Orjen
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Orjen | |
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Zubački kabao und Vučji zub von der Velika Jastrebica |
|
Höhe | 1.894 m |
Lage | Montenegro |
Gebirge | Dinarisches Gebirge |
Geografische Lage | Koordinaten: 42° 34′ N, 18° 32′ O42° 34′ N, 18° 32′ O |
Erstbesteigung | Ascherson, Pichler, Huter 1868 |
Normalweg | Über Orjensattel 1594 m |
Der Orjen ist ein Hochgebirge in Montenegro, das aus Karst-Formationen aufgebaut ist und einen Teil des Dinarischen Gebirges bildet. Mit 1894 Meter ist der Gipfel des Zubački kabao der höchste Punkt der subadriatischen Dinariden und damit zugleich das höchste Gebirge Dalmatiens. Das eindrücklichste Element der südlichen Adriaküste ist die Bucht von Kotor, ein, tief in das Herz der Küstengebirge eingeschnitter, überfluteter Canyon. Die inneren Buchten von Risan und Kotor sind von steilen, bis 1300 m hohen Wänden umgeben, die über dem schmalen kultivierten Küstenstreifen fast senkrecht überhängen. Von der Kleinstadt Risan, im innersten geschützten Winkel der Bucht, führt eine Serpentinenstraße zum 1600 m hohen Pass im Orjen Gebirge. Von hier sind vielfältige Wanderungen ins Gebirge möglich, die atemberaubende Ausblicke auf das Meer sowie die umgebenden bleichen Kalksteinberge ermöglichen. Glazialspuren sowie die endemische Vegetation (Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwald, Schlangenhaut-Kiefer-Felswald) sind im Naturraum beachtenswert.
Aufgrund der Bedeutung der Küstenorte für die historische Entwicklung der Region und der Einmaligkeit des Zusammenwirkens der Naturlandschaft und der menschlichen Kulturgeschichte, wurde die Kotor mit seiner Bucht von der UNESCO als Welterbe der Menschheit ausgewiesen [1], das auch das Gebirgsterritorium zwischen Orjen und Lovćen mit einschließt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geographie
Der Orjen ist das einzige Hochgebirge Dalmatiens. Der Gebirgskörper grenzt sich durch die eindrucksvolle 800 bis 1300 Meter hohe Steilstufe zum Meer (‚Megakliff‘) und die Glazialprägung des Hochgebirges von der Umgebung ab. Als tektonisch gehobene Bruchscholle überragt der Orjen das 800 bis 900 Meter ü. NN liegende montenegrinisch-herzegowinische Karsthochland zudem um 1000 Meter.
Niederschlags- und reliefbegünstigt war der Orjen ein Zentrum der pleistozänen Vergletscherung der Balkanhalbinsel. Im Stau des Orjen-Gebirges steigt der Jahresniederschlag auf über 5000 mm jährlich an. Dies sind zugleich Europas höchste Niederschlagssummen, die eher für tropische Regenwaldregionen oder dem vom Monsun geprägten Ost-Himalaya typisch sind, als für den sommertrockenen mediterranen Raum. Insbesondere profitiert aber die Vegetation von den häufigen Niederschlägen denn selbst großflächige Hochwälder sind auf dem ansonsten trockenen Kalkboden möglich.
[Bearbeiten] Glazialspuren
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Die pleistozäne Vergletscherung im Orjen war in Art und Intensität ungewöhnlich. Der Orjen nimmt eine prominente Rolle in der Quartärforschung der Dinariden ein, die der serbische Gelehrte Jovan Cvijić hier Ende des 19 Jh. begründete. Albrecht Penck, der Wiener Lehrer von Cvijić, berichtete 1899:
- „Danach haben wir es in der Krivošije mit den Spuren eines 5 bis 10 km langen, 3,5 bis 5,5 km breiten Gletschers von mindestens 35 km² zu thun, der sich an den Ostabfall lehnte und nahezu bis an den Rand der Bocche reichte. Die mittlere Höhe der Umrahmung seines Einzugsgebietes, im Norden durch den Kamm der Pazua, im Süden durch die Crljena greda, im Westen durch den Orjen gebildet ist höchstens 1650 m, und wenn sein Ende mit rund 800 m angenommen wird, so würde, falls das von Höfer angegebene Verfahren zur Berechnung der Höhe der Schneegrenze als Mittelhöhe von Gletscherumrahmung und Gletscherende hier zutreffen sollte, die Höhe der eiszeitlichen Firnlinie zu wenig über 1200 m ergeben.“
Talgletscher (3 bis 9 km lang) und zwei Plateaugletscher, von denen 10 Zungen ausgingen, reichten zum eiszeitlichen Maximalstand bis zu 500 bis 1000 Meter ü. NN hinab. Damit betrug die maximale Eisfläche 150 km². Eine Besonderheit im Glazialenrelief des Orjens ist das Verhältnis der Glazialerosion zum primären Karstrelief. Dies veranlasste Jovan Cvijić, einen eigenen Gletschertypus, den Karst Gletscher, zu beschreiben, der als Typus mit Gletschern im Dachstein und Wetterstein zu vergleichen ist. Typisch entwickelt waren diese auf dem Bijela-gora- und Krivošije-Plateau.
Talgletscher alpinen Typs gab es aber an der Westseite des Orjens. Das glaziale Kar von Pavolvica do (1570 m) zwischen Zubački kabao (1894 m) und Buganja greda (1849 m) hat eine eindrückliche gestufte Kartreppe und ist durch die hohen umschließenden Wände und seiner sehr schönen Wannenform besonders eindrucksvoll. Der größte eiszeitliche Talgletscher im Orjen (9 km lang, 20 km² Fläche) entwickelte sich im Trogtal von Dobri do. Mit seiner Umrahmung kann die maximale ehemalige Gletschermächtigkeit hier auf 400 Meter geschätzt werden. Die eiszeitliche Schneegrenze wird mit 1200 bis 1300 Meter im Orjen besonders niedrig angenommen. Im Vergleich zu viel massiveren Gebirgen der Dinariden wies der Orjen mit die ausgeprägteste Vergletscherung der Balkanhalbinsel auf. Ein eindringliches Bild der mächtigen eiszeitlichen Ablagerungen entwirft Jovan Cvijić:
- „Ein Gletscher kam aus dem riesigen glazialen Nährgebiet der Pazua und reichte zum Grunde der Nordseite des Dragalj Poljes. Die Endmoräne entwickelt sich treppenartig vom Polje Dvrsno und läßt sich einige Kilometer verfolgen. Sie isr über dem Grund des Poljes 140 m hoch und aus Kalkblöcken und Stücken, unter denen viele kantige und scharfe sind, aufgebaut. An der Moräne setzt ein gewaltiger fluvioglazialer Schuttkegel an; Kies und Sand bedeckt fast den ganzen Grund vom Dorf Dragalj im NO zum Dorf Paljkovca im SW. Hier mischen sie sich mit dem fluvioglazialen Schuttkegel eines weiteren Gletschers, der vom höchsten Berg des Orjens nach Dvrsno hinabkam und oberhalb des Poljenrandes stehen blieb.“
[Bearbeiten] Karst
Die aktive Evolution des Karstreliefs ist von Temperatur, Lithologie, Vegetation und Verfügbarkeit von Wasser abhängig. Davon hängt die Höhenverbreitung der Karstformen ab. Der Bereich des Orjens wird zum stark entwickelten Holokarst gestellt. Dieser Termin basiert auf dem Fehlen fluvialer Formen. Geologisch sind mächtige Massenkalke Voraussetztung. Das Begriffspaar Holokarst-Merokarst hat das Fundament für klimatische Variationen der Karstphänomene gelegt. Holokarst ist subtropisch und tropisch, Merokarst temperat verbreitet (in Deutschland die Schwäbische Alb).
Jovan Cvijić sieht den montenegrinisch-herzegowinischen Hochkarst als ausgebildetsten Karst in Europa an: „Es gibt keinen tieferen und entwickelteren Karst als diesen herzegowinisch-montenegrinischen zwischen der unteren Neretva, Skutarisee und Adriatischem Meer. Nicht ein Tropfen Wasser fließt oberflächlich ab, sondern alles versinkt in Schloten, Ponoren Klüften und Vertiefungen.“
Starke tektonische Bewegungen verbunden mit extremer Verkarstung haben auch das einzige ursprüngliche große Abflusssystem, die Bokeljska reka, zerstört (im Unterlauf noch durch die Bucht von Kotor zu rekonstruieren).
[Bearbeiten] Evolution des Reliefs
Geomorphologie und morphologische Evolution im Orjen und der Bucht von Kotor haben vielfach Interesse erregt. Die regionale morphologische Charakteristik bestimmt der geologische Bau. Raumzeitlich unterschiedliche Prozesse der geologischen Geschichte wirkten in der Formung des Reliefs, Entwicklung und Effekt kontrollierten endogene neotektonische Bewegungen. Ältere Strukturen prädisponierten diese Bewegungen – die regionalen Decken. Die zentrale Zone vom Orjen wurde dabei relativ gehoben, die Küste gesenkt. Größte Hebungsraten erfährt das Gebiet vom Orjen, mit 6 mm/a.
Im Würm und wahrscheinlich auch im Riß bildete sich eine lokale Gebirgsvergletscherung. Als Prädisposition fungierte das durch Karstprozesse zu Beginn der Rißeiszeit inaktive fluviale Ausgangsrelief.
[Bearbeiten] Geologie
Montenegro ist in vier stratigraphisch-geologische Zonen eingeteilt. Über ⅔ Montenegros gehören dabei zum Karst. Die tektonischen Einheiten der Küste gehören dem neotektonisch aktiven Bereich an, was zu Katastrophen-Erdbeben führte (1556, 1666, 1979 – 7,0 auf der Richterskala). Geologisch kennzeichnend sind die mindestens 4,3 Kilometer mächtigen kreide- und jurazeitlichen Kalke. Aufgrund der Eintönigkeit der massigen mesozoischen Kalke und der hohen Niederschlagssummen ist die Regtion auch so extrem verkarstet.
Ausgeprägt ist der Kontrast zur tief in das Gebirgsplateau des Orjen eingemeißelten Bucht. An der Grenze zweier geologischer Einheiten ist die Bucht von Kotor durch errosive und tektonische Prozesse entstanden. Günstigere Verhältnisse herrschen dort, wo wasserhaltende Flysch-Fazien der Trias, Jura, Kreide und des Paläozäns liegen. Sie sind als stark erodierte Reste im Mittelteil der Bucht von Kotor erhalten, wo die kurzen Bäche für Mühlen genutzt werden.
[Bearbeiten] Klima
Die Barriere der Hochdinariden ist insgesamt eine effektive Klimascheide zwischen mediterranem Küstensaum und gemäßigt kontinentalem Bereich. Im Gebirgsstau gleiten feuchte Warmluftmassen auf. Eine Labilisierung der Warmluftmassen über den kühlen Dinariden führt damit zu den höchsten Niederschlagsmittelwerten in Europa, die den Untertyp einer speziellen perhumiden südadriatischen Klimavariante mit sehr extremen jährliche Niederschlagsmengen von 4500 bis 6500 mm um den Orjen prägen. Die Niederschlagsverteilung ist ungleichmäßig und konzentriert sich auf Winter, Frühling und Herbst.
Station | Höhe in m | Typ | Character | Niederschlag in mm | Schneedecke |
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Zubački kabao | 1894 | D | perhumides mediterranes Schneeklima | ca. 6250 | ca. 140 Tage |
Crkvice | 940 | Cfsb | (fs= ohne sommerliche Trockenheit), perhumides mediterranes Bergklima | 4926 | 70 Tage |
Risan | 0 | Cs′′a | (s′′= doppelte winterliche Regenzeit), perhumides mediterranes Küstenklima | 3500 | 2 Tage |
* Nach der Köppenschen effektiven Klimaklassifikation gehören die montenegrinischen Küstengebirge zum Klimatyp Cs′′b (s′′ doppelte winterliche Regenzeit). Der besondere Charakter der mediterranen Bergstation Crkvice im Orjen wird durch den Klimatyp Cfsb (fs ohne sommerliche Trockenheit). In der Bucht von Kotor ist durch die stärkere sommerliche Trockenheit der Klimatyp Cs′′a gebildet.
Da auch die Niederschläge im Sommer nicht selten sind, bleibt die für das mediterrane Klima charakteristische sommerliche Trockenperiode aus und wird von einer Halbtrockenzeit geprägt. Das perhumide Subtropenklima der Bucht von Kotor (Montenegro) stellt eine der wenigen mediterrranen Übergangsregionen zum Lorbeerwaldklima im Mittelmeerraum dar. Gebirge differenzieren sich davon vor allem thermisch, da im Winter Frost und Schneereichtum charakteristisch sind. Periodische Kaltlufteinbrüche, die auf dem Ablassen polarer Kaltluft über die Dinariden in die Adria durch heftige Bora-Fallwinde im Winter auftreten, bedingen aber eine Strukturänderung der Vegetation, die vom Aussehen an eine Garigue floristisch aber durch frostharte Elemente charakterisiert wird.
[Bearbeiten] Niederschlag
Den regenbringenden mediterranen Zyklonen zugekehrt, kommt es im Luv der Dinariden zur Hebung feucht-maritimer Luftmassen, die tropische Niederschlagswerte und Intensitäten verursachen. Der Gebirgsrücken der Bucht von Kotor erreicht maximale Werte. Bei 129 Regentagen treten große Intensitäten auf die zu kräftigen Sturzfluten führen können. Maximale Tageswerte sind 480 mm (21. November 1937).
Für Hochlagen bedeuten wasserdampfgesättigte Warmluftmassen ergiebige Scheefälle. An der Küste treten Schneeperioden an 2 bis 10 Tagen im Jahr auf, Crkvice (940 m) hat im Durchschnitt 70 Tage. In der oromediterranen Stufe (1000 bis 1900 m) dauert die Schneedecke dann min. zwei Monate. Die höchste Schneedecke eines Winters betrug hier 164 cm (1965), die niedrigste 24 cm (1975).
An der Küste bleibt Schnee nur episodisch länger liegen. Ungewöhnlich mutet aber die Situation in Risan an. Im schneereichen Winter 1965 fielen hier 93 cm Neuschnee, der sich neun Tage lang hielt. Und 1983 war bei 19 Schneefall-Tagen 43 Tagen eine durchgehende Schneedecke vorhanden. Die episodischen Schneefälle in der Bucht von Kotor führen explizit nur in den innersten abgeschirmten Winkel der Bai von Risan zu länger anhaltenden Schneedecken, da hier auch eine Einbruchstraße kontinentaler Kaltluft besteht, die in Form orkanartiger kalter Bora im Winter in die Bucht einfällt.
Station | Periode | Höhe [m] | I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | X | XI | XII | I-XII [mm/m²a] |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Dubrovnik | 1931–1960 | 49 | 147 | 113 | 102 | 92 | 79 | 60 | 24 | 38 | 97 | 156 | 213 | 186 | 1307 |
Herceg Novi | 1961–1984 | 40 | 230 | 221 | 183 | 135 | 130 | 73 | 28 | 45 | 160 | 181 | 326 | 262 | 1974 |
Risan | 1961–1984 | 40 | 405 | 342 | 340 | 235 | 153 | 101 | 66 | 123 | 188 | 295 | 423 | 434 | 3105 |
Trebinje | 1931–1960 | 276 | 193 | 190 | 160 | 102 | 119 | 70 | 43 | 76 | 110 | 239 | 247 | 249 | 1762 |
Cetinje | 1961–1984 | 655 | 434 | 357 | 367 | 288 | 164 | 92 | 72 | 118 | 209 | 306 | 489 | 498 | 3394 |
Grahovo | 1961–1984 | 710 | 351 | 324 | 305 | 251 | 142 | 94 | 55 | 103 | 202 | 416 | 508 | 473 | 3224 |
Crkvice | 1961–1984 | 940 | 610 | 499 | 503 | 398 | 198 | 135 | 82 | 155 | 295 | 502 | 714 | 683 | 4774 |
Podvrsnik | 1961–1984 | 630 | 407 | 398 | 367 | 305 | 151 | 101 | 77 | 132 | 238 | 465 | 593 | 586 | 3820 |
Vrbanje | 1961–1984 | 1010 | 472 | 390 | 388 | 321 | 181 | 104 | 70 | 122 | 224 | 369 | 565 | 536 | 3742 |
Knezlaz | 1961–1984 | 620 | 547 | 472 | 473 | 373 | 207 | 120 | 72 | 136 | 268 | 400 | 629 | 661 | 4358 |
* Mittlere monatliche und jährliche Regenmengen [mm] in Dalmatien, der Herzegowina und Montenegro
[Bearbeiten] Biologie
Ein hervorstechendes Merkmal des Lebensraum des Orjens ist der Reichtum der mediterranen Flora. Schon 1664 bemerkte dies der bedeutende osmanische Reiseschriftsteller Evlija Tschelebis:
- „Das gesamte Wasser der Stadt Herceg Novi kommt vom Hochgebirgsplateau der Karlice (türk. Orjen), auf der man Sommers wie Winters Schnee und Eisberge sehen kann. Auf allen Seiten umgibt uns ein mannigfaltiges Blumenmeer, aus dem ein wunderbarer Duft emporsteigt, der die Sinne benommen macht. Unsere Pferde haben sich an verschiedenartigen Blumen sattgegessen und dabei dick wie Elefanten geworden. Kurz gesagt, wir haben es uns gut gehen lassen und blieben auf dieser Gebirgshochebene zwei Tage und zwei Nächte.“
[Bearbeiten] Habitate
Glaziokarst der Reovačka greda |
[Bearbeiten] Flora
Die Flora des Orjens gehört zur Illyrischen Florenregion mit einem hohen Anteil endemischer Arten. Neben der Schlangenhaut-Kiefer (Pinus heldreichii) sind Griechischer Ahorn (Acer heldreichii), Krim-Pfingstrose (Paeonia daurica) sowie auf Felsen wachsende Arten (Moltkia petrea, Amphoricarpos neumayerii, Lonicera glutinosa, Viburnum maculatum) hervorzuheben. Die oromediterran alpine Stufe wird vom Blaugras Sesleria robusta geprägt und birgt auch neu beschriebene Arten Iris – Iris orjenii sowie eine zur seltenen Viola chelmea ssp. vratnicensis ähnliche Veilchenart der möglicherweise auch ein eigener Artstatus zukommt. Beachtenswert sind zahlreiche Frühlingsblumen, darunter Krokus Crocus dalmaticus und Schachbrettblume Fritillaria messanensis ssp. gracilis. Der Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwaldund Schlangenhaut-Kiefer-Offenwälder gehören mit den dort vorkommenden seltenen Arten zu den herausragenden Biotopen. In der Baumflora sind viele alte Relikte wie Baumhasel (Corylus collurna), Griechischer Ahorn (Acer heldreichii) und die halbimmergrüne Mazedonische Eiche (Quercus trojana) anzutreffen.
Steinbrech |
Türkenbundlilie |
Weißtanne mit Schlangenhaut-Kiefer |
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Endemischer Schneeball |
Krim-Pfingstrose |
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Griechischer Ahorn |
Endemisches Veilchen |
Dreizähniges Knabenkraut |
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Purpur-Knabenkraut |
Brand-Knabenkraut |
Affen-Knabenkraut |
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Krokus |
Enzian |
Hunds-Zahnlilie |
[Bearbeiten] Fauna
Reptilien sind durch eine der usprünglichsten Halsbandeidechsen, die Mosor Eidechse Archoelacerta mosorensis selbst auf den höheren Gipfeln und Karst-Blockhalden auftretend. Häufig ist hier auch die gefürchtete Sandotter (Vipera ammodytes L.).
Die Säuger-Fauna ist teils verarmt. Der Naturraum ist, da kaum Wasserstellen auftreten, für größere Säugetiere ungünstig. Aufgrund des starken Jagddrucks ist die Balkanische Gams (Rupicarpa rupicarpa balcanica) als eine der stärksten Gams-Unterarten weit unterhalb ihrer optimal möglichen Anzahl in Steilwänden des Orjen vertreten. Gemsen halten sich nur noch an für Jäger unzugänglichen Stellen auf. Der Europäische Braunbär (Ursus arctos) ist in wenigen Exemplaren im Gebirge unterwegs. Ein Tier ertrank 1975 in einem Brunnen der Bajgorovica, und 1999 wurde ein alter Bär, der eine Kuh gerissen hatte, oberhalb von Risan erlegt.
[Bearbeiten] Vegetation
Die Dinariden sind ökologisch-biogeographisch in alpine und mediterrane Höhenstufen-Typen unterteilt. Im Orjen liegt der mediterrane Stufungstyp vor.
Stufe | Typ | Vegetation |
---|---|---|
0–400 | Mesomediterran | Hartlaubvegetation, Lorbeer-Oleander-Strauchformation bei Risan |
400–1100 | Supramediterran untere Stufe | halbimmergrüner Eichenwald mit Mazedonischer Eiche Quercus trojana und Orientalischer Hainbuche Carpinus orientalis. Darüber Balkaneichenwälder. An feuchten und schattigen Lagen Kastanien-Flaumeichenwälder, sowie wärmeliebende Hopfenbuchen- und Flaumeichenwälder. Weißtanne kommt mit der Baumhasel auf Blockhalden vor. |
1100–1450 | Oromediterrran | Wärmeliebender Kalkbuchenwald mit Tanne. An Felspartien sind tockenheitsliebende Schlangenhaut-Kiefer- und Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwälder zum Teil mit Krim-Pfingstrose gebildet. |
1450–1700 | Altomediterran | An der Waldgrenze Rotbuche, Schlangenhaut-Kiefer- und Griechischer Ahorn. Die mediterrane alpine Stufe – Altomediterran – wird von trockenen Wacholderheiden sowie speziellen Rasengesellschaften mit Sesleria robusta geprägt. Auf Felsen sind Strauchgesellschaften sowie spezielle Kalkfelsspalten Arten anzutreffen. |
1700–1900 | Kryomediterran | Eine echte kalt mediterrane klimazonale Stufe ist im höchsten Gebirge der dinarischen Küste nicht entwickelt. Durch hohe Winterniederschläge und stürmische Bora-Gipfelwinde entwickeln sich, unter ausgedehnten Schneelagen Schneepflanzen-Gesellschaften mit griechisch-anatolischen, irano-turanischen und armeno-tibetischen Xerophyten. Zu Letzteren gehören die Halbwüsten-schneetälchen mit vorherrschenden Zwiebelmonokotylen, die an felsigen Böden, trockenen Sommern und stürmischen Bora und Scirocco Winde angepasst sind. |
* Im Orjen ist damit der Typ der mediterranen Höhenstufe entwickelt, der sich vom alpinen stark differenziert.
[Bearbeiten] Naturschutz
Ein Nationalpark wird seit langem geplant. Die UNESCO erklärte die Natürliche und Kulturhistorische Region von Kotor zum Welterbe[1]. Endemische Formen der Flora und Vegetation wie der Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwald und die Schlangenhaut-Kiefer-Felswälder sind mit ihrer artenreichen Krautflora (zum Beispiel Krim-Pfingstrose), Beispiele für die natürliche Besonderheit des Gebirges, die kaum anderswo in dieser Ausprägung vorkommen.
[Bearbeiten] Geschichte
Historisch ist die Besiedlung des Orjen eng an die Bucht von Kotor und damit den mediterranen Kulturkreis Dalmatiens sowie allgemein an die Geschichte des Balkans gebunden. Der historische Abriss bezieht sich, soweit dieser nicht das Schicksaal der übrigen Küstenstriche Dalmatiens teilt, im Folgenden auf die Bucht von Kotor.
Menschliche Siedlungstätigkeit lässt sich bis ins Neolithikum zurückverfolgen. Prähistorische Felsbilder mit Darstellung von Jägern und Hirschen finden sich bei Risan. Eine bedeutende neolithische Fundstelle liegt auf herzegowinischer Seite. Die Illyrer gründeten in Dalmatien im 3. Jh. v. Chr. ein Königreich und Risan wurde unter Königin Teuta Hauptstadt des Ardiäer Reiches. Seit dem 1. Illyrischen Krieg (229 bis 228 v.Chr.) in Abhängigkeit Roms geratend, kam für den Verwaltungsbezirk 59 v. Chr. die Bezeichnung Illyricum auf, der zur Donau ausgeweitet wurde. Der antike Name der Bucht – Sinus Rhizonicus – verweist auf Risan als zentrale Siedlung. Hier ausgegrabene Bodenmosaiken sind wichtigste römische Funde in Montenegro. Bei der Reichsteilung 395 kam Illyrien zur ital. Präfektur und teilte das Schicksaal des Weströmischen Reiches. 535 unter Justinian I. wiedereingegliedert, verblieb die byzantinische Administration bis 1077.
Südslawische Stämme verdrängten im 7. Jh. die romanisierte Bevölkerung, und erst die Makedonische Dynastie erreichte im Thema Dalmatia (869) wieder eine Kontrolle der Küste. Die konkurrierende Missionsarbeit der Zeit wirkt in der Teilung von Katholiken und Orthodoxen bis heute nach. Die erste historische Erwähnung Kotors fällt in die Periode Basileios I. (867–886). Nach Basileios II. (976–1025), erstarkten lokale Fürstentümer, und die Region zwischen Ragusa und Cattaro wurde Keimzelle des serbischen Nationalstaates. Von 1185 bis 1371 Teil der Nemanjiden-Dynastie, erlangte Kotor unter Zar Stefan Uroš IV. Dušan (1332–1355) ein überragendes Ansehen als wichtiger Handelsort (der Bergbau erlebt eine große Blüte) und Kunstzentrum (Gold-, Silberschmiede, Ikonen-, Freskomalerei, Architektur) des Reiches.
Mit der osmanischen Invasion verloren alle christlichen Staaten des Balkans die Eigenstaatlichkeit. Das unzugängliche Fürstentum Montenegro, nominell 1499 dem Osmanischen Reich eingegliedert, sowie Ragusa bewahrten ihre Autonomie. Venedig übernahm 1420 die Kontrolle der dalmatinischen Hafenstädte außer Ragusa, während die Türken im Inneren der Halbinsel ihre Herrschaft ausbauten. Als Herceg Novi und Risan in türkische Hand fielen, war die Bucht von Kotor in einen osmanischen und venezianischen Teil geteilt. Ab 1481 wurde der Orjen osmanisch verwaltet. 1688 verdrängte Venedig die Türken endgültig aus ihren dalmatinischen Besitzungen und hielt sich bis 1797. Während der napoleonischen Kriege wechselten sich Österreich-Ungarn, Russland, Frankreich und wieder Österreich-Ungarn in rascher Folge als Herren der Bucht ab.
Mit der Neuordnung des Wiener Kongresses wurde Dalmatien als Königreich Bestandteil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1814–1918) und Kotor zu einem stark befestigten Kriegshafen ausgebaut. Bis 1878 verlief die Militärgrenze über die Jastrebica und Bijela gora. Das spätere Königreich Jugoslawien sicherte sich 1920 die Region, die 1945 in die Republik Montenegro eingegliedert wurde.
Mit 70 Prozent städtischer Bevölkerung ist die Bucht von Kotor die urbanisierteste Region Montenegros. 1981 lebten nur noch 2 % der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Im Zensus von 1981 hatten sich von 53.000 Einwohnern der Bucht 60 % als orthodoxe (Montenegriner und Serben), 20 % als Jugoslawen und 20 % als Kroaten bezeichnet.
[Bearbeiten] Siedlungsstuktur und traditionelle Viehwirtschaft des Balkans
Die bis in die Antike zurückgreifende Entwicklungsgeschichte der Viehwirtschaft in seinen Erscheinungen und Auswirkungen auf den Naturraum Südosteuropas zu beleuchten, stellt ein kaum zu lösendes Problem dar. Die speziellen naturräumlichen Bedingungen des dinarischen Karstes erschweren zudem eine Beurteilung der, durch die übermäßige Weidenutzung der seit historischen Zeiten im dinarischen Gebirgsraum nachweisbaren Herdenviehzucht, aufgetretenen Flurschäden. Heute ist intensive Herdenhaltung im Karst nur selten zu finden. Die sehr anspruchsvollen Voraussetzungen haben hier auch am ehesten zu einer Aufgabe traditioneller Wirtschaftsformen und letztlich dem Abwandern der Bevölkerung geführt. An die naturräumliche Ausstattung angepasste Weideformen entwickelten sich durch Fernweidewirtschaft, Nomadismus und Almwirtschaft. Daneben beeinflussten soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklungen im starken Maße die Erscheinungen der Viehwirtschaft.
Die natürlichen Gegebenheiten ausnützend, prägte das auf Viehzucht bezogene, kulturelle Verhalten der Balkanvölker einheitlich deren soziale und kulturelle Entwicklung. Ein Nebeneinander, zum Teil in unmittelbarer Nachbarschaft, und die enge Verflechtung der verschiedenen weidewirtschaftlichen Formen hat eine differenzierte Raumausnutzung geschaffen, die auch auf ethnischen Besonderheiten fußte. Die Aromunen (serb. Tsintsaren), überwiegend südlich der Donau verbreitet, galten als prinzipielle Vertreter einer nomadischen Volksgruppe. Sie spielten im Fernhandel der Balkanhalbinsel im 19. Jh. eine wichtige Rolle. Nomadische Wanderungen waren noch bis zum Ersten Weltkrieg weit verbreitet. Die Herausbildung der Nationalstaaten aus der "Konkursmasse" des Osmanischen Reiches nach dem Berliner Kongress 1878 und den Balkankriegen 1912/13, verlangte eine Umstellung, der innerhalb des osmanischen Reiches durch keinerlei Territorialgrenzen gehemmten Fernweidewirtschaft.
Herdenwanderungen zwischen Sommerweiden im Prokletije und Winterweiden, an die jeweiligen politischen Realitäten und agrarischen Entwicklungen angepasst, erfolgten beispielsweise zu den Save Niederungen, dem albanischen Tiefland, der Kampania von Thessaloniki, der Morava Niederung und der Metohija. Letztlich wurden solche Herdenwanderungen mit Wanderwegen von bis zu 300 km Luftlinie durch Umstellung auf Almwirtschaft aufgegeben.
Die Grenze der ursprünglichen Herdenwanderungen reichte nordwärts nach Herzegowina, Montenegro, Metohija (Kosovo), Südserbien und Bulgarien südlich des Balkangebirges. Nur in Regionen, deren Agrarwirtschaft aufgrund der Naturraumausstattung für kaum eine andere Wirtschaftsform geeignet ist, konnte sich die Herdenwanderung länger halten. So waren in der Herzegowina noch nach dem Zweiten Weltkrieg Formen der Transhumance und Fernweidewirtschaft festzustellen. Kontinentale Gebiete der Dinariden sind dem Bereich der alpinen Almwirtschaft zuzurechnen (Slowenien, Gorski Kotar, Bosanska Krajina, Zentralbosnien, Sandžak, Nordmontenegro und Westserbien). Formen der mediterranen Almwirtschaft finden sich im Velebit, der Herzegowina und Westmontenegro.
Der Orjen war ein traditionelles Ziel der Weidenomaden, und noch in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war Herdenwanderung hier verbreitet. Heute sind die wenigen Hirten sesshaft. Sie haben ihre Sommerweiden vor allem in der Bijela gora. Hier treffen sich die Mitglieder der Clans zu einem alljährlichen sommerlichen Fest im August, an dem traditionelle Lieder und Tänze aufgeführt werden. Eines der Lieder besingt dabei die Tannen der Bijela gora[2].
- Bijelogorske vite jele
- 1.
- Hohe Tannen der Bijela gora
- warum so düster
- als ob kein Sommer war
- (Übersetzung Pavle Cikovac)
[Bearbeiten] Aktivitäten
Bergwandern, alpines Bergsteigen, Mountainbiken sowie interessante der Kultur der dinarischen Bergbevölkerung gewidmete Besuche sind im Orjen möglich.
[Bearbeiten] Wandern

Routen werden vom Alpinclub in Herceg Novi gepflegt[3]. Die meisten Touren liegen im Bereich der Berghütten Vratlo (1160 m) und Orjensattel (1594 m). 40 km markierter Wege existieren im Orjen und verbinden die schönsten Gipfel.
Besonders schöne Wanderungen führen um den Zubački kabao, der mit unberührter Natur, darunter einige der letzten Urwälder Dalmatiens, auch alle Vegetationstypen aufweist. Im Pavlovica do sind schöne Felsformationen, Naturbrücken und tiefe Schächte in einem spektakulären Ambiente vereint. Ein Aufstieg auf den Zubacki kabao durch das unberührte Medugorje Tal weist zwar einige schwierigere Felspartien auf, doch ist nirgends eine alpine Ausrüstung nötig. In der weitläufigen Bijela gora sind längere Touren möglich. Allerdings ist die Versorgung mit Wasser schwierig. Campen ist in diesem Gebiet kein Problem. Geeignete Standorte sind die Hochtäler wie Borovi do, Pirina poljana und die Kantuniste.
Jedes Jahr im Mai wird der so genannte Orjen Marathon ausgetragen [3].
[Bearbeiten] Alpines Bergsteigen
Verschiedene alpine Klettermöglichkeiten bestehen im Orjen. Bekannt ist die 500 m hohe Wand im Subra Amphitheater.
Gipfel | Höhe in m | Charakter | Schwierigkeit |
---|---|---|---|
Zubački kabao | 1894 | Felskletterei, Wand | Nordseite schwierig, im Osten Schutthang |
Velika Jastrebica | 1864 | einfach | Wanderung |
Buganja greda | 1849 | Felskletterei | Nordseite schwierig, hohe Südwand |
Visoki breg | 1833 | Felskletterei | Schutthang im Norden |
Vučji zub | 1802 | schöne Wände | alpines Klettern |
Borovik | 1777 | alpin | sehr weiter Schutthang auf Nordseite |
Medugorje | 1769 | Große Wand | alpines Klettern |
Golisevac | 1721 | Felskletterei | Schutthalden im Norden |
Markov kuk | 1721 | einfache Felskletterei | Wanderung |
Pazua | 1680 | alpines Klettern | Horn |
Subra | 1679 | größte Wand im Orjen | 500 m Großwand, noch nicht bestiegen |
[Bearbeiten] Sommer-Aktivitäten
- Backpacking – zwischen April und September.
- Mountain biking – auf lokalen Transport- und Verbindungswegen im Gebirge.
- Schwimmen – schöne Strände in der Bucht von Kotor.
- Orjen marathon – jährlich stattfindender Event auf Subra 1679 m und Zubački kabao 1894 m
[Bearbeiten] Winter-Aktivitäten
Der Orjen ist im Winter größtenteils unzugänglich. Trotzdem werden jedes Jahr einige Winterbesteigungen durchgeführt. Skigebiete finden sich am Orjenpass (1594 m).
[Bearbeiten] Referenzen
- Cikovac, P. 2003: Soziologie und standortbedingte Verbreitung tannenreicher Wälder im Orjen-Gebirge – Montenegro. Diplomarbeit an der LMU, Department of Geography, München (2003).
- Ascherson, P. 1868: Der Berg Orjen an der Bocche di Cattaro.- In: Zeit. Ges. Erdk., 3, 319–336, Berlin. (1868)
- Ascherson, P. 1869: Beitrag zur Flora Dalmatiens. *ster. Bot. Zeitschr. 19: 65-70. (1869)
- Pančić, Josef 1875: Botanische Bereisung von Montenegro im Jahre 1873 – Elenchus plantarum vascularium quas aestate a. 1873 in Crna Gora, Belgrad. (1875)
- Sawicki, 1875: Die eiszeitliche Vergletscherung des Orjen in Süddalmatien (Zeitschr. für. Gletscherkunde, V, 1910–1911, p. 339–355). (1875)
- Komar, G. Ž. 1997: Planinska sela Dračevice pod vlašću Venecije. 1687–1797 (1997)
[Bearbeiten] Weblinks
- [1] Unesco World Heritage, Natural and Culturo-Historical Region of Kotor
- [2] Goran Z. Komar: Planinska sela Dračevice pod vlašću Venecije
- [3] PSD Subra mountaineering association