Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist eine deutsche Hochschule in Mainz, Rheinland-Pfalz. Mit 34.448 Studenten (Ws 2006/2007) an etwa 150 Instituten und Kliniken gehört sie zu den zehn größten Hochschulen in Deutschland. Seit einer Strukturreform zum 1. Januar 2005 ist die Universität in elf Fachbereichen organisiert.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die erste Mainzer Universität geht auf den Mainzer Erzbischof, Kurfürst und Reichserzkanzler Adolf II. von Nassau zurück. Die Gründung einer Universität musste damals vom Papst approbiert werden und Adolf II. hatte einen entsprechenden Genehmigungsprozess während seiner Amtszeit in die Wege geleitet. Eröffnet wurde die Universität aber erst 1477 von Adolfs Nachfolger auf dem Bischofsthron Diether von Isenburg. In den Wirren nach der Gründung der Mainzer Republik 1792 und anschließender Rückeroberung durch die Preußen kam es zu einem allmählichen Erliegen des Lehrbetriebs. 1798 wurde die Universität unter französischer Herrschaft offiziell aufgehoben, bis 1823 fanden in der medizinischen Fakultät noch Vorlesungen statt.
Die heute existierende Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurde 1946 von der französischen Besatzungsmacht gegründet. Durch das Dekret der französischen Militärregierung am 1. März wurde die Kontinuität der Mainzer Universität impliziert: Die Universität wurde „ermächtigt, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen“. Als erste Universitätsgebäude dienten die auch heute noch in Gebrauch befindlichen Reste einer Luftwaffenkaserne, die 1938 nach der Remilitarisierung des Rheinlandes während der Zeit des Nationalsozialismus errichtet worden war.
Die Kontinuität zwischen Alter Universität und Johannes Gutenberg-Universität Mainz trotz Unterbrechung des Lehrbetriebes von über 100 Jahren ist strittig. Sie wird vor allem durch das rechtliche Weiterbestehen der Universität, das sich besonders am Universitätsfond [1] zeigt, begründet. Lediglich das Priesterseminar und eine Hebammenlehranstalt bestanden in der Zeit bis zur Wiedereröffnung fort.
1972 schlug sich die Wirkung der 68er Studentenproteste auch in der Struktur der Universität Mainz nieder. Die Fakultäten wurden aufgehoben und die Universität in Fachbereiche gegliedert. 1974 wurde schließlich Prof. Dr. Peter Schneider zum ersten Präsidenten der nun als „verfasste Gruppenuniversität“ organisierten Hochschule gewählt. 1990 wurde Prof. Dr. Jürgen Zöllner Präsident, er blieb jedoch nur ein Jahr im Amt und wurde dann Minister für Wissenschaft und Weiterbildung des Landes Rheinland-Pfalz. Als Koordinator der SPD für Hochschulpolitik spielte der beurlaubte Professor des Institutes für Physiologische Chemie eine entscheidende Rolle in der Hochschulpolitik der SPD und bei der Entwicklung der Studienkonten. Seit einer Strukturreform zum 1. Januar 2005 ist die Universität in elf Fachbereichen organisiert.
[Bearbeiten] Gegenwart
Heute hat die Johannes Gutenberg-Universität Mainz zirka 35.000 Studierende (Stand WS 2006/07) und besteht aus mehr als 150 Instituten und Kliniken.
Das Fächerspektrum ist fast vollständig, es fehlen lediglich die technischen Fächer, die Tiermedizin und Ernährungswissenschaften. Stattdessen kann man Buchwissenschaften, Sport, Musik, Bildende Kunst sowie Theater- und Filmwissenschaft studieren.
Ab dem Sommersemester 2007 plant die rheinland-pfälzische Landesregierung Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester einzuführen. Betroffen sind alle sogenannten "Nicht-Landeskinder", d.h. Studierende, deren Hauptwohnsitz außerhalb von Rheinland-Pfalz liegt. Ob diese Regelung jedoch Bestand haben wird, ist bislang nicht abzusehen, denn eine ähnliche Landeskinderregelung in Hamburg wurde vom dortigen Verwaltungsgericht als verfassungswidrig abgelehnt. Als Folge führte der Hamburger Senat allgemeine Studiengebühren ein.
Für Seniorstudenten, Gasthörer, Studierende von Aufbaustudiengängen fallen bereits jetzt Studiengebühren an. Vom Ministerium für Wissenschaft und Weiterbildung wurden die von Prof. Zöllner mitentwickelten Studienkonten bereits im Wintersemester 2004/05 eingeführt. Bei Überziehen des Studienkontos fallen in der Übergangszeit pauschal Studiengebühren von 650 Euro pro überzogenem Semester an. Die Studienkonten erlauben ein kostenfreies Erststudium innerhalb des 1,75-Fachen der Regelstudienzeit. In einem zweiten Schritt sollen die Konten zukünftig nach tatsächlich „verbrauchten“ Studienzeiten abgebucht werden. Ob der enorme Verwaltungsaufwand zur tatsächlichen Verbesserung der Studienbedingungen führt, ist nach wie vor umstritten. Messbarer Erfolg ist ähnlich wie bei der Einführung von Langzeitstudiengebühren in anderen Bundesländern der Rückgang der nominell eingeschriebenen Studierenden. Ob durch die Maßnahme tatsächlich weniger Lehrleistung an der Universität abgefragt wirkt, oder letztlich nur Karteileichen aus den Akten des Studierendensekretariates entfernt werden, ist durch die dezentrale Organisation der universitären Lehre nicht nachweisbar.
[Bearbeiten] Besonderheiten
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist eine der wenigen Campusuniversitäten in Deutschland. Beinahe alle Institute und Einrichtungen sind auf einem ehemaligen Kasernengelände im Südwesten der Stadt untergebracht. Außerhalb des Campusgeländes befinden sich die Universitätsklinik sowie der 1949 eingegliederte Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaften mit Sitz in Germersheim. Verschiedene kleinere Institute und Einrichtungen sind aus unterschiedlichen Gründen außerhalb des Campus untergebracht. So hat das Journalistische Seminar seinen Sitz in der "alten Universität" neben dem Mainzer Theater. Das Institut für Vor- und Frühgeschichte ist samt Bibliothek in einem historischen Gebäude am Schillerplatz untergebracht. Auch die Studiengänge Filmwissenschaft und Mediendramaturgie, sowie die medienpraktischen Veranstaltungen der Publizistik, aber auch das Fernsehprojekt CampusTV sind nicht auf dem Campus untergebracht, sondern mit Videothek und Bibliothek im Medienhaus in der Wallstraße. Für die Hochschule für Musik, derzeit noch in der Binger Straße beheimatet, entsteht seit 2006 ein Neubau auf dem Campus.
Neben der Universität sind auf dem Campus auch das Max-Planck-Institut für Chemie und das Max-Planck-Institut für Polymerforschung untergebracht. Auf dem Universitätsgelände befinden sich außerdem der Elektronenbeschleuniger MAMI und der Forschungsreaktor TRIGA, der botanische Garten sowie ein Sportstadion samt Hallenbad. Einmalig in der bundesdeutschen Hochschullandschaft ist die Integration der Hochschule für Musik, der Akademie für Bildende Künste und des Sports in eine Universität.
[Bearbeiten] Schreibweise
Die Schreibweise der Universität weicht auch im Hochschulgesetz des Landes Rheinland-Pfalz von der eigentlich zu erwartenden Schreibweise Johannes-Gutenberg-Universität Mainz ab, da auf eine Ausnahmemöglichkeit in den Rechtschreibregeln Bezug genommen wird.
[Bearbeiten] Fachbereiche
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist seit dem 1. April 2005 in elf Fachbereiche gegliedert.
- Katholische Theologie und Evangelische Theologie
- Sozialwissenschaften, Medien und Sport
- Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
- Medizin
- Philosophie und Philologie
- Sprach- und Kulturwissenschaft
- Geschichts- und Kulturwissenschaften
- Physik, Mathematik und Informatik
- Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften
- Biologie
- Hochschule für Musik und Akademie für Bildende Künste
[Bearbeiten] Geschichtstafel
1477 Gründung der alten Universität
um 1800 Beendigung des Lehrbetriebs
Ab 1945 wurde die Wiedereröffnung der Mainzer Universität mit Unterstützung durch die französische Militärregierung vorbereitet. Mit der Gründungurkunde, in der ausdrücklich die Wiederaufnahme der Tätigkeit gestattet wird, begründete der Generalverwalter der französischen Militärregierung in Baden-Baden die umstrittene Kontinuität der Mainzer Universität. [2]. Am 15. Mai 1946 nahm die nun „Johannes Gutenberg-Universität Mainz“ genannte Hochschule unter dem Leitspruch „Ut omnes unum sint – Dass alle eins seien“ den Lehrbetrieb auf.
1949 wurde das Auslands- und Dolmetscher-Institut Germersheim eingegliedert.
1950 Gründung des Forschungsinstituts für Wirtschaftspolitik
Seit Wiedereröffnung der Universität widmete sich Fritz Straßmann dem Aufbau des Instituts für Chemie und des MPI für Chemie, das aus dem Umzug des vormaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie in Berlin nach Mainz entstand. 1956 wurde das MPI für Chemie von Otto Hahn eingeweiht.
1967 nahm Otto Hahn den Forschungsreaktor TRIGA Mark II in Betrieb, der als Forschungsneutronenquelle dient.
1991 wurde die Stufe B des Elektronen-Beschleuniger MAMI (Mainzer Mikrotron) nach zehnjähriger Umbau- und Entwicklungszeit am Institut für Kernphysik in Betrieb genommen.
2002 wurde die Johannes Gutenberg-Universität Mainz für ihre besonderen Reformergebnisse als „Best-Practice-Hochschule“ durch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) ausgezeichnet.
Im Jahr 2004 kam die Universität durch die europäischen und amerikanischen Marsmissionen Mars Express/Beagle 2 und Opportunity/Spirit in die Schlagzeilen, da zwei der wichtigsten Analysegeräte an Bord aus Mainz stammten. Das APXS (Alpha Particle X-Ray- Spectrometer) wurde vom MPI für Chemie in Mainz auf dem Campusgelände der Universität und das MIMOS II (Miniaturisiertes Mößbauer-Spektrometer) an der Johannes Gutenberg-Universität entwickelt.
2006 wurden im Rahmen der 60-Jahr-Feier zur Wiedereröffnung der Universität erstmals goldene Promotionsurkunden an die noch lebenden Promovenden der Jahre 1947 bis 1956 verliehen. Die allererste Promovendin war eine Zoologin, die bei Wolfgang von Buddenbrock promovierte.
[Bearbeiten] Rektoren und Präsidenten
[Bearbeiten] Rektoren (1946–1974)
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[Bearbeiten] Prorektoren (1946–1974)
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[Bearbeiten] Präsidenten (seit 1974)
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[Bearbeiten] Vizepräsidenten (seit 1974)
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[Bearbeiten] Bekannte Persönlichkeiten (nach Geburtsjahr)
[Bearbeiten] bis 1900
- Johann Joachim Becher (1635–1682), Alchemist und Wirtschaftstheoretiker.
- Georg Forster (1754–1794), Naturforscher, Ethnologe, Reiseschriftsteller, Journalist, Essayist und Revolutionär
- Erwin Freundlich (1885–1964), Astrophysiker und Honorarprofessor in Mainz
- Herbert Kühn (1895–1980), Prähistoriker, Religionswissenschaftler, Kunsthistoriker und Philosoph.
- Johann Friedrich von Pfeiffer (1718–1787), Professor der Kameralistik
- Anna Seghers (1900–1983), Dr. phil., Schriftstellerin
- Wilhelm Troll (1897–1978), Prof. Dr. rer. nat., Botaniker, Morphologe und Begründer des Botanischen Gartens der Universität
- Erich Welter (1900–1982), Prof. Dr. rer. pol., Publizist und Wirtschaftswissenschaftler
- Carl Zuckmayer (1896–1977), Dr. h. c. mult., Schriftsteller
[Bearbeiten] 1900–1945
- Hans Buchheim (* 1922), Prof. Dr. phil., Politikwissenschaftler
- Paul J. Crutzen (* 1933), Prof. Dr. rer. nat., Meteorologe und Chemie-Nobelpreisträger
- Dietrich Falke (* 1927), Prof. Dr. med., Mikrobiologe und Infektiologe
- Jürgen W. Falter (* 1944), Dr., Politikwissenschaftler
- Hans Friderichs (* 1931), Dr. rer. pol., Bundeswirtschaftsminister a. D. (FDP)
- Jockel Fuchs (1919–2002), Dr. h. c. Mainzer Oberbürgermeister a. D. (SPD)
- Ernesto Garzón Valdés (* 1927), Prof. Dr. jur. Dr. h. c. mult., Rechtsphilosoph und Politikwissenschaftler
- Hanns Dieter Hüsch (1925–2005), Kabarettist
- Leo Just (1901–1964), Prof. Dr. phil., Historiker und Gründungsdekan der Philosophischen Fakultät der Universität Mainz
- Karl Kardinal Lehmann (* 1936), Prof. Dr. theol., Bischof von Mainz
- Elisabeth Noelle-Neumann (* 1916), Prof. Dr. phil. Dr. oec. h. c., Demoskopie-Pionierin
- Rolf Peffekoven (* 1938), Prof. Dr. rer. pol., Finanzwissenschaftler
- Helmut Schoeck (1922–1993), Prof. Dr. phil., Soziologe und Publizist
- Fritz Straßmann (1902–1980), Prof. Dr.-Ing., Chemiker
- Jürgen Zöllner (* 1945), Prof. Dr. med., Bildungs- und Wissenschaftssenator in Berlin (SPD)
[Bearbeiten] seit 1946
- Herbert Dittgen (* 1956), Prof. Dr., Politikwissenschaftler
- Gerhard Fischer-Münster (* 1952), Komponist und Dirigent
- Michel Friedman (* 1956), Dr. jur., Fernsehmoderator, Publizist und Jurist
- Gundula Gause (* 1965), Fernsehmoderatorin
- Stefan Hradil (* 1946), Prof. Dr. Dr. h. c., Soziologe
- Andreas Türck (* 1968), Fernsehmoderator
- Beatrice Weder di Mauro (* 1965), Prof. Dr. rer. pol., Wirtschaftswissenschaftlerin
[Bearbeiten] Weblinks
- Website der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
- Website der Hochschule für Musik Mainz
- Website des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Technische Universität Kaiserslautern | Universität Koblenz-Landau | Johannes Gutenberg-Universität Mainz | Universität Trier
Koordinaten: 49° 59' 35" N 8° 14' 30" O