Norwegische Sprache
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Norwegisch (norsk) |
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Gesprochen in | Norwegen | |
Sprecher | 5 Millionen | |
Linguistische Klassifikation |
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Offizieller Status | ||
Amtssprache in | Norwegen | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1: | no | |
ISO 639-2: | nor |
Die norwegische Sprache (Eigenbezeichnung: norsk, sprich: [norsk] bzw. [noʃk]) gehört zum nordgermanischen Zweig der indogermanischen Sprachen. Sie wird von etwa 5 Millionen Norwegern als Muttersprache gesprochen, von denen der größte Teil in Norwegen lebt, wo die norwegische Sprache Amtssprache ist.
Norwegisch wurde in vier Formen standardisiert, wovon heute zwei offiziellen Status haben:
- Bokmål (wörtl.: Buchsprache)
- Nynorsk (wörtl.: Neunorwegisch)
- Riksmål (wörtl.: Reichssprache; sehr konservatives, stärker am Dänischen orientiertes Bokmål, ohne offiziellen Status)
- Høgnorsk (wörtl.: Hochnorwegisch; sehr konservatives, stärker an der ursprünglichen aasenschen Standardisierung orientiertes Nynorsk, ohne offiziellen Status)
Bokmål/Riksmål, oft in fehlerhafter Vereinfachung Norsk („Norwegisch“) genannt, wird von rund 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung geschrieben und ist linguistisch gesehen keine ursprüngliche Einzelsprache, sondern ein teilweise norwegisiertes Dänisch und somit eine Tochtersprache desselben. Das Riksmål ist eine nicht-offizielle Variante, die dem moderaten Bokmål ähnlich ist. Es ist der dänisch-norwegischen literarischen Tradition verpflichtet und daher zum Teil weniger „norwegisiert“.
Nynorsk hingegen hat einige Gemeinsamkeiten mit den westskandinavischen Sprachen Färöisch und Isländisch. Trotz der Vorsilbe Ny- (für „Neu“) ist Nynorsk („Neu-Norwegisch“) nicht die jüngere, sondern die ältere der offiziellen norwegischen Sprachvarianten. Die Variante Høgnorsk schließlich wird nur in sehr kleinen Kreisen gepflegt.
Beide Varianten haben im Weiteren jeweils Elemente, die sie mit dem Schwedischen teilen. Norweger, Dänen und Schweden verstehen sich gegenseitig relativ gut, wobei Norweger beide Völker sprachlich besser verstehen als diese sich untereinander. Auch haben Norweger bessere Voraussetzungen, Färöisch oder Isländisch zu erlernen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
In Norwegen gab es immer eine Vielzahl verschiedener Dialekte. Wegen der komplizierten Topographie mit vielen Gebirgen und Tälern und schlechten Verkehrswegen über Land konnten sich die Dialekte sehr unterschiedlich voneinander entwickeln, auch wenn die Abstände zwischen zwei Orten oft nur relativ gering waren.
Aus diesem Grunde, aber auch wegen der dänischen Vorherrschaft mit Dänisch als Amtssprache über Jahrhunderte hinweg, konnte sich nie eine einheitliche Aussprache etablieren, die dem Hochdeutschen vergleichbar wäre. Das macht heutzutage in Norwegen die Verständigung nicht unbedingt einfacher, gibt dem Norwegisch Lernenden aber auch eine gewisse Freiheit im Erlernen der korrekten Aussprache, da das norwegische Ohr gewisse Schwankungsbreiten gewöhnt ist. Was die norwegische Schriftsprache betrifft, so muss von zwei norwegischen Sprachen gesprochen werden.
Der Ursprung der norwegischen Sprache liegt im Altnordischen, das dem Isländischen sehr ähnlich ist. In der Hansezeit war Mittelniederdeutsch (Plattdeutsch) die Verkehrssprache des Nordens. Viele niederdeutsche Wörter wurden als Fremdwörter und Lehnwörter integriert. Von 1380 bis 1814 war Norwegen mit Dänemark vereinigt (dänisch-norwegische Personalunion), anfangs noch als Personalunion, später als Realunion. Während dieser Zeit wurde die alte norwegische Schriftsprache immer schwächer und 1450 offiziell durch das Dänische ersetzt.
Die ursprünglichen Dialekte wurden aber auf dem Lande weiterhin gesprochen. Nach der Trennung von Dänemark 1814 entstand im Laufe des 19. Jahrhunderts wie in anderen jungen Staaten Europas eine national-romantische Welle, die hauptsächlich an die norwegische Vergangenheit des Mittelalters (also vor der Vereinigung mit Dänemark) anknüpfen wollte. Dies betraf auch die Sprache: Die Anhänger dieser Bewegung forderten, dass zum Zeichen der Emanzipation Norwegens die ursprüngliche norwegische Sprache des Mittelalters wieder zum Leben erweckt werden solle.
Schließlich wurde in den 1850er Jahren von dem Dichter und Sprachwissenschaftler Ivar Aasen das Landsmål entwickelt, das seit 1929 offiziell Nynorsk heißt. Seit 1885 ist Landsmål/Nynorsk eine offiziell anerkannte Schriftsprache. Die Grundlage für diese neue Sprache bildeten vor allem die west- und innernorwegischen Dialekte, die am altertümlichsten sind. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde Nynorsk im Rahmen mehrerer Reformen verstärkt auch dem Ostnorwegischen angepasst. Von einer Plansprache unterscheidet sich Nynorsk durch seine Verankerung in engverwandten, lebendigen Dialekten.
Der Gymnasiallehrer Knud Knudsen trat zur gleichen Zeit für eine durchgreifende Sprachreform auf der Grundlage einer von ihm angenommenen „Umgangssprache der Gebildeten“. Seine Reformvorschläge wurden in der Rechtschreibreform von 1862 weitestgehend vom Parlament übernommen und bildeten die Grundlage des Riksmål, das 1929 vom Parlament in Bokmål umgetauft wurde und sich später auf Grund von Kontroversen über die Normierung in Bokmål und Riksmål mit je eigenen Normen und Traditionen aufteilte.
So manifestierte sich die norwegische Sprache in zwei Varietäten:
Seit 1929 heißt Riksmål offiziell Bokmål, und Landsmål wird als Nynorsk bezeichnet.
Die sogenannte Samnorsk-Bewegung beansprucht weiterhin den Namen Samnorsk für eine inoffizielle, gemein-norwegische Sprachform.
Aufgrund des erstarkten Nationalbewusstseins konnte Nynorsk bis 1944 immer mehr Anhänger gewinnen und hatte seinerzeit knapp ein Drittel der Norweger auf seiner Seite. Inzwischen ist deren Anteil bevölkerungsmäßig auf etwa 10–15 Prozent geschrumpft. Dies hat mehrere Gründe: In den urbanen Gebieten, also vor allem in der Region Oslo, wird Nynorsk als befremdlich empfunden. Das städtische Bürgertum hat das auf ländlichen Mundarten basierende Nynorsk ohnehin stets abgelehnt. Folglich fehlt dem Nynorsk bis heute eine wirkliche Verankerung in den wirtschaftlichen und politischen Zentren. Zum anderen wird von manchen Landbewohnern besonders Ostnorwegens Nynorsk eher als Kunstprodukt angesehen, da es eben nur so etwas wie ein kleinster gemeinsamer Nenner der Dialekte ist. Und schließlich ist die Grammatik des Nynorsk schwieriger als die des Bokmål. Trotzdem muss gesagt werden, dass dennoch die meisten norwegischen Dialekte dem Nynorsk näher stehen als dem Bokmål, das einige dem autochthonen Norwegisch ganz fremde phonologische, morphologische und sonstige grammatische Züge aufweist.
Es wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts mehrere Rechtschreibreformen durchgeführt mit dem Versuch, beide Schriftsprachen einander anzunähern. So wurde in der Reform von 1917 auf Druck der Nynorsk-Bewegung eine Reihe spezifisch „norwegischer“ Ausdrücke propagiert, die traditionelle dänische Begriffe ersetzen sollten. Da dies nicht in dem Maße geschah, wie man es sich vorgestellt hatte, wurde 1938 eine weitere Reform verabschiedet: Zahlreiche traditionelle dänische Elemente durften nicht mehr gebraucht werden. Diese Sprache wurde aber kaum angenommen. Es kam zu großen Streitigkeiten, Eltern korrigierten beispielsweise die Schulbücher ihrer Kinder, weil der Konflikt sehr stark von Gefühlen geprägt war und auch nach wie vor ist. Gleichzeitig wurde auch Nynorsk verstärkt sprachgeschichtlich jüngeren Formen geöffnet. 1959 und 1981 fanden weitere Reformen statt, deren letztere auch wieder eine Reihe traditionell dänischer Formen zuließ. Ergebnis ist die Existenz von „moderaten“ und „radikalen“ Formen in der Rechtschreibnorm, zwischen denen man wählen kann, wobei beide Sprachen offiziell unterrichtet werden.
[Bearbeiten] Rechtliche Verhältnisse und Verbreitung der Sprachformen
Seitens des Staates sind beide Sprachformen offiziell anerkannt. Gemäß Sprachengesetz darf keine staatliche Behörde eine der beiden zu mehr als 75 % gebrauchen, was in der Praxis allerdings - zuungunsten von Nynorsk - oft nicht befolgt wird. Die Behörden des Staates und der Fylke (Regierungsbezirke) müssen Anfragen in der gleichen Sprachform beantwortet werden, in der sie gestellt werden. Auf der Ebene der Gemeinden (Kommunen) darf die Behörde in derjenigen Sprachform antworten, die sie für ihr Territorium als amtlich erklärt hat.
Nynorsk ist Amtssprache von 27 % der Gemeinden, in denen insgesamt 12 % der Gesamtbevölkerung leben; die übrigen Gemeinden haben rund je hälftig Bokmål als Amtssprache oder aber sind sog. "sprachneutral" (was faktisch zumeist mit Bokmål-Gebrauch gleichzusetzen ist). Auf der Ebene der Schulkreise und Kirchengemeinden geht der amtliche Gebrauch des Nynorsk etwas über dieses Gebiet hinaus; so haben auf Grundschulstufe 15 % aller Schüler und Schülerinnen Nynorsk als Schulsprache, und in 31 % der Kirchengemeinden sind Liturgie und Predigt auf Nynorsk. Geographisch gesehen ist Nynorsk offizielle Sprachform in den meisten Gemeinden des fjordreichen Westnorwegens (ohne die Städte und stadtnahen Gemeinden) sowie in den geographisch anschließenden zentralen Gebirgstälern Ostnorwegens (Hallingdal, Valdres, Gudbrandsdal) und Südnorwegens (Setesdal, Vest-Telemark). Überdies ist Nynorsk Amtssprache von drei Fylke, nämlich Hordaland, Sogn og Fjordane und Møre og Romsdal, Bokmål ist Amtssprache in zwei Fylke, nämlich Vestfold und Østfold; die andern vierzehn Fylke sind "sprachneutral". Von diesen sprachneutralen Fylke weisen Oppland, Telemark und Rogaland allerdings einen relativ großen Anteil an Nynorsk-Gemeinden auf.
Das Sprachabkommen im Nordischen Rat garantiert zudem, dass Dänisch und Schwedisch im offiziellen Schriftverkehr erlaubt sind. Das gilt gegenseitig.
[Bearbeiten] Modernes Norwegisch
[Bearbeiten] Bokmål und Nynorsk
Ein Beispiel für den Unterschied zwischen Bokmål und Nynorsk:
B: Jeg kommer fra Norge. (wie im Dänischen: Jeg kommer fra Norge)
N: Eg kjem frå Noreg.
D: Ich komme aus Norwegen.
B: Hva heter du? (dänisch: Hvad hedder du?, wobei das d in hvad kaum hörbar ist)
N: Kva heiter du?
D: Wie heißt du?
[Bearbeiten] Riksmål
Gegner der Sprachreformen, die Bokmål näher an Nynorsk bringen sollten, benutzen für die von ihnen gepflegte Sprachform den Namen Riksmål weiter. Typisch ist hierfür etwa die Verwendung einiger dänischer Zahlwörter, von Wortformen wie efter statt etter oder sne statt snø, die Vermeidung des femininen Genus (z. B. boken statt boka, 'das Buch') und die Vermeidung von Diphthongen (z. B. sten statt stein, 'Stein'). Faktisch haben sich einerseits durch die Wiederzulassung vieler danonorwegischer Formen im Bokmål, anderseits durch die Aufnahme zahlreicher Elemente aus dem Bokmål ins Riksmål diese beiden Varianten in den letzten dreißig Jahren einander stark angenähert.
[Bearbeiten] Høgnorsk
Das sog. Høgnorsk (etwa Hochnorwegisch) ist eine inoffizielle Variante des Nynorsk, eine Sprachform, die dem originalen Landsmål von Ivar Aasen ähnlich ist. Die Høgnorsk-Bewegung missachtet die Reformen des Nynorsk nach 1917.
Diese Sprache wird nur von einer sehr kleinen Gruppe Norweger verwendet und wird, weil sie sehr archaisch wirkt und sich von den heutigen Mundarten sehr unterscheidet, von der Mehrheit der Norweger als unverständlich bzw. seltsam empfunden. Sprachsoziologisch kann man die Høgnorsk-Bewegung als sektiererisch charakterisieren.
[Bearbeiten] Phonologie
[Bearbeiten] Vokale
Das Norwegische besitzt 18 Monophthonge und 7 Diphthonge.
vorne | zentral | hinten | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
ungerundet | gerundet | |||||||
lang | kurz | lang | kurz | lang | kurz | lang | kurz | |
geschlossen | iː | i | yː | y | ʉː | ʉ | uː | u |
mittel | eː | e | øː | ø | ɔː | ɔ | ||
offen | æː | æ | ɑː | ɑ |
Die Diphthonge des Norwegischen sind /æi øy ɑʉ ɑi ɔy ʉi ui/.
[Bearbeiten] Konsonanten
Das Norwegische hat 23 Konsonanten, darunter 5 retroflexe Laute, die als Allophone anzusehen sind.
bilabial | labio- dental |
alveolar | post- alveolar |
retroflex | palatal | velar | glottal | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Plosive | p b | t d | ʈ ɖ | k g | ||||
Nasale | m | n | ɳ | ŋ | ||||
Trills/Flaps | r | ɽ | ||||||
Frikative | f v | s | ʃ | ç j | h | |||
Laterale | l | ɭ |
Quelle: SAMPA für Norwegisch (englisch)
[Bearbeiten] Grammatik
[Bearbeiten] Deklination (Beugung von Hauptwörtern)
[Bearbeiten] Genera (Geschlechter)
Die norwegische Sprache kennt offiziell die drei Genera: maskulin, feminin und neutrum. Riksmål und konservatives Bokmål kennen aber wie die dänische Sprache nur das männlich-weibliche (utrum) und das sächliche Geschlecht (neutrum). Die Substantive geben in der Regel aber keinen Hinweis darauf, welches Geschlecht sie haben.
Auch kennt das Norwegische den unbestimmten Artikel, für jedes Geschlecht existiert eine eigene Form:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: Geschlecht en dag ein dag ein Tag männlich ei/en flaske ei flaske eine Flasche weiblich et hus eit hus ein Haus sächlich et eple eit eple ein Apfel sächlich et øye eit auga/auge ein Auge sächlich
Weibliche Substantive werden im Bokmål aber - dänischer Tradition folgend - oft auch wie männliche behandelt:
ei flaske = en flaske – eine Flasche
Im Gegensatz zum Deutschen gibt es den bestimmten Artikel nicht als eigenständiges Wort vor dem Substantiv, sondern es wird ein Flexionssuffix angehängt, an dem auch das Geschlecht des Substantivs zu erkennen ist:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: dagen dagen der Tag flaska/flasken flaska die Flasche huset huset das Haus eplet eplet der Apfel øyet auga/auget das Auge
[Bearbeiten] Plural (Mehrzahl)
In der unbestimmten Mehrzahlform enden männliche, weibliche und (im Bokmål) mehrsilbige sächliche Substative auf -er (im Nynorsk gibt es die Endungen -ar und -er), einsilbige (im Nynorsk auch mehrsilbige) sächliche bleiben endungslos; Ausnahmen bestätigen die Regel:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: dager dagar Tage flasker flasker Flaschen hus hus Häuser epler eple Äpfel øyne augo/auge Augen
Bei den weiblichen Substantiven besteht im Bokmål somit auch die Möglichkeit, statt des männlichen -en ein weibliches -a anzufügen; im Nynorsk ist dies obligatorisch:
flaska = flasken – die Flasche
Um die Mehrzahl der bestimmten Formen zu bilden, wird im Bokmål gewöhnlich geschlechtsübergreifend ein -ene angefügt. Nynorsk kennt -ane, -ene, -o und -a. Natürlich gibt es auch hier einige Ausnahmen:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: dagene dagane die Tage flaskene flaskene die Flaschen husene (seltener: husa) husa die Häuser eplene (seltener: epla) epla die Äpfel øynene (seltener: øya) augo/auga die Augen
[Bearbeiten] Genetiv (Wesfall)
Das norwegische Substantiv kennt neben der Grundform eine eigene Form für den Genetiv, indem sowohl im Singular wie im Plural unabhängig vom Genus ein -s angehängt wird:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: kongen kongen der König kongens kongens des Königs konger kongar die Könige kongenes konganes der Könige
Der Genetiv wird, außer bei Namen, aber vorwiegend im geschriebenen Bokmål verwendet. Im geschriebenen Nynorsk und in der gesprochenen Sprache überhaupt wird er gewöhnlich mit den Präpositionen av, til, på usw. oder aber mit einer Dativkonstruktion ("garpegenetiv", einer dem Niederdeutschen entlehnten Konstruktion) umschrieben, etwa prisen av boka statt bokas pris (der Preis des Buches), boka til Olav statt Olavs bok (Olavs Buch), taket på huset statt husets tak (das Dach des Hauses), Stortinget si sak statt Stortingets sak (die Angelegenheit des Parlaments).
[Bearbeiten] Konjugation (Beugung von Tätigkeitswörtern)
Das Norwegische hat die ursprünglich verschiedenen Personalendungen vereinfacht, so dass heute je Tempus und Genus verbi alle Personen die gleiche Endung haben.
[Bearbeiten] Der Infinitiv (Die Grundform)
Einsilbige Verben sowie deren Zusammensetzungen haben keine besondere Infinitivendung, das heißt, sie haben sog. Nullendung:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: å gå å gå gehen å se å sjå sehen å gi å gje/gi geben
Mehrsilbige Verben haben im Bokmål die Endung -e, im Nynorsk wahlweise die Endung -e oder -a:
Bokmål: Nynorsk: Deutsch: å komme å kom(m)e, å kom(m)a kommen å diskutere å diskutere, å diskutera diskutieren å åpne å opne, å opna öffnen
[Bearbeiten] Der Imperativ (Die Befehlsform)
Es gibt nur eine Imperativform für die 2. Person Singular (du). Sie wird gebildet, indem die Infinitivendung weggelassen wird, doppeltes 'm' wird dabei vereinfacht:
Infinitiv: Befehlsform: Deutsch: å gå gå! gehen - geh! å komme kom! kommen - komm!
[Bearbeiten] Das einfache Präsens (die einfache Gegenwart)
Im Bokmål wird das einfache Präsens gebildet, indem man an den Infinitiv ein -r anhängt:
å gå -> går "gehen (gehe, gehst, geht, gehen, geht, gehen)" å komme -> kommer "kommen" å åpne -> åpner "öffnen"
Im Nynorsk hängt man je nach Konjugation Nullendung (teilweise zugleich mit Umlaut; bei der starken und der rückumlautenden schwachen Konjugation), -r (bei einsilbigen starken oder schwachen Verben), -ar (bei der ersten schwachen Konjugation) oder -er (bei der zweiten schwachen Konjugation) an den Wortstamm:
å drive -> driv "treiben" å komme -> kjem "kommen" å gå -> går "gehen" å opne -> opnar "öffnen" å leve -> lever "leben"
Im Nynorsk korrespondieren diese Präsensendungen mit den verschiedenen Endungen des Präteritums (siehe unten).
Die vollständige Konjugation lautet im Bokmål:
jeg kommer ich komme du kommer du kommst han kommer er kommt hun kommer sie kommt den/det kommer es kommt vi kommer wir kommen dere kommer ihr kommt de kommer sie kommen
Im Nynorsk lautet das Paradigma entsprechend:
eg, du, han, hon, det; vi/me, de, dei kjem "ich komme, du kommst, er kommt (usw.)"
Die einzigen Ausnahmen sind (vor dem Schrägstrich die Form des Bokmål, danach diejenige des Nynorsk):
Grundform: Präsens: Deutsch: å være / vere er sein (ich bin, du bist...) å gjøre / gjere gjør / gjer tun, machen å si / seie sier / seier sagen å spørre / spørje spør fragen å vite / vite, vete vet, veit / veit wissen
sowie die Modalverben:
Grundform: Präsens: Deutsch: å kunne kan können å måtte må müssen å ville vil wollen å skulle skal werden (Futur), sollen å burde / byrje, burde bør sollen å tørre / tore, tørre tør wagen å turve tarv bedürfen
[Bearbeiten] Das Passiv
Im Norwegischen gibt es zwei Arten, das Passiv zu bilden. Die eine funktioniert genau wie im Deutschen mit dem Hilfsverb å bli "werden, bleiben" und dem Partizip Perfekt Passiv; im Nynorsk kann statt å bli auch å verte/verta gebraucht werden (BM = Bokmål, NN = Nynorsk):
jeg blir sett (BM) bzw. eg blir/vert sett (NN) = ich werde gesehen han ble funnet (BM) bzw. han blei/vart funnen (NN) = er wurde gefunden
Es gibt aber im Bokmål noch eine andere Möglichkeit für das Präsens und die einfache Vergangenheit: Man ersetzt Präsens-Endung -r einfach durch -s bzw. hängt -s an die Vergangenheitsform an:
jeg ser → jeg ses = ich sehe -> ich werde gesehen han finner → han finnes = er findet -> er wird gefunden vinen drikkes av faren = der Wein wird vom Vater getrunken
Im Nynorsk ist diese Verwendung viel eingeschränkter; sie findet sich fast nur nach Modalverben (siehe unten) sowie im Falle von Deponenzien (Verben bzw. Bedeutungen von Verben, die nur in der Passiv- bzw. Mediumform vorkommen). Die Passiv- bzw. Mediumendung im Nynorsk lautet -st:
møte/møta → møtast = treffen → sich treffen dei møter → dei møtest = sie treffen → sie treffen sich/einander
Im Bokmål lautet es hier entsprechend møte → møtes bzw. de møter → de møtes.
Die Passivform wird im Bokmål wie im Nynorsk oft in Bedienungsanleitungen als unpersönliche Aufforderung verwendet. Zusammen mit Modalverben kann diese Form auch als Infinitiv verwendet werden:
det kunne ikke selges (BM) bzw. det kunne ikkje seljast (NN) = es konnte nicht verkauft werden vannet kan drikkes (BM) bzw. vatnet kan drikkast (NN) = das Wasser kann getrunken werden
[Bearbeiten] Die übrigen Tempora (Zeiten)
Im Norwegischen kann man ebenso viele Vergangenheitszeiten wie im Deutschen bilden (kam [Präteritum oder Imperfekt], bin gekommen [Perfekt], war gekommen [Plusquamperfekt], werde kommen [Futur I], werde gekommen sein [Futur II oder Perfekt-Futur oder Futurum exactum]), wobei Plusquamperfekt und Futur II kaum gebräuchlich sind. Für die zusammengesetzten Zeiten verwendet man im Bokmål immer das Hilfsverb ha "haben", im Nynorsk je nach dem die Hilfsverben ha "haben" und vere "sein".
Bokmål:
jeg snakker ich spreche jeg skal snakke ich werde sprechen jeg snakket ich sprach jeg har snakket ich habe gesprochen jeg hadde snakket ich hatte gesprochen jeg skal ha snakket ich werde gesprochen haben
Nynorsk:
eg kjem ich komme eg skal komme ich werde kommen eg kom ich kam eg er kommen ich bin gekommen eg var kommen ich war gekommen eg skal vere kommen ich werde gekommen sein
Im Gegensatz zum Deutschen kennt das Norwegische nicht nur eine, sondern drei schwache Konjugationen.
- Die erste (und häufigste) kennt im Präteritum im Bokmål die Endung -et oder -a, im Nynorsk nur -a:
jeg åpnet/åpna (BM) bzw. eg opna (NN) "ich öffnete"
- Die zweite kennt im Präteritum je nach Stammauslaut sowohl im Bokmål wie im Nynorsk die Endung -de oder -te:
jeg levde (BM) bzw. eg levde (NN) "ich lebte" jeg mente (BM) bzw. eg meinte (NN) "ich meinte"
- Die dritte kennt im Präteritum im Bokmål wie im Nynorsk die Endung -dde; sie wird zu den schwachen einsilbigen Verben gebildet:
jeg trodde (BM) bzw. eg trudde (NN) "ich glaubte".
Im Nynorsk korrespondieren diese verschiedenen Präteritumsendungen mit verschiedenen Endungen im Präsens, vgl.:
* eg opnar und eg opna "ich öffne" und "ich öffnete" * eg lever und eg levde "ich lebe" und "ich lebte" * eg trur und eg trudde "ich glaube" und "ich glaubte"
Wie im Deutschen kennt auch das Norwegische eine Menge starker und unregelmäßiger Verben, zum Beispiel dra, dro, dratt (Bokmål), dra, drog, drege (Nynorsk) "ziehen, zog, gezogen" (vgl. englisch draw, drew, drawn). -> Das Partizip (Perfekt) der Vergangenheit endet übrigens im Bokmål immer auf -t und nie auf -en (Ausnahmen: dødd "gestorben", ledd "gelacht" und slåss "gekämpft): drikke, drakk, drukket, im Deutschen aber: "trinken, trank, getrunken". Im Nynorsk wird das Partizip Perfekt hingegen nach vere flektiert: han er kommen, det er komme, dei er komne "er ist, es ist, sie sind gekommen", nach ha hingegen nicht: han, det, dei har lese "er hat, es hat, sie haben gelesen". Am häufigsten verwendet man aber die einfache Vergangenheit (sprach, sah, wusste...).
Während die Morphologie (die Gesamtheit der Beugungsformen) des Nynorsk gewöhnlich komplexer ist als diejenige des Bokmål, gilt bei den starken Verben für einmal das Umgekehrte. Als Beispiel mögen die Verben der I. starken Klasse dienen: Bokmål kennt hier mit den Typen (immer Infinitiv - Präteritum - Partizip/Supinum) gripe - grep/greip - grepet, skri(de) - skred/skrei - skredet, bite - bet/beit - bitt, drite - dret/dreit - dritet, klive - kleiv - klevet/klivd, ri(de) - red/reid/rei - ridd, li(de) - led/leid/lei - lidt und einigen weiteren ein ganzes Sammelsurium von Möglichkeiten, im Nynorsk hingegen werden in dieser Klasse alle Verben nach nur zwei Typen flektiert: gripe - greip - gripe, bite - beit - bite, drite - dreit - drite, klive - kleiv - klive einerseits und ri(de) - reid - ride/ridd/ridt, li(de) - leid - lide/lidd/lidt, skri(de) - skreid - skride/skridd/skridt anderseits.
Die meisten starken Verben des Nynorsk gehen nach den folgenden Haupttypen (Infinitiv - Präteritum - Partizip/Supinum):
- bite - beit - bite
- bryte - braut - brote
- drikke - drakk - drukke
- bresta - brast - broste (Kurzvokale) bzw. bere - bar - bore (Langvokale)
- lese - las - lese
- fare - for - fare
- ta(ke) - tok - teke
- la(te) - let - late (Langvokale) bzw. halde - heldt - halde (Kurzvokale)
Eine ähnliche Zusammenfassung für Bokmål zu machen, ist fast ausweglos, da in dieser Varietät die den obigen Reihen 1-4 entsprechenden Gruppen sehr stark zersplittert sind. Der Hauptgrund hierzu liegt in einer inkonsequent vorgenommenen Standardisierung, welche dänische Tradition und südostnorwegischen Dialekt, aber auch weitere Kriterien kunterbunt mischt.
[Bearbeiten] Etymologische und dialektologische Anmerkungen
[Bearbeiten] Zum Substantiv (Kasus)
Den Genetiv hatten früher auch einige Präpositionen bei sich, weshalb er in bestimmten festen Wendungen dort immer noch vorkommt, etwa gå til bords 'zu Tische gehen', aber gå til stasjonen 'zum Bahnhof gehen'.
Reste des Dativs finden sich ebenfalls in festen Wendungen, zum Beispiel (det er) på tide '(es ist) an der Zeit', aber tid 'Zeit'.
Lebendige Dativformen kommen in den innernorwegischen Mundarten vor, etwa båten 'das Boot', aber båté 'dem Boot', Plural båtar 'die Boote', aber båtåm 'den Booten'.
[Bearbeiten] Zum Infinitiv
Schon im Altnordischen ist -n am Wortende weggefallen, daher endet der Infinitiv im Bokmål nur auf -e, im Nynorsk wahlweise auf -e oder -a, und nicht wie im Deutschen auf -en. Ursprünglich waren alle Verben mindestens zweisilbig; bei mehreren Verben ist allerdings der letzte Stammkonsonant mitsamt der Infinitivendung ausgefallen: englisch give "geben", aber Bokmål nur noch gi (in der einfachen Vergangenheit gav (neben ga) "gab" ist das v allerdings noch erhalten). Nynorsk kennt in solchen Fällen zumeist sowohl lange wie kurze Formen, im genannten Fall also die Infinitivvarianten gje und gjeve/gjeva. Folglich lautet das Präsens Bokmål gir, Nynorsk gjer oder gjev. Faktisch ist im Nynorsk im Infinitiv die kurze Variante, im Präsens die zur Langform gehörige Variante üblicher, also Inf. gje, Präs. gjev.
Dass im Nynorsk der Infinitiv sowohl auf -a wie auf -e enden kann, widerspiegelt die dialektalen Verhältnisse: In Südwestnorwegen gilt -a (z. B. lesa 'lesen', finna 'finden'), in Nordwestnorwegen -e (z. B. lese, finne); in Ostnorwegen gilt dann -a, wenn der Wortstamm altnordisch leicht, aber -e, wenn der Wortstamm schwer war (z. B. lesa versus finne). Im Trøndelag tritt Apokope auf, d. h. der Infinitiv kann ohne jede Endung sein (z. B. les, finn).
[Bearbeiten] Zum Präsens und Präteritum
Das -er (Bokmål) bzw. -ar, -er sowie die Nullendung (Nynorsk) im Präsens, sodann auch die Endungen im Präteritum (Nullendung bei den starken, -e bei den schwachen Verben) entsprechen alle sprachgeschichtlich gesehen der 3. Person Singular, die auf alle anderen Personen übertragen wurde. In einigen innernorwegischen Mundarten gibt es noch eine Numerusbeugung, das heißt, dort gibt es je eine Form für den Singular und den Plural (z. B. Präsens eg/du/han/ho drikk, vi/de/dei drikka, Präteritum eg/du/han/ho drakk, vi/de/dei drukko, also wie im älteren Schwedisch). Ein Teil der Mundarten kennt auch noch einen Konjunktiv Präteriti, etwa eg vore oder eg vøre (deutsch 'ich wäre').
[Bearbeiten] Sonstiges
Der Sprachcode nach ISO 639 ist für bokmål nb
beziehungsweise nob
(früher no
) und für nynorsk nn
beziehungsweise nno
. Für die norwegische Sprache insgesamt gibt es die Codes no
beziehungsweise nor
.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.sprakrad.no/ – Rat für Norwegische Sprache (norwegisch, auch Information in: englisch, deutsch, französisch)
- http://odin.dep.no/odin/tysk/om_odin/stillinger/032005-990160/index-dok000-b-n-a.html Norwegisches Außenministerium: Wenige Einwohner – zwei Schriftsprachen
- http://www.heinzelnisse.info – Deutsch-Norwegisches Wörterbuch inklusive Vokabelspiele, Sprachführer-Wiki und Forum
- Learn Norwegian online auf Englisch
- Podcast-Feed der Sendung Språkteigen des Norwegischen Rundfunks (NRK) über die norwegische Sprache und Sprachpflege
- http://www.aasentunet.no/ – Ivar Aasen-tunet (Zentrum für Nynorsk)
- Are Kalvø Absolutt Oslo (Buch und Hörbuch, das sich an vielen Stellen mit dem Sprachgebrauch der nach Oslo zugezogenen Nordnorweger und mit den stereotypischen Vorstellungen der Osloer über Nynorsk beschäftigt)
Wikipedia auf Bokmål und Riksmål |
Wiktionary auf Bokmål und Riksmål – ein freies Wörterbuch |
Wikibooks auf Bokmål und Riksmål – Lern- und Lehrmaterialien |
Wikinews auf Bokmål und Riksmål – Nachrichten |
Wikiquote auf Bokmål und Riksmål – Zitate |
Wikisource auf Bokmål und Riksmål – Quellentexte |
Wikipedia auf Nynorsk |
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Wikibooks auf Nynorsk – Lern- und Lehrmaterialien |
Wikiquote auf Nynorsk – Zitate |
Wiktionary: Norwegisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Wiktionary: Kategorie:Norwegisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Commons: Norwegische Sprache – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
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