Kurt Freiherr von Schröder
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Kurt Freiherr von Schröder (* 24. November 1889 in Hamburg; † 4. November 1966 in Hamburg) war deutscher Großbankier und SS-Brigadeführer.
Der Sohn einer Bankiersfamilie und Ehemann einer Cousine von Karl-Eduard von Schnitzler studierte 1908 Jura in Bonn. Während seines Studiums wurde er Mitglied des Corps Borussia Bonn. Nach Abbruch des Studiums wurde von 1909 bis 1919 Berufsoffizier. Von Anfang 1918 bis Anfang 1919 diente er als Hauptmann im Großen Generalstab.
Er wurde durch seine Heirat mit Ottilie Marie Edith von Schnitzler (1913) von 1921 bis 1945 Teilhaber des Kölner Bankhauses J.H. Stein, das bereits 1919 unter seiner maßgeblichen Beteiligung ein Zentrum der rheinischen Separatisten geworden war; eine Konferenz von Industriellen und Bankiers in diesem Hause wählte ihn in den Wirtschaftsausschuss zur Vorbereitung eines Separatstaates.
Ab 1928 wurde er politisch aktiv und schloss sich der Deutschen Volkspartei an. Er gehörte zu der Gruppe von Industriellen, Bankiers und Landwirten, die im November 1932 eine Eingabe an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg richteten, in der gefordert wurde, dass Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt werden sollte.
Er gehörte auch zum Studienkreis für Wirtschaftsfragen (Keppler-Kreis), der später zum Freundeskreis Reichsführer-SS wurde. Er verwaltete das Sonderkonto S seines Bankhauses, auf dem die Mitglieder des Freundeskreises jährlich 1 Million Reichsmark für Sonderaufgaben von Heinrich Himmler einzahlten. Mit Wilhelm Keppler organisierte er am 4. Januar 1933 eine Geheimbesprechung in seinem Kölner Bankhaus, in der Hitler und Franz von Papen Vorbereitungen für eine Regierungsübernahme vereinbarten. Hitler wurde zu diesem Treffen von Wilhelm Keppler, Heinrich Himmler und Rudolf Heß begleitet.
Bei dieser Zusammenkunft einigten sich Hitler und von Papen darauf, die Regierung Kurt von Schleicher zu stürzen und gemeinsam eine Rechtskoaltion Hitler-Hugenberg-Papen zu bilden. Im Februar 1933 trat von Schröder in die NSDAP (Mitglied Nr. 1.475.919) ein und spendete der NSDAP im Laufe der Zeit Millionenbeträge in Reichsmark. Im Mai 1933 wurde er Präsident der Industrie- und Handelskammer in Köln, Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelstages und Vorsitzender der Außenhandelsstelle für das Rheinland.
1934 wurde er zum Leiter der Privatbanken in der Reichsgruppe Banken ernannt. 1935 wurde er Leiter der Wirtschaftkammer Rheinland und ab Mai 1942 Präsident der Gauwirtschaftskammer Köln-Aachen. In der Zeit von 1933 bis 1945 verdoppelte er die Zahl seiner Aufsichtsratsposten auf über 30. Dazu gehörten folgende Firmen:
- Felten & Guilleaume Carlswerk AG, Köln-Mülheim
- August Thyssen-Hütte AG
- Braunkohle-Benzin AG, Berlin (Brabag)
- Mitropa Mitteleuropäische Schlaf- und Speisewagen AG, Berlin
- Deutsche Verkehrs-Kredit-Bank, Berlin
- Rheinische Zellwoll AG, Siegburg
- Adlerwerke AG, Frankfurt am Main
- Rheinische AG für Braunkohlenbergbau und Brikettfrabikation, Köln
- Boswau & Knauer AG, Berlin
- Colonia Kölnische Versicherungs AG, Köln
- Concordia Lebensversicherungs AG, Köln
- Dynamit AG, Troisdorf
- Gemeinnützige AG für Wohnungsbau, Köln
- Guano-Werke AG, Hamburg
- Harpener Bergbau AG, Dortmund
- Kölnische Rückversicherungs-Gesellschaft, Köln
- C. Lorenz AG, Berlin
- Mitteldeutsche Stahlwerke AG, Riesa
- Mix & Genest AG, Berlin
- Rheinisch-Westfälische Industriebeteiligungs AG, Mülheim / Ruhr
- Standard Elektrizitätswerke AG, Berlin
- Union Rheinische Braunkohlenkraftstoff AG, Köln
- Vereinigte Glanzstoff-Fabrik AG, Wuppertal-Barmen
Am 13. September 1936 trat er in die SS ein (Nr. 276.904) und wurde am 20. April 1943 zum SS-Brigadeführer befördert. Seit dem 9. November 1944 gehörte er zum Stab Reichsführer-SS.
Weiterhin war er Mitglied der Akademie für Deutsches Recht, des Reichsverkehrsrats und der Beiräte der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Reichspost und Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs wurde er in einem französischen Kriegsgefangenenlager entdeckt, wo er die Uniform eines SS-Gefreiten trug. Von den Briten wurde er am 12. November 1947 von einem Bielefelder Spruchgericht zu drei Monaten Haft wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und einem geringen Bußgeld verurteilt. Da die Anklagebehörde in die Berufung ging, wurde das Bußgeld 1948 auf 500.000 Reichsmark erhöht.
Doch nach der Währungsreform und einer weiteren Berufung seitens seiner Verteidigung 1950 blieb nur noch ein geringer Rest zu zahlen. Seine letzten Jahre verbrachte er in Hohenstein bei Eckernförde.
[Bearbeiten] Dokumentation
Eidesstattliche Erklärung des Freiherrn Kurt von Schröder, Köln, 21. Juli 1947
- Ich, Kurt Freiherr von Schröder, nachdem ich darauf aufmerksam gemacht worden bin, daß ich mich wegen falscher Aussage strafbar mache, stelle hiermit unter Eid freiwillig und ohne Zwang folgendes fest:
- ....
- Am 4. Januar 1933 trafen Hitler, von Papen, Heß, Himmler und Keppler in meinem Hause in Köln ein. Hitler, von Papen und ich begaben uns in mein Arbeitszimmer, wo eine zwei Stunden dauernde Besprechung stattfand. Heß, Himmler und Keppler nahmen an der Besprechung nicht teil, hielten sich aber im Nebenzimmer auf. Keppler, der behilflich gewesen war, diese Zusammenkunft zu arrangieren, kam von Berlin; von Papen kam allein von seinem Hause an der Saar; und Hitler brachte Himmler und Heß mit sich, da sie zu einer Wahlveranstaltung in Lippe unterwegs waren.
- Die Verhandlungen fanden ausschließlich zwischen Hitler und Papen statt, ich nahm keinen Aneil daran. Die Besprechung begann ungefähr 11.30 Uhr morgens und der erste Punkt, der von Hitler zur Sprache gebracht wurde, war die Frage, warum es notwendig gewesen wäre, die zwei Nazis, die den Kommunisten in Schlesien umgebracht hatten, zu bestrafen...
- Weiterhin führte Papen aus, dass er es für das Beste halte, eine Regierung zu formen, bei der die konservativen und nationalen Elemente, die ihn unterstützt hatten, zusammen mit den Nazis vertreten seien. Er schlug vor, daß diese neue Regierung womöglich von Hitler und Papen zusammen geführt werden sollte.
- Daraufhin hielt Hitler eine lange Rede, in der er sagte, wenn er zum Kanzler ernannt werden würde, Anhänger von Papens als Minister in seiner, Hitlers, Regierung teilnehmen können, sofern sie gewillt wären, seine Politik, die viele Änderungen bestehender Zustände verfolge, zu unterstützen. Er skizzierte diese Änderungen, einschließlich der Entfernung aller Sozialdemokraten, Kommunisten und Juden von führenden Stellungen in Deutschland und der Wiederherstellung der Ordnung im öffentlichen Leben. Von Papen und Hitler erzielten eine prinzipielle Einigung, durch welche viele der Punkte, die den Konflikt verursachten, beseitigt werden konnten und eine Möglichkeit der Zusammenarbeit gegeben war. Es wurde vereinbart, dass weitere Einzelheiten noch zu bearbeiten seien...
- Diese Zusammenkunft zwischen Hitler und Papen am 4. Januar 1933 in meinem Hause in Köln wurde von mir arrangiert, nachdem Papen mich ungefähr am 10. Dezember 1932 darum ersucht hatte. Bevor ich diesen Schritt unternahm, besprach ich mich mit einer Anzahl von Herrn der Wirtschaft und informierte mich allgemein, wie sich die Wirtschaft zu einer Zusammenarbeit der beiden stellte. Die allgemeinen Bestrebungen der Männer der Wirtschaft gingen dahin, einen starken Führer in Deutschland an die Macht kommen zu sehen, der eine Regierung bilden würde, die lange Zeit an der Macht bleiben würde.
- Als die NSDAP am 6. November 1932 ihren ersten Rückschlag erlitt und somit also ihren Höhepunkt überschritten hatte, wurde eine Unterstützung durch die deutsche Wirtschaft besonders dringend. Ein gemeinsames Interesse der Wirtschaft bestand in der Angst vor dem Bolschewismus und der Hoffnung, daß die Nationalsozialisten - einmal an der Macht - eine beständige politische und wirtschaftliche Grundlage in Deutschland herstellen würden. Ein weiteres gemeinsames Interesse war der Wunsch, Hitlers wirtschaftliches Programm in die Tat umzusetzen, wobei ein wesentlicher Punkt darin lag, daß die Wirtschaft sich selbst lenken sollte zur Lösung der von der politischen Führung gestellter Probleme.
- Zur praktischen Durchführung dieses Programmpunktes erwartete man, wie es ja später auch geschah, daß die gesamte Wirtschaft auf einer neuen Basis organisiert werden würde... Weiterhin erwartete man, dass eine wirtschaftliche Konjunktur durch die Vergabe von größeren Staatsaufträgen werden würde. In diesem Zusammenhang sind zu erwähnen: eine von Hitler projektierte Erhöhung der deutschen Wehrmacht von 100.000 auf 300.000 Mann, das Bauen von Reichsautobahnen... Aufträge zur Verbesserung des Verkehrswesens, insbesondere der Reichsbahn und Förderung solcher Industrien, wie Automobil- und Flugzeugbau und der damit verbundenen Industrien.
- Es war allgemein bekannt, daß einer der wichtigsten Programmpunkte Hitlers die Abschaffung des Vertrages von Versailles darstellte und die Wiederherstellung eines sowohl in militärischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht starken Deutschlands... Das wirtschaftliche Programm Hitlers war der Wirtschaft allgemein bekannt und wurde von ihr begrüßt.
Quelle: Hauptarchiv Berlin-Dahlem (HAB) 335, 10, Nr. 173, Beweis-Dokument NI 7990 (wieder in: Czichon, Wer verhalf Hitler zur Macht, S. 77-79)
Personendaten | |
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NAME | Schröder, Kurt Freiherr von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Großbankier und SS-Brigadeführer |
GEBURTSDATUM | 24. November 1889 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 4. November 1966 |
STERBEORT | Hamburg |