Okzitanische Sprache
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Okzitanisch (auch Langue d'oc) ist eine galloromanische Sprache, die im südlichen Drittel Frankreichs sowie in Randgebieten Italiens (piemontesische Alpen) und Spaniens (Val d'Aran in Katalonien) gesprochen wird. Die Sprache wird nur im Val d'Aran als Amtssprache verwendet (in ihrer lokalen Form, dem Aranesischen), auf französischem Gebiet ist hingegen ausschließlich Französisch Amtssprache.
Sprachkennungen:
- ISO 639-1: oc
- ISO 639-2: oci
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[Bearbeiten] Der Name
Der Name ist abgeleitet von òc, dem okzitanischen Wort für „ja“, das aus dem lateinischen Bejahungspartikel hoc entstand. Unter den galloromanischen Sprachen werden die Varianten des Okzitanischen als langue(s) d'òc abgegrenzt von den langues d’oïl, den Sprachen oder Dialektvarianten des Französischen. Letztere sind nach dem altfranzösischen Wort oïl für „ja“ benannt, das aus dem lateinischen hoc ille entstand und im Mittel- und Neufranzösischen zu oui wurde. Von der Sprachbezeichnung langue d'oc kommt auch der Name für die Region Languedoc, die nur ein Teil des okzitanischen Sprachgebietes ist.
Die heutige Bezeichnung okzitanisch wurde im Deutschen übernommen aus okzitanisch occitau bzw. französisch occitan, die ihrerseits Neologismen des 19. Jahrhunderts sind und im Unterschied zu „langue d'oc“ keine Vorläufer im älteren Romanischen oder Lateinischen besitzen.
Der Sache nach findet sich die Einteilung der romanischen Sprachen anhand ihrer Bejahungspartikel bereits bei Dante Alighieri, der in seiner Schrift De vulgari eloquentia („Über die Beredtsamkeit in den Volkssprachen“) anhand der Bejahungspartikel sì, òc und oïl drei Hauptzweige der romanischen Sprachen unterschied. Dabei bestimmte er allerdings sì (von lateinisch sic) ausschließlich als Merkmal des Italienischen, unter Vernachlässigung des ihm wahrscheinlich wenig bekannten Spanischen (Kastilischen), während er die Sprecher der lingua oc wiederum als „Spanier“ (Yspani) bezeichnete (Dve I, viii, 5), dies wohl aufgrund der Zugehörigkeit speziell der Katalanen zum Okzitanischen, obwohl er in seiner Schrift im weiteren dann hauptsächlich südfranzösische Vertreter der okzitanischen Trobadordichtung anführte.
[Bearbeiten] Dialekte
Das Okzitanische gliedert sich in zahlreiche Dialekte, die sich in drei Gruppen einteilen lassen:
- Nordokzitanisch
- Südokzitanisch
- Languedokisch (im Languedoc)
- Provenzalisch (in der Provence)
- Nissart (im Gebiet um Nizza, wird oft auch zum Provenzalischen gezählt)
- Gaskognisch (in der Gascogne). Zum Gaskognischen gehört auch das Aranesische im Val d'Aran. Aufgrund seines Systemabstandes zu den anderen Dialekten wird das Gaskognische teilweise auch als eigene Sprache angesehen.
[Bearbeiten] Geschichte
Das Okzitanische entwickelte sich aus dem Vulgärlatein im südlichen Drittel des heutigen Frankreich. Da dort die Gallo-römische Kultur stärker ausgeprägt war als im Norden, entwickelte sich die Sprache auch anders. Sie wurde nicht so sehr vom Fränkischen geprägt wie die Langues d’oïl und behielten somit einen stärkeren romanischen Charakter.
Bis zum 12. Jahrhundert bildeten sich auf der Grundlage der sprachlichen Varietäten, die im Raum des heutigen Frankreich aus dem Vulgärlatein entstanden waren, zwei verschiedene Literatursprachen heraus. Nördlich der Loire entwickelte sich die Langue d'oïl, die weitgehend dem heutigen Französisch entspricht, südlich das Okzitanische, das damals als Langue d'oc, Provenzalisch (provençal) oder Limousinisch (limousin) bekannt war. Es spielte als Literatursprache (vor allem der Trobadordichtung) im 12. und 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle, die nicht auf die Höfe Südfrankreichs beschränkt blieb, sondern auch in Nordspanien, vor allem in Katalonien, und in Norditalien der Literarisierung der dortigen romanischen Dialekte vorausging oder sie nachhaltig prägte. Der Albigenserkreuzzug beendete diese kulturelle Blüte des Okzitanischen jäh.
Im Zuge der durch Ludwig XIV. begonnenen Zentralisierung auf sprachlicher Ebene wurde das Okzitanische als Unterrichtssprache in öffentlichen Schulen abgeschafft und der Gebrauch im Alltag zurückgedrängt. Vor allem seit der Französischen Revolution ab 1789 verlor die Sprache an Bedeutung, da nun die gesamte Bevölkerung in das politische Leben des französischen Zentralstaates und das von diesem organisierte Bildungswesen, das sich ausschließlich des Französischen bediente, einbezogen wurde.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in intellektuellen Kreisen Bestrebungen, eine moderne okzitanische Literatursprache zu schaffen.
[Bearbeiten] Heutige Verbreitung
Okzitanisch sprechen heute im südlichen Drittel Frankreichs, das die Anhänger einer okzitanischen Literatursprache Okzitanien nennen, höchstens noch 2-3 Mio. Menschen, das ist etwa ein Zehntel der Bevölkerung, allerdings vor allem ältere Leute auf dem Land, und auch diese fast nur noch im privaten Umfeld. Das bedeutet, dass die Sprache als in einem zusammenhängenden Gebiet tatsächlich gesprochene Sprache ausgestorben ist und nur noch in kleinen Reservaten überlebt hat.
In den Städten und einzelnen Landschaften gewinnt es, vor allem aus touristischen Gründen, wieder an Bedeutung, wird in einigen Schulen, den Calandretas, parallel zum Französischen gelehrt, und Straßenschilder werden zweisprachig ausgeführt - allerdings in den größeren Städten, wo es fast nicht mehr gesprochen wird. So heißen die Städte Toulouse und Carcassonne z. B. auf Okzitanisch Tolosa und Carcassona. Amtssprache ist jedoch ausschließlich Französisch.
Es existiert eine kodifizierte okzitanische Literatursprache, deren Normen vom Institut d'estudis occitans in Toulouse festgelegt wurden und unter anderem in einigen Regionen im fakultativen Okzitanischunterricht in den Schulen gelehrt werden. Diese wird jedoch nur von einem Teil der Sprecher anerkannt und verwendet. Insbesondere in der Provence wird sie von vielen abgelehnt und die Anerkennung des Provenzalischen als eigenständige Schriftsprache gefordert.
Außerhalb Frankreichs gehören das Val d'Aran in Katalonien, wo die lokale Varietät, das Aranesische, lokale Amtssprache ist, und einige Täler der piemontesischen Alpen in Italien zum Sprachgebiet des Okzitanischen.
[Bearbeiten] Bibliographie
[Bearbeiten] Sprachgeschichte
- Bec, Pierre, La langue occitane, Paris, PUF, 1995 (6. Auflage).
- Kremnitz, Georg, Das Okzitanische. Sprachgeschichte und Soziologie, Tübingen, Niemeyer, 1981.
- Marie-Nicolas Bouillet : Dictionnaire universel d'histoire et de géographie, Article Languedoc.
- Dominique Garcia : La Celtique méditerranéenne, éditions Errance, Paris, 2004. ISBN 2877722864.
[Bearbeiten] Literaturgeschichte
- Garavini, Fausta, La letteratura occitanica moderna, Firenze, Sansoni, 1970.
- Gardy, Philippe, Une écriture en archipel. Cinquante ans de poésie occitane (1940-1990), Église-Neuve-d'Issac, Fédérop, 1992.
- Lafont, Pierre / Anatole, Christian, Nouvelle histoire de la litérature occitane, Paris, PUF, 1970/71.
- Rouquette, Jean, La littérature d'Oc, Paris, PUF, 1980 (3. Auflage).
[Bearbeiten] Anthologie (mit deutschen Übersetzungen)
- Kirsch, Fritz-Peter, Okzitanische Erzähler des 20. Jahrhunderts. Ausgewählte Texte mit deutscher Übersetzung und Kommentar, Tübingen, Narr, 1980.
[Bearbeiten] Wörterbücher
- Alibert, Louis, Dictionnaire occitan-français d'après les parlers languedociens, Toulouse, Institut d'études occitanes, 1966.
- Barthes, Roger, Lexique Occitan-Français, Paris, Collection des Amis de la langue d'Oc, 1980.
- Lagarde, André, Dictionnaire occitan-français, français-occitan, Toulouse, CRDP, 1996.
- Mistral, Frédéric, Lou Trésor dóu Felibrige, La Calada/Aix en Provence, Edisud, 1979 (Erste Auflage 1878).
[Bearbeiten] Grammatiken/Sprachlehrbücher
- Cichon, Peter, Einführung in die okzitanische Sprache, Bonn, Romanistischer Verlag, 1999.
- Taupiac, Jacme, Gramatica occitana, Puèglaurenç, Institut d'Estudis Occitans, 1995. ISBN 3-86143-093-2
[Bearbeiten] Weblinks
- Diccionari general Occitan de Cantalausa
- panOccitan.org - Online dictionary, conjugation and spell checker
- TVist'1 - Daily press review in occitan
- Òc per l'occitan Jahrbuch der Unternehmen und Organismen mit dem Zertifikat "Òc per l' occitan"
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