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Tierrechte - Wikipedia

Tierrechte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Begriff der Tierrechte wurde als wörtliche Übersetzung des englischen Begriffs „Animal Rights“ aus dem angelsächsischen Sprach- und Kulturraum übernommen. Er bezeichnet die Ansicht, dass zumindest einige Tierarten ebenso wie Menschen unveräußerliche Grundrechte haben und dass Menschen ethische Grundsätze beim Umgang mit diesen Tieren befolgen sollen.

Verbunden mit der Forderung nach Tierrechten ist der Gedanke des Recht auf Leben, der auch auf die Tiere ausgedehnt werden soll. So setzt sich beispielsweise das in Seattle ansässige Great Ape Project bei den Vereinten Nationen für eine Erklärung für Menschenaffen ein, die Gorillas, Orang-Utans, Schimpansen und Bonobos mit dem Menschen rechtlich auf eine Stufe stellen würde. Dies würde neben dem Recht auf Leben den Schutz der individuellen Freiheit und des Folterverbots bedeuten. Aus Sicht von Tierrechtlern wäre dies der erste Schritt, um auch anderen Tierarten Rechte zuzugestehen.

Kritiker von Tierrechten argumentieren häufig, dass Tiere gar nicht die Fähigkeit dazu hätten, in eine Vertragstheorie mit einbezogen zu werden oder moralische Entscheidungen zu treffen. Dementsprechend seien sie auch nicht dazu in der Lage, die Rechte anderer zu respektieren oder Rechtskonzepte in irgendeiner Form zu verstehen. Außerdem sei nichts inhärent falsch daran, Tiere als Essen, zur Unterhaltung oder für die Forschung zu verwenden, obwohl die Menschheit dennoch verpflichtet sei, unnötiges Leid zu vermeiden.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Tierrecht und Tierschutz

Während der Tierschutz zwar ähnliche Ziele verfolgt, die Nutzung von Tieren durch den Menschen aber nicht unmittelbar in Frage stellt, wird auch genau dies aus der Sicht der Tierrechte abgelehnt. Tierschutz und Tierrechte unterscheiden sich in ihren philosophischen Grundsätzen fundamental voneinander, stellen gleichzeitig aber in einigen Bereichen gleiche Forderungen, wie etwa die Abschaffung der Massentierhaltung.

Tierrechte gehen weit über den Tierschutz hinaus; nach Ansicht von Tierrechtlern sind Tierrechte eine konsequente Fortsetzung des Tierschutzes. Tierschützer dagegen lehnen die sozialrevolutionären Forderungen von Tierrechtlern oft ab. Sie halten diese Forderungen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Ablehnung für den Tierschutz abträglich. Weiter halten sie Tierrechte als in letzter Konsequenz für unmöglich, da sie häufig die Auffassung vertreten, dass ein gesetzlich vorgeschriebener Veganismus dem Menschen schade.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden Tierrechtler jedoch häufig mit Tierschützern gleichgesetzt; auch besteht in den meisten Fällen ein fließender Übergang zwischen beiden Gruppierungen.

[Bearbeiten] Positionen

Tierrechte werden für jene Tiere vorgeschlagen, die Bewusstsein besitzen und die ihrem eigenen Leben erkennbar einen Wert beimessen. Grundlage hierfür sind ethische Konzepte in der westlichen Philosophie, die davon ausgehen, dass Tiere über eine Schmerz- und Leidensfähigkeit verfügen und damit einen Eigenwert und eine eigene Würde besitzen. Man nennt diese Sicht der Dinge auch pathozentrische Ethik.

Solchen Tieren soll das Verfügungsrecht am eigenen Leib sowie die Möglichkeit begrenzter Selbstbestimmung gegeben werden. Die Praxis, dass solche Tiere Eigentum oder Handelsgut sein können, wird damit abgelehnt. Tierrecht unterscheidet sich vom Tierschutz, der (nur) das Leiden von Tieren zu verhindern sucht.

Die Vergabe von Rechten an bestimmte Tiere bedeutet nicht die rechtliche Gleichstellung von Menschen und (anderen) Tieren. Tierrechte sollen nach Ansicht ihrer Befürworter dem Vermögen der Tierart angeglichen sein. Unabhängig vom Nutzen, den ein Tier dem Menschen bietet, argumentieren Tierrechtler, soll dem Tier die Bestimmung über das eigene Schicksal soweit wie möglich gewährt werden; das Nutzprinzip soll also hinter dem Selbstbestimmungsrecht des Tieres zurücktreten.

Die meisten Tierrechtler sehen den Gebrauch von Tieren zum Gewinn von Nahrung oder Kleidung, zur Unterhaltung oder als Versuchstiere als unvereinbar mit den vorgeschlagenen Tierrechten an. Der Status des Tieres als „Besitz“ gilt als wesentliches Problem, da hierdurch die geforderten Rechte des Tieres eingeschränkt werden.

[Bearbeiten] Geschichte

Die moderne Tierrechtsbewegung kann bis in die frühen siebziger Jahre zurückverfolgt werden und stellt eines der wenigen Beispiele sozialer Bewegungen dar, die von Philosophen kreiert wurden, und in der diese an der Spitze geblieben sind. In den frühen siebziger Jahren begann eine Reihe von Philosophen der University of Oxford anzuzweifeln, ob der moralische Status von Tieren gegenüber dem von Menschen notwendigerweise minderwertig sein sollte. Unter ihnen befand sich auch der Psychologe Richard Ryder, der 1970 den Begriff "Speziesismus" prägte und diesen erstmals in einem eigenhändig entworfenen Flugblatt verwendet hatte, um die Aufträge zu beschreiben, die man gegenüber den Lebewesen und hierbei insbesondere bestimmter Spezies habe und dies der Basis der Mitgliederschaft entsprechend vermitteln zu können.

Ryder wurde Mitarbeiter des einflussreichen Buches Animals, Men and Morals: An Inquiry into the Maltreatment of Non-humans, das von Roslind und Stanley Godlovitch und John Harris herausgegeben und 1972 veröffentlicht wurde. In einer Kritik für The New York Review of Books legte der an der Princeton University angestellte Professor für Bioethik, Peter Singer, die Hauptargumente dar, die auf dem Utilitarismus basieren und die im Jahr 1975 in Animal Liberation erschienen. Dieses Buch wird innerhalb der Tierrechtsbewegung oft als eine Art "Bibel" betrachtet, die die Tierrechtsbewegung ausgelöst habe.

In den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts schloss sich eine breite Vielfalt an akademischen und professionellen Gruppen, einschließlich Theologen, Rechtsanwälte, Ärzte, Psychologen, Psychiater, Tierärzte, Pathologen und frühere Verfechter der Vivisektion der Bewegung an. Weitere Bücher, die als bahnbrechend betrachtet werden, sind unter anderem The Case for Animal Rights von Tom Regan (erschienen 1983), Created from Animals: The Moral Implications of Darwinism von James Rachels (1990), Rattling the Cage: Toward Legal Rights for Animals von Steven M. Wise (2000) und Animal Rights and Moral Philosophy von Julian H. Franklin (2005).

[Bearbeiten] Tierrecht in der Philosophie

Das Konzept der Tierrechte zielt darauf ab, allen oder zumindest einigen Tieren das Recht zuzugestehen, ein eigenes Leben zu führen. So sollen sie bestimmte moralische Rechte besitzen, die sie es zumindest verdient hätten. Aus Sicht der Tierrechte wird somit das Konzept, dass Tiere nur als Investitionsgüter oder Eigentum und dadurch letztendlich dem Nutzen der Menschheit dienen, abgelehnt. Tierrechte und Tierschutz werden oft miteinander verwechselt.

Die Tierrechtsphilosophie behauptet aber nicht zwangsläufig, dass Tiere den Menschen gleich seien. Demnach wird beispielsweise nicht das Wahlrecht für Hühner oder ähnliches gefordert. Uneinigkeit besteht bei Tierrechtlern darüber, ob nur Tiere mit einem voll entwickelten Nervensystem und einem gewissen Selbstbewusstsein in diese Philosophie mit einbezogen werden sollen oder diese für alle Tiere gelten soll.

Der Engländer Henry Salt thematisierte Tierrechte erstmals 1892 in seinem Buch Animals' Rights: Considered in Relation to Social Progress; im Folgejahr gründete er die Humanitarian League, die ein Verbot der Jagd als Sport erreichen wollte.

Ende der sechziger Jahre sowie Anfang der siebziger Jahre demonstrierte Martin Seligman, dass Hunde, die wiederholt und ohne Befreiungsmöglichkeit Elektroschocks ausgesetzt sind, einen ähnlichen Seelenzustand haben wie schwer deprimierte Menschen.

Bekannte moderne Befürworter von Tierrechten sind die Philosophen Peter Singer und Tom Regan, deren Forderungen weitgehend übereinstimmen, die ihre Sichtweisen aber unterschiedlich begründen. Aktivisten wie Karen Davis vom United Poultry Concerns, Ingrid Newkirk von PETA und Gary Francione von der Rutgers University Animal-Law Clinic haben ebenfalls Philosophien des Tierrechts entworfen. Singer vergleicht den Status der Tiere heute mit dem der antiken Sklaven und setzt sich für deren Befreiung ein.

[Bearbeiten] Die Philosophie der Tierrechtler und ihre Wurzeln

Der britische Philosoph Jeremy Bentham erklärte, da Tiere Schmerz und Leid empfinden könnten, hätten sie unabhängig von der Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, welche auch einigen geistig Behinderten und Kindern fehle, die gleichen Grundrechte wie die Menschen. Er führte aus, dass ein Hund verständiger sei als ein Neugeborenes und daher dem erwachsenen Menschen näher stünde als der Säugling, welcher nur sein Antlitz teile. Daraus schloss er, dass den Tieren somit die gleichen Rechte eingeräumt werden müssten wie unmündigen Menschen. Er brachte - mit Aussagen wie „Wenn wir Mitglieder unserer eigenen Spezies betrachten, denen Charakteristika normaler Menschen fehlen, können wir nicht länger sagen, dass deren Leben stets dem anderer Tiere vorzuziehen sei“ - Behindertengruppen gegen sich auf, die aufs schärfste gegen ihn protestierten.

[Bearbeiten] Ansatz: Leidensfähigkeit

Obwohl Peter Singer mit seinem Buch Animal Liberation oftmals als einer der Vordenker der Tierrechtsbewegung gilt, wird dies als fachlich falsch angesehen. Klassifikatorisch exakter ist er eher der Vordenker der „Tierbefreiungsbewegung“, ein Begriff, der im Englischen zusätzlich zum Tierrechtsbegriff weiterhin seine Verwendung findet. Denn seine Argumentation basiert nicht auf einem Rechtekonzept, sondern auf der Berücksichtigung individueller Präferenzen, Interessen oder - sehr allgemein und unscharf formuliert - Empfindungen des Tieres.

Singer betont die Leidensfähigkeit als Voraussetzung für die Berücksichtigung, Rechte zu erwerben; dieses Prinzip leitet sich aus seiner dem Präferenzutilitarismus nahestehenden Ethik ab. Singer argumentiert darüber hinaus, dass das Rechtssystem Grundrechte nicht aufgrund von Intelligenz, moralischer Selbstbestimmung bzw. -orientierung, die beim Verbrecher oder manchen Geisteskranken fehlt, oder anderer nur beim Menschen zu findender Eigenschaften gewähre.

Vielmehr sei die Leidensfähigkeit des Individuums ein ausschlaggebendes Kriterium, für ein Recht auf Leben bedürfe es jedoch Personenstatus mit Zukunftgerichtetheit usw. Da Tiere jedenfalls leiden können, folgert Singer, seien konsequenterweise auch Tieren Grundrechte wie Schmerz- oder Leidensvermeidung oder einigen ein Recht auf Leben zu gewähren. Andernfalls würden Menschen Tiere diskriminieren (Speziesismus).

Diese allgemeine Aussage zeigt allerdings nur sehr grob auf, welchen Tieren welche Grundrechte zu gewähren sind. Primär ist der Anspruch auf Schmerz- und Leidensfreiheit, welcher fachlich als Pathozentrismus bezeichnet wird.

[Bearbeiten] Ansatz: Individualrechte

Tom Regan (The Case for Animal Rights und Empty Cages) geht von einer formal-rechtlichen Sichtweise an die Tierrechtsfrage heran. Er postuliert, dass nicht-menschliche Tiere, sogenannte „Lebenssubjekte“, Anspruch auf Grundrechte besitzen, eventuell geringeren Grades als Menschen. Solche Tiere haben Persönlichkeitsrechte, und dürfen demnach nicht als Mittel zum Zweck genutzt werden.

Tiere, die dieser Kategorie zugeordnet würden, haben einen „inhärenten Wert“ als Individuen und können daher nicht als Mittel zum Zweck betrachtet werden. Diese Sichtweise wird auch als „direkte Pflicht“ bezeichnet. Regan propagiert den Verzicht auf Tierzucht zur Nahrungsgewinnung, zur Sportjagd und für Versuchstiere. Seine Theorie erstreckt sich nicht über alle empfindsamen Tiere, sondern nur über diejenigen, die als „Subjekte eines Lebens“ betrachtet werden können. Er argumentiert, dass diese Sicht der Dinge für alle normalen Säugetiere, die mindestens ein Jahr alt sind, gerechtfertigt ist. Dieser allgemein geforderte Verzicht auf eine Form der Tiernutzung postuliert allerdings noch keine Individualrechte. Problematisch ist auch die Klarlegung der individuellen Ansprüche und Rechte eines konkreten Tieres (Individuum) zu sehen.

Während Singer sich in erster Linie damit beschäftigt, dass die Behandlung von Tieren verbessert wird und zumindest in einigen hypothetischen Szenarien akzeptiert, dass Tiere rechtmäßig für weitere Zwecke, unabhängig ob für Menschen oder andere Tiere, genutzt werden können, glaubt Regan, dass man Tiere genauso behandeln solle, wie man es gegenüber Personen tun würde. Er wendet hierbei die strenge Idee von Immanuel Kant an, dass sie niemals geopfert werden sollen als etwas, was im Endeffekt nicht mehr als Mittel zum Zweck ist. Anstatt dessen müssen die so behandelt werden, dass sie ihr eigener Diener sein können. Insbesondere Kant selber glaubte nicht daran, dass die Tiere Subjekt von dem seien, was er als moralisches Gesetz bezeichnete; er war zwar der Meinung, dass man Mitleid zeigen sollte, aber in erster Linie nicht, um Menschen so sehr zu brutalisieren und nicht um den Tieren zuliebe an sich.

Trotz dieser theoretischen Differenzen stimmen Singer und Regan darin überein, was man in der Praxis tun sollte. So zum Beispiel plädieren sie für eine Übernahme der veganen Diät und sehen die Abschaffung von Tierversuchen als ethische Pflicht.

[Bearbeiten] Ansatz: „Einfache Ethik“

Helmut Kaplan plädiert für eine möglichst einfache Ethik: [1] Einerseits sollten die vielen vorhandenen tierethischen Ansätze endlich einer breiteren Bevölkerungsschicht verständlich vermittelt werden. Andererseits sollten die Menschen „da abgeholt werden, wo sie sind“. Es müsse ihnen klar gemacht werden, dass ihre vorhandenen moralischen Überzeugungen, konsequent zu Ende gedacht und angewandt, den üblichen ausbeuterischen Umgang mit Tieren verbieten.

Kaplan will die „dritte Etappe der Tierethik“ einläuten, die Erkenntnis, dass komplexe moralische Überlegungen in Bezug auf Tiere ebenso überflüssig sind wie komplexe moralische Überlegungen in Bezug auf Menschen. („Wahre und wirksame Ethik ist einfach.“) Genausowenig wie Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts diskriminiert werden dürften, dürften Tiere auch nicht aufgrund ihrer Spezies diskriminiert werden. Die Tierrechtsbewegung sei demnach die Fortsetzung anderer Befreiungsbewegungen wie die zur Befreiung von Sklaven oder der Emanzipation von Frauen. Eine der zentralen Aussagen Helmut Kaplans zum Themenfeld Tierrechte lautet:

Wir brauchen für den Umgang mit Tieren keine neue Moral. Wir müssen lediglich aufhören, Tiere willkürlich aus der vorhandenen Moral auszuschließen.

Helmut F. Kaplan

Seiner Meinung nach geht der Tierschutz oftmals nicht weit genug, da er sich größtenteils mit "Humanisierungen der Ausbeutung" begnüge. Die Tierrechtsbewegung dagegen fordere ein "Ende der Ausbeutung". Eine Humanisierung der Schlachtung zu fordern sei genausowenig sinnvoll wie beispielsweise eine Humanisierung der Sklaverei oder die Zulassung zu einer "sanften Vergewaltigung".[2]

[Bearbeiten] Ansatz: Praktische Autonomie

Steven Wise (Rattling the Cage, Drawing the Line) vertritt eine Verleihung von Tierrechten nach einem von ihm practical autonomy genannten Kriterium. Er sieht Tiere, die einen Sinn des „Ich“ besitzen, die intentionell handeln und Wünsche besitzen, als Kandidaten für bestimmte Grundrechte: Sie sollen nicht als Nahrung oder der medizinischen Forschung dienen dürfen. Auch im Hinblick auf die politische Durchsetzbarkeit schlägt er eine vorerst begrenzte Rechtsverleihung nur an wenige Tiere (Primaten, Delfine, Elefanten, Graupapageien) vor.

[Bearbeiten] Ansatz: Bestehende Ungleichbehandlung

Gary Franciones Werk Introduction to Animal Rights basiert auf folgender Voraussetzung: Sofern Tiere als Eigentum betrachtet werden, werden alle Rechte, die als selbstverständlich betrachtet werden könnten, durch diesen Status direkt zunichte gemacht. Er weist darauf hin, dass ein Aufruf, die Interessen des Eigentums denen der eigenen als gleichwertig zu betrachten, absurd sei. Ohne das elementare Recht, nicht als Eigentum der Menschen behandelt zu werden, haben Tiere überhaupt keine Rechte, so Francione.

Er postuliert, dass die Empfindsamkeit die einzige berechtigte Beschluss für moralen Status sei. Dies steht im Gegensatz zu Regan, der qualitative Maße in den subjektiven Erfahrungen seines „Subjekt-des-Lebens“ sieht, die auf einer losen Bestimmung desjenigen basieren, der in diese Kategorie fällt. Francione behauptet, dass es in den USA tatsächlich keine Tierrechtsbewegung gäbe, sondern nur eine Tierschutzbewegung.

In Einklang mit seiner philosophischen Position und seiner Arbeit in Sachen Tierrechte für das Animal Rights Law Project der Rutgers University weist er darauf hin, dass jede Anstrengung, die nicht die Abschaffung des Eigentumsstatus der Tiere fokussiert, irregeleitet wird und daraus letztendlich unvermeidbar die Ausbeutung von Tieren resultiert. Er argumentiert, dass es logischerweise widersprüchlich und unmoralisch sei, wenn die festgelegten Ziele, die Bedingungen der Tiere zu verbessern, niemals erreicht würden.

In seinem Buch Animals, Property, and the Law behauptet er, dass der Haupthinderungsgrund zur Verleihung von Tierrechten der Status von Tieren als „Dinge“ sei. Der Tierschutz versuche zwar, die Bedingungen für Tiere, nicht aber ihren Status zu ändern. Er hält es für inkonsequent, Haustiere wie Hunde und Katzen wie Familienmitglieder zu behandeln, gleichzeitig aber Rinder, Schweine und Hühner für Nahrung zu schlachten.

[Bearbeiten] Vergleich

Diese verschiedenen Sichtweisen zur Frage von Tierrechten zeigt, dass die Bewegung kein einheitlicher Block ist. Innerhalb der Tierrechtsbewegung wird so beispielsweise Singers Utilitarismus-Ansatz von Vertretern wie Regan und Kaplan kritisiert, da er unter Umständen Praktiken wie Tierversuche, Zurschaustellung von Tieren oder Fleischkonsum legitimieren könnte.[3]

Ein Minimalkonsens besteht darin, die Situation von Tieren generell zu verbessern, indem Tierversuche abgeschafft werden und Menschen eine vegetarische Lebensweise anstreben.

Eine Auseinandersetzung innerhalb der Tierrechtsbewegung ist die Frage, welchen Tieren Rechte zugesprochen werden sollen und ob alle Tiere die gleichen Rechte erhalten sollen, oder ob die Rechte je nach Tierart variieren. Extreme Positionen wollen allen Tieren gleiche Rechte zusprechen, eher moderate Sichtweisen (Steven Wise) sehen eine Rechtsverleihung nur nach Erfüllung bestimmter, vom Menschen festzulegender Kriterien.

Der quantitative Focus der Tierrechtsdiskussionen liegt anthropozentrisch bei Haus- und Nutztieren. Diskussionen zu Tierrechten niederer Tiere im biologischen Sinne (Insekten beispielsweise) finden sich selten bis gar nicht.

Aus der Auffassung, die Grenze zwischen Mensch und Tier sei fließend, wird der Schluss gezogen, dass grundlegenden Menschenrechte auch manchen Tieren zuzugestehen seien. Daraus folgt, dass die Nutzung solcher Tierarten sich von vornherein verbietet.

[Bearbeiten] Tierrecht in der Gesetzgebung

Der Gedanke, dass Tiere Rechte hätten, findet sich bereits bei Justinian im „Corpus iuris civilis“, wo es heißt:

Das Naturrecht ist jenes Recht, welches die Natur allen Lebewesen gegeben hat und welches nicht nur dem Menschen eigen ist.

Justinian I.

Allerdings hat dieser Satz das Rechtsdenken nicht beeinflusst, vielmehr wurde es bestimmt durch das Römische Recht, wonach Tiere als Sachen angesehen wurden, die nicht Träger von Rechten sein konnten. Dies hat etwa seinen Niederschlag im BGB gefunden, in dessen reformierten § 90a es auch heute noch heißt: „Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze beschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist.“

Ausgesprochen findet sich der Gedanke der Tierrechte bei Jeremy Bentham und insbesondere bei Arthur Schopenhauer:

Die vermeintliche Rechtlosigkeit der Tiere, der Wahn, daß unser Handeln gegen sie ohne moralische Bedeutung sei, daß es gegen die Tiere keine Pflichten gäbe, ist geradezu eine empörende Rohheit und Barbarei. Erst wenn jene einfache und über alle Zweifel erhabene Wahrheit, daß die Tiere in der Hauptsache und im wesentlichen ganz dasselbe sind wie wir, ins Volk gedrungen sein wird, werden die Tiere nicht mehr als rechtlose Wesen dastehen. Es ist an der Zeit, daß das ewige Wesen, welches in uns, auch in allen Tieren lebt, als solches erkannt, geschont und geachtet wird.

Arthur Schopenhauer: Preisschrift über die Grundlage der Moral, § 8

Kein Staat der Welt gewährt heute Tieren Individualrechte, wie sie etwa natürliche oder juristische Personen (Rechtssubjekt) besitzen. Allerdings ist das Verhalten von Menschen gegenüber Tieren in vielen Staaten reglementiert. Tierquälerei ist vielfach ein Verbrechen und Transport sowie die Haltung von Tieren muss bestimmten Regeln folgen. Diese Gesetze sollen Tiere vor vermeidbarem physischen Schaden schützen. In Großbritannien liegt seit dem 14. Juli 2004 dem Parlament ein Gesetzentwurf vor, der eine Sorgepflicht des Tierhalters vorsieht. Ein solches Gesetz wird als Schritt zur Erteilung von Tierrechten angesehen.

[Bearbeiten] Tierrechte in Religionsgemeinschaften

Im Jainismus vertreten die Digambaras ein uneingeschränktes Existenzrecht eines jeden Lebewesens. In ihrem Alltag treffen sie Vorkehrungen, um ein versehentliches Töten oder Verletzen anderer Lebewesen zu vermeiden. So tragen sie zum Beispiel einen Mundschutz, um ein versehentliches Einatmen von Insekten zu verhindern.

Im deutschsprachigen Raum setzt sich beispielsweise Universelles Leben, eine von einigen Tierrechtlern als „Trittbrettfahrer“ kritisierte „Glaubensgemeinschaft“ mit weltweit ca. 50.000 Mitgliedern, für Tierschutz und Tierrechte ein. So propagiert man zum Beispiel eine Abschaffung der Jagd und eine vegane Ernährung und beherbergt im Rahmen einer internationalen Stiftung auf eigenem Land viele Tiere unter den Vorzeichen der „Wiedergutmachung an den Mitgeschöpfen“. Nach eigenen Angaben möchte man die biblische Friedensreich-Prophezeiung des Propheten Jesaja (11,6-9) in die Tat umsetzen, während Kritiker den Vorwurf erheben, der Einsatz für die Tiere diene nur als Vorwand für eine Mitgliederwerbung.

[Bearbeiten] Kritik

[Bearbeiten] Problematik der Tierrechte

Manche Kritiker, die aus einer bestimmten rechtsphilosophischen Position (vorrangig verdeckt religiös/metaphysisch) argumentieren, lehnen diese Tierrechte ab, weil nach dieser Konzeption ein Recht immer aus einer Selbsterkenntnis abgeleitet werden müsse, die bei Tieren nicht anzutreffen sei. Auch sei nach dieser Tradition ein Recht immer mit entsprechenden Pflichten verbunden. In der rechtstheoretischen Tradition, die nichts religionsgebunden ist, besteht ein Recht aus einem dreistelligen Relationsprädikat mit variablen Komponenten: 1. dem Subjekt oder Inhaber, 2. den Adressaten und 3. dem Inhalt oder Gegenstand des Rechts. Wie diese drei Komponenten ausgefüllt werden, ist nicht in einer vorpositiven apriorischen Natur- oder Vernunftordnung objektiv vorgegeben. In einer säkularen Konzeption kann dies vielmehr nur semikognitiv in einer moderaten Intersubjektivierbarkeit durch Austausch von Argumenten erarbeitet werden. Tierrechte bedeutet dezidiert nicht nur die starke Form des Rechtes auf Leben, sondern insbesondere ein gesicherter Anspruch auf relevante Berücksichtigung in Normenkonflikten, wie z. B. Schmerz-/Leidvermeidung bei Tierversuchen usw.

Die Position eines Teils der Tierrechtsbewegung, generell jede Art der Tiernutzung abzulehnen, ist auch innerhalb der Tierrechtsbewegung umstritten. Während Einigkeit besteht, Tierversuche und Tierquälerei sowie die Jagd zum Vergnügen (im Gegensatz zum Nahrungserwerb) abzuschaffen, wird die Zurschaustellung von (Wild)Tieren (Zoo, Zirkus) unterschiedlich bewertet. Auch in der Frage der Haustierhaltung ist die Position nicht einheitlich: Während die Haltung erkenntnis- und leidensfähiger Tiere als Nahrung abgelehnt wird, sehen manche Tierrechtler keine Probleme in einer Nutzung von Tieren als Blindenhunde, Zug- und Reittiere oder zu therapeutischen Zwecken.

Es ist unklar, ob mit Tierrechten auch Pflichten einhergehen sollen: an der deutschen Gesetzgebung, die sich an den Menschenrechten orientiert, wird deutlich, dass Rechte (z. B. Recht auf Leben) immer auch von Pflichten (dem Verbot andere Menschen zu töten) begleitet werden. Es ist offensichtlich, dass fleischfressende Tiere nicht fähig sind, solcherlei Pflichten zu erfüllen und damit auch kein Recht haben, nicht selber getötet zu werden.

[Bearbeiten] Die Sichtweise von Norbert Brieskorn

Der Rechtsphilosoph und Jesuit Norbert Brieskorn hat festgehalten, wer höher entwickelten Tieren subjektive Rechte zugestehen will, müsse darauf antworten,

  1. ob Rechte Wesen zuerkannt werden sollen, die im Gegensatz zum Menschenkind nie von ihnen selbst Gebrauch machen können;
  2. worin das Plus der Zuerkennung von Rechten an Tiere gegenüber jenen ethischen Verpflichtungen läge, welche den Menschen gegenüber den Tieren ohnehin schon durch ethische Reflexion auferlegt sind;
  3. ob es sich um die Ausdehnung von Menschenrechten auf Tiere oder um spezifische Tierrechte handeln soll;
  4. wie der jeweilige Vorrang zwischen Menschen- und Tierrechten zu ermitteln ist;
  5. worauf die Legitimität jener beruht, welche die Tierrechte im Namen der Tiere geltend machen.

Entgegenhalten kann man Brieskorn aus der Sicht der Tierrechte folgendes:

  1. a) Wer bestimmt, dass Rechte genau so konzipiert werden sollen, dass eine Reziprozität der „Selbsteinforderung“ notwendig sein soll?, b) Der Sinn von Rechten könnte gerade darin bestehen, normative Ansprüche zu sichern, die man eben gerade nicht selbst einfordern kann. Viele geistig Behinderte werden dies auch nie können und sollen gerade deswegen unverfügbar sein und dem Abwägeprozess entzogen sein.
  2. Die Rechtekonzepte machen gerade die unverzichtbaren Kernansprüche besser transparent.
  3. Welche konkrete Ausformung die Tierrechte in der materiellen Ausgestaltung haben, hängt von der Überzeugungskraft der vorgebrachten Argumente ab. Aber z. B. das Great Ape Project fordert relativ differenziert auch ein gesetzliches Lebensrecht für Menschenaffen. Individualethisch kann jede/r für sich das Lebensrecht der Tiere durch vegetarische Ernährung umsetzen.
  4. Hängt natürlich immer von der konkreten Ausformulierung der Tierrechte ab und vorerst ist es in vielerlei Hinsicht noch eine individualethische Option.
  5. Worauf beruht die Legitimität jener, welche die Tierrechte im Namen der Tiere nicht einmal rudimentär geltend machen?

[Bearbeiten] Holocaustvergleich

Einige Autoren und Gruppen stellen zwischen dem heutigen Umgang mit Tieren und dem Holocaust eine Analogie her, so etwa People for the Ethical Treatment of Animals (PETA), die mit über 800.000 Mitgliedern eine der weltgrößten Tierrechtsorganisationen und im Jahr 2003 die Massentierhaltung mit dem Holocaust verglich. In der umstrittenen Ausstellung »Holocaust On Your Plate« (deutsch: „Holocaust auf Ihrem Teller“), die nach den USA auch 2004 in Deutschland gezeigt wurde, werden Bilder von Juden in Konzentrationslagern denen von getöteten und misshandelten Tieren gegenüber gestellt. Diese wurde von PETA auch gezielt eingesetzt, um Betroffenheit auszulösen. Die PETA-Vorsitzende Ingrid Newkirk wurde dabei zitiert wie sie sagte: "In den Konzentrationslagern starben sechs Millionen Juden, aber sechs Milliarden Hühner werden in diesem Jahr in Schlachthäusern sterben, um als Brathähnchen zu enden." Die Ausstellung bzw. Kampagne wurde in Deutschland verboten. Kritiker verurteilen die vergleichende Darstellung, da das im Holocaust geschehene Leid gleichgesetzt wird (siehe Holocaust (Begriff)).

Die National Primate Research Exhibition Hall, ein Projekt von Tierrechtsaktivisten in Wisconsin, vergleicht sich mit dem Holocaust-Mahnmal in Auschwitz und verwendet Bilder vom Holocaust in seinem Informationsmaterial und plant darüber hinaus, solche bildlichen Vergleiche auch auf den jeweiligen Ausstellungsstücken zu verwenden. 2001 gab es auf der Tierrechtsseite meat.org eine Sektion mit dem Titel „Animal Holocaust“ (deutsch: „Holocaust an Tieren“), auf der Tierbilder zu sehen waren, die als „Opfer des Holocaust“ bezeichnet wurden. Das Northwest Animal Rights Network of Seattle hat eine Anzeige veröffentlicht, bei der Bilder von toten und nackten Holocaustopfern denen toter Kühe gegenübergestellt wurden und in der Mitte ein großes Hakenkreuz zu sehen war.

Unter anderem die Anti-Defamation League kritisierte den Holocaust-Vergleich, da er diesen relativiere.

Der Tierrechtler Helmut Kaplan zog einen Vergleich zum Anschlag auf das World Trade Center: „Dieser tägliche Terror gegenüber Tieren übersteigt den tödlichen Schrecken von New York um ein Maß, das in Zahlen nicht ausdrückbar ist“.[4]

[Bearbeiten] Aktivismus

Während die Mehrzahl der Tierrechtsadvokaten politische Lobbyarbeit und Aufklärung durch Veröffentlichungen betreibt, gibt es auch Gruppen, die illegale Aktivitäten durchführen. Diese umfassen die Entfernung von Tieren aus Einrichtungen, Sachbeschädigung sowie Gewalt oder Gewaltandrohung gegenüber Nutzern von Tieren. In der öffentlichen Berichterstattung wird oft nicht zwischen Tierrechts- und Tierschutzaktivisten unterschieden, so dass beider Ruf durch derartige Aktivitäten geschädigt wird.

[Bearbeiten] Kampagnen

Der Verein Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e. V. führt seit vielen Jahren Projekte und Kampagnen zu Tierrechtsthemen durch. Da andere Tierrechtsgruppen in Deutschland meist relativ klein sind, gibt es daneben auch spezielle Tierrechts-Netzwerke und -Bündnisse, in denen sich mehrere Tierrechtsgruppen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam mit mehr Druck spezielle Forderungen gegen Tierausbeutung durchsetzen zu können. Die bekanntesten Netzwerke sind die Offensive gegen die Pelzindustrie (OGPI) und die Aktion zur Abschaffung des Primatenhandels (AAP).

[Bearbeiten] Literatur

  • Gary Francione: Animals, Property and the Law. Temple University Press, Philadelphia 1995
  • Tom Regan: The Case for Animal Rights. Routledge, New York 1984
  • Peter Singer: Henry Spira und die Tierrechtsbewegung. Harald Fischer, Erlangen 2001
  • Peter Singer: Animal Liberation. second edition. Avon Books, New York 1990
  • Steven Wise: Drawing the Line: Science and the Case for Animal Rights. Perseus, 2002, ISBN 0738208108
  • Steven Wise: Rattling the Cage: Toward Legal Rights for Animals. Perseus, 2000
  • Tierrechte – Die Philosophie einer Befreiungsbewegung. Echo, Göttingen 2000, ISBN 3926914351
  • Helmut Kaplan: Tiere haben Rechte – Argumente und Zitate von A bis Z. 2. Auflage. Harald Fischer, Erlangen 2002
  • Jean-Claude Wolf: Tierethik. Neue Perspektiven für Menschen und Tiere. 2. Auflage. Harald Fischer, Erlangen 2005
  • Helmut Kaplan: Der Verrat des Menschen an den Tieren. Vegi-Verlag, Neukirch-Egnach 2006, ISBN 3-909067-06-9

[Bearbeiten] Quellen

  1. http://www.tierrechte-kaplan.org/kompendium/frames.php?url=a314.htm
  2. http://www.tierrechte-kaplan.org/kompendium/index.html
  3. http://www.tierrechte-kaplan.org/kompendium/frames.php?url=a366.htm
  4. http://www.tierrechte-kaplan.org/kompendium/a206.htm

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Tierrechtsphilosophien

[Bearbeiten] Weblinks zur Kontroverse um den Holocaustvergleich

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