Werner Bergengruen
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Werner Bergengruen (* 16. September 1892 in Riga; † 4. September 1964 in Baden-Baden) war ein deutschbaltischer Schriftsteller.
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[Bearbeiten] Leben
Werner Bergengruen wurde als zweiter Sohn eines deutschbaltischen Arztes schwedischer Abstammung und Angehöriger der aristokratisch-patrizischen Oberschicht in Riga geboren. Werner Bergengruen wurde von seinem Vater wegen der Russifizierungspolitik des Zarenreiches im Baltikum zur Schulausbildung nach Deutschland geschickt. Er blieb aber dennoch seiner alten Heimat zeitlebens verbunden.
[Bearbeiten] Übersiedlung nach Deutschland
In den Jahren 1903 bis 1910 besuchte er das Katharineum zu Lübeck. 1911 nahm er in Marburg das Studium der (evangelischen) Theologie auf und wechselte danach zu Germanistik und Kunstgeschichte. Später setzte er sein Studium in München fort, ohne einen regulären Abschluss zu machen. Während des Ersten Weltkrieges, von 1914 bis 1918, war er als Freiwilliger und Leutnant bzw. Stoßtruppführer des Deutschen Heeres im Baltikum im Einsatz, danach 1919 als Angehöriger der Baltischen Landwehr, die gegen die Rote Armee kämpfte.
[Bearbeiten] Journalist und freier Schriftsteller
1919 heiratete er Charlotte Hensel. Beruflich war er seit 1920 als Journalist tätig und ging 1922 nach Berlin, wo er Leiter der Zeitschrift Ost-Informationen wurde. In diesem Jahr erschien sein erster Roman als Vorabdruck in der Frankfurter Zeitung, "Das Gesetz des Atum", der autobiographische Züge enthält. In späterer Zeit stand er diesem Werk ablehnend gegenüber ("... mit Recht vergriffen, verbrannt, vergessen."). 1925 wurde er Chefredakteur der Baltischen Blätter.
1927 lebte er als freier Schriftsteller in München und Berlin, wo Bergengruen zum Schriftstellerkreis gehörte, der sich um den Verleger Victor Otto Stomps und dessen Verlag Rabenpresse gebildet hatte. Neben dem Mitbegründer der Rabenpresse Hans Gebser gehörten dazu: der Philosoph Jean Gebser, Horst Lange und dessen spätere Frau Oda Schaefer, für kurze Zeit Bertolt Brecht, Joachim Maass, Walther G. Oschilewski, Robert Seitz, Guido Zernatto, Jens Heimreich, Rolf Bongs, Werner Helwig und Eberhard Meckel. Bergengruen lieferte selbst Beiträge zur Literaturzeitschrift Der weiße Rabe, die in den Jahren 1932 bis 1934 von Stomps in der Rabenpresse herausgegeben wurde.
[Bearbeiten] Stellung zum Nationalsozialismus
Dem Nationalsozialismus stand Bergengruen (wie auch sein enger Freund Reinhold Schneider) ablehnend gegenüber. Er war zwar national-konservativ eingestellt, dabei aber zunehmend christlich-humanistisch orientiert. Auch aus familiären Gründen (seine Frau war teilweise jüdischer Herkunft) war er distanziert, trat aber mit Rücksicht auf die prekäre Situation seiner Familie nicht offen gegen den Nationalsozialismus auf. 1935 erschien der erfolgreichste Roman des Autors, "Der Großtyrann und das Gericht", der eine Auflage von über einer Million verkaufter Exemplare erreichte und von Kritikern des Nazi-Regimes als versteckte Abrechnung mit dem Nationalsozialismus verstanden wurde, was jedoch aus der Entstehungsgeschichte des Werkes (es wurde bereits 1926 begonnen) vermutlich eine Überinterpretation des Werkes darstellt. Der Roman wurde später verfilmt, dramatisiert und in 15 Sprachen übersetzt.
Ein Jahr später, 1936, konvertierte Bergengruen zum katholischen Glauben. 1937 wurde er (u.a. mit Hinweis auf den „Großtyrann und das Gericht“) aus der Reichsschrifttumskammer mit der Begründung ausgeschlossen, er sei durch schriftstellerische Veröffentlichungen nicht geeignet, am Aufbau der deutschen Kultur mitzuarbeiten. In einem Gutachten des „Gaupersonalamtes München/Hauptstelle für politische Beurteilungen“ hieß es: „Weder er noch seine Kinder sind Mitglied einer Parteigliederung. Der deutsche Gruß ‚Heil Hitler‘ wird weder von ihm noch von seiner Familie angewendet. Eine NS-Presse bezieht er soweit bekannt ebenfalls nicht. Bemerkt sei noch, daß B. konfessionell stark gebunden ist.“ Es wurden in der Folge der Gedichtband "Der ewige Kaiser" aus dem Jahr 1937 und der Roman "Am Himmel wie auf Erden" 1940 verboten, auch ein Rundfunk- und Vortragsverbot wurde verhängt. Dessen ungeachtet gehen die regimekritischen Gedichte des Gedichtbandes "Der ewige Kaiser" in Abschriften von Hand zu Hand.
Doch auch in jenen Jahren konnten trotz Bergengruens Schwierigkeiten mit dem NS-Regime zahlreiche seiner anderen Werke erscheinen, denn er war zu jener Zeit einfach einer der beliebtesten Autoren in Deutschland. Nachdem 1942 sein Haus in München-Solln zerstört worden war, übersiedelte Bergengruen nach Achenkirch in Tirol.
[Bearbeiten] Nachkriegszeit
1946 zog Bergengruen in die Schweiz, lebte danach zwei Jahre in Rom und schließlich von 1958 bis zu seinem Tod in Baden-Baden. 1952 entstand sein wohl bekanntestes Werk der Nachkriegszeit: „Der letzte Rittmeister“ (1952), in dem er auch seine Zweifel, seine Skepsis an neuen Entwicklungen (wie z.B. Industriezeitalter oder Normierung) dem Festhalten an der Tradition, die allerdings nie als starres Gegenmodell zur Jetztzeit gesehen wird, gegenüberstellt. Der ihm von seinen zahlreichen Gegnern im v.a. linksintellektuell geprägten Kulturestablishment gemachte Vorwurf, er versuche, die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands zu verdrängen, wurde von ihm mit dem Essay "Schreibtischerinnerungen" (1961) beantwortet. Darin befragt er Menschen aller Zeiten nach ihrem Verhalten, ihrem Versagen und ihrem Glauben, und überantwortet sie schließlich der Gnade Gottes.
Seine Sicht des Glaubens als „Sprung über den eigenen Schatten der eigenen Existenz“ erfüllte ihn auch hinsichtlich der Änderungen durch das Zweite Vatikanische Konzil mit Misstrauen, denn zu sehr widersprachen diese seinem nonkonformistischen Bild von „Katholizität“ und seiner Grundüberzeugung, dass „das, was im Äußeren vorgeht, nur ein verdeutlichendes und vergröbertes Bild der Dinge ist, die sich in den Seelen der Menschen ereignen“.
[Bearbeiten] Künstlerisches Schaffen
Bergengruen schrieb in der Nachfolge der großen Autoren des 19. Jahrhunderts Romane, Erzählungen und Übersetzungen, die sich durch geschliffene Sprache und klassischen, spannungsreichen Aufbau auszeichnen. Er war ein Erzähler, der sein christlich-humanistisches Weltbild in große Fabeln und Parabeln verpackte, und dabei sowohl in weit ausgesponnenen Romanen (wie z.B. "Am Himmel wie auf Erden"), wie auch in — teilweise durch Rahmenerzählungen zusammengehaltenen — kleinen, oft anekdotenhaften Formen brillierte. Speziell dieser Hang zum "Anekdotenhaften" ist sicherlich auch für seine posthume Geringschätzung durch die Literaturkritik seit den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts verantwortlich. Hier wird jedoch übersehen, dass Bergengruen nicht (wie z.B. Friedrich Sacher) in der behaglichen Wiedergabe origineller Ereignisse und verblüffender Änderungen sein Genügen findet, sondern gerade mit seinen "Anekdoten" stets die grundlegenden Eigenschaften des Menschen in unnachahmlicher Weise "auf den Punkt bringt". Die novellistischen Erzählungen machen einen Schwerpunkt im Werk von Bergengruen aus.
In der deutschen Nachkriegszeit galt er als Beispiel eines Autors der "Inneren Emigration" gegenüber dem NS-Regime und war einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren der frühen Bundesrepublik. Das Christentum und der abendländische Humanismus machten Bergengruens Weltanschauung aus, die sein gesamtes Werk durchzieht. Seine Novellen handeln von der Bindung des Menschen in eine höhere Ordnung und vom Wirken göttlicher Vorsehung, gehalten in klassischer Erzählform, in der eine „unerhörte Begebenheit“ als zeitloser Handlungs-Prototyp thematisiert wird. Sein bekanntestes Novellenwerk ist „Die drei Falken“ (1936) — quasi eine schon im Titel gegebene Erfüllung der Heyse'schen „Falkentheorie“.
[Bearbeiten] Auszeichnungen und Ehrungen
- 1951 Wilhelm-Raabe-Preis der Stadt Braunschweig
- 1958 Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Universität München
- 1958 Großkreuz des Bundesverdienstordens
- 1958 Mitglied des Ordens Pour le Mérite
- 1962 Schiller-Gedächtnispreis des Landes Baden-Württemberg
[Bearbeiten] Werke
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[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Karl W. Apel u. Werner Herzenstiel: Werner Bergengruens "Charakterprobe". Esslingen: Langer. 1975.
- Hans Bänziger: Werner Bergengruen. Weg und Werk. 4., veränd. Aufl. Bern: Francke. 1983. ISBN 3-7720-1710-X
- Theoderich Kampmann: Das Verhüllte Dreigestirn. Werner Bergengruen, Gertrud von le Fort, Reinhold Schneider. Paderborn: Schöningh. 1973. (= Schriften zur Pädagogik und Katechetik; 24) ISBN 3-506-78174-X
- Arthur Kaufmann: Beziehungen zwischen Recht und Novellistik. Stuttgart u. a.: Boorberg. 1987. ISBN 3-415-01339-1
- Helga Kaufmann: Das Problem der Furcht im Werk Werner Bergengruens. München: Univ. Diss. 1984.
- Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Die totalitäre Erfahrung. Deutsche Literatur und Drittes Reich. Berlin: Duncker & Humblot. 2003. (= Literarische Landschaften; 5) ISBN 3-428-11277-6
- Frank-Lothar Kroll u. Alfred Schmidt: Dichtung als Kulturvermittlung. Der Schriftsteller Werner Bergengruen. Beiträge für Unterricht und Weiterbildung. Filderstadt: Weinmann. 1997. (= Die Deutschen und ihre Nachbarn im Osten; 7) ISBN 3-921262-09-7
- Paul A. MacKenzie: Die heile Welt in the lyrics of Werner Bergengruen. Bern u. a.: Peter Lang. 1980. (= Europaeische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache u. Literatur; 331) ISBN 3-261-04715-1
- Peter Meier: Die Romane Werner Bergengruens. Bern: Francke. 1967.
- David J. Parent: Werner Bergengruens "Ungeschriebene Novelle". Eine Analyse d. Werkstattnovelle aus "Das Geheimnis verbleibt". Bonn: Bouvier. 1974. (= Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft; 157) ISBN 3-416-00896-0
- Annette Schmollinger: "Intra muros et extra". Deutsche Literatur im Exil und in der inneren Emigration. Ein exemplarischer Vergleich. Heidelberg: Winter. 1999. (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte; F. 3, 161) ISBN 3-8253-0954-1
- Ingeborg Scholz: Deutsche Lyrik im Spannungsbogen zwischen Kunst und Religion. Werner Bergengruen und Rudolf Alexander Schröder. Bonn: Verl. für Kultur und Wiss. 2002. (= Disputationes linguarum et cultuum orbis : Sectio V, Volkskunde und Germanistik; 6) ISBN 3-932829-39-5
- Elisabeth Sobota: Das Menschenbild bei Bergengruen. Einführung in das Werk des Dichters. Zürich u. a.: Verl. Die Arche u. a. 1962.
- Julia Valerie Tietze: Der objektive Charakter des Strafgesetzes im Widerstreit zum subjektiven Rechtsgefühl. Eine juristische Auseinandersetzung mit dem Roman "das Feuerzeichen" von Werner Bergengruen. Herdecke: GCA-Verl. 2004. ISBN 3-89863-168-0
- Max Wolfgang Weber: Zur Lyrik Werner Bergengruens. Winterthur: Keller. 1958.
- Werner Wilk: Werner Bergengruen. Berlin: Colloquium. 1968. (= Köpfe des 20. Jahrhunderts; 52)
- Hans-Jürgen Wipfelder: Die Rechts- und Staatsauffassung im Werke Werner Bergengruens. Bonn: Bouvier. 1969. (= Schriften zur Rechtslehre und Politik; 59)
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Werner Bergengruen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie zu Werner Bergengruen
- Tabellarische Kurzbiografie zu Werner Bergengruen
- Werner Olles: Parteigänger der Freiheit
Personendaten | |
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NAME | Bergengruen, Werner |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 16. September 1892 |
GEBURTSORT | Riga, Lettland |
STERBEDATUM | 4. September 1964 |
STERBEORT | Baden-Baden, Deutschland |