quasi militärisch, organisierte Weltpartei mit nationalen Sektionen bilden. Die gewaltsame Machtergreifungen wird ausdrücklich legitimiert. In den Richtlinien des Internationalen Kommunistischen Kongresses beginnt der letzten Abschnitt mit den Sätzen:[16]
- „Die revolutionäre Epoche fordert vom Proletariat die Anwendung solcher Kampfmittel, die seine ganze Energie konzentrieren, nämlich die Methode der Massenaktionen und ihr logisches Ende - den direkten Zusammenstoss mit der bürgerlichen Staatsmaschine in offenem Kampfe. Diesem Ziele müssen alle anderen Methoden, wie z.B. die revolutionäre Ausnutzung des bürgerlichen Parlamentarismus, untergeordnet sein. [...]“
Weiterer Beschluss: Sitz des Exekutivkomitees soll bis zur Errichtung einer deutschen Räterepublik Moskau bleiben.
[Bearbeiten] 1920: II. Weltkongress 1920 - Bindung der nationalen Parteien an Moskau
Der II. Weltkongress der Komintern, vom 19. Juli bis 7. August 1920, legte die Organisationsstruktur der Vereinigung fest und zementierte insbesondere die dominierende Rolle der Bolschewiki, der späteren Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU). Lenins Organisations- und Führungsprinzip, der sogenannte demokratische Zentralismus, wurde auf die Komintern übertragen. Im Ergebnis mussten die einzelnen kommunistischen Mitgliedsparteien ihre Eigenständigkeit aufgeben. Diese KPs hatten sich in den folgenden Jahren ausschließlich als territoriale Gliederungen, als nationale Sektionen, der Komintern zu verstehen.
Als formal oberstes Organ der Komintern wurde der Weltkongress festgelegt, der jährlich zusammentreten sollte. In der Praxis geschah dies in den 24 Jahren, in denen die Komintern bestand, jedoch nur siebenmal, jeweils in Moskau. Die eigentliche Machtzentrale bildete stattdessen das in Moskau eingerichtete Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI), welches von Mitgliedern der KPdSU dominiert wurde. Das EKKI, mit einem Präsidium an der Spitze, hatte als leitendes Organ zwischen den Weltkongressen das Recht, in die inneren Angelegenheiten jeder Mitgliedspartei einzugreifen.
Ohne Diskussion beschloss der Kongress Lenins 21 Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale, welche die Mitarbeit "zentristischer" Parteien verhindern sollten. Gemeint waren damit diejenigen, die zwischen reformerischer und revolutionärer Politik schwankten. In der Folge spaltete sich beispielsweise die deutsche USPD, wobei nur der linksrevolutionäre Flügel Mitglied der Komintern wurde. Vergleichbares passierte auch innerhalb der italienischen und französischen Sozialisten. Im ersten Punkt der 21 Bedingungen wurde gefordert, „Die Reformisten aller Schattierungen systematisch und unbarmherzig zu brandmarken“. In Punkt zwei wird dann die planmäßige Entfernung aller „Reformisten und Zentrumsleute“ aus allen Organisationen angeordnet, die sich der Komintern anschließen wollen. „Die Kommunistische Internationale fordert unbedingt und ultimativ die Durchführung dieses Bruchs in kürzester Frist“. In den Bedingungen wird außerdem verlangt, Presse- Parlaments- und Gewerkschaftsarbeit fest unter die Beschlüsse der Parteileitung - sprich: des EKKI - zu stellen. Alle Sektionen wurden verpflichtet, „einen parallelen Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei behilflich sein wird, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen“. [17] Faktisch war dies die Forderung nach dem Aufbau einer Untergrundorganisation.
[Bearbeiten] III. und IV. Weltkongress 1921 und 1922 - Einheitsfront
Mit dem III. (22. Juni bis 12. Juli 1921) und dem IV. Weltkongress (5. November bis 5. Dezember 1922) wird eine Phase vergleichsweise gemäßigter Politik der Komintern verbunden. Dies geschah nachdem sich die - auch im Zusammenhang des Ersten Weltkrieges aufgetauchten - internationalen revolutionären Strömungen nicht zu der erwarteten Weltrevolution verdichteten. Stattdessen ebbten diese im Weltmaßstab offensichtlich sogar ab. Die führenden Köpfe der Kommunistischen Partei Russlands, Lenin und Trotzki, waren daher gezwungen, ihre bisherige Strategie anzupassen. Als unmittelbare Folge suchten die in der Komintern organisierten KPs unter der Losung der „Einheitsfront“ jetzt nach Bündnispartnern in anderen Parteien innerhalb der politischen Linken.
Im Anschluss an den III. Weltkongress hatte Lenin eine Einheitsfront-Taktik entwickelt, die sich das EKKI im Dezember 1921 zu eigen machte. Als Konsequenz fanden 1922 in Berlin Verhandlungen der Komintern mit Vertretern anderer Linksparteien statt. Auf dem IV. Weltkongress wurde diese Linie 1922 offiziell bestätigt. In der Folge entstanden 1923 zwar kurzzeitig Arbeiterregierungen der Sozialdemokraten und der KPD in den deutschen Ländern Sachsen und Thüringen, das Verhältnis der Komintern zu Sozialdemokraten und nichtrevolutionären Sozialisten blieb jedoch gespannt, da Letztere den Vorwurf erhoben, dass die Kommunisten in den Gremien stets Führungspositionen beanspruchten und sich in den gemeinsamen Veranstaltungen nicht scheuten die Sozialdemokraten weiter anzugreifen.
[Bearbeiten] V. Weltkongress 1924 - Bolschewisierung der Partei
Der V. Weltkongress, vom 17. Juni bis 8. Juli 1924, fand vor dem Hintergrund des Todes Lenins und des Machtkampfes um dessen Nachfolge statt. Hier setzte sich letztendlich Stalin innerhalb der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und damit auch in der Komintern durch. Stalins Theorie vom Aufbau des Sozialismus in einem Land, die als Gegenentwurf zu Trotzkis Theorie der permanenten Revolution stand, führte dazu, dass die Komintern die Weltrevolution aus ihrem Vokabular strich. Stattdessen stand die Konsolidierung der Komintern und die Sicherung des politischen Systems der Sowjetunion im Mittelpunkt.
Der Kongress beschloss die Bolschewisierung der kommunistischen Parteien. Mit ihr sollte die sozialdemokratische Vergangenheit der KPs, die in der gemeinsamen Arbeiterbewegung gründete, überwunden und durch die Ideologie des Marxismus-Leninismus ersetzt werden. Grigori Sinowjew, Vorsitzender des EKKI erklärte am 19. Juni vor dem Kongress in seinem Bericht über die Exekutive: „Die Überreste der Sozialdemokratie sind in unserem eigenen Lager größer als wir sie uns jemals vorgestellt haben“. Diese Bolschewisierung wurde auch von der Führung der deutschen KP mitgetragen, wie hier in einer Rede Clara Zetkins auf dem V. Erweiterten Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale am 30. März 1925:[18]
- „Genossen! Die vorliegenden Thesen zur Bolschewisierung begrüße ich aufrichtig. Genosse Sinowjew hat durchaus recht. Leider! Die objektive Weltlage ist nicht unmittelbar revolutionär in diesem Augenblick. [...] Ich halte deshalb die Thesen zur Bolschewisierung der kommunistischen Parteien für eine absolute Notwendigkeit. [...] ich bewerte sie sehr hoch als ein unentbehrliches Hilfsmittel, unsere kommunistischen Parteien zu wirklichen bolschewistischen Massenparteien zu machen, und es ist an der Zeit, daß dies geschieht. Ich sehe in den Thesen den festen Willen, in den kommunistischen Parteien alle ehrlich revolutionär gesinnten Elemente in reinlicher Scheidung von dem Opportunismus rechts und von dem phantastischen Putschismus, von dem revolutionären Romantismus auf der Linken zusammenzufassen, straff, fest, auf einer einheitlichen ideologischen und organisatorischen Grundlage. [...]“
Der offizielle Abschied von der Idee der Weltrevolution stieß innerhalb der Partei auf Kritik, die vor allem von Trotzki und Sinowjew repräsentiert wurde. Diese Linkskommunisten sammelten sich teilweise in neugegründeten Organisationen, wie dem Leninbund in Deutschland.
[Bearbeiten] VI. Weltkongress 1928 - Der Kampf gegen den "Sozialfaschismus"
Der Kongress rückte völlig vom Modell der Einheitsfront der Linksparteien ab. Im Rahmen der Sozialfaschismusthese wurden insbesondere die Sozialdemokraten zum Hauptfeind der kommunistischen Weltbewegung erklärt. Diese Politik verhinderte jede Zusammenarbeit der deutschen Sektion, der KPD, mit den Sozialdemokraten. Darüber hinaus hatte die KPD den Auftrag auch aktiv an der Destabilisierung der von Sozialdemokraten gestellten Regierungen in Deutschland mitzuwirken. Der Vorsitzende der KPD, Ernst Thälmann, behauptete in seiner Begrüßungsansprache vor dem Kongress, die „konterrevolutionäre Sozialdemokratie“ habe sich „vollkommen mit den Kriegsoperationen der kapitalistischen Bourgeoisie gegen die Sowjetunion“ vereinigt und Hermann Müller, der amtierende sozialdemokratische Reichskanzler, beschäftige sich vor allem mit „Kriegsvorbereitungen gegen die Sowjetunion“. Thälmann forderte, alle sozialdemokratischen Regierungen in Europa „als sozialverräterich“ zu bekämpfen und die „proletarischen Massen zum Sturz dieser Regierungen zu mobilisieren“.[19]
Diese Gegensätze innerhalb der Linken gelten als unmittelbar mitverantwortlich für den Aufstieg des Faschismus und die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933.
Die ab 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise bewirkte eine Radikalisierung der Arbeiterschaft in vielen Industrienationen und damit auch neue Chancen für linksrevolutionäre, kommunistische Parteien. Die Sektionen der Komintern konnten davon aber nur bedingt profitieren. Die bedeutendste außerhalb der Sowjetunion, die Kommunistische Partei Deutschlands, wuchs von 1928 mit 130 000 Mitgliedern und 3,2 Millionen Wählern bis zum November 1932 auf 252 000 Mitglieder und 6 Millionen Wähler. Aufgrund der radikalen Komintern-Linie und deren Sozialfaschismusthese war die Partei jedoch koalitionsunfähig was die Sozialdemokraten als potentiellen Partner anbelangte. Die KPD befand sich in einer selbstgewählten Isolation und war damit von parlamentarisch legitimierter Regierungsmacht ausgeschlossen. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums wuchs gleichzeitig der Faschismus.
1933, nach der Einsetzung Hitlers zum Reichskanzler in Deutschland, wurde zunächst die KPD, dann auch die SPD verboten. Zahlreiche Mitglieder beider Parteien wurden in die neueingerichteten Konzentrationslager der Nazis verschleppt. Die Zerschlagung der KPD, der außerhalb der Sowjetunion stärksten Sektion der Komintern, bedeutete ein Scheitern ihrer Politik. Doch ein Abrücken von der bisherigen Sozialfaschismus-Strategie bedeutete dies zunächst nicht. Vom 28. November bis 12. Dezember tagte in Moskau das XIII. Plenum des EKKI. Sekretär Otto Kuusinen hielt das Hauptreferat:
- „Unabhängig davon, ob faschistische Umwälzung oder die Gefahr imperialistischen Krieges droht, ob im betreffenden Lande bereits eine revolutionäre Situation zur Machtergreifung des Proletariats vorliegt - unter allen Umständen ist der Einfluss der Sozialfaschisten auf die Arbeitermassen jenes Hindernis, dass überwunden werden muss“
In diesem Zusammenhang stellte der Nachfolger Thälmanns, EKKI-Präsidiumsmitglied Wilhelm Pieck, Ende 1933 fest: „Deutschland marschiert der proletarischen Revolution entgegen“. Als „Beweis“ führte Pieck an, die von der faschistischen Diktatur „unbesiegte Arbeiterklasse“ in Deutschland sammle sich wieder zum Angriff. Die Diktatur habe nur deshalb aufgerichtet werden können, weil durch die sozialdemokratische Politik die KPD „der Unterstützung der Mehrheit der Arbeiterklasse beraubt worden sei“.[20]
Offenbar hielten führende Komintern-Funktionäre den Nationalsozialismus zunächst für eine kurze Episode der deutschen Politik und erwarteten ihr schnelles Ende, wie dies ja auch von der SPD überliefert ist. Im Laufe des Jahres 1934 konsolidierte Hitler jedoch innenpolitisch seine Macht, beispielsweise durch die Ausschaltung der SA-Führung im sogenannten Röhm-Putsch. Außenpolitisch schlug er einen Kurs ein, den die Sowjetunion als Bedrohung empfinden musste, wie die Aufstockung der deutschen Rüstungsausgaben, die Einführung der Wehrpflicht und ein Flottenabkommen mit Großbritannien. V
[Bearbeiten] VII. und letzter Weltkongress 1935 - Volksfront
Der VII. Weltkongress vom 25. Juli bis 20. August 1935 beendete offiziell die bisherige Linie der Komintern und verabschiedete sich von der Theorie des Sozialfaschismus. Bereits im Juli 1934 hatte die französischen KP unter Maurice Thorez einen Aktionspakt mit den Sozialisten abgeschlossen. Nach diesem Vorbild und unter dem Begriff der "Volksfront" wurde nun ein Bündnis der einzelnen nationalen KPs mit Sozialisten, Sozialdemokraten und anderen antifaschistischen liberalen und bürgerlichen Kräften gesucht. Von den einzelnen Sektionen wurde die neue Linie begrüßt, da damit die selbstgewählte politische Isolation der letzten Jahre zunächst beendet war.
Die Frage, warum Stalin seine Außenpolitik erst umstellte, als Hitler seine Macht bereits gefestigt hatte, wird kontrovers diskutiert. Es gibt Historiker, die die Meinung vertreten, Stalin habe nun erst Hitler als Gefahr wahrgenommen und wäre in eine Zusammenarbeit mit dem Westen geflüchtet. Gegen diese ,Angsttheorie' spricht allerdings die Art, wann und wie diese Volksfrontpolitik aufgekündigt wurde. Sie wurde zu einem Zeitpunkt aufgekündigt, als man mit dem Pakt den eigenen Sicherheitskordon beseitigt hatte und sich die Gefährdung nicht vermindert, sondern erhöht hatte. Andere Forscher wiederum sehen die Volksfrontpolitik lediglich als temporären Schachzug, da dieser Schwenk einfach notwendig war, um die Komintern in der Arbeiterklasse und im Westen nicht völlig zu isolieren und politisch unwirksam zu machen.
Im Zuge der Stalinistischen Säuberungen der 1930er-Jahre gerieten auch zahlreiche Funktionäre der Komintern in das Visier des Diktators und wurden Opfer von Schauprozessen und Verfolgung, wie beispielsweise Sinowjew und Bucharin. Wolfgang Leonhard, der diese Phase in Moskau als Zeitzeuge erlebte, schreibt darüber in seiner in den 1950er Jahren veröffentlichten politischen Autobiographie:[21]
- „Die in der Sowjetunion lebenden ausländischen Kommunisten wurden ganz besonders davon betroffen. In wenigen Monaten wurden mehr Funktionäre des Kominternapparates verhaftet, als vorher in zwanzig Jahren von allen bürgerlichen Regierungen zusammengenommen. Allein die Aufzählung der Namen würde ganze Seiten füllen.“
Unter den Verfolgten waren viele KPD-Funktionäre, wie Mitglieder des KPD-Zentralkomitees, die geglaubt hatten, nach Hitlers Machtergreifung in der Sowjetunion ein sicheres Asyl gefunden zu haben. Darunter auch Hugo Eberlein, der auf dem Komintern-Gründungskongress 1919 anwesend gewesen war. Der ebenfalls durch Stalin ausgegrenzte und verfolgte Trotzki und andere Kommunisten gründeten 1938 als oppositionelle Alternative zu der von Stalin dominierten Komintern, der Dritten Internationalen, die Vierte Internationale. Deren Sektionen kamen in den Folgejahren jedoch selten über den Status kleinster Kader- oder Splitterparteien hinaus.
Nachdem bereits seit 1933 in Berlin der Gesamtverband Deutscher antikommunistischer Vereinigungen als Teil der Propaganda des NS-Staates gegen die Sowjetunion und die Komintern bestand, kam es 1936 zu einem zwischen Deutschland und Japan geschlossene Beistandsvertrag, dem Antikominternpakt. Darin vereinbarten die beiden Staaten die Bekämpfung der Komintern und versicherten sich gegenseitig, keine Verträge mit der Sowjetunion abzuschließen, die dem antikommunistischen Geist des Abkommens widersprechen würden. Dies hinderte Hitler aber nicht daran, im August 1939 mit Stalin den Deutsch-sowjetischen Freundschafts- und Nichtangriffspakt abzuschließen, was wiederum das Ende der Volksfrontpolitik und eine neue Kominternpolitik mit sich brachte.
[Bearbeiten] Der Deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt - Ende der Volksfrontpolitik
Der Deutsch-sowjetische-Pakt beinhaltete weitreichende Abmachungen über Interessensphären, die in den nächsten zwei Jahren von den beiden Mächten mit militärischen Mitteln auch umgesetzt wurden. In der Folge des Paktes fiel die Sowjetunion im Oktober 1939, im sogenannten Winterkrieg, in Finnland ein, was insbesondere die skandinavischen KPs von der Bevölkerung ihrer Länder isolierte. Ohne durch den Pakt dazu gezwungen zu sein, vollführte auch die Komintern einen radikalen politischen Schwenk. So erhielt die Komintern von Stalin am 7.September 1939 folgenden Befehl: [22]
- „Die Kommunisten in den kapitalistischen Ländern müssen sich entschlossen gegen die eigene Regierung und gegen den Krieg stellen.“
Georgi Dimitrow ordnete deshalb am Folgetag über die einzelnen Sektionen nicht nur die Auflösung aller Volksfrontbündnisse sondern auch die Sabotage aller Verteidigungsmaßnahmen gegen Hitler an. [23]. Man rechtfertigte diesen Richtungsänderung damit, dass man die Ansicht vertrat, es handle sich auf beiden Seiten um einen imperialistischen Krieg und die Hauptschuld liege bei England und Frankreich.[24] Der sowjetische Außenminister Molotow erklärte dazu am 31. Oktober, nicht Hitlerdeutschland, sondern England und Frankreich seien als Angreifer zu betrachten. Dazu auch Walter Ulbricht, einer der Führer der KPD: „Die deutsche Regierung erklärte sich zu friedlichen Beziehungen zur Sowjetunion bereit, während der englisch-französische Kriegsblock den Krieg gegen die sozialistische Sowjetunion will. Das Sowjetvolk und das werktätige Volk Deutschlands haben ein Interesse an der Verhinderung des englischen Kriegsplanes.“[25]
Leidtragende dieser Politik waren die Funktionäre der nationalen Sektionen, die nun ihre Volksfrontbündnisse lösen und gegen den Krieg auftreten mussten, was sie in den Augen vieler Landsleute zu Agenten des Faschismus machte. Die Komintern-Sektionen befanden sich nun in der politisch selbstmörderischen Situation, beispielsweise den Angriff der Sowjetunion auf Polen verteidigen zu müssen, mit dem ein Nichtangriffspakt bestand. Dazu der langjährige österreichische Ministerpräsident Bruno Kreisky: [26]
- „Was nun die Absichten Stalins [gegenüber Deutschland 1933] betraf, so schien uns... seine Politik durchaus folgerichtig. Was scherte ihn die deutsche Demokratie ? Was interessierte ihn das Schicksal der deutschen Kommunisten ? Und das Schicksal der Sozialdemokraten interessierte ihn schon gar nicht. Sie alle mussten geopfert werden, damit er seinen teuflischen Plan verwirklichen konnte: Hitler sollte in Deutschland an die Macht gelangen ! So hatte Stalin es programmiert. Der Kommunistenführer Thälmann, der fliehen wollte, wurde verraten und so ein Opfer des Nationalsozialismus. Wie sollte man sich das alles erklären ? ....Eine eindeutige Antwort bekam man am 24.August 1939, als die Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes bekannt wurde: Stalin wollte den Sieg der Nazis. Er wusste oder glaubte zu wissen... daß Hitler das Deutsche Reich in einen Konflikt mit England und Frankreich verwickeln werde.“
[Bearbeiten] Der Überfall auf die Sowjetunion und die Wende zur Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie
Die Phase, in der die Komintern den Hitlerfaschismus nicht nur nicht bekämpfte, sondern stützte und hunderte in die Sowjetunion geflüchtete Kommunisten bzw. deren Angehörige von den sowjetischen Behörden an die Gestapo ausgeliefert wurden, endete erst mit dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. [27]
Innerhalb dieser beiden Jahre kehrten viele Kommunisten ihren Sektionen den Rücken und die Komintern verlor politische Glaubwürdigkeit und Bedeutung. Die Erfahrungen mit der verhängnisvollen Bindung der nationalen KPs an die KPdSU und die Außenpolitik der Sowjetunion führte nach 1945 in vielen Staaten zu einer neuen Ausrichtung. Diese von sowjetischen Vorbildern unabhängigen Denkrichtungen innerhalb kommunistischer Parteien wurden seit den 1970er-Jahren als Eurokommunismus bezeichnet.
[Bearbeiten] Auflösung 1943
Im Herbst 1941 war die Moskauer Zentrale des Komintern-Apparates als Reaktion auf den deutschen Vormarsch in die weiter östlich gelegene Stadt Ufa in Baschkirien evakuiert worden. Am 15. Mai 1943 fasste das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale den Beschluss über die Auflösung der Komintern zum 10. Juni. Dessen Veröffentlichung kam selbst für Komintern-Funktionäre völlig überraschend. Nach dem Eingang zustimmender Reaktionen von 31 angeschlossenen KPs stellten die Komintern-Organe ihre Tätigkeit ein.
Es wird davon ausgegangen, dass der EKKI-Beschluss unmittelbar auf eine Entscheidung Stalins zurückgeht. Dieser erklärte in einem Interview mit der Agentur Reuters am 28. Mai 1943, dass mit der Auflösung vor aller Welt zwei Momente unterstrichen werden sollten: dass Moskau sich nicht „in das Leben anderer Staaten“ einmische und dass die kommunistischen Parteien „im Interesse ihres eigenen Volkes“ und nicht „auf Befehl von außen“. handelten [28] Allgemein gilt die Auflösung der Komintern als ein Zugeständnis Stalins an die westlichen Alliierten, die USA und Großbritannien, auf deren Unterstützung Stalin nach Hitlers Überfall auf die Sowjetunion angewiesen war. Einen politischen Einfluss hatte die Organisation zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht mehr.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Günther Nollau: Die Internationale (Köln1959) Seiten 66-68
- ↑ Zahlen aus Hermann Weber: Kommunistische Internationale in: Lexikon des Sozialismus, Bund-Verlag, Köln 1986
- ↑ Franz Borkenau: Der Europäische Kommunismus. (München 1952) Seite 21
- ↑ Lenin: Sämtliche Werke (Wien 1929) Band 18 Seiten 76 ff., Seite 91
- ↑ Lenin: Die Dritte Internationale und ihr Platz in der Geschichte, in: Zeitschrift: Die kommunistische Internationale Nr.1/1919)
- ↑ nach Hermann Weber: Kommunistische Internationale in: Lexikon des Sozialismus, Bund-Verlag, Köln 1986
- ↑ Manfred Hildermeier: Geschichte der Sowjetunion 1917 - 1991 (München 1998) Seite 585.
- ↑ Bruno Kreisky: Zwischen den Zeiten. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten. (Berlin 1986) Seiten 187 -188
- ↑ Joachim C. Fest: Hitler -Ullstein (Frankfurt am Main 1973 Seite 544. Inoffizielle Begründung der KPD-Spitze warum man die NSDAP im Wahlkampf 1933 nicht angreifen dürfe: Hitler sei nur eine Marionette [der fortschrittlichen Kräfte]. Komme er an die Macht, bringe er nur den Kommunismus der Macht näher. Geduld sei in diesem Stadium die oberste revolutionäre Tugend.
- ↑ Maimann: Wartesaal.62
- ↑ Georgi Dimitroff: Tagebücher 1933 - 1943. Bd.2 Aufbau-Verlag, Berlin 2000, 274, 275
- ↑ Wojenno-istoritscheski schurnal (Militärhistorische Zeitung) Nr.6/1992 Seite 47
- ↑ William Chamberlin:Die russische Revolution (Frankfurt/Main 1958), Band I, Seite 373
- ↑ online unter: http://www.sinistra.net/komintern/wk1/komint103d.html
- ↑ Günther Nollau: Die Internationale. Wurzeln und Erscheinungsformen des proletarischen Internationalismus (Köln-Berlin 1959) Seite 58 und 59
- ↑ Online unter: http://www.sinistra.net/komintern/dok/1krichtkid.html
- ↑ zitiert nach Peter Lübbe: Kommunismus und Sozialdemokratie, J.H.W. Dietz Nachf., Berlin/Bonn 1978, S. 52 und 53, ISBN 3-8012-1113-4
- ↑ online unter: http://www.marxistische-bibliothek.de/zetkin4.html
- ↑ zitiert nach Peter Lübbe: Kommunismus und Sozialdemokratie, J.H.W. Dietz Nachf., Berlin/Bonn 1978, S. 75, ISBN 3-8012-1113-4
- ↑ Beide Zitate nach Peter Lübbe: Kommunismus und Sozialdemokratie, J.H.W. Dietz Nachf., Berlin/Bonn 1978, S. 141, ISBN 3-8012-1113-4
- ↑ Wolfgang Leonhard: Die Revolution entläßt ihre Kinder, Ullstein, Frankfurt-Berlin, Taschenbuchausgabe 10. Auflage 1968, S. 44
- ↑ Georgi Dimitroff: Tagebücher 1933 - 1943. Bd.2 Aufbau-Verlag, Berlin 2000, S. 273
- ↑ Georgi Dimitroff: Tagebücher 1933 - 1943. Bd.2 Aufbau-Verlag, Berlin 2000, 274, 275
- ↑ Beide Zitate nach Wolfgang Leonhard: Eurokommunismus, Bertelsmann, München 1978, S. 48, ISBN 3-570-0510-6
- ↑ Komintern-Zeitschrift Die Welt, Februar 1940
- ↑ Bruno Kreisky: Zwischen den Zeiten. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten. (Berlin 1986) Seiten 187 -188
- ↑ Rapaport: "One of Stalin's first gifts to the Nazis was to turn over some 600 German Communists, most of them Jews, to the Gestapo at Brest-Litovsk in German-occupied Poland." - Anatomies of a Murderer by David K. Shipler
- ↑ zitiert nach Othmar Nicola Haberl: Kommunistische Internationale in Pipers Wörterbuch zur Politik, Band 4, Sozialistische Systeme, Piper 1981, S. 216
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfgang Leonhard: Völker hört die Signale - Die Gründerjahre des Weltkommunismus 1919-1924, Bertelsmann, München 1989 ISBN 3570025837
- Alfred Rosmer: Moskau zu Lenins Zeiten. isp-verlag, Frankfurt am Main 1989 ISBN 3883321605
- Fernando Claudin: Die Krise der Kommunistischen Bewegung. Von der Komintern zur Kominform, Vorwort Jorge Semprun, 2 Bde., Verlag Olle & Wolter, Berlin 1977/78, ISBN 3-92124122-7