Chinesische Raumfahrt
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Als chinesische Raumfahrt bezeichnet man im Allgemeinen das staatliche Raumfahrtprogramm der Volksrepublik China.
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[Bearbeiten] Geschichte der modernen Raumfahrt
Seit den 1960er Jahren entwickelt China eigene Trägerraketen, die meisten Modelle sind unter dem Namen Langer Marsch bekannt. Diese werden neben dem Transport von Satelliten auch für das bemannte Raumfahrtprogramm benutzt. Auslöser für den eigenen Weg war der Bruch zwischen China und der UdSSR durch Mao. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt China die Raketen von der UdSSR.
Als eigentliche Geburtsstunde der chinesischen Raumfahrt gilt laut Franz Eharts Artikel „Die chinesische Raumfahrt“ der 8. Oktober 1956. An diesem Tag wurde das „Raketenforschungsinstitut Nr. 5“ gegründet. Es war dem Verteidigungsministerium unterstellt, zehn Forschungsinstitute waren angegliedert. Wichtigste Personen waren die Wissenschaftler Tsien Wei-Chang und Ren Xin Min , die in den 1940er Jahren im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, USA, gearbeitet hatten.
Am 19. Februar 1960 startet die erste chinesische flüssigkeitsbetriebene Höhenforschungsrakete des Typs „T7-M“. Seit dem Jahr 1968 gab es auch Pläne für ein bemanntes Weltraumprogramm. Das Shuguang-Raumschiff sollte ursprünglich zwei Astronauten in den Weltraum transportieren, doch politische und ökonomische Gründe ließen das Projekt 714, wie es offiziell hieß, scheitern.
Am 24. April 1970 erfolgte mit einer Rakete des Typs „CZ-1“ der erste Satellitenstart. Es wurde der Experimentalsatellit „DFH-1“ (Dong Fang Hong I) vom Startzentrum Jiuquan in den Weltraum transportiert. 1975 gelang es erstmals, eine Nutzlast wieder auf die Erde zurückzuholen. Eine neue Rakete des Typs CZ-2C startete am 26. November des Jahres zu dieser Mission. Damals war diese Fähigkeit militärisch von Bedeutung, konnte man doch so Filmkassetten mit strategisch wichtigen Aufnahmen zurückholen und auswerten.
1980 wurden Pläne für eine bemannte Raumfahrt vorerst eingestellt. Hans Georg Urbin, Fulda spricht in seinem Aufsatz „Das Shenzhou-Programm“ von verschiedenen Gründen, ohne sie aber näher auszuführen.
Am 7. April 1990 erfolgte mit dem Start des Satelliten „AsiaSat-1“ der erste kommerzielle Satellitenstart. Er erfolgte vom Startzentrum Xichang aus mit einer Trägerrakete des Typs „CZ-3“
1993 wurde die chinesische Raumfahrtagentur CNSA gegründet, ein Jahr vorher fiel der Startschuss für das Projekt „921-1“, der den Start eines bemanntes Raumschiffs vorsah. Daraus entstanden die Raumschiffe der Shenzhou-Reihe.
Im Jahr 1996 ereignete sich ein Fehlstart einer Rakete des Typs „CZ-3B“ mit einem Intelsat-Satelliten, als die Rakete kurz nach dem Start in einem nahegelegenen Dorf einschlug. Wahrscheinlich sind viele Menschen bei der Explosion des Raketentreibstoffs ums Leben gekommen. Viele internationale Kunden sahen danach von weiteren Buchungen ab.
Im Jahr 1998 erfolgte eine Umstrukturierung der chinesischen Raumfahrtbehörde.
Am 15. Oktober 2003 schafft es China zum ersten Mal mit eigenen Kräften Menschen in den Weltraum zu transportieren. An Bord von Shenzhou 5, die an diesem Tag startete, befand sich Yang Liwei [2], der einen 21-stündigen Flug absolvierte. Der zweite bemannte Raumflug Shenzhou 6 erfolgte am 12. Oktober 2005, diesmal flogen erstmals zwei Taikonauten mit, der Start wurde erstmals live im Staatsfernsehen übertragen.
[Bearbeiten] Taikonauten
Chinesische Astronauten werden im Westen „Taikonauten“ genannt. Bisher gibt es drei Taikonauten mit Einsätzen im Weltall: Yang Liwei („Shenzhou 5“), Fei Junlong und Nie Haisheng (beide „Shenzhou 6“)
[Bearbeiten] Startzentren
Gegenwärtig werden drei Startzentren für die Trägerrakete „Langer Marsch“ verwendet:
- Für geostationäre Satelliten: Das Xichang Satellite Launch Center in Xichang in der Provinz Sichuan.
- Für Satelliten auf sonnensynchronen und polaren Umlaufbahnen: Taiyuan
- Für Satelliten auf Umlaufbahnen mit mittlerer Inklination und für bemannte Flüge mit der bemannten Raumkapsel Shenzhou: Jiuquan in der Gansu-Provinz. Er wurde 1956 eröffnet.
[Bearbeiten] Startliste chinesischer Trägerraketen
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Lfd. Nr. | Startdatum | Raketentyp | Startplatz | Nutzlast | Anmerkung |
---|---|---|---|---|---|
1 | 24. April 1970 | CZ-1 | Jiuquan | „DFH-1“, Experimentalsatellit | Erster Satellitenstart Chinas |
2 | 3. März 1971 | CZ-1 | Jiuquan | „SJ-1“, Satellit, 220 Kilogramm | Zweiter Satellitenstart Chinas, die Datenübertragung der wissenschaftlichen Sensoren funktionierte bis zum Absturz 1979 [3] |
3 | 18. September 1973 | FB-1 | Jiuquan | Wahrscheinlich Ji Shu Shiyan Weixing (JSSW) (Technischer Testsatellit) | Fehlschlag oder teilweiser Fehlschlag |
4 | 14. Juli 1974 | FB-1 | Jiuquan | Wahrscheinlich Ji Shu Shiyan Weixing (JSSW) (Technischer Testsatellit) | Ein Raketenantriebsmotor der 2. Stufe verlor Schubkraft |
5 | 5. November 1974 | CZ-2 | Jiuquan | Wahrscheinlich Fanhui Shi Weixing (FSW) (Rückkehrkapsel) | Fehlschlag oder teilweiser Fehlschlag |
6 | 26. Juli 1975 | FB-1 | Jiuquan | Ji Shu Shiyan Weixing 1(JSSW-1) (Technischer Testsatellit) | |
7 | 26. November 1975 | CZ-2C | Fanhui Shi Weixing 1 (FSW-1) (Rückkehrkapsel) | Der Satellit kehrte zur Erde zurück [4] | |
7. September 1988 | CZ-4 | Taiyuan | FY-1A, Wettersatellit | ||
7. April 1990 | CZ-3 | Xichang | AsiaSat-1, Kommunikationssatellit | Erster kommerzieller Satellitenstart | |
16. Juli 1990 | CZ-2E | Xichang | Badr-1 und Optus-Dummy | Erster Flug dieses Raketentyps | |
1997 | „FY-2“ | Experimenteller Wettersatellit [5] | |||
20. November 1999, 06:30 Uhr Ortszeit | CZ-2F | Jiuquan | „Shenzhou 1“ | Erster unbemannter Flug des Shenzhou, Landung am 21. November, 03:41 Uhr in der Inneren Mongolei [6] | |
2000 | „FY-2“ | Experimenteller Wettersatellit [7] | |||
9. Januar 2001 | CZ-2F | Jiuquan | „Shenzhou 2“ | In-Orbit–Manöver, Test der Lebenserhaltungssysteme an einem Affen, einem Hund und einem Hasen | |
29. März 2002, 10:15 Uhr (PT) [8] | CZ-2F | Jiuquan | „Shenzhou 3“ | Flug mit einem Testdummy, Landung am 1. April 2005 in der Inneren Mongolei | |
15. Mai 2002, 9:50 Uhr (Ortszeit) | CZ-4B | Taiyuan | Marineforschungssatellit „Haiyang-1“ und den Wettersatelliten „Fengyun-1D“ | 25. erfolgreicher Flug seit Oktober 1996 [9] | |
15. September 2002 | KT-1 | Taiyuan | Fehlstart | ||
30. Dezember 2002, 00:40 Uhr (PT) [10] | CZ-2F | Jiuquan | Shenzhou 4 | Test aller benötigten Subsysteme | |
25. Mai 2003 | CZ-3A | Xichang | „Beidou 3“, Erd-Navigationssatellit | Dritter Navigationssatellit nach 31. Oktober 2000 und 21. Dezember 2000 [11] | |
16. September 2003 | KT-1 | Taiyuan | Fehlstart | ||
15. Oktober 2003 | CZ-2F | Jiuquan | „Shenzhou 5“ | Erster bemannter Weltraumflug Chinas | |
19. Oktober 2004 | CZ-3A | Xichang | Fengyun-2 C (FY2 O3) | Erster geostationärer Wettersatellit (1.380 kg), siebter Wettersatellit seit 1988 [12] | |
83 | 18. November 2004 | CZ-2C-III | Xichang | Shiyan-2 (SY-2) | 10. Satellit des Jahres 2004 [13] |
84 | 12. April 2005, 20:00 Uhr (Ortszeit Peking) | CZ-3B | Xichang | AsiaSat-6 [14] | Satellit gebaut von Alcatel, Frankreich |
85 | 6. Juli 2005 | CZ-2D-IV | Jiuquan | Wissenschaftssatellit „Shijian VII“ (SJ-7) | |
86 | 2. August 2005 | CZ-2C-III | Jiuquan | Wissenschaftssatellit „FSW-21“ | Rückkehr zur Erde am 29. August 2005 |
87 | 29. August 2005 | CZ-2D-IV | Jiuquan | Wissenschaftssatellit „FSW-22“ | Rückkehr zur Erde am 16. September 2005 |
88 | 12. Oktober 2005 | CZ-2F | Jiuquan | „Shenzhou 6“ | Flug mit zwei Taikonauten; Rückkehr zur Erde am 16. Oktober 2005, um 22:32 Uhr MESZ |
89 | 27. April 2006 | CZ-4B | Taiyuan | Yaogan 1 | Fernerkundung, wissenschaftliche Experimente, Erntebeobachtung und Vorbeugung gegen Katastrophen |
90 | 9. September 2006 | CZ-2C | Jiuquan | Shijian-8 | Rückkehrkapsel zur Erforschung der Züchtung von Samen für die Landwirtschaft |
91 | 12. September 2006 [1] | CZ-3A | Xichang | Zhongxing-22A | militärischer Kommunikationssatellit |
92 | 24. Oktober 2006 | CZ-4B | Taiyuan | Zwei Shijian-6-Satelliten | Weltraumerkundung |
93 | 29. Oktober 2006 | CZ-3B | Xichang | Xinnuo 2 | Chinas erster direktstrahlender TV-Satellit |
94 | 8. Dezember 2006 | CZ-3A | Xichang | Feng Yun-2D | Wettersatellit |
95 | 5. Februar 2007 | CZ-3A | Xichang | Beidou | Navigationssatellit |
[Bearbeiten] Zukünftige Entwicklung
[Bearbeiten] Programm zur Erforschung des Mondes
Das Programm zur Erforschung des Mondes der Chinesen besteht aus vier Phasen:
- Phase 1: Zuerst erfolgt die Entsendung der unbemannten Sonde Chang'e-1 in den Mondorbit. Der Start wird nach den bisherigen Planungen im April 2007 stattfinden. Die Aufgabe der Sonde ist eine Orbiter-Mission, dabei sollen Daten von der Oberfläche gewonnen werden[2].
- Phase 2: Von 2009 bis 2015 will man ein Mondfahrzeug auf der Oberfläche des Mondes landen lassen. Der Lander wird ein automatisches Untersuchungsgerät für Experimente auf der Mondoberfläche mitbringen. Es sollen die Umgebungsbedingungen und das Mondgestein analysiert werden. Der wichtigste Teil der Mission soll aber die erstmalige Realisierung einer Landung auf der Mondoberfläche und die wissenschaftlichen Erforschung sein. Im Juli 2006 arbeiteten ungefähr 20 Universitäten und Institutionen am Design des Mondrovers[3].
- Phase 3: Um das Jahr 2020.[4] will man eine Mission durchführen, die Gesteinsproben auf dem Mond einsammelt und sie zur Erde zurückbringt. Diese Mission wird Daten für einen möglichen Standort einer bemannten Mondstation genauer ermitteln.
- Phase 4: Am 19. Juni 2006 nannte ein hochrangiger offizieller Vertreter der pekingnahen Zeitung „Wen Wei Po“ in Hongkong das Jahr 2024 als Datum für eine bemannte Landung auf dem Mond. Dieses Programm würde offiziell gestartet werden, wenn im März oder April 2007 die unbemannte chinesische Mondsonde Chang'e-1 zum Mond startet.[5]
Gemäß einer Aussage von Ouyang Ziyuan, dem Chef-Wissenschaftler des Mondsondenprojekts, im August 2005 wird China verschiedene Projekte in den Bereichen Materialforschung, Dynamik, Rotation, Astronomie und anderen durchführen. Weiterhin hat China einige Szenarien für kommende Mondflüge entwickelt, die mit verschiedenen Apparaten für ein Mondradar und im Infrarotspektrum arbeiten sollen.
Nach einem Bericht der People's Daily vom Mai 2006 wird China bis 2011 mehrere Satelliten starten, die die Oberfläche des Mondes und die geologischen Strukturen untersuchen soll, um eine dreidimensionale hochauflösende Karte herzustellen [6].
[Bearbeiten] Bemanntes Raumflugprogramm
Die nächsten Ziele in der bemannten Raumfahrt sind Außenbordaktivitäten, die Errichtung einer bemannten Raumstation und eine bemannte Landung auf dem Mond.
[Bearbeiten] Weltraumausstieg
Der erste Weltraumausstieg eines chinesischen Taikonauten soll bei der Shenzhou 7-Mission erfolgen, die für September [7] 2008 [8] geplant ist. Dem sollen dann die Missionen Shenzhou 8 und Shenzhou 9 folgen, um im Orbit erstmals ein Andockmanöver durchzuführen. In Planung ist auch bereits die Mission Shenzhou 10. Die Abstände zwischen den einzelnen Mission sollen in Zukunft kürzer werden[9].
[Bearbeiten] Errichtung einer Raumstation
Die Zeitung „Wen Wei Po“ aus Hong Kong zitiert Huang Chunping von der chinesischen Raumfahrtagentur, nach der bereits im Jahr 2010 eine solche Station aufgebaut werden soll. Der Bau soll nach dem Start von Shenzhou 7 beginnen. An der Internationalen Raumstation ISS ist das Land, auch wegen Bedenken seitens der USA, nicht beteiligt.
[Bearbeiten] Programm zur Erforschung der Sonne
Im Jahr 2012 plant China den Start von insgesamt drei Raumsonden, die in der Forschungsmission KuaFu das Sonne-Erde-System genauer untersuchen soll.
[Bearbeiten] Astrophysik
Im Jahr 2008 soll das bisher größte Solar Space Teleskop gebaut werden.
[Bearbeiten] Das Weißbuch zu den chinesischen Weltraumaktivitäten (Oktober 2006)
Am 12. Oktober 2006 hat das Informationsamt des Staatsrats der Volksrepublik ein neues Weißbuch mit dem Titel "Chinas Weltraumaktivitäten 2006" vorgelegt. Das Dokument untergliedert sich in fünf Kapitel: Ziele und Grundsätze der Entwicklung; Der Fortschritt in den vergangenen fünf Jahren; Entwicklungsziele und Hauptaufgaben für die nächsten fünf Jahre; Grundlagen der Entwicklung und Maßnahmen; Internationaler Austausch und Zusammenarbeit. - China habe immer den Weg der friedlichen Entwicklung verfolgt, so China.org.cn anlässlich der Vorstellung, und immer den Standpunkt aufrechterhalten, dass der "Weltraum zum Zweck der gemeinsamen Wohlfahrt der Menschheit erforscht werden sollte". Das letzte Weißbuch war im Jahr 2000 erschienen; seitdem habe die chinesische Raumfahrt große Fortschritte gemacht.
In dem Dokument bekräftigt die chinesische Führung ihre Absicht, ein eigenes Satelliten-Navigationssystem namens Beidou zu entwickeln, obgleich sich das Land bereits am europäischen Galileo-Projekt beteiligt. Beobachter sehen einen weiteren Wettbewerber Europas beim Aufbau eines GNSS sehr kritisch; das Geschäftsmodell zur Finanzierung wäre dann möglicherweise kaum umsetzbar. Außerdem stellen sie sich die Frage, inwieweit China Know-how aus Europa abziehen könnte.
Auch die Weiterentwicklung der derzeitigen Trägerraketen wird in dem Weißbuch als Ziel festgehalten; sowohl die militärischen als auch die kommerziellen Aktivitäten sollen weiter ausgebaut werden, heißt es [10].
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Wikinews: Portal:Chinesische Raumfahrt – Nachrichten |
- China rüstet für den himmlischen Krieg (Spiegel Online, 19. Januar 2007)
- Ehrgeizige Pläne: 2020 wollen Chinesen Mond betreten (Spiegel Online, 28. November 2005 - bezahlpflichtig)
- Dwayne A. Day, Mysterious dragon: myth and reality of the Chinese space program (The Space Review, 7. November 2005)
- Raumfahrer.net: Chinas Raumfahrt
- Go Taikonauts! (private Homepage)
- Chinese Space Development (Meilensteine der chinesischen Raumfahrt auf Postwertzeichen der Volksrepublik)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ China View: China launches telecom satellite
- ↑ China likely to launch moon probe next April. XINHUA online, 17. Mai 2006
- ↑ Lunar programme to be open to world XINHUA online, 27. Juli 2006
- ↑ Xinhua Online: China tests its first lunar probe: space official, 25.07.2006
- ↑ Reuters: China to put a man on the moon by 2024 - expert, 19.06.2006
- ↑ China to launch satellites for lunar surveying. XINHUA online, 6. Mai 2006
- ↑ Xinhua: China to launch Shenzhou-7 in 2008, 9.4.2006
- ↑ Xinhua: China to build a space station after Shenzhou VII, 27.4.2006
- ↑ Xinhua: China's Shenzhou VII spacecraft under assembly, 2.11.2006
- ↑ White Paper on China's Space Activities Published (inkl. Volltext); vgl. [1]