Schloss Blutenburg
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Das ehemalige Jagdschloss Blutenburg liegt im Westen Münchens, im Stadtviertel Obermenzing.
Das spätgotische Bauwerk und die dazugehörige Schlosskapelle werden von der Würm umflossen.
Heute ist im Schloss u.a. die von Jella Lepman gegründete Internationale Jugendbibliothek untergebracht. Hier hat auch die Erich-Kästner-Gesellschaft ihren Sitz. Die Internationale Jugendbibliothek hat in den Räumen des Schlosses verschiedene Museen eingerichtet: das Michael Ende-Museum, den James Krüss-Turm, das Erich Kästner-Zimmer und seit Juli 2005 das Binette Schroeder-Kabinett und das Otfried Preußler-Archiv.
Der Name der Burg hat nicht zwangsläufig etwas mit Blut zu tun, ebenso falsch ist jedoch auch die Annahme, dass sich der Name von dem mittelhochdeutschen Wort für Blütenburg ableitet. Bis heute bleibt die Wortbedeutung unklar, naheliegend ist jedoch die Deutung der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen aus dem Jahre 1985: Im Altbayerischen kann "bluet" durchaus die Bedeutung von Blut gehabt haben. J. Andreas Schmeller (Bayerisches Wörtberbuch) übersetzt "blueten" auch im Sinne von sich ökonomisch wehtun. Und das haben sich Herzog Albrecht III und sein Sohn Sigismund bei Errichtung von Anlage und Kapelle zweifellos.
Schloss Blutenburg war durch eine Sichtachse, dem „Durchblick“ mit Schloss Nymphenburg verbunden. Die Sichtachse ist seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts durch Baumwuchs behindert, soll aber mittelfristig wieder hergestellt werden.
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[Bearbeiten] Geschichte
Zwischen 1431 und 1440 ließ Herzog Albrecht III. die "Pluedenburg", deren Bau nicht datiert werden kann, zu seinem Landsitz ausgestalten.
Sein Sohn Herzog Sigismund verzichtete später auf die Regentschaft und zog sich auf die Blutenburg zurück. Er widmete sich dem Bau von Kirchen und Burgen und dem Ausbau der Blutenburg. Obwohl sich in Turm IV der Anlage bereits eine den Heiligen Andreas und Georg geweihte Kapelle befand, ließ er 1488 durch die Bauhütte der Münchner Frauenkirche vermutlich nach Plänen von Jörg von Halsbach eine weit repräsentativere, eigenständige Schlosskapelle errichten, die bis heute einen Gnadenstuhl des Malers Jan Polack (1491) birgt.
Die oftmals in Geschichtsbüchern erwähnte Zerstörung durch die Schweden im 30-jährigen Krieg (1618 - 1648) fand nach heutigen Forschungserkenntnissen nicht statt. Im 16. und bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts gab es außer einigen Meldungen über alterungsbedingte Reparaturen keine nennenswerten Ereignisse. Lediglich die umliegenden Ortschaften wurden 1632 und 1648 von den feindlichen Truppen geplündert. Als schließlich 1663 durch Schenkung die Kurfürstin Henriette Adelaide Eigentümerin der Hofmark Menzing wurde, war das Interesse an diesem Jagdgebiet erloschen, die höfischen Aktivitäten verlagerten sich nach Schloss Nymphenburg.
Der Münchner Notar Freiherr Anton von Berchem, Testamentsvollstrecker der Kurfürstin erwarb 1676 das Schloss weit unter Wert, ließ die baufällige Anlage sanieren und in vielen Bereichen umbauen. Als Berchem 1702 starb, mussten seine Erben die Hofmark an den Kurfürsten Max Emanuel zurückgeben. Damit war die glanzvollste Zeit der Blutenburg vorbei.
1866 bis 1957 war der Komplex dem Institut der Englischen Fräulein verpachtet, 1957 bis 1976 diente er den Schwestern des Dritten Ordens als Altersruhesitz. Die Anlage war zu diesem Zeitpunkt nahe dem Verfall.
Von engagierten Obermenzinger Bürgerinnen und Bürgern wurde 1974 der "Verein der Freunde Schloss Blutenburg e.V." gegründet, der bereits wenige Jahre später über 1000 Mitglieder zählte. Dem Verein und insbesondere dem langjährigen Vorsitzenden, dem Münchner Stadtrat Wolfgang Vogelsgesang (1932 - 2000), ist es zu verdanken, dass am 19. Juli 1980 der erste Spatenstich zu umfangreichen Sanierungsarbeiten stattfinden konnte. Bis 1983 dauerten die Aus- und Umbauarbeiten für Zwecke der Internationalen Jugendbibliothek, die seither im Schloss beheimatet ist.
[Bearbeiten] Schlosskapelle Hl. Dreifaltigkeit
Die gotische Schlosskapelle wurde 1488 im Bereich der Vorburg erbaut. Vorher befand sich die Burgkapelle im nordöstlichen Wehrturm. Die mittelalterliche Bausubstanz ist in seltener Geschlossenheit erhalten geblieben, sogar der Dachstuhl ist noch der ursprüngliche. Aus späterer Zeit stammt nur der barocke Dachreiter (1676) über dem Westgiebel.
Das Gotteshaus ist 19,6 m lang, und 9,3 m breit. Die Strebepfeiler wurden zu flachen Mauervorlagen reduziert. Dazwischen sitzen Spitzbogenfenster mit einfachen Maßwerken. Die 15,8 m hohen Wandflächen werden außen von einem gemalten Maßwerkfries abgeschlossen, der an Landshuter Vorbilder erinnert. Eine Wappenfolge zeigt die Schilde verwandter Hochadelsfamilien. Das Satteldach ist mit Ziegeln gedeckt, der Chor nicht eingezogen. Das Portal liegt in einer gestuften Wandvorlage. In den Nischen befinden sich weitere Ahnenwappen und eine Darstellung der hl. Dreifaltigkeit.
Die Wandbilder unter den Fenstern wurden zum Schutz vor Umwelteinflüssen verschalt. Die Bilder zeigen u.a. Adam und Eva, die Heilige Sippe und den hl. Florian.
Inneres
Der Innenraum wird von einem tief ansetzenden Netzgewölbe überspannt. Das kurze Presbyterium ist durch einen Chorbogen vom einschiffigen Langhaus abgesondert. Die spätgotische Ausstattung der ehemaligen Hofkirche ist nahezu vollständig erhalten. Auch die Butzenscheiben der Verglasung sind noch teilweise original. 16 Medaillons zeigen Adelswappen, darunter erkennt man die Passion Christi und die Verkündigung Mariens (eine Scheibe bez. 1497).
Der Zyklus der Apostelfiguren an den Seitenwänden entstand um 1490/95. Der ausführende Meister ist umstritten, weshalb die Statuen dem Notnamen „Meister der Blutenburger Apostel“ zugeordnet werden. Die Dargestellten lassen sich nicht immer eindeutig identifizierten, da die Attribute teilweise vertauscht wurden oder verlorengegengen sind.
Zugehörig stehen im Chor die Figuren des Schmerzensmannes und der Muttergottes (Blutenburger Madonna) auf Wappenkonsolen, die denen der Apostel entsprechen.
Die Drei Altäre gehen wohl auf Entwürfe Jan Polacks zurück. Die Gemälde auf Goldgrund dürften jedoch von vier verschiedenen Malern stammen. Der südliche Seitenaltar ist 1491 datiert.
Das Hauptbild des Hochaltares zeigt den Gnadenstuhl mit dem Fonleichnamschristus. Die Flügel des einfachen Wandelaltares tragen Darstellungen der Taufe Jesu und der Krönung Mariens durch die Heilige Dreifaltigkeit. Auf den Außenseiten sieht man Herzog Sigismund vor seinem Namenspatron. Im Gesprenge steht der richtende Christus über Maria und Johannes sowie Adam und Eva. Das Gemälde der Predella zeigt die Vier Evangelisten.
Die beiden Seitenaltäre besitzen keine Außenflügel. Auf den Altarblättern sind die Verkündigung Mariens (Südaltar) und Christus als Helfer der Welt zu erkennen. Die Predellenbilder haben die Heilige Sippe bzw. die Vierzehn Nothelfer zum Thema.
Das spätgotische Ensemble wird noch durch das prächtige Sakramentshaus (Sandstein) von 1489 ergänzt. Im Baldachin stehen wieder Statuetten der Muttergottes und des Schmerzensmannes.
[Bearbeiten] Literatur
- Lothar Altmann: Schloßkapelle Blutenburg, München (Schnell & Steiner Kunstführer, 61). 15. Aufl., München, 1991
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bayern IV: München und Oberbayern. München, 2006. ISBN 3-422-03115-4
- Johannes Erichsen: Blutenburg - Beiträge zur Geschichte von Schloß und Hofmark Menzing. (Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur, 1). München, Haus der bayerischen Geschichte, 1985
- Winfried (Frieder) Vogelsgesang (Hrsg.): Schloßführer Schloss Blutenburg. 2.Aufl. München, Verein der Freunde Schloß Blutenburg e.V., 1999
- Wolfgang Vogelsgesang: Blutenburg - die Schloßkapelle. Wielenbach, 1994. ISBN 3-925967-26-5 bzw. ISBN 978-3925967269
- Wolfgang Vogelsgesang: Blutenburg - Das Schloss und sein Umfeld in Geschichte und Gegenwart; ISBN 978-3925967245
Siehe auch: Kirchen und Schlösser in München
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[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Schloss Blutenburg – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Informationsplattform rund um Schloss Blutenburg
- Schloss Blutenburg beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege
Koordinaten: 48° 9' 47" N, 11° 27' 23" O