Richterskala
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Die Richterskala dient dem Vergleich der Stärke (Magnitude) von Erdbeben in der Seismologie.
Sie wurde von Charles Francis Richter und Beno Gutenberg am California Institute of Technology 1935 entwickelt und anfänglich als ML-Skala (Magnitude Local) bezeichnet. In seiner grundlegenden Veröffentlichung „An instrumental Earthquake Magnitude Scale“ im „Bulletin of the Seismological Society of America“ wandte Charles Francis Richter die erstmals von K. Wadati 1931 publizierte grundlegende Idee einer instrumentellen Erdbebenskala auf kalifornische Erdbeben an.
Der angegebene Wert, die Magnitude oder Größenklasse leitet sich aus dem Logarithmus der maximalen Amplitude (Auslenkung) im Seismogramm ab, mit der ein kurzperiodisches Standardseismometer ein Beben in einer Entfernung von 100 km zum Epizentrum aufzeichnen würde. Ein Punkt mehr auf der Skala bedeutet demnach einen etwa zehnfach höheren Ausschlag (Amplitude) im Seismogramm und die 32-fache Energiefreisetzung (logarithmischer Anstieg) im Erdbebenherd.
Eine Magnitude von zwei oder weniger wird als Mikroerdbeben bezeichnet, da es von Menschen oft nicht wahrgenommen werden kann und nur von lokalen Seismographen erfasst wird. Beben mit einer Stärke von etwa 4,5 und höher sind stark genug, um von Seismographen auf der ganzen Welt erfasst zu werden. Allerdings muss die Stärke über fünf liegen, um als mäßiges Erdbeben angesehen zu werden.
Aufgrund ihrer Definition ist die Richterskala nach oben unbegrenzt, die physischen Eigenschaften der Erdkruste machen aber ein Auftreten von Erdbeben der Stärke 9,5 oder höher nahezu unmöglich, da das Gestein nicht genug Energie speichern kann und sich vor Erreichen dieser Stärke entlädt. Die häufig in den Medien verwendete Bezeichnung „nach oben offen“ soll die instrumentelle Richterskala von den Intensitätsskalen abgrenzen, mit der häufig Stärke und Zerstörungskraft eines Erdbebens charakterisiert werden.
Das stärkste Erdbeben seit der Einführung der Richterskala war das große Chile-Erdbeben 1960 im Pazifischen Ozean: Es wurde ursprünglich mit 8,6 bewertet, später aber dann von verschiedenen Institutionen (einschließlich des US Geological Surveys) auf 9,5 aufgewertet. Ein mit 9,2 ähnlich starkes Erdbeben ereignete sich vier Jahre später im März 1964 im Prince William Sound in Alaska. Das letzte 9,0+ Beben ereignete sich am 26. Dezember 2004 vor Sumatra (Siehe auch: Erdbeben im Indischen Ozean 2004). 9,5 entspricht einer freigesetzten Wellenenergie von über 1024 erg (1017 J). Die Energie der größten bislang gezündeten Wasserstoffbombe mit 54 Mt (entspricht 1,6*1022 erg (1,6*1015J)) war gut 50-mal schwächer.
Trotz des grundlegend anderen Ansatzes der Richterskala wird häufig versucht, diese mit den Intensitätsskalen, wie etwa der modifizierten und mehrfach weiterentwickelten Mercalliskala des Italieners Giuseppe Mercalli (1850-1914), in Bezug zu setzen. Auf einer weiteren Intensitätsskala, der so genannten MSK-Skala (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala), wird die Stärke eines Bebens beispielsweise in zwölf Stärkegraden angegeben. Die Abstufung orientiert sich sowohl an subjektiven wie an objektiven Kriterien.
Seit geraumer Zeit wird in vielen Fällen auch die Momenten-Magnituden-Skala (Abkürzung MW) angegeben, deren Bestimmungsgrößen auf den physikalischen Parametern im Erdbebenherd beruhen.
Richter- und Mercalli-Erdbeben-Skala |
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Stärke nach Richter |
Stärke nach Mercalli |
Wirkung |
Zahl von Beben pro Jahr |
||
Tonnen TNT |
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0 bis 1,9 |
I |
nur durch Instrumente registrierbar |
0,001–0,7 |
(4..4000)106 |
sehr zahlreich, über 700.000 |
2 bis 2,9 |
II |
nur von sehr wenigen, ruhenden Menschen spürbar; freihängende Pendel schwingen leicht |
1–22 |
(4..90)109 |
300.000 |
3 bis 3,9 |
III |
nur von wenigen Menschen wahrgenommene Schwingungen; Erschütterung vergleichbar einem vorbeifahrenden Lastwagen; leises Flirren aneinander stehender Gläser |
30–700 |
(0,1..3)1012 |
49.000 |
4 bis 4,9 |
IV zu V |
wird von den meisten Menschen bemerkt; freies Pendel schwingt deutlich; Gläser und Teller klappern, Fensterläden schwingen; abgestellte Autos schaukeln leicht; geringste Schäden. |
(1–22)103 |
(4..90)1012 |
6.200 |
5 bis 5,9 |
VI |
von allen Menschen mit Schrecken wahrgenommen; viele Menschen verlassen ihre Häuser; Schornsteine können einstürzen; Möbel bewegen sich; einzelne Risse im Putz; es besteht die Gefahr von Verletzungen |
(30–700)103 (mittlere Kernwaffe) |
(0,1..3)1015 |
800 |
6 bis 6,9 |
VII bis IX |
wird von allen betroffenen Menschen mit großem Schrecken erlebt; auch im fahrenden Auto spürbar; teilweise Panik möglich; einzelne Schocks treten auf; Menschen verlassen rasch ihre Häuser; Gebäude können erhebliche Beschädigungen erleiden; es kann zu Einstürzen kommen; Bäume schwanken wie bei starkem Wind; es gibt oft Verletzte; es besteht Gefahr für Leib und Leben; an Küsten Flutwellen möglich. |
(1–22)106 (große Kernwaffe) |
(4..90)1015 |
120 |
7 bis 7,9 |
X bis XI |
weitverbreitete Panik; Menschen versuchen in Panik ins Freie zu kommen; akute Lebensgefahr in Gebäuden; nur wenige Gebäude bleiben stehen; Spalten im Boden reißen auf; es gibt Tote und Verletzte; Wasser- und Gasleitungen brechen in großen Mengen; teilweise katastrophale Auswirkungen; an Küsten vernichtende Flutwellen möglich. |
(30–700)106 (Meteorit 100–200 m) |
(0,1..3)1018 |
18 |
8 bis 8,9 |
XII |
Verwüstung; alle Gebäude unbewohnbar; akute Lebensgefahr innerhalb und außerhalb von Gebäuden; flächendeckende Zerstörungen; an Küsten katastrophale, bis zu 40 Meter hohe Flutwellen möglich. |
(1–22)109 (Meteorit 250–700 m) |
(4..90)1018 |
alle 5 Jahre ein Beben |
9,0 und darüber |
- |
Große Katastrophe; Zerstörungen wie zuvor und zusätzlich: lokale Erdschollen verschieben sich; Stellenweise „völlige Vernichtung des Lebens“. Weiterhin möglich: große Verschiebungen der Kontinentalplatten, "Erscheinen, Verschieben oder Verschwinden" von Landesteilen / Inseln, Bildung neuer Subduktionszonen, Änderung der Erdnutation oder der Erdrotationsgeschwindigkeit. |
- |
- |
unbekannt; vermutl. alle 10 bis 100 Jahre ein Beben |
Der logarithmische Zusammenhang zwischen Energie und Magnitude lässt sich näherungsweise zusammenfassen mit
wobei M die Magnitude und W die äquivalente (explosive) Energie in Tonnen TNT ist.
[Bearbeiten] Verwandte Themen
- Raumwellenmagnitude (Abkürzung mb) oder die Oberflächenwellenmagnitude (Abkürzung MS) sind ebenfalls logarithmischen Energieskalen.
- Momenten-Magnitude
- MSK-Skala (Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala)
- Seismograph
- Mercalli-Skala