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Tuareg - Wikipedia

Tuareg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Für den 2002 erschienenen SUV von Volkswagen, siehe VW Touareg.
Karte der Gebiete, in denen eine bedeutende Anzahl an Tuareg lebt.
Karte der Gebiete, in denen eine bedeutende Anzahl an Tuareg lebt.

Die Tuareg sind ein zu den Berbern zählendes Volk in Afrika, dessen Siedlungsgebiet sich über die Wüste Sahara und den Sahel ausbreitet. Ihre Sprache ist das Tamascheq. Sie leben seit Jahrhunderten nomadisch im Gebiet der heutigen Staaten Mali, Algerien, Niger, Libyen, Mauretanien, Burkina Faso und Nigeria und zählen heute etwa eine Million Menschen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Aufständen der Tuareg, die sich dabei behindert fühlen, ihre traditionelle nomadische Lebensweise fortzuführen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Etymologie

Tuareg
Tuareg

Das Wort Tuareg ist arabisch. Es ist die innere Pluralform von Targi "Bewohner der Targa" (Targa war der alte Ortsname eines Tales im Fezzan. Targa ist ein berberisches Wort, das "Kanal" oder "Flusslauf" bedeutet und in etwa dem arabischen Wort "Wadi" entspricht). Die verbreitete arabische Volksetymologie: Tawariq sing.: Tarqi "von Gott Verstoßene" ist sicher falsch. Die Tuareg bezeichnen sich überhaupt nicht als Tuareg, sondern Kel Tamasheq/Kel Tamajaq (Tamasheq-Sprecher), Kel Tagelmust (Schleiermänner) oder Imuhaq/Imuschaq ("die Freien"). Sie werden auch Das blaue Volk genannt, da sie ihre Kleidung mit Indigo blau färben.

[Bearbeiten] Geschichte

Die Tuareg oder "Imouher" stammen von den Berbern ab. Sie sollen Nachkommen der Garamanten sein, die im 7. Jahrhundert von den Muslimen aus dem Fessan vertrieben wurden. Sie breiteten sich zunächst in der zentralen Sahara aus, wobei sie das Wüstenvolk der Tubbu in das Tibestigebirge abdrängten. Nach dem Untergang des Songhaireichs im 16. Jahrhundert drangen die Tuareg zunehmend auch in die Sahelzone ein und errangen in der Folgezeit u.a.die Kontrolle über Timbuktu.

Im 19. Jahrhundert leisteten sie der französischen Kolonialmacht lange Zeit heftigen Widerstand. Erst 1917 kam es zu einem Friedensvertrag mit Frankreich. Mit dem Ende der französischen Kolonialmacht in Westafrika wurde das Siedlungsgebiet der Tuareg zwischen den Staaten Mali, Niger und Algerien aufgeteilt, wobei kleinere Gruppen der Tuareg auch in Libyen und Burkina Faso leben. 1990-1995 kam es zu Aufständen der Tuareg in Mali und Niger aufgrund der Unterdrückung und Ausgrenzung durch die jeweiligen Regierungen. Ein Führer des Tuareg-Aufstandes war Mano Dayak.

Als Nomadenvolk, das in mehrere Konföderationen unterteilt ist, besitzen die Tuareg keine Hauptstadt. Am ehesten kann man noch Agadez im Niger mit dem Sitz des Sultans von Air als einen zentralen Ort bezeichnen. Für die nördlichen Tuareg (Kel Adscher und Kel Ahaggar) spielte die südalgerische Oase Djanet in früheren Zeiten eine ähnliche Rolle, weil hier der Clan der Imanan residierte, der eine Art geistlicher und politischer Oberhoheit ausübte und sich vom Propheten Mohammed ableitet, obwohl diese Herleitung völlig fiktiv ist. Der heutige Hauptort des Ahaggar-Gebirges, Tamanrasset, entstand erst nach 1900, als sich der französische Missionar Charles de Foucauld in der Gegend niederließ. Erst nach der endgültigen Eroberung des Gebirges durch die französischen Kolonialtruppen wuchs der Ort und wurde zum offiziellen Sitz des Amenokal (Königs) der Kel Ahaggar.

[Bearbeiten] Kultur und Religion

Junge Targia in Süd-Algerien, Hoggar-Gebirge
Junge Targia in Süd-Algerien, Hoggar-Gebirge

Die Kultur der Tuareg wurde erstmals im 19. Jahrhundert von den Afrikaforschern Heinrich Barth und Henri Duveyrier erforscht und ausführlich beschrieben.

Die Tuareg sind mehrheitlich Muslime und nomadische Viehzüchter, daneben gibt es traditionell noch Schmiede, Kamelzüchter und Karawanenführer. Ihre Gesellschaft ist hierarchisch aufgebaut. An der Spitze der einzelnen Stammeskonföderationen steht eine Art König, der Amenokal, dessen Macht allerdings sehr gering ist. Es gibt Adlige (Ihaggeren oder Imajjeren) und Vasallen (Imghad oder Imrhad), früher auch Sklaven (Iklan: vor 1900 oft schwarzafrikanische Gefangene, im Gegensatz zu den hellhäutigen Tuareg). Wenig politische Macht, aber hohes Ansehen genossen die Korangelehrten (Inislimen - wörtl.: Männer des Islam). Die Schmiede (Inaden oder Ikanawen) sind für die Tuareg von großer Bedeutung, sie stehen aber außerhalb der Gesellschaft und wurden in früheren Zeiten wegen ihrer scheinbar magischen Fähigkeiten sogar gefürchtet. Allerdings löst sich diese traditionelle Gesellschaftsaufteilung zunehmend auf.

Die bevorzugte Farbe der Männerbekleidung ist Blau. Bei den Tuareg tragen die Männer einen Gesichtsschleier (Tagelmust), was im Gegensatz zur sonst üblichen islamischen Tradition steht. Es geht darum, den Mund zu verdecken, da Körperöffnungen als unrein gelten. Zur traditionellen Männertracht gehörte, zumindest an hohen Festtagen, auch eine hohe Mütze aus rotem Filz, die als "Tukumbut" bezeichnet wurde (s. Bild). Das Gesicht der Frauen ist wie bei den Berbern unbedeckt, sie tragen aber ein Tuch, mit dem sie den Mund in Anwesenheit ranghoher Männer (z. B. des Schwiegervaters) verdecken, vor allem aber gegenüber der Schwiegermutter.

Targi aus der Gegend von Timbuktu in Festtagstracht mit roter Mütze unter dem Turban und Silberamuletten(um 1890)
Targi aus der Gegend von Timbuktu in Festtagstracht mit roter Mütze unter dem Turban und Silberamuletten(um 1890)

Die verlorene oder versunkene Oase Gewas ist in der Tuareg-Kultur ein wichtiges Symbol. Sie steht bei ihnen für die Sehnsucht nach einer vollkommenen, paradiesischen Welt voller Reichtümer und Überfluss. Dieser imaginäre Gegenentwurf zur unbarmherzigen und kargen Wirklichkeit der Wüste dient ihnen als eine Art Trost. In der Vorstellung der Tuareg kann nur derjenige diesen legendären Ort wirklich finden, der im Grunde nicht bewusst und gezielt nach ihm sucht.[1]

Die Tuareg besitzen mit dem Tifinagh auch ein eigenes Schriftsystem. Die Schrift wird den Kindern von den Müttern bzw. Frauen gelehrt.

[Bearbeiten] Siehe auch

indigene Völker

[Bearbeiten] Quellen

  1. http://www.pegasosfilm.de/pdf/083ph.pdf Ässhäk - Geschichten aus der Sahara. Ein Film von Ulrike Koch, Presseheft, S. 11

[Bearbeiten] Literatur

  • Dominique Casajus: Gens de parole. Langage, poésie et politique en pays touareg, Paris : La Découverte, 2000.
  • Hélène Claudot-Hawad: Touaregs. Apprivoiser le désert, Paris : Gallimard, 2002. (Collection Découvertes Gallimard; Cultures et société; n° 418).
  • Mano Dayak: Tuareg. Il popolo del deserto, Bologna, Editrice Missionaria Italiana, 2006 ISBN 88-307-1527-1.
  • Henri Duveyrier, L'exploration du Sahara. Les Touaregs du Nord. Paris 1864.
  • Herbert Kaufmann, Wirtschafts- und Sozialstruktur der Iforas-Tuareg, Köln 1964 (Phil. Diss.)
  • Jeremy Keenan: The Tuareg. People of Ahaggar, London, Allan Lane, 1977.
  • Peter Kremer u. Cornelius Trebbin, Tuareg - Herren der Wüste. (Beiheft zur Ausstellung der Heinrich-Barth Gesellschaft) Köln - Düsseldorf 1988.
  • Klute, Georg 1995: Hostilités et alliances. Archéologie de la dissidence des Touaregs au Mali, in: Cahiers d’Etudes africaines, 137, Vol. 35, no. 1, 55-71.
  • Klute, Georg / von Trotha, Trutz 2000: Wege zum Frieden. Vom Kleinkrieg zum parastaatlichen Frieden im Norden von Mali, in: Sociologus, no. 50, 1-36.
  • Lecocq, Baz 2004 : Unemployed Intellectuals in the Sahara : The Teshumara Nationalist Movement and the Revolutions in Tuareg Society, in: International Review of Social History, 49, 87-109.
  • Henri Lhote, Les Touaregs du Hoggar. Paris 1955 (zweibändige Neuauflage 1984 u. 1986).
  • Johannes Nicolaisen, Economy and Culture of the Pastoral Tuareg. Kopenhagen 1963 (wichtige Studie auf strukturalistischer Basis).
  • Paul Pandolfi: Les Touaregs de l’Ahaggar. Sahara algérien, Paris, Karthala, 1998.
  • Klaus Schlichte: "Krieg und Vergesellschaftung in Afrika", Münster, Lit, 1996.
  • Gerd Spittler: Handeln in einer Hungerkrise. Tuaregnomaden und die grosse Dürre von 1984, Opladen, Westdeutscher Verlag, 1989.
  • Gerd Spittler: Dürren, Krieg und Hungerkrisen bei den Kel Ewey (1900-1985), Stuttgart, Franz Steiner, 1989.
  • Gerhard Göttler: Die Tuareg, Köln, DuMont-Verlag, 1989

Belletristik

[Bearbeiten] Weblinks

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