Luftstreitkräfte der NVA
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Luftstreitkräfte der NVA (Nationalen Volksarmee) war die Bezeichnung für die Luftwaffe der DDR.
Als Bestandteil der Nationalen Volksarmee wurden die Luftstreitkräfte offiziell am 1. März 1956 ins Leben gerufen. Vorläufer war die von Oktober 1953 bis Januar 1956 bestehende Tarnbezeichnung "Aeroclub", vorher VP Luft der Kasernierten Volkspolizei. Am 31. Mai 1957 wurde aus den bis dahin selbständigen Kommandos "Luftstreitkräfte" und "Luftverteidigung" das gemeinsame Kommando "Luftstreitkräfte/Luftverteidigung" (LSK/LV) gebildet.
Im Gegensatz zu Westdeutschlands Bundesluftwaffe als eigenständige Streitkraft innerhalb der Bundeswehr umfasste das Kommando LSK/LV alle Bereiche der Fliegerei, eine "Luftwaffe" im eigentlichen Sinne gab es daher in der DDR nicht. Die LSK/LV war neben der Luftverteidigung, dem Angriff aus der Luft und der Aufklärung auch für die Luftkriegsführung über See ("Marineflieger") sowie die Unterstützung von Heerestruppen ("Heeresflieger") mit Hubschraubern zuständig, deckte also das gesamte Spektrum der Luftkriegsführung ab.
Die Flugzeuge der NVA-Luftstreitkräfte stammten größtenteils aus sowjetischer, teils auch aus tschechoslowakischer Produktion. Ab den 1960er Jahren bis 1990 bildete die MiG-21 in vielfältigen Versionen die Speerspitze der Jagdflieger, welche später durch MiG-23 und MiG-29 verstärkt wurden. Als Jagdbomber dienten Anfangs vor allem MiG-Kampfflugzeuge der Typen MiG-21 und MiG-23BN, in den 80iger Jahren wurden zudem Suchoi-Jagdbomber des Typs Su-22 beschafft.
Einzig die ab 1988 eingeführten 24 Maschinen des Typs MiG-29 wurden nach der Wiedervereinigung von der Luftwaffe für einige Jahre in die Bundeswehr übernommen, alle anderen Kampfflugzeuge ausgemustert und zum Großteil verschrottet. Die Maschinen wurden vorher jedoch durch die Wehrtechnische Dienststelle 61 des Bundesverteidigungsministeriums genau unter die Lupe genommen, wobei vor allem die Su-22 einen bleibenden Eindruck hinterließ.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Struktur
Die DDR-Luftstreitkräfte (LSK/LV) waren gegliedert in:
- direkt dem Kommando LSK/LV unterstellte Truppenteile/Einheiten: TG-44
- die 1. Luft-Verteidigungs-Division (1. LVD) - Cottbus: JG-1, JG-3, JG-7, JG-8, VFK-31, 41. FRBr, 51. FRBr, TA-5140, TA-4140, FuTB 31, FuTB-41, FuTB-51, FuTB-61
- die 3. Luft-Verteidigungs-Division (3. LVD) - Trollenhagen (bei Neubrandenburg): JG-2, JG-9, ZDK-33, VFK-33, FRR-13, FRR-23, 43. FRBr, FuTB-23, FuTB-33, FuTB-43
- Führungsorgan der Front- u. Militärtransportfliegerkräfte (FO FMTFK) - Strausberg: VS-14, TAFS-47, TAFS-87, MFG-28, JBG-37, JBG-77, TS-24, THG-34
- Offiziershochschule „Franz Mehring“ für Militärflieger in Kamenz: FAG-15, FAG-25, TAS-45, HAG-35, ab 1986 keine Ausbildung von Militärfliegern
- 1986 Ausgliederung der Ausbildung von Militärfliegern an die Offiziershochschule "Otto Lilienthal" für Militärflieger in Bautzen: FAG-15 Rothenburg/Oberlausitz, FAG-25 Bautzen, TAS-45 Kamenz, HAG-35 Brandenburg/Havel
Abkürzungen der Truppenteile | |||||
---|---|---|---|---|---|
FAG | Fliegerausbildungsgeschwader | FRBr | Flugabwehr-Raketenbrigade | FRR | Flugabwehr-Raketenregiment |
FuTB | Funktechnisches Bataillon | HAG | Hubschrauberausbildungsgeschwader | JG | Jagdfliegergeschwader |
JBG | Jagdbombenfliegergeschwader | TA | Technische Abteilung | TAS | Transportfliegerausbildungsstaffel |
TAFS | Taktische Aufklärungsfliegerstaffel | VFK | Verbindungsfliegerkette | ZDK | Zieldarstellungskette |
[Bearbeiten] Typen
Bezeichnung | Einsatzzeitraum | Verwendung |
---|---|---|
Aero Ae-45 (ČSSR) |
Ende 50er-Mitte 60er | Verbindungsflugzeug |
Aero L-29 (ČSSR) |
1964-1978 | Strahltrainer; durch die L-39 Albatros ersetzt |
Aero L-39 (ČSSR) |
1978-1990 | Strahltrainer; eine als L-39V bezeichnete Version diente als Schleppflugzeug für das Luftziel KT-04 |
Aero L-60 (ČSSR) |
1960-1962 | Schul- und Verbindungsflugzeug; danach Einsatz bei der GST bzw. Interflug |
An-2 | 1956-1990 | Mehrzweckflugzeug; einziger Typ, der von Anfang bis Ende der NVA im Truppendienst stand |
An-14 | 1966-1981 | Transportflugzeug |
An-26 | 1980-1990 | Transportflugzeug; Nachfolger der Il-14 |
Il-14 | 1956-Ende der 70er | Transportflugzeug; einige als Il-14F bezeichnete Maschinen dienten als Fotoflugzeuge |
Il-18 | 1960-1972 | Passagierflugzeug; danach im Einsatz bei der Interflug |
Il-28 | 1959-1982 | Zieldarstellungsflugzeug; ebenfalls vorhanden war eine Il-28U Schulmaschine |
Jak-11 | 1956-1962 | Übungsjagdflugzeug; etwa 1958 durch die MiG-15/MiG-17 ersetzt und später nur noch als Zieldarstellungsflugzeug verwendet |
Jak-18 | 1956-1964 | Schulflugzeug, später durch die L-29 Delfin ersetzt |
Let L-410 (ČSSR) |
1981-1990 | Verbindungs- und Transportflugzeug |
MiG-15 | 1956-1965 | Jagdflugzeug; ab 1957/58 durch die MiG-17 ersetzt und an die Fliegerschulen abgegeben. Die zweisitzige Schulversion wurde ab 1964 durch die L-29 ersetzt. |
MiG-17 | 1957-Mitte 80er | Jagdflugzeug; in dieser Funktion ab 1962 durch die MiG-21 ersetzt bzw. teilweise 1973 zum Jagdbomber umgerüstet; ab 1979 durch die MiG-23BN ersetzt |
MiG-19 | 1959-1968 | Jagdflugzeug; in den Versionen MiG-19S und MiG-19PM nur beim JG-3 eingesetzt und 1968 durch die MiG-21SPS ersetzt |
MiG-21 | 1962-1990 | Jagdflugzeug; in vielen Versionen erschienen |
MiG-23 | 1978-1990 | Abfangjagdflugzeug; es existierten ebenfalls eine Jagdbomber- und zweisitzige Schulausführung |
MiG-29 | 1988-1990 | Jagdflugzeug; alle 24 Maschinen wurden nach Auflösung der NVA in die Luftwaffe übernommen |
Mi-1 | 1957-1973 | leichter Mehrzweckhubschrauber |
Mi-2 | 1972-1990 | Mehrzweckhubschrauber; auch mit Bewaffnung eingesetzt |
Mi-4 | 1957-1978 | Mehrzweckhubschrauber; durch die Mi-8 ersetzt |
Mi-8 | 1968-1990 | Kampf- und Mehrzweckhubschrauber |
Mi-14 | Ende 70er-1990 | U-Boot-Jagd- und Minenbekämpfungshubschrauber |
Mi-24 | Ende 70er-1990 | Kampfhubschrauber |
Su-22M4 | 1984-1990 | Jagdbombenflugzeug; die zweisitzige Schulungsversion hieß Su-22UM3K |
Tu-124 | 1964-1975 | Passagierflugzeug; später an die Aeroflot abgegeben |
Tu-134 | 1969-1990 | Verkehrsflugzeug Kurzstrecke |
Tu-154 M | 1989-1990 | Verkehrsflugzeug Mittelstrecke |
Zlin Z-43 (ČSSR) |
Anfang 70er-1990 | Kurier- und Verbindungsflugzeug, viersitzige Weiterentwicklung der Z-42 |
[Bearbeiten] Literatur
- Wilfried Kopenhagen:
- Die Luftstreitkräfte der NVA, Motorbuch Verlag, ISBN 3-613-02235-4
- Flugzeuge und Hubschrauber der NVA 1956 bis 1970, ISBN 3-327-00547-8
- Flugzeuge und Hubschrauber der NVA von 1971 bis zur Gegenwart, ISBN 3-327-00768-3
- Walter Jablonsky und Wolfgang Wünsche:
- Im Gleichschritt? Zur Geschichte der NVA / Mit einem Kapitel zu den FuTT, ISBN 3-360-01016-7
- Autorenkollektiv, Hrsg.: Lutz Freundt:
- MiG, Mi, Su & Co., AeroLit, 1. Auflage, 2002, ISBN 3-935525-07-9
- Walter Lehweß-Litzmann, "Absturz ins Leben" (Vom Ritterkreuzträger zum Oberst der Luftstreitkräfte der DDR, der u.a. Siegmund Jähn ausbildete.), Dingsda-Verlag, Querfurt 1994, ISBN 3-928498-34-7