Hans G Helms
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Hans G Helms (* 8. Juni 1932 in Teterow; vollständiger Name: Hans Günter Helms; der Namensträger setzt keinen Punkt hinter die Abkürzung des zweiten Vornamens) ist ein deutscher experimenteller Schriftsteller, Komponist, Gesellschaft- und Wirtschaftsanalytiker/-kritiker.
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[Bearbeiten] Leben
Hans G Helms stammt aus einer jüdischen Familie, die dem Holocaust durch gefälschte Papiere entkommen konnte. Kindheit und Jugend verbrachte er in Teterow und Berlin. Seinen ersten Musikunterricht, Klavierspiel und Theorie, erhielt er als Jugendlicher von einer weißrussischen Migrantin. Noch während des Nationalsozialismus lernte er durch das heimliche Hören von "Feindsendern" Swing und Jazz kennen.
In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Helms Tenorsaxophon-Unterricht bei einem Angehörigen der US-Armee und trat 1950–52 in Schweden als Jazzmusiker auf. Dabei spielte er u. a. mit Charlie Parker und Gene Krupa, 1953 in Wien auch mit Hans Kollar. Neben der Beschäftigung mit Neuer Musik (Charles Ives, Henry Cowell, Alban Berg und die Zweite Wiener Schule) arbeitete Helms beim Wiener Sender "Rot-Weiß-Rot" und schuf u. a. mit Ingeborg Bachmann das Sendeformat Jazz & Lyrik.
In Göttingen, wo er ab 1953 lebte, machte Helms zunächst die Bekanntschaft mit dem Philosophen und Soziologen Helmuth Plessner, später mit Theodor W. Adorno. Beiden war er seitdem freundschaftlich verbunden; seine gesellschafts- und kulturkritischen Arbeiten wurden durch die Frankfurter Schule und die Kritische Theorie maßgeblich beeinflusst. Als wichtigsten Lehrer bezeichnet Helms den marxistischen Wirtschaftswissenschaftler Jürgen Kuczynski.
1955 begann Helms autodidaktisch zu komponieren. Ab 1957 ließ er sich in Köln nieder. Hier wirkte er zusammen mit dem Komponisten Gottfried Michael Koenig am Aufbau des Studios für Elektronische Musik am WDR. Er führte mit dem Physiker und Kommunikationsforscher Werner Meyer-Eppler, der damals auch Herbert Eimert und Karlheinz Stockhausen beriet, phonetische Experimente durch, Sprach- und Klanganalysen sowie linguistische und kybernetische Studien.
Zu Stockhausen, Pierre Boulez und John Cage ergaben sich durch die Donaueschinger Musiktage und die Darmstädter Ferienkurse Verbindungen, insbesondere versuchte Helms, Cages Musik durch Radiofeatures und Schriften bekannt zu machen. In Helms’ Wohnung bildete sich ein Zirkel, dem neben Koenig auch Mauricio Kagel und der Musikwissenschaftler Heinz-Klaus Metzger angehörte; im Mittelpunkt stand die Beschäftigung mit James Joyces Finnegans Wake. Daraus entstanden zwei Sprach-Musik-Kompositionen Helms', Fa:m’ Ahniesgwow und daidalos, letzteres als Teamwork mit Hans Otte. Es folgten GOLEM und KONSTRUKTIONEN.
Danach stellte er das Komponieren ein, um Musiksendungen und Filme zu produzieren, da er Funk und Fernsehen als wirkungsvollere Medien ansah, um gesellschaftskritische Inhalte zu transportieren. Ein sozialwissenschaftliches Studium an der Universität Bremen schloss Helms 1974 mit der Promotion ab. Neben Reisen in europäische und nordafrikanische Ländern hatte er 1976–78 Gastprofessuren an der University of Illinois inne. 1978 siedelte er in die USA über, von 1982 ab lebte er in New York.
Hier beschäftigte sich Helms mit den Auswirkungen der Computer- und Telekommunikationsentwicklung auf die Arbeitswelt, mit Kapitalismus- und Globalisierungskritik sowie den sozialen Folgen des modernen Städtebaus. Dabei setzte er vorwiegend auf Feldforschung und Interviews. Die Ergebnisse publizierte er in politischen und wissenschaftlichen, Musik- und Literaturzeitschriften, Gewerkschaftsorganen und Tageszeitungen und erarbeitete für mehrere ARD-Sender Funk- und Fernsehproduktionen.
2003 kehrte Helms nach Deutschland zurück und lebt in Berlin. Er setzt seine Studien fort mit Arbeiten über die Entwicklungsgeschichte der Juden in Osteuropa und setzt sich kritisch auseinander mit den Arbeitsbedingungen zeitgenössischer Komponisten, die Elektronik und Computer benutzen.
[Bearbeiten] Werke
[Bearbeiten] Musik
- Fa:m’ Ahniesgwow. Experimentelle Literatur/Sprach-Komposition/Hörspiel, DuMont-Schauberg, Köln 1959/60
- daidalos. Komposition in sieben Szenen für vier Vokalsolisten, Instrumentalensemble und Dirigenten. 1961
- GOLEM. Polemik für neun Sänger. 1962
- KONSTRUKTIONEN über das Kommunistische Manifest für 16 Sänger. 1968
- Fa:m’ Ahniesgwow. Rundfunkfassung 1979
[Bearbeiten] Literatur (Auswahl)
- Zu John Cages Vorlesung “Unbestimmtheit”. In: Die Reihe V, 1959
- Über die gesellschaftliche Funktion der Kritik. In: Kritik – von wem/für wen/wie, München 1959
- Die Ideologie der anonymen Gesellschaft: Max Stirners "Einziger" und der Fortschritt des demokratischen Selbstbewußtseins vom Vormärz bis zur Bundesrepublik. DuMont Schauberg, Köln 1966
- Voraussetzungen eines neuen Musiktheaters. In: Musik auf der Flucht vor sich selbst, München 1969
- Fetisch Revolution. Marxismus und Bundesrepublik. Sammlung Luchterhand, Neuwied 1969
- Ökonomische Bedingungen der musikalischen Produktion. Protokolle 73/1, 1973
- Festivals für neue Musik. In: Studien zur Wertungsforschung VI, 1973
- John Cage – Gedanken eines progressiven Musikers über die beschädigte Gesellschaft. Protokolle 74/1, 1978
- Zu den ökonomischen Bedingungen der neuen Musik. In: Verwaltete Musik (Hrsg: Ulrich Dibelius), Tokyo 1980
- Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit. Aufsatzsammlung, Band 111 aus der Reihe Musik-Konzepte, edtion text + kritik, München 2001, ISBN 3883776599
- Herausgeber und Mitautor folgender Bände:
- Kapitalistischer Städtebau. (mit Joern Janssen) Luchterhand, 1970
- Die Stadt als Gabentisch: Beobachtungen der aktuellen Städtebauentwicklung. Reclam-Verlag, Leipzig 1992, ISBN 3379007323
[Bearbeiten] Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Helms, Hans G |
ALTERNATIVNAMEN | Hans Günter Helms |
KURZBESCHREIBUNG | Experimenteller Schriftsteller, Komponist, Gesellschaft- und Wirtschaftsanalytiker/-kritiker |
GEBURTSDATUM | 8. Juni 1932 |
GEBURTSORT | Teterow |