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Friedrich List

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Friedrich List (* 6. August 1789 in Reutlingen; † 30. November 1846 in Kufstein) war einer der bedeutendsten deutschen Wirtschaftstheoretiker. Als Kritiker der von liberalen Klassikern vertretenen Werttheorien betrachtete er nicht die kurzfristige Anhäufung von Kapital, sondern die Akkumulation menschlichen Vermögens als ausschlaggebend für die langfristige Entwicklung einer Volkswirtschaft. Er nahm damit wesentliche Elemente der viel später entstandenen Humankapitaltheorie vorweg. Adam Smith warf er vor, dieser habe zwar als Ursache des Volkswohlstandes die Arbeitsproduktivität erkannt, aber versäumt, diese Produktivität ihrerseits zu erklären.

Nach List ist „die Kraft, Reichtum zu schaffen... unendlich wichtiger als der Reichtum selbst“. Sein Ausspruch „Wer Schweine erzieht, ist [nach der Werttheorie] ein produktives, wer Menschen erzieht, ein unproduktives Mitglied der Gesellschaft.“ ist Kritik an Adam Smith, welcher Dienstleistungen als „unproduktive Arbeit“ bezeichnete.

List gilt als Hauptvertreter der romantischen Schule der Ökonomie. Er war ein Vorkämpfer für den deutschen Zollverein und des Eisenbahnwesens.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Friedrich List war Professor für Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Er sah die Industrialisierung eines Landes als Initialzündung eines selbstverstärkenden Prozesses und befürwortete Schutzzoll (Schutzzölle), um die industrielle Erziehung des Landes (Erziehungszoll) voranzutreiben.

Als Abgeordneter im Landtag von Württemberg setzte er sich für Demokratie und Freihandel ein. In seiner „Reutlinger Petition“ vom Januar 1821 übte er deutliche Kritik an der herrschenden Wirtschaftspolitik, die er in der Einleitung in diese Worte fasste: „Ein oberflächlicher Blick schon auf die inneren Verhältnisse Württembergs muß den unbefangenen Beobachter überzeugen, daß die Gesetzgebung und die Verwaltung unseres Vaterlandes an Grundgebrechen leidet, welche das Mark des Landes verzehren und die bürgerliche Freiheit vernichten.

Als Reaktion auf diese Kritik entzogen ihm die Landtagsabgeordneten unter dem Druck des Königs sein Mandat und damit die politische Immunität. Im April 1822 wurde er zu zehn Monaten Festungshaft verurteilt. Nach zunächst erfolgreicher Flucht nach Frankreich und der Schweiz kehrte List 1824 zurück, um die Haft auf dem Hohenasperg bei Ludwigsburg anzutreten.

Friedrich List, 1845
Friedrich List, 1845

Als er sich 1825 bereiterklärte, in die Vereinigten Staaten auszuwandern, wurde er nach Verbüßung von fünf der zehn Monate Haft begnadigt. In Amerika betätigte er sich erfolgreich als Farmer, Geschäftsmann, Journalist und als Initiator einer der ersten Eisenbahnlinien. Durch die 1827 veröffentliche Schrift „Outlines of American Political Economy“ wurde er zu einem der führenden Vertreter der amerikanischen Schutzzollbewegung, nachdem er mit den Ideen Alexander Hamiltons in Berührung gekommen war. Zwischen 1826 und 1830 betätigte er sich als Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Pennsylvania, dem „Reading Adler“.

1832 kehrte er (als amerikanischer Staatsbürger und für seine Verdienste vom Präsidenten Andrew Jackson zum Generalkonsul für Baden ernannt) nach Deutschland zurück. In der Folge engagierte er sich vor allem für den Aufbau eines deutschen Eisenbahnnetzes. Er war maßgeblich am Erfolg der ersten deutschen Ferneisenbahnstrecke, der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, beteiligt, für deren Bau er mit einem Aufruf an das sächsische Königshaus und Bürgertum warb. Trotz seiner Verdienste erfüllten sich seine Träume von einer leitenden Position im deutschen Eisenbahnwesen nicht. Er fungierte zwar als Ideengeber, wurde aber nur mit Prämien anstelle eines Amtes abgespeist.

Parallel kämpfte List für die Abschaffung der Zollschranken innerhalb Deutschlands, wie es teilweise im Deutschen Zollverein (1834) schon verwirklicht worden war. Seine Ideen wurden jedoch nur sehr zögerlich aufgenommen. Letztlich scheiterte er jedoch mit dem Versuch seiner bürgerlichen Rehabilitierung, der die Festungshaft entgegenstand. Einem 1836 an Wilhelm I. von Württemberg gerichteten Gnadengesuch wurde nicht stattgegeben.

Erneuten Anfeindungen wich er 1837 nach Paris aus, wo er sich mit der ersten Fassung seines politökonomischen Systems („Das natürliche System der Politischen Ökonomie“, 1837) um den Preis der Pariser Akademie bewarb – und abgelehnt wurde. Dieser Text bildete die Grundlage für sein Hauptwerk „Das nationale System der Politischen Ökonomie“, das 1841 erschien.

1841 übersiedelte er nach Augsburg, wo er sein Hauptwerk vollendete. Ab 1843 gab er dort das „Zollvereinsblatt“ heraus.

Finanzielle Schwierigkeiten und schwere Depressionen überschatteten seine letzten Lebensjahre. Auf einer Reise nach Tirol beging er 1846 in Kufstein Selbstmord.

Friedrich List ist ein Vorläufer und wichtiger Wegbereiter der Historischen Schule. In der Geschichte der Entwicklungstheorie nimmt er einen bedeutenden Platz ein. Er formulierte als Erster ein systematisches Strategiemodell einer „nachholenden“ Entwicklung, durch das vor allem die großen „nachstrebenden“ Nationen – Deutschland, Frankreich und die USA – den englischen Entwicklungsvorsprung aufholen sollten.

[Bearbeiten] Werke

  • Über ein sächsisches Eisenbahn-System als Grundlage eines allgemeinen deutschen Eisenbahn-Systems, 1833
  • Die Welt bewegt sich: Über die Auswirkungen der Dampfkraft und der neuen Transportmittel auf die Wirtschaft, das bürgerliche Leben, das soziale Gefüge und die Macht der Nationen (Pariser Preisschrift 1837). Nach der französischen Handschrift übersetzt und kommentiert von Eugen Wendler, Göttingen 1985.

[Bearbeiten] Literatur

  • William Henderson: Friedrich List. Eine historische Biographie des Gründers des Deutschen Zollvereins und des ersten Visionärs eines Vereinten Europa., Düsseldorf/Wien 1984
  • Eugen Wendler: Friedrich List. Politische Wirkungsgeschichte des Vordenkers der europäischen Integration., München 1989
  • Friedrich List und seine Zeit. Nationalökonom, Eisenbahnpionier, Politiker, Publizist (1789–1846). Katalog und Ausstellung zum 200. Geburtstag. Reutlingen, Heimatmuseum und Stadtarchiv, 1989

[Bearbeiten] Standbilder und Denkmale

Inschrift des Friedrich-List-Denkmals vor der ehemaligen Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ in Dresden
Inschrift des Friedrich-List-Denkmals vor der ehemaligen Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ in Dresden
  • Bronzeguss für Reutlingen, nach Entwurf Gustav Adolph Kietz (1854), ausgeführt von Georg Ferdinand Howaldt
  • großes Marmordenkmal in Kufstein/Tirol, 1903 geschaffen von Norbert Pfretzschner (1850–1927), einem Kufsteiner Bildhauer mit Atelier in Berlin
  • Denkmal zu Ehren Friedrich Lists als Pionier des Verkehrswesens vor der ehemaligen Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ Dresden, Bayrischer Platz
  • Gedenktafel in Augsburg am Anwesen Vorderer Lech 15 an seinen letzten Wohnsitz. Hier vollendete er sein Hauptwerk Das nationale System der politischen Ökonomie.
  • Friedrich-List-Büste im Hauptbahnhof Leipzig – dort gewürdigt als „Vordenker der europäischen Einheit“ und als „Initiator der Leipzig-Dresdner Eisenbahn“.

[Bearbeiten] Schulen

[Bearbeiten] Sonstiges

Die Alumni der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sind in der Friedrich-List-Stiftung organisiert. Im Rahmen des jährlichen List-Festes finden unter anderem wissenschaftliche Vorträge und die Zeugnisverleihung an die Absolventen statt. Die aus der Hochschule für Verkehrswesen hevorgegangene heutige Fakultät Verkehrswissenschaften an der Technischen Universität Dresden trägt den Namen Friedrich List.

[Bearbeiten] Weblinks

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