Motivation
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Motivation (lateinisch motus = die Bewegung) bezeichnet in den Humanwissenschaften sowie in der Ethologie einen Zustand des Organismus, der die Richtung und die Energetisierung des aktuellen Verhaltens beeinflusst. Mit der Richtung des Verhaltens ist insbesondere die Ausrichtung auf Ziele gemeint. Energetisierung bezeichnet die psychischen Kräfte, welche das Verhalten antreiben. Ein Synonym von „Motivation“ ist „Verhaltensbereitschaft“.
[Bearbeiten] Ethologie
Der Motivationsbegriff der Ethologie wird im Artikel Handlungsbereitschaft behandelt.
[Bearbeiten] Motive
Ein Motiv bezeichnet in der Psychologie eine relativ stabile Persönlichkeitseigenschaft, die durch eine Vorliebe für bestimmte Arten von Zielen zum Ausdruck kommt. Synonym wird oft der Begriff Bedürfnis (engl. need) verwendet. Primäre Motive wie das Nahrungs- und das Kältevermeidungsmotiv, die auf physiologischen Vorgängen beruhen, werden von sekundären Motiven unterschieden, die stärker auf psychologische Prozesse zurückgehen.
Die empirisch am besten erforschten sekundären Motive sind das Leistungsmotiv, das Machtmotiv und das Anschlussmotiv. Das Leistungsmotiv ist definiert als Bedürfnis, sich mit einem Gütemaßstab auseinanderzusetzen, das Machtmotiv als ein Bedürfnis, Einfluss auf andere Menschen auszuüben, und das Anschlussmotiv als ein Bedürfnis nach positiven sozialen Beziehungen. Sekundäre Motive werden traditionell mit dem Thematischen Auffassungstest bzw. dem Thematischen Apperzeptionstest (TAT) gemessen.
Nach traditioneller Auffassung wird das Motiv einer Person durch thematisch entsprechende Anreize in der Umwelt „angeregt“. Das Leistungsmotiv wird etwa dann angeregt, wenn die Person die Aussicht hat, sich mit einem Gütemaßstab messen zu können. Dies führt zu einer Motivation, den Anreiz aufzusuchen oder zu meiden.
[Bearbeiten] Empirische Psychologie
Die empirische Psychologie erklärt Unterschiede in der Wahl von Zielen, in der Ausdauer und in der Anstrengungsbereitschaft durch das Zusammenspiel von Persönlichkeitseigenschaften, aktuellen Zuständen des Organismus und Situationsmerkmalen. Als Methoden kommen vor allem psychologische Testverfahren und Experimente zum Einsatz.
Nach lerntheoretischer Auffassung ist die Motivation abhängig vom Bedürfniszustand des Organismus in Verbindung mit entsprechenden inneren (intraorganismischen) oder äußeren Reizen. Die äußeren Reize können soziale (interorganismische; beim Menschen: interpersonelle) Signale, aber auch Merkmale unbelebter Objekte sein.
[Bearbeiten] Zwei Gruppen von Motivationsmodellen
Inhaltsmodelle können von Prozessmodellen unterschieden werden. Während Inhaltsmodelle menschliches Verhalten allein aufgrund bestimmter psychischer Inhalte erklären, führen Prozessmodelle das Verhalten auch auf bestimmte physische Vorgänge zurück.
[Bearbeiten] Inhaltsmodelle
Diese Modelle beschäftigen sich mit Inhalt, Art und Wirkung von Motiven. Eine Taxonomie von Motiven wird geboten und bestimmt, nach welchen Gesetzmäßigkeiten welche Motive verhaltensbestimmend werden.
- Humanistische Psychologie:
- Bedürfnispyramide von Abraham H. Maslow
- Die ERG-Theorie von Clayton P. Alderfer (Existence - Relatedness - Growth)
- Allgemeine Psychologie:
- Die Leistungsmotivationstheorie/Motivtheorie von David McClelland
- Das Modell von Steven Reiss
- Arbeitspsychologie:
- Die Theorie X und Theorie Y von Douglas McGregor
- Die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg
- Die Theorie von Mausner & Snyderman
[Bearbeiten] Prozessmodelle
Diese Modelle versuchen zu erklären, wie Motivation formal und losgelöst von Bedürfnisinhalten entsteht und auf das Verhalten wirkt. Das Ziel des Verhaltens ist unbestimmt, aber das Individuum will den subjektiv erwarteten Nutzen maximieren.
- Gleichgewichtstheorien (z.B. das Zürcher Modell von Norbert Bischof)
- Lyman W. Porter und Edward E. Lawler
- Das Rubikonmodell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer
- Das Erweiterte Kognitive Motivationsmodell von Heinz Heckhausen
- Die Equity-Theorie von John Stacey Adams (1965)
- Die Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie von Victor Harold Vroom
[Bearbeiten] Einzelne Modelle im Detail
[Bearbeiten] Rubikon-Modell
Ein einfaches eindimensionales Motivationsmodell bezeichnet eine Schwellenmotivation beim Überschreiten einer imaginären Grenze. Diese Rubikon-Motivationsstrategie erhielt ihren Namen vom Angriff Caesars gegen Rom zu Zeiten des Bürgerkrieges. Als er mit seinem Heer den Fluss Rubikon überschritt (Alea iacta est!), gab es für sie kein Zurück mehr. Das war allen Soldaten klar und ging als „Motivationskonzept“ in die Psychologie ein. Das entsprechende Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen teilt den Handlungsstrom in folgende vier Phasen ein:
- Abwägen
- Planen
- Handeln und
- Bewerten
Besonderes Gewicht liegt auf der Unterscheidung der Phasen des Abwägens und des Planens, die durch die Intentionsbildung getrennt sind. Während vor der Intentionsbildung Informationen über Erwartung und Wert von Handlungsergebnissen und Handlungsfolgen unvoreingenommen berücksichtigt werden, ist die Informationsverarbeitung nach der Intentionsbildung parteiisch auf die Erhaltung und Realisierung der Intention ausgerichtet. Dies führt Heckhausen auf volitionale Prozesse zurück.
[Bearbeiten] Motivklassifikation von Maslow
Bedürfnispyramide nach Maslow
Selbstverwirklichung |
Soziale Anerkennung |
Soziale Beziehungen |
Sicherheit |
physiologische Grundbedürfnisse |
Die Maslowsche Bedürfnispyramide beruht auf einem vom US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow entwickelten Modell, um Motivationen von Menschen zu beschreiben. Die menschlichen Bedürfnisse bilden die „Stufen“ der Pyramide und bauen dieser eindimensionalen Theorie gemäß aufeinander auf. Der Mensch versucht demnach zuerst, die Bedürfnisse der niedrigen Stufen zu befriedigen, bevor die nächsten Stufen Bedeutung erlangen.
Obwohl Maslows Klassifikation empirisch kaum belegt ist, ist sie bis heute sehr populär. Siehe auch Maslowsche Bedürfnispyramide für eine genauere Darstellung und kritische Analyse des Modells.
[Bearbeiten] Fünf-Grundmotivationen-Modell
Andere, z. B. Werner Correll, nennen folgende fünf Grundmotivationen des Menschen: soziale Anerkennung, Sicherheit und Geborgenheit, Vertrauen, (kompromisslose) Selbstachtung sowie Unabhängigkeit und Verantwortung
[Bearbeiten] Intrinsische und extrinsische Motivation (Zwei-Faktoren-Modell)
Es wird zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden. Das Konzept beschreibt unterschiedliche psychologische Anreizmodelle für das menschliche Verhalten. In der Pädagogik wird intrinsische Motivation auch als Primärmotivation, extrinsische als Sekundärmotivation bezeichnet.
- Primärmotivation: Diese ergibt sich aus den Grundbedürfnissen der Menschen. Jeder Mensch hat Hunger und braucht Nahrung. Wenn ein Mensch friert, hat er das natürliche Bedürfnis nach Kleidung und Wärme. Primäre Motivation bezieht sich also auf jenen Bedarf von uns Menschen an Dingen, ohne die wir nicht überleben könnten (siehe auch Defizitbedürfnisse nach Maslow).
- Sekundärmotivation: Sekundäre Motivation entwickelt sich aus unserem Umfeld, unseren Lebensumständen heraus. So sehnen wir uns nach sozialen Kontakten sowie Sicherheit und Anerkennung in unserer Gesellschaft (siehe auch Wachstumsbedürfnisse nach Maslow).
Hieraus hat sich die etwas differenziertere Betrachtung intrinsischer und extrinsischer Motivation entwickelt:
Intrinsisch motivierte Verhaltensweisen | Extrinsisch motivierte Verhaltensweisen |
---|---|
|
|
Nach Edward L. Deci und Richard M. Ryan
Intrinsische und extrinsische Motivation schließen sich nicht grundsätzlich aus und können zugleich in derselben Tätigkeit wirken. Allerdings sind beide nicht einfach kumulierbar: Extrinische Motivation, die z.B. durch künstliche Anreize eine vorhandene intrinsische Motivation teilweise oder ganz verdrängt und die Wertigkeit der Handlungsfolgen durch den sog. Korrumpierungseffekt verschiebt, stellt häufig auf lange Sicht das dominante Antriebskonzept für die Psyche des Menschen dar. Die Ursache dafür liegt in den Strukturen unserer Leistungsgesellschaft, welche vorhandene intrinsische Motivation oft durch mitunter schädliche extrinsische Anreize nicht zur Geltung kommen lässt.
Ein anderes Beispiel für eine spezifische Form intrinsischer Motivation ist die Neugiermotivation, welche gerade für die Entwicklungspsychologie eine besondere Rolle spielt. Gelingt es pädagogisch die angeborene Neugier des Menschen bis in das Erwachsenenalter zu halten, ist durch die hierdurch folgende hohe Eigenmotivation des Menschen ein besonderer Erfolg im Leben wahrscheinlich.
Wenn immer möglich, sollte daher versucht werden die Primärmotivation zu fördern. Dies wird zum Beispiel durch gezieltes Nachfragen der inneren Visionen ermöglicht und durch Übertragung von Kompetenzen oder Vorbildern bzw. durch das Schaffen einer geeigneten Lernumgebung (Montessori-Pädagogik). In der Arbeitspsychologie gilt verkürzt: Der richtige Mann am richtigen Platz.
[Bearbeiten] X- und Y-Theorie von McGregor
Nach Douglas McGregor sind Menschen entweder bestrebt Arbeitsaufwand zu vermeiden, grundsätzlich träge und faul und erwarten Belohnung bzw. Bestrafung (Theorie X) oder suchen Verantwortung, haben Interesse an einer sinnvollen Betätigung und Leistungswettbewerb (Theorie Y). Dabei werden den beiden Charakteren gegensätzliche Attribute zugeschrieben:
X-Theorie: Passivität, Antriebsarmut, Desinteresse, Drückebergerei, braucht Kontrolle, Indianer bzw. re-aktiv. Dieser Modell-Typus braucht einen eher autoritären Führungsstil.
Y-Theorie: Engagiert, Fleißig, interessiert, sucht Verantwortung, setzt sich Ziele, Eigenmotiviert, Häuptling bzw. pro-aktiv. Dieser Modell-Typus wird durch ein positives Erleben in der Tätigkeit selber motiviert. Spaß, Freude oder Interesse an der Tätigkeit stehen im Vordergrund und nicht die Belohnung für eine Handlung oder die Vermeidung von Strafe. Er ist entweder bereits Führungskraft oder hat zumindest Führungspotential und braucht einen kooperativen Führungsstil.
[Bearbeiten] Reiss-Modell der Kausalattribution (Reiss Profile)
Die Attributionstheorie hat gezeigt, dass die zugeschriebene Lokation und Stabilität von Erfolg und Misserfolg eigener Handlungen die affektiven Handlungsfolgen sowie die Erwartung zukünftigen Erfolgs beeinflusst. Wird Misserfolg etwa auf mangelnde Fähigkeit zurückgeführt, so sind negative Affekte und die Erwartung weiteren zukünftigen Misserfolgs die Folge.
Neben diesen oben genannten 3 Motiven hatte William McDougall 1932 eine Liste von 16 Basismotiven vorgeschlagen. Es folgten weitere Ansätze verschiedener Autoren mit Listen relevanter Motive in der Humanpsychologie. Erst die Arbeit des amerikanischen Testanalytikers und Motivationsforschers Steven Reiss, Professor für Psychologie und Psychiatrie an der Ohio State University, basiert jedoch auf einer umfangreichen empirischen Untersuchung, die das menschliche Verhalten auf 16 relevante Lebensmotive zurückführt. Nach der im Jahr 2000 veröffentlichten Untersuchung mittels empirischer und testanalytischer Befragung von über 20.000 Männern und Frauen aus den USA, Kanada und Japan entwickelte er eine komplexe, nicht hierarchische Ordnung der Grundmotive des Menschen, die anschließend in den USA sehr populär geworden ist:
- Macht (Streben nach Erfolg, Leistung, Führung)
- Unabhängigkeit (Streben nach Freiheit, Autarkie)
- Neugier (Streben nach Wissen und Wahrheit)
- Anerkennung (Streben nach sozialer Akzeptanz, Zugehörigkeit und positivem Selbstwert)
- Ordnung (Streben nach Stabilität, guter Organisation)
- Sparen / Sammeln (Streben nach dem Anhäufen materieller Güter)
- Ehre (Streben nach Loyalität und charakterlicher Integrität)
- Idealismus (Streben nach sozialer Gerechtigkeit und Fairness)
- Beziehungen (Streben nach Freundschaft, Kameradschaft, Humor)
- Familie (Streben nach eigenen Kindern, Familie)
- Status (Streben nach Reichtum, social standing)
- Rache / Wettkampf (Streben nach Konkurrenz, Kampf, Vergeltung)
- Eros (Streben nach erotischem Leben, Sexualität und Schönheit)
- Essen (Streben nach Essen und Nahrung)
- Körperliche Aktivität (Streben nach Fitness und Bewegung)
- Emotionale Ruhe (Streben nach Entspannung und emotionaler Sicherheit)
Obwohl diese Motive das Leben aller Menschen beeinflussen, unterscheiden sich die Individuen beträchtlich, wie sehr sie diese erleben und gestalten. Da es insgesamt über drei Milliarden verschiedener Motivprofile gibt und keines dem anderen gleicht, zeigt das Reiss-Profil wie ein Fingerabdruck ein besonderes, charakteristisches Motiv-, Interessens- und Werteprofil. Haben Partner beispielsweise ungefähr die gleichen Einstellungen zu den meisten dieser Lebensmotive, passen sie am besten zusammen.
Ein gravierender Unterschied zu den anderen Persönlichkeitsmodellen sind die mehr als 120 Querverbindungen zwischen den einzelnen Motiven, die einen intrinsisch tiefen Einblick in die Verhaltensweisen und Handlungen von Menschen geben. Also kurz gefasst: Wie verhält sich jemand, warum tut er dies, wozu tut er dies? Denn jede Handlung hat mehrere Ebenen, die trennscharf herausgearbeitet werden können, um unter anderem zu erfahren: Was für ein Streben hat jemand und weshalb hat er dieses Streben? Was benutzt er als Mittel zum Zweck und was will er damit schlussendlich erreichen?
Für die Interpretation schaut man auch gerade auf die drei psychologisch wirksamen Lebensmotive (Anerkennung, Wettkampf/Rache und Ruhe). Dies ist eine weitere Besonderheit des Reiss-Profile, denn ursprünglich wurde es für die klinische Forschung und die Therapie entwickelt. Es gibt daher auch Aufschluss über gewisse Profil-Normabweichungen. So kann man eventuell Tendenzen zu Depressionen oder Manien und sogar deren Ursachen feststellen. Eventuell können sogar Therapiemaßnahmen abgeleitet werden.
Die Methodik, mit welcher Prof. Steven Reiss sein Konzept entworfen hat ist sehr aufwendig und bisher einmalig. Andere psychologische Wissenschaftstests arbeiten mit Untersuchungsgruppen von 30 bis 100 Personen, eventuell bis 1000. Eine wirkliche valide wissenschaftliche Vorgehensweise gilt ab Stichproben von 1000. Eine Untersuchungsgruppe von 20.000 Personen, die sich in mehr als 10 unterschiedliche internationale Studien aufteilen lässt ist sehr methodisch und statistisch aufwendig und spricht für die Dichte und Aussagekraft der Daten, zudem ist jedem Motiv eine Stichprobengruppe (z.B. Reserveoffizier der USA, Mönche etc.)hinterlegt. Aus mehr als 500 Items aus den internationalen Studien wurden letztendlich die 16 Lebensmotive abgeleitet. Nach Steven Reiss ist es, wie bei jeder Wissenschaft, noch offen, ob mal in naher Zukunft z.B. ein Motiv dazukommt, oder z.B. wegfällt. Dies hängt von den weiteren Test und Studien über die nächsten Jahre ab. Die Rate für den Re-Test (z.B. 4 Tests ein und der selben Person in einem gewissen Abstand über ein Jahr) liegt bei sehr guten kleiner gleich 3%.
Das Reiss Profile wird an mehreren Universitäten (zum Beispiel in den USA, England und Deutschland) weiter untersucht und praktisch erprobt. Unter anderem gibt es auch Untersuchungen an der renommierten Harvard-Universität. In Deutschland entwickelt unter anderem das Reiss Profile Institut im Management und Leistungssport unter enger Zusammenarbeit mit Prof. Steven Reiss das Reiss Profile auf deutscher Normierungsbasis weiter.
[Bearbeiten] PSI-Theorie
Die Theorie der Persönlichkeits-Systeme-Interaktionen (PSI-Theorie) von Julius Kuhl ist eine Theorie der willentlichen Handlungssteuerung, welche motivationale, volitionale, kognitive, entwicklungs- und persönlichkeitspsychologische Theorien zu integrieren versucht.
Die Theorie nimmt an, dass die Verbindungen zwischen psychologischen Subsystemen durch Veränderungen im positiven und negativen Affekt moduliert werden. Motivationale Intelligenz soll sich nur dann entwickeln können, wenn eine positive Grundstimmung die Grundlage dafür schafft, Affekte zu regulieren und auch schmerzhafte Erfahrungen zu integrieren.
Die PSI-Theorie bietet auch eine Erklärung dafür, dass intrinsische Motivation durch materielle Anreize zerstört wird. Wenn ein Verhalten fast nur durch äußere Anreize (Anweisungen, Belohnung) gesteuert wird, sinkt die innere Beteiligung. Dadurch wird die Selbstmotivierungsfunktion, die für das Erlebnis sorgt, dass die Freude der Tätigkeit selbst entspringt (Flow), außer Kraft gesetzt.
Der große Unterschied zu anderen Persönlichkeitstheorien besteht insbesondere in der Dynamik, welche durch positiven und negativen Affekt zwischen den Makrosystemen aufgebaut wird. Kuhl postuliert 4 Makrosysteme: das Absichtsgedächtnis und das Extensionsgedächtnis (das Selbst) auf hochinferenter Ebene sowie das diskrepanzsensitive Objekterkennungssystem und die intuitive Verhaltenssteuerung auf niederinferenter Ebene. Zwischen diesen Systemen herrscht eine individuelle Dynamik auf Basis der Affekte. In über 20jähriger Forschungsarbeit konnte diese Theorie fundiert werden und hebt sich auch auf methodischer Ebene gegenüber den üblichen Motivtypologien und faktoranalytischen Konzepten ab.
Hohe Relevanz erhält in diesem Zusammenhang das Extensionsgedächtnis, welches auch als Kernstück des Selbst bezeichnet werden kann. Menschen mit gutem Zugang zu ihrem Selbst zeichnen sich durch erhöhte Flexibilität und Durchsetzungsfähigkeit und innerer Harmonie aus, während Menschen mit geringer ausgeprägtem Zugang zum Selbst eher rigide und unausgeglichen wirken. Kuhl bezeichnet die Fähigkeit zur Integration neuer Erfahrungen in das Extensionsgedächtnis als „emotionale Dialektik“. Seine Forschungen beruhen insbesondere auch auf hirnphysiologischen Erkenntnissen.
[Bearbeiten] Erwartungs-mal-Wert-Modelle
Seit der sog. Kognitiven Wende wird Motivation oft als eine multiplikative Verknüpfung von Erwartung und Wert konzipiert (zum Beispiel von John William Atkinson 1957, ausgeprägter 1964). Gemäß diesen Erwartungs-mal-Wert-Modellen geht Motivation auf die Erwartung bestimmter Handlungsergebnisse und Handlungsfolgen sowie auf deren (positive oder negative) Bewertung zurück. Diese Modelle werden auch als Erwartungs-Valenz-Modelle bezeichnet.
Erwartung: Wahrscheinlichkeit des Eintritts
Valenz: Attraktivität eines Ziels
[Bearbeiten] Motivation und Gefühl
Dass ein rein kognitiv orientierter Motivationsbegriff zu kurz greife ist in jüngster Zeit nicht nur in der phänomenologisch-sprachanalytisch ausgerichteten Philosophie, sondern auch in der Psychologie geltend gemacht worden. Vielmehr sei auch der gesamte Bereich des Fühlens als Motivationsfaktor einzubeziehen. Dies legen auch viele alltagssprachliche Formulierungen nahe: Wir gehen z.B. ins Kino, weil wir „Lust“ dazu haben. Wir meiden Menschen und Situationen, die wir „nicht leiden“ können. Wir geben als Grund für ein Verhalten oder Interesse an, es mache „Spaß“, „Freude“. Wir essen, weil es schmeckt, suchen nach Wohlbehagen, Schönheit, Entspannung, Schmerzfreiheit, weniger Leiden usw.
Nicht kognitiv sind viele Gefühle deshalb, weil beim Erleben eines angenehmen, bzw. unangenehmen Gefühls nicht notwendig gedanklich erfasst werden muss, worum es sich handelt. Lust oder Wohlbehagen beispielsweise werden auch dann noch gefühlt, wenn weder der Grund bzw. die Ursache bekannt ist, noch überhaupt ein Verständnis vorausgeht oder folgt. Bei solchen Gefühlserfahrungen ist demgemäss auch keine Verbalisierung notwendig. Die mögliche kognitive Komponente ist dann sekundär. Analoges gilt für negative Gefühle, die ebenfalls einen nicht-kognitiven Motivationsfaktor abgeben können, wie z.B. Angst, Schmerz oder Depression.
Eine Präzisierung erfuhr diese Auffassung in einer nochmaligen Erweiterung des "Erweiterten Kognitiven Motivationsmodells" von Heckhausen durch Falko Rheinberg (vgl. Rheinberg, 2004). Darin werden die Anreize zu einer Handlung nicht nur in den eigentlich erwünschten Folgen der Handlung gesehen, sondern auch in den positiven Zuständen, die mit der Handlung selbst verbunden sind (vgl. hierzu auch das Flow-Konzept. In ähnlicher Form finden sich Emotionen auch in anderen aktuellen Motivationsmodellen, beispielsweise als "intrinsischer Aufgabenwert" in der "Theory of Achievement-Related Choices" von Jackie Eccles oder als die über semantische Differentiale erhobenen Einstellung im Rahmen der Theorie des geplanten Verhaltens "Theory of Planned Behavior" von Icek Ajzen.
[Bearbeiten] Typische Motivationsmuster
Sind in einer Motivation sowohl kognitive wie auch emotionale Komponenten wirksam und stehen diese im Widerspruch, dann kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass die emotionale Komponente dahin tendiert, zu dominieren und die kognitive Komponente zu verdrängen.
Beispiel: Vertrete ich die Überzeugung, dass man im Krieg als Soldat tapfer sein sollte (Wert der „Tapferkeit“ als kognitive Motivation), habe ich aber dabei starke Angstgefühle (Angst als „emotionale“ Motivation), dann behält in vielen, wenn nicht sogar in den meisten Fällen der emotionale Motivationsfaktor die Oberhand. Oft geschieht dies unbewusst oder indem ein anderer als der tatsächliche Grund geltend gemacht wird, z.B. indem man argumentiert, der Kriegsgrund sei nicht plausibel oder unmoralisch und daher abzulehnen („Rationalisierung“).
Ein anderes typisches Reaktionsmuster innerhalb von Motivationen betrifft die zeitliche Hierarchie handlungsauslösender Faktoren. Erlebt man eine Reihe von negativen Erfahrungen, aufgrund derer eigentlich davon auszugehen wäre, dass sie demotivierend wirken, erfährt man aber danach eine positive Motivation in Bezug auf dieselbe Sache oder Situation, jedoch aus anderen Gründen, dann tendiert die letztere Erfahrung dahin, in der Motivation zu dominieren. Beispiel: In einer Ehe gibt es viel Streit und Meinungsverschiedenheiten, in der Folge aber besseres Verständnis oder befriedigenderen Sex. In diesem Fall erweist sich meist die letzte Erfahrung in der Motivation als stärker (z.B. zusammen zu bleiben oder sich zu trennen.) Auffallend ist dabei, dass keine zahlenmäßige oder qualitative Aufrechnung vollzogen wird, sondern die letzte Erfahrung dominiert.
[Bearbeiten] Anwendungen der Motivationspsychologie
Die Erkenntnisse der Motivationspsychologie spielen in folgenden angewandten Bereichen eine Rolle:
- Soziale Beziehungen: Generell bilden die individuellen Motivationsstrategien der Menschen eine wesentliche Grundlage für das subjektive Empfinden von Sympathie und Antipathie. Liegen ähnliche Bedürfnislagen vor, finden sich leicht Partnerschaften.
- Konsumforschung: Die Frage, auf welcher Basis Menschen Konsumentscheidungen treffen, ist eng mit der Frage nach Konsummotiven (wie Statusdemonstration oder Gruppenzugehörigkeit) verknüpft.
- Verkaufspsychologie: Die Bedürfniserfassung des Kunden zur gezielten Gestaltung von Kaufanreizen als Abwandlung der allgemeinen Handlungsanreize aus der Motivationsforschung.
- Arbeits- und Organisationspsychologie: Die Motivation der Mitarbeiter ist häufig ein entscheidender Faktor für die Produktivität eines Unternehmens oder Behörde.
- Gesundheitspsychologie: Motivationale Faktoren haben Einfluss auf präventives Gesundheitsverhalten und auf die Compliance.
- Klinische Psychologie: Motivationale Faktoren werden zur Erklärung psychischer Störungen, z.B. der Depression, herangezogen.
- Pädagogische Psychologie: Die Motivation von Schülern und Lehrern hat Auswirkungen auf den Schulerfolg.
- Sportpsychologie: Die Motivation von Sportlern hat Auswirkungen auf die Leistung.
- Lernen durch Lehren: Bedürfnistheoretisch begründete Unterrichtsmethoden
[Bearbeiten] Feststellung von Motivation
Neben Beobachtung und recht unzuverlässigen Interviewmethoden bietet die Eignungsdiagnostik aus dem Bereich der Personalwirtschaft einige verlässliche Verfahren an, um die Motivationslage des Menschen festzustellen. Von zentraler Bedeutung hierbei ist die grundlegende Tatsache, dass dem weit verbreiteten Missverständnis begegnet werden sollte, es sei wichtig, dass ein Mensch motiviert ist.
Vielmehr darf prinzipiell festgestellt werden, dass jeder Mensch eine ihm eigene Motivationslage bzw. ein Geflecht von Antrieben und Handlungsstrategien besitzt, das ihn bei seiner Wahl der jeweils als für ihn selbst optimal empfundenen Handlungsweise zumeist unbewusst leitet. Es stellt sich also nie die Frage ob ein Mensch motiviert ist, sondern wie er motiviert ist.
Mit dieser Erkenntnis darf nicht verwechselt werden, dass sog. pro-aktiv motivierte Menschen, welche über einen höheren Reflektionsgrad darüber verfügen, was sie antreibt und wie sie diese Bedürfnisse gezielt einsetzen können, um sich selbst zu motivieren, zumindest im Arbeits- und Leistungsprozess höher angesehen werden als Menschen, denen ihre Motivationskonzepte nicht so bewusst sind und die daher als re-aktiv bezeichnet werden. Letztgenannte Menschen brauchen häufig ein externes Anreizkonzept, das sich ihrer persönlichen Präferenzen und Erfahrungen bedient, sind aber vom Prinzip her nicht weniger stark motiviert, z.B. Strafe zu vermeiden oder einen unangenehmen Kontext zu verlassen.
Einen derart sekundär motivierten Menschen als nicht motiviert zu bezeichnen, darf als fachlich unhaltbare Verkürzung gelten. Auch kann die Pauschalisierung möglicher Handlungsmotive nach Mc. Gregor auf faule und träge Menschen bzw. fleißige und selbstmotivierte Akteure nicht überzeugen. Dieses Menschenbild entspricht in keiner Weise mehr den heutigen Erkenntnissen zur Handlungsmotivation und den Aussagen der modernen Psychologie, die für jede Vermeidungsstrategie auch ein Motiv sucht und in der Zielkonflikte, insbesondere innerer und oft unbewusster Ziele sich in keinem Fall nur durch die Beschreibung von Leistungsverweigerung erfassen lassen.
Die breite Masse der Menschen, weil sie nicht in Leitungsfunktion stehen, empfindet ihre Arbeit allerdings tatsächlich eher als unbequeme Notwendigkeit und entwickelt demnach mehr oder weniger offen erkennbare Strategien zur Leistungsvermeidung und sind extrinsisch, also aufgrund der Bezahlung und nicht durch die Arbeit als solche motiviert. Viele Menschen sehen die Belohnung für ihre Handlungen und die damit mögliche Anerkennung im sozialen Kontext (Partnerwahl, Machterhalt, Statusgewinn) als Hauptantrieb für ihre Tätigkeit an und müssen nach Mc Gregor tatsächlich auch eher streng geführt werden.
Die Motivationslage eines intrinsisch motivierten Menschen korrespondiert hierbei mit einem höheren Status der tatsächlichen Bedürfnislage des Betreffenden, der seine Grund- und Existenzbedürfnisse (Defizitbedürfnisse) hier häufig als gesichert betrachtet und seine höheren Wachstumsbedürfnisse, insbesondere das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (siehe Maslowsche Bedürfnispyramide) im Vordergrund sieht. Auch das Flow-Erleben kann intrinsischer Motivation zu Grunde liegen.
[Bearbeiten] Neurobiologie der Motivation
Motivation veranlasst einen Organismus zu zielgerichtetem Verhalten. Unser Wissen über die Neurobiologie der Motivation ist noch sehr beschränkt. Es entstammt im Wesentlichen der Suchtforschung, der Untersuchung hirngeschädigter Menschen und Tierversuchen.
Zielgerichtetes Verhalten ist beim Menschen und bei Versuchstieren nur beobachtbar, wenn bestimmte Teile des Gehirnes intakt sind. Dabei handelt es sich um
- Vorderes Cingulum (ein Teil des Frontalhirns)
- Ventrales Tegmentum (VTA, Teile des Mittelhirns)
- Nucleus accumbens
- Ventrales Pallidum (Teil der Basalganglien)
- Nucleus medialis dorsalis thalami (Teil des Thalamus)
Sind diese Regionen geschädigt, können, je nach Schweregrad, folgende Störungen der Motivation auftreten
Auch Schäden anderer Hirnareale, die Teile des Belohnungssystems sind, können zu Motivationsstörungen führen.
[Bearbeiten] Motivation in der Wirtschaft
Oft wird der Begriff heute im Zusammenhang mit: Identifikation mit der eigenen Firma gebraucht. Nach vielen neuen Untersuchungen leidet diese in Deutschland zusehends. Dies kann u. a. zu abnehmender Motivation und Arbeitsmoral sowie zur Zunahme von für die Firma schädigenden Vermögensdelikten führen. Im Jahr 2002 hat beispielsweise das Gallup erstmals belegt[1], dass deutsche Arbeitnehmer im europäischen Vergleich unverändert schlecht motiviert sind. Nur 15 Prozent der Mitarbeiter seien demnach engagiert im Job. In beinahe jedem Unternehmen, für das Gallup Beratungsarbeit geleistet hat, stellte sich das Verhältnis von "engagierten" zu "aktiv unengagierten" Mitarbeitern im Verhältnis 1:1 dar. Gallup konnte zudem feststellen, dass gutes, mitarbeiterfokussiertes Management den Schlüssel zum Anheben des Engagementlevels darstellt.
Wird hingegen ein Mitarbeiter entlassen, so empfinden das Arbeitnehmerkollegen in den meisten Fällen als ungerecht. Sowohl Entlassungen als auch Einkommenskürzungen sind allerdings regelmäßiger Bestandteil von Rationalisierungsprogrammen und gehören in wirtschaftlich schlechten Zeiten zum Berufsalltag. Dies erschwert nach einer Untersuchung von Struck und Stephan (2006) die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen zusätzlich. Über 40 Prozent der Befragten erlebten in ihrem Unternehmen während der letzten fünf Jahre betriebsbedingte Entlassungen und 25 Prozent berichten von Einkommenskürzungen mit entsprechenden Identifikations- und Motivationseinbrüchen.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.gallup.de/Mitarbeiterzufriedenheit_10-09-02.htm GALLUP-Studie: Engagement am Arbeitsplatz in Deutschland auf unverändert niedrigem Niveau
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Fachbücher
- Deckers, Lambert (2005): Motivation - Biological, Psychological, and Environmental. Pearson Boston, 2nd, ISBN 0-205-40455-3
- Heckhausen, Heinz (1989): Motivation und Handeln, Berlin: Springer, ISBN 3540507469
- Kehr, Hugo (2004): Motivation und Volition, Göttingen: Hogrefe, ISBN 3801718212
- Kuhl, Julius (2001): Motivation und Persönlichkeit. Interaktionen psychischer Systeme, Göttingen: Hogrefe, ISBN 3801713075
- McClelland, D.C. (1985) Human Motivation, Cambridge, MA: Cambridge University.
- Rheinberg, Falko (2004): Motivation, 5. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer. ISBN 3170184644
[Bearbeiten] Motivationstechniken
- Jens U. Martens und Julius Kuhl: Die Kunst der Selbstmotivierung. Neue Erkenntnisse der Motivationsforschung praktisch nutzen, Kohlhammer, 2005
- David Scheffer und Julius Kuhl: Erfolgreich motivieren. Mitarbeiterpersönlichkeit und Motivationstechniken Hogrefe, 2006, ISBN 3801717798
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Siehe auch
- Intrinsische / extrinsische Motivation und Selbstbestimmungstheorie
- Selbstbestimmungstheorie
- Sucht--Limbisches System--Nucleus accumbens
- Jürgen Höller
- Stefan Frädrich