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Puritanismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Puritanismus (v. spätlat.: puritas = Reinheit) war eine Form des rigorosen Protestantismus in England. Der Name entstand durch den Kampf um die Reinigung der Anglikanischen Staatskirche (und der damit verbundenen Vereinigung von evangelischer und katholischer Religion) von den Einflüssen der römisch-katholischen Kirche.

Ursprünglich wurde der Begriff „Puritaner“ oder „Rigorist“ als Spottname gegen kritische und reformwillige Geistliche verwendet. Im weiteren Sinne versteht man unter Puritanern Menschen, die konsequent für eine reine Lehre eintreten.

Die Bewegung der Puritaner zersplitterte aufgrund ihres Radikalismus in eine Reihe verschiedener Denominationen, z.B. die Separatisten und Kongregationalisten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lehre

Die Puritaner waren in der Lehre strikte Calvinisten, die sich neben den vier „Solas“ der Reformation auch an die spezifischen Calvinistischen Lehren hielten. Sie sahen den Menschen als von Natur aus völlig verworfen an, glaubten, dass nur die von Gott erwählten (insbesondere sie selbst) gerettet würden, und dass die biblische Lehre im Gemeinde- und Privatleben kompromisslos angewendet werden sollte.

Die Puritaner lehnten in der reformierten Tradition von Zwingli und Calvin alle Formen der Religionsausübung ab, die sie nicht durch Gottes Wort in der Bibel begründet fanden und standen damit im Gegensatz zur anglikanischen und lutherischen Tradition, die alles erlaubt fand, was durch die Bibel nicht ausdrücklich verboten wurde.

Kongregationen und Presbyterien, deren Mitglieder von der Gemeinde gewählt wurden und die von Staat und Kirche völlig unabhängig waren, legten das puritanische Glaubensbekenntnis in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Bibel fest.

Puritaner legten großen Wert auf persönliche Bekehrung und persönliche religiöse Erfahrung und Abkehr von allem, was sie als weltlich ansahen. Wesentlich für die eigene Lebensgestaltung war das Wort aus der Bergpredigt Matthäus 7:13f: Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind's, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind's, die ihn finden! Eine sehr bekannte allegorische Darstellung dieser Lebenssicht ist John Bunyan's Buch Die Pilgerreise. Eines Christen Reise nach der Seeligen Ewigkeit.

Die Puritaner sahen den Teufel hinter allen weltlichen Aktivitäten. Das wurde auch in den Predigten zum Ausdruck gebracht, wo das Höllenfeuer ein beliebtes Thema war. Beispiel ist die bekannte Predigt von John Edwards „Sünder in der Hand eines wütenden Gottes“ („Sinners in the hands of an angry god“).

[Bearbeiten] Praxis

Die anglikanischen Gebetbücher und die christlichen Kreuze wurden von den Puritanern ebenso abgelehnt wie priesterliche Gewänder, Bischöfe und die Bilderverehrung. Auch auf den üblichen steinernen und reich geschmückten Altar in Kirchen verzichtete man. Er wurde durch einen einfachen Holztisch ersetzt.

Stark betont wurde das fromme Familienleben mit Hausandachten, strenger Einhaltung des Sabbats am Sonntag und Dienst am Nächsten.

Ein einfaches, vom Fleiß des Einzelnen geprägtes und moralisch einwandfreies Leben war Pflicht. Weltliche Vergnügungen wie der Tanz, das Schauspiel oder Volksfeste wurden abgelehnt, weil solche Spektakel die Menschen von ihrem frommen, bescheidenen Leben nur ablenken würden. Die rigorose Lebensweise der Puritaner wird detailgetreu in Nathaniel Hawthornes Roman Der scharlachrote Buchstabe dargestellt. Das Feiern von Weihnachten lehnten sie ab; bis ins 19. Jahrhundert war es deswegen in Massachusetts gesetzlich verboten.

Die Puritaner legten starken Wert auf Bildung: Kindern wurde zu Hause oder in Schulen Lesen und Schreiben beigebracht. Auch für die Ausbildung von Predigern war ihnen Bildung sehr wichtig — so gründeten sie in der Massachusetts Bay Colony schon 1636 Harvard College zu diesem Zweck, nur sechs Jahre nachdem die Kolonie selbst gegründet wurde. Das öffentliche Schulsystem und die Schulpflicht waren ebenfalls von Anfang an für die Neuenglandkolonien prägend.

In den Kolonien von Neuengland errichteten die Puritaner verschiedene Gemeinschaften nach ihren Vorstellungen. Hier sollte die Regierung Gottes Moral durchsetzen.

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Puritanismus in England

Der englische Puritanismus entstand nach und nach in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Angestoßen durch die neue theologische Freiheit, welche die Englische Reformation bot, wurde er stark beeinflusst durch kontinentale Impulse des Genfer Calvinismus und durch die Hugenotten. 1563 forderte eine reformerische Gruppe in einer Programmschrift mit dem Titel Puritan Articles of Convocation, der der Bewegung auch ihren Namen gab, eine liturgische und moralische Erneuerung der Kirche. Auch politische Forderungen gehörten zum Programm der Puritaner: So forderte John Stubbs in einem Flugblatt, die Heirat von Elizabeth I. mit dem Grafen von Anjou zu verhindern. Da die Königin der Radikalität der Bewegung gegenüber nicht offen war, blieb eine grundlegende Reform von Kirche und Gesellschaft nach dem Vorbild Genfs aus. Die bereits 1593 in England verabschiedeten Ketzergesetze begünstigten später die Auswanderung vieler Puritaner.

Seine Blütezeit erlebte der Puritanismus erst im 17. Jahrhundert. 1640 wurde Oliver Cromwell Mitglied des „Langen Parlaments“ und entwickelte sich zu einem der Führer der Opposition gegen König Karl I. und dessen absolutistischer Herrschaft. Der Konflikt mit dem englischen Königshaus weitete sich zum englischen Bürgerkrieg aus. Als Führer der Puritaner gewann Cromwell entscheidenden Einfluss während des Krieges. Er führte das gegen die Krone kämpfende puritanische Parlamentsheer an, das zwar letztlich siegte, aber für etliche Verwüstungen im Lande und auch für die Bilderstürme in englischen Kirchen verantwortlich war. Der englische König wurde hingerichtet, und Cromwell selbst übernahm als „Lordprotektor“ bis zu seinem Tod 1658 die Herrschaft in England. Die Intoleranz des Puritanismus in der Cromwellschen Militärdiktatur hatte diesen in England verhasst gemacht. Von der „Reaktion“ profitierte die Monarchie, die nach dem Tode Cromwells in Gestalt Karls II. wiederkehrte.

Der Puritanismus war ein wesentlicher Impuls bei der Entstehung des Methodismus, da beide Eltern von John Wesley und Charles Wesley aus puritanischen Familien stammten und insbesondere die Erziehung durch die Mutter Susanna Wesley-Annesley puritanisch geprägt war.[1]

[Bearbeiten] Puritanismus in Nordamerika

Viele Puritaner emigrierten im 17. Jahrhundert von England in die britischen Kolonien nach Neuengland in den späteren USA, wobei diese nicht zu den Pilgervätern zählen, sondern eine spätere Einwanderungsgruppe bildeten. Da in den ersten Jahrzehnten der Existenz dieser Staaten die Bevölkerung vor allem aus Puritanern bestand, wurde der Puritanismus damals auch zur dort bestimmenden Religion.

In den USA soll der Puritanismus — so beispielsweise nach Max Weber — großen Einfluss auf den Nationalcharakter ausgeübt haben; diese Annahme vernachlässigt jedoch andere Strömungen, die für die Besiedlung der USA ebenso wichtig waren. So war z.B. die erste englische Kolonie in Nordamerika im heutigen Virginia; hier waren vor allem wirtschaftliche Überlegungen (Agrarland, Tabakanbau) als Motivation zur Ansiedlung vorherrschend und Anglikanismus blieb bis ins 19. Jahrhundert Staatsreligion. In anderen Regionen waren spanische Missionen von Jesuiten und Franziskanern vorherrschend, oder es war — wie im Fall von Hawaii[1] — die Entscheidung der herrschenden Monarchie, das (anglikanische) Christentum anzunehmen.

[Bearbeiten] Puritanismus als Stereotyp

Puritanismus wird heute auch als Synonym für „Moralismus“ verwendet.

[Bearbeiten] Literatur

  • John Spurr: English Puritanism 1603-1689. Palgrave Macmillan, Basingstoke/New York 1998 ISBN 0333601890

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. John Wesley, the Methodist, Kapitel 1
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