Lost Highway (Film)
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Filmdaten | |
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Deutscher Titel: | Lost Highway |
Originaltitel: | Lost Highway |
Produktionsland: | USA Frankreich |
Erscheinungsjahr: | 1997 |
Länge (PAL-DVD): | 135 Minuten |
Originalsprache: | Englisch |
Altersfreigabe: | FSK 16 |
Stab | |
Regie: | David Lynch |
Drehbuch: | David Lynch Barry Gifford |
Produktion: | Deepak Nayar Tom Sternberg Mary Sweeney |
Musik: | Angelo Badalamenti |
Kamera: | Peter Deming |
Schnitt: | Mary Sweeney |
Besetzung | |
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Lost Highway ist ein US-amerikanischer Spielfilm von David Lynch, der 1996 gedreht wurde und 1997 in die Kinos kam. Der Film, der von manchen als der beste von David Lynch angesehen wird, mischt Elemente des Film Noir mit Elementen des Psychothrillers und des Horrorfilms. Seine intensive Wirkung bezieht er –- außer aus seiner verwirrenden, nicht-chronologischen Dramaturgie –- sowohl aus seiner rätselhaften, psychologisch dichten Handlung wie auch aus seiner ausdrucksstarken surrealistischen Bildsprache. Der Soundtrack verwendet unter anderem Stücke der Gruppe Rammstein.
[Bearbeiten] Handlung
Der Film ist grob in drei Teile geteilt: einen ersten Teil mit Fred und Renée im Mittelpunkt, der bis zur ersten Verwandlung geht. Im zweiten Teil treten Pete und Alice an die Stelle von Fred und Renée. Der dritte Teil behandelt Fred und Dick Laurent. Die Figur des mysteriösen Mannes zieht sich durch alle drei Teile und verbindet diese gewissermaßen miteinander.
[Bearbeiten] Fred und Renée
Nach dem Vorspann, der die Sicht auf einen nächtlichen Highway aus einem fahrenden Auto heraus zeigt, beginnt die Filmhandlung mit dem Bild eines rauchenden, nervösen Mannes (Bill Pullman) in einem etwas dunklen, aber wohlhabend eingerichteten Haus. Während der Mann gedankenversunken raucht, klingelt es an der Tür. Eine Stimme sagt durch die Sprechanlage: „Dick Laurent ist tot!“ Danach hört man quietschende Reifen in der Ferne. Als der Mann aus dem Fenster schaut, ist niemand zu sehen.
Kurz darauf erfährt man, dass der Mann, Fred Madison, Jazz-Saxophonist und verheiratet ist. Aber die Ehe zwischen ihm und seiner Frau Renée (Patricia Arquette) steht nicht zum Besten. Die Kommunikation zwischen beiden scheint gestört zu sein: Renée lügt Fred an, während dieser sie misstrauisch auszufragen versucht, warum sie nicht auf sein Konzert am Abend mitkomme. Außerdem vermutet Fred, der seine Frau sexuell nicht zu befriedigen imstande ist, dass sie ihn betrügt. Als er während des Konzertes zuhause anruft, geht niemand ans Telefon, obwohl Renée ihm gesagt hatte, sie wolle lesen. Als er nachts nach Hause kommt, liegt Renée schlafend im Bett.
Eines Morgens finden die beiden ein anonymes Päckchen vor ihrer Haustür, in dem sich ein unbeschriftetes Videoband befindet. Sie sehen es gemeinsam an – es enthält Außenaufnahmen ihres eigenen Hauses. Am nächsten Morgen finden sie ein weiteres Videoband, das nun auch das Innere des Hauses, unter anderem das schlafende Ehepaar, zeigt. Die Polizei kann jedoch keine Einbruchsspuren feststellen.
[Bearbeiten] Die Party bei Andy und der „Mystery Man“
Am Abend gehen die beiden auf eine Party eines Freundes von Renée, Andy (Michael Massee), den Fred zum ersten Mal kennenlernt. Auf dieser Party wird Fred von einen mysteriösen, optisch an die Figur des Mephisto erinnernden Mann angesprochen (im Abspann „Mystery Man“ genannt, gespielt von Robert Blake), der behauptet, Fred schon einmal begegnet zu sein. Und er behauptet: „Ich bin bei Ihnen zuhause. Ich bin jetzt gerade dort.“ Zum Beweis fordert er Fred auf, ihn mit einem hingehaltenen Mobiltelefon anzurufen. Fred wählt seine eigene Nummer, und tatsächlich geht dort der Mann ans Telefon, der ihm auf der Party gerade gegenübersteht. Fred fragt den Mann am Telefon, wie er in sein Haus gelangt sei – dieser antwortet: „Sie haben mich eingeladen. Es ist nicht meine Art, dorthin zu gehen, wo ich nicht erwünscht bin.“ Dann fordert er ihn auf, das Telefon zurückzugeben. Der seltsame Gast verabschiedet sich und verschwindet.
Fred erkundigt sich beim Gastgeber Andy nach dem mysteriösen Mann, aber dieser kennt ihn nicht und vermutet, er sei ein Freund von Dick Laurent. Fred antwortet spontan, dass Dick Laurent doch tot sei. Andy ist verwundert und meint, dass dies unmöglich sein könne. Als Fred und Renée nach Hause fahren, fragt er sie, woher sie das „Arschloch“ Andy kenne. Sie deutet an, sie habe ihn in einem Club kennengelernt und dass Andy ihr einmal einen Job verschafft habe, führt dies jedoch nicht weiter aus.
[Bearbeiten] Der Mord an Renée
Zuhause angekommen, denkt Fred, dass jemand im Haus ist. Aber als er nachsieht, ist niemand zu sehen - nur das Telefon klingelt zwei Mal. Später sieht man im Haus, das nur spärlich beleuchtet ist, Renée nach Fred suchen, der plötzlich verschwunden ist. Renée ruft verängstigt nach Fred. Es ist dieselbe Situation wie in einem Traum, den Fred einen Tag vorher geträumt hat und den er Renée nach einem misslungen Geschlechtsakt erzählt hat.
In der nächsten Szene sieht man Fred, wie er sich eine weitere Videoaufnahme ansieht. Erneut sieht man die Vorderseite des Hauses, dann, wie jemand die Treppe hinaufgeht und das Schlafzimmer filmt. Dort kniet Fred im Blutrausch über der zerstückelten Leiche seiner Frau. Man sieht, wie er den Namen seiner Frau ruft. Durch einen schnellen Schnitt vom Video in die Realität sitzt Fred plötzlich auf einem Polizeirevier und wird von einem Polizisten ins Gesicht geschlagen. Sie halten ihn für den Mörder seiner eigenen Frau, aber Fred kann sich an nichts erinnern und leugnet die Tat. Trotzdem wird er zum Tode verurteilt und ins Gefängnis gesperrt.
[Bearbeiten] Die erste Verwandlung
Im Gefängnis leidet Fred an unerträglichen Kopfschmerzen, und Visionen plagen ihn – so träumt er vom Mystery Man und von der Fahrt auf einem verlassenen Highway, aber er sieht auch Bilder vom Mord an seiner Frau, sowie einige andere, von hellem Licht durchflutete Bilder, die schwer zu erkennen sind, aber an eine Geburtsszene erinnern. Schließlich kollabiert Fred in seiner Zelle.
Am nächsten Morgen aber finden die Wärter nicht Fred in der Zelle vor, sondern einen Anderen – Pete Raymond Dayton (Balthazar Getty), einen unbekannten jugendlichen Mann. Die Polizei lässt ihn, der ja kein Verbrechen begangen hat, frei, beschattet ihn aber, um dem unbegreiflichen Vorfall auf die Spur zu kommen.
[Bearbeiten] Pete und Alice
Pete geht am nächsten Tag wieder an seine Arbeit in einer Autowerkstatt, wo der Gangsterboss Mr. Eddy (den die Polizei unter dem Namen Dick Laurent kennt) vorbeikommt, um seinen Mercedes reparieren zu lassen. Mr. Eddy (Robert Loggia) nimmt Pete auf eine Spritztour mit, während der Eddy und seine Leibwächter einen Autofahrer brutal verprügeln, der zu dicht auffuhr.
Mr. Eddy bringt ihm am nächsten Tag auch seinen anderen Wagen, einen Cadillac zur Reparatur. Dabei sieht Pete die schöne Freundin von Mr. Eddy, Alice Wakefield (ebenfalls Patricia Arquette). So wie Pete in vielerlei Hinsicht ein exaktes Gegenstück zu Fred darstellt (unter anderem ist er sexuell potent), ist Alice das (von derselben Schauspielerin gespielte) Gegenstück zu Renée, von der sie sich nur durch Haarfarbe (blond statt dunkelbraun) sowie durch ihre Art unterscheidet (stilvoll und charismatisch statt verdruckst und dümmlich). Pete ist ganz verzaubert von ihrer Erscheinung und sieht ihr gebannt hinterher.
Später am Abend kommt Alice dann mit einem Taxi allein zur Werkstatt zurück und möchte mit Pete ausgehen. Der hat zwar zunächst Angst vor Mr. Eddy, kann ihr aber doch nicht widerstehen. In einem Motel schlafen die beiden miteinander und verlieben sich offensichtlich. Bei weiteren Treffen planen sie, gemeinsam zu fliehen – was auch nötig erscheint, da der für seine Skrupellosigkeit bekannte Mr. Eddy bereits Verdacht schöpft.
[Bearbeiten] Mr. Eddy und sein Freund, der Mystery Man
Als Pete irgendwann nach Hause kommt, möchten seine besorgten Eltern mit ihm über einen Vorfall sprechen, der sich vermutlich ereignet hat, kurz bevor Pete im Gefängnis gefunden wurde; aber Pete kann sich nicht erinnern. Seine Eltern erzählen ihm, dass er an jenem Abend mit seiner Freundin Sheila (Natasha Gregson Wagner) nach Hause kam und dass ein unbekannter Mann dabei war, wollen aber – den Tränen nahe – nicht mehr erzählen. Plötzlich schießen Pete Bilder vom Mord an Renée in den Kopf.
Am nächsten Tag trifft Pete sich wieder mit Alice im Motel. Sie berichtet ihm unter anderem, wie sie an Mr. Eddy geraten ist. Ein Bekannter habe ihr „einen Job“ angeboten und sie zu Mr. Eddy bestellt. Dieser zwang sie dann unter vorgehaltener Waffe, Pornofilme zu drehen. Pete und Alice überlegen, wie sie vor Mr. Eddy, der über ihr Verhältnis mittlerweile Bescheid weiß, fliehen können. Alice schlägt vor, Andy zu überfallen und in seiner Villa auszurauben - es handelt sich bei diesem Andy um den Gastgeber der Party aus dem ersten Teil. Bereits Renée berichtete von ihm, er habe ihr „einen Job“ vermittelt. Pete solle abends in der Villa warten, um Andy niederzuschlagen, während sie ihn ablenke.
Als Pete vorher noch einmal nach Hause kommt, erwartet ihn Sheila, die verschmähte Freundin Petes, und stellt ihn bezüglich Alice zur Rede. Pete meint, dass irgendwas mit ihm passiert sei und dass er nicht mehr er selbst sei. In diesem Moment ruft Mr. Eddy an, der mit drohendem Unterton fragt, ob es Pete gut gehe. Dann gibt er den Hörer an einen „Freund“ weiter, der ebenfalls mit Pete sprechen wolle. Es ist der mysteriöse Mann, der wie schon im Gespräch mit Fred auch zu Pete sagt, dass die beiden sich schon einmal in seinem Haus begegnet seien. Pete ist erschrocken und versteht nicht, was das alles zu bedeuten hat.
[Bearbeiten] Der Mord an Andy
Abends fährt er wie verabredet zur Villa von Andy, um sich dort hinter der Bar zu verstecken. Im Wohnzimmer läuft auf einer großen Leinwand ein Pornofilm mit Alice in der Hauptrolle. Als Andy nach unten kommt, wird er von Pete bewusstlos geschlagen. Als er noch einmal aufsteht und sich auf Pete stürzen will, stolpert er und rammt sich im Fallen die Kante eines Glastisches tief in den Kopf. Pete ist entsetzt über diesen Unfall, aber noch mehr über Alices kalte Art, als sie ihm auf seine Bemerkung: „Wir haben ihn umgebracht“ antwortet: „Du hast ihn umgebracht.“
Während Alice alle auffindbaren Wertgegenstände einsammelt, entdeckt Pete eine Fotografie auf einer Kommode. Es zeigt nebeneinander Andy, Renée, Alice und Mr. Eddy. Pete fragt: „Bist du das? Bist du alle beide?!“ Alice zeigt auf die blonde Frau und sagt: „Die hier bin ich.“
Pete bekommt plötzlich furchtbare Kopfschmerzen. Als er nach oben geht, um das Badezimmer zu suchen, bekommt er wieder Visionen und befindet sich plötzlich im langen Gang eines Hotels und öffnet das Zimmer mit der Nummer 26. Darin sieht er Alice im Schein roten Lichts, wie sie mit jemanden schläft, ihn dabei ansieht und ihm sarkastisch zuruft: „Du wolltest mich sprechen, ja? Du wolltest mich fragen: Warum!?“ Pete schließt schnell die Tür und ist wieder in der „Wirklichkeit“. Unten bedroht ihn Alice mit einer Pistole, als wolle sie ihn erschießen, tut es jedoch nicht, sondern lässt es als Scherz erscheinen. Im Hintergrund läuft noch immer der Pornofilm.
[Bearbeiten] Das Haus in der Wüste und die zweite Verwandlung
Pete und Alice fahren in die Wüste zu einem Hehler, der ihre Beute einlösen soll. Es ist dasselbe Haus wie jenes, das in einer von Petes Visionen lichterloh brennt. Weil das Haus leer ist, gehen sie zurück zum Wagen. Pete fragt Alice, warum sie gerade ihn ausgesucht habe; sie antwortet: „Du willst mich doch noch, oder, Pete? Mehr als je zuvor.“ Als sie sich daraufhin im Scheinwerferlicht des Autos lieben, untermalt mit der Musik von This Mortal Coil, sagt Pete: „Ich will dich! Ich will dich!“ Darauf antwortet ihm Alice ins Ohr flüsternd: „Du wirst mich niemals kriegen.“ Dann steht sie auf, dreht ihm den Rücken zu und geht in das Haus.
Nun ist Pete plötzlich wieder Fred Madison. Im Auto sitzt der mysteriöse Mann und sieht Fred an, dann ist er mit einem Mal verschwunden und ruft stattdessen vom Haus her: „Hier bin ich!“ Fred zieht sich an und geht in das Haus. Er fragt nach Alice, aber der Mann sagt, eine Frau namens Alice habe es nie gegeben, ihr Name sei Renée. Dann fragt er Fred nach seinem Namen, während er eine Videoüberwachungskamera auf ihn richtet, vor der Fred flieht. Fred rennt zum Auto und fährt den Highway entlang, bis er an einem Motel, dem „Lost Highway Hotel“, Station macht.
[Bearbeiten] Der Mord an Dick Laurent
In einem Zimmer des Motels sieht der Zuschauer Renée, wie sie mit Mr. Eddy/Dick Laurent schläft. Fred läuft an der geschlossenen Tür mit der Nummer 26 vorbei und nimmt das Zimmer 25. Dort beobachtet er dann durch das Fenster Renée, wie sie das Hotel verlässt und wegfährt. Fred klopft an die Tür mit der Nummer 26. Als Laurent öffnet, schlägt Fred ihn mit der Pistole, die ihm Alice gegeben hat, nieder und sperrt ihn in den Kofferraum von Laurents Mercedes, mit dem er davonfährt. Von einem anderen Hotelzimmer aus beobachtet der mysteriöse Mann hinter einem Vorhang versteckt die Geschehnisse mit einem ernsten Blick.
Fred fährt in die Wüste zu dem Haus. Als er den Kofferraum öffnet, springt ihm Laurent entgegen, aber der plötzlich ebenfalls anwesende mysteriöse Mann reicht Fred ein Messer, mit dem er Laurent den Hals durchschneidet. Der mysteriöse Mann gibt dem schwer Blutenden einen Taschenfernseher. Auf dem Bildschirm ist Laurent mit Renée zu sehen, wie er sie küsst, während sie und seine Freunde einen Porno ansehen, in dem unter anderem Marilyn Manson eine Kurzauftritt hat. Nachdem Laurent den Fernseher zurückgeben musste, sagt er zu dem mysteriösen Mann: „Sie und ich, Mister, wir stellen all die andern Scheißkerle bei weitem in den Schatten. Nicht wahr?“
Aber der Mann antwortet nicht, sondern erschießt Laurent mit zwei Schüssen aus einer Pistole. Dann flüstert er Fred etwas ins Ohr, das der Zuschauer nicht versteht. Fred nickt.
[Bearbeiten] „Dick Laurent ist tot.“
Die Polizei hat inzwischen die Leiche von Andy gefunden. Überall sind Fingerabdrücke von Pete Dayton. Das Foto auf der Kommode ist noch da, aber es sind nur drei Personen abgebildet: Andy, Renée und Dick Laurent. Der Polizeibeamte erkennt die ermordete Ehefrau von Fred.
Fred fährt derweil mit Laurents Mercedes zu seinem eigenen Haus und klingelt an der Tür. Nach kurzer Zeit geht jemand an die Sprechanlage, und Fred sagt den Anfangssatz des Films: „Dick Laurent ist tot.“ Währenddessen kommen zwei Polizeibeamte, die das Haus bzw. Fred observieren, herbeigelaufen. Fred springt in den Wagen und flüchtet. Es beginnt eine Verfolgungsjagd, bei der wieder das Bild des Highways erscheint, mit dem der Film begann. Fred sitzt schreiend am Steuer. Es scheint eine weitere Verwandlung zu beginnen. Sein Kopf ist stark deformiert.
[Bearbeiten] Interpretation
Viele Interpreten des Films verstehen die Handlung ab der Verwandlung als Halluzination Freds im Gefängnis, der sich in Pete ein Alter Ego herbeiphantasiert, um seine Situation erträglich zu machen und seine Schuld zu leugnen (vgl. etwa: Slavoj Žižek, Rezension in der Süddeutschen Zeitung vom 2. April 2005). Pete ist in vielen Details das exakte Gegenstück zu Fred – vor allem ist er sexuell potent und kann Alice, das blonde Gegenstück zu Freds Frau Renée, befriedigen. Immer wieder jedoch scheint das Trauma des Mordes auch in dieser Halluzination hindurch, wenn nämlich Pete selbst Visionen hat, die ihn mit einem Ereignis konfrontieren, das er nicht versteht. Fred, der eigentliche Pete, verleugnet und verdrängt seine Schuld, die aber auf symbolische Weise wiederkehrt – als das Geheimnis, über das Pete mit seinen Eltern spricht und an das er sich nicht erinnern kann. Die Vision eines brennenden Hauses, die Pete erscheint, ist womöglich eine indirekte Erinnerung an den Mord, während dem ein brennendes Feuer im Kamin zu sehen ist.
Andy wäre aus psychoanalytischer Sicht dann ein Rivale von Fred, mit dem Renée ihn betrügt, weshalb Pete ihn im zweiten Teil umbringt. Mr. Eddy/Dick Laurent verkörpert nach Meinung der meisten Interpreten eine obszöne Vaterfigur (vgl. Žižek, SZ vom 2. April 2005), die ein sexuelles Genießen (Jouissance) verkörpert, zu dem Fred selbst nicht fähig ist. Auf diese phallische Dimension deutet bereits Laurents Name hin: „Dick“ heißt auf englisch „Schwanz“ bzw. Penis. Als eigentlicher Besitzer von Alice repräsentiert die Vaterfigur Mr. Eddy zugleich ein ödipales Verbot, weshalb er von Fred am Ende durch eine Art Vatermord getötet wird.
Der mysteriöse Mann könnte die verdrängten, bösen Seiten Freds repräsentieren, mit denen er immer wieder unfreiwillig konfrontiert wird – verdichtet im Symbol der Videokamera, die alles aufzeichnet und vor der es kein Entrinnen gibt.
Robert Blanchet analysiert den Film als Möbiusschleife – als kreisförmiges Gebilde, das kein Ende kennt, wobei aber nach der Kreisbewegung nicht wieder von vorne begonnen wird, sondern eine Veränderung stattgefunden hat [1]. Ähnlich beschreibt auch Georg Seeßlen die Wiederaufnahme des Anfangssatzes am Ende des Films:
- „Für Fred Nr.1 beginnt die Geschichte von vorn, für Fred Nr.2 geht sie weiter auf der Flucht vor Polizeiwagen, aber anstatt in den Tag rast er ziellos seinen 'Lost Highway' hinab in eine ewig anmutende Nacht, mit dem Schrei eines Wahnsinnigen... Der Teufelskreis hat sich geschlossen, der Weg heraus ist der in die ewige Verdammnis, die Hölle.“ [2]
Andreas Thomas interpretiert den Film als „Faust im Medienzeitalter“, wobei der mysteriöse Mann die Rolle des teuflischen Mephisto einnimmt:
- „Lost Highway handelt von der Hölle. Von der Hölle vor und nach dem Teufelspakt. Von der Hölle des Lebens in einer ‚alltäglichen‘ Unausweichlichkeit, von der Trennung vom Leben, der Vergeblichkeit der Liebe und der Isolation. Die Einsamkeit eines Paares in seiner Partnerschaft, in seinem Haus, in dessen Dunkelheit es sich zu verlieren droht, das mit seinen dicken Mauern und schießschartenartigen Fenstern anscheinend Sicherheit geben soll, aber jede Lebendigkeit erstickt. Und nun der Faustruf nach Entgrenzung. Wie eine verzweifelte Beschwörung diabolischer Mächte klingt Freds Saxophonsolo, und das Videoband belegt: Der Geladene ist schon da, ihm zu helfen - und ihn zu observieren. Aus dem Pudel ist eine Überwachungskamera geworden.“ [3]
Letztlich ist der Film nur schwer abschließend zu interpretieren, da er eine Vielzahl möglicher Interpretationsansätze bietet. So kann er sowohl psychologisch als Traum-Phantasie und Seelenbild eines unglücklichen Saxophonspielers gelesen werden, wie auch als Mystery- oder Horrorfilm mit „realen“ Ereignissen. David Lynch sagte, man könne den Film interpretieren, aber man solle es nicht tun, sondern ihn in seiner Bildgewalt wirken lassen [4]. So kritisiert er die Haltung vieler Zuschauer:
- „Jedes einzelne Element eines Films muß auf Anhieb verstanden werden - und zwar verstanden auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Es ist eine wahre Schande. Es gäbe so viele Orte, an welche sich die Leute begeben könnten, wären sie nicht so eng an diese Beschränkung gebunden.“ (Interview im Rolling Stone, 6. März 1997)
Andererseits antwortete Lynch auf die Frage, ob er seine Zuschauer mit Lost Highway verwirren wollte:
- „Nein, nein. Er erfordert nur eine bestimmte Methode - es geht nicht um Verwirrung, sondern darum, das Geheimnis zu fühlen. Jemand sagte mal: 'Mystery' ist gut, Verwirrung ist schlecht, und es gibt einen großen Unterschied zwischen beidem.‘ Ich will nicht zu viele Worte darüber verlieren – wenn man nicht gerade ein Dichter ist, werden die Dinge oft kleiner, wenn man über sie spricht. Aber Hinweise für eine richtige Interpretation sind genug da, und ich würde sehr wohl sagen, dass es letztlich in vielerlei Hinsicht eine durchaus geradlinige Geschichte ist. Es gibt nur ein paar Dinge, die etwas verschroben sind.“ [5]
Dass eine gründliche analytische Interpretation des Films weit führt, zeigt folgender Auszug aus einer Interpretation des Films von Ralf Ramge, in der einige Hinweise auf Korrespondenzen zwischen den verschiedenen Teilen des Films aufgezählt werden, die eine sehr bewusste Regie-Arbeit Lynchs erkennen lassen:
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- „Das Gespräch zwischen Fred und dem Mystery Man während Andys Party wird im wesentlichen wortgleich zwischen Pete und dem Mystery Man wiederholt. Das gleiche Gespräch zum gleichen Zeitpunkt?
- Renée wird am zweiten Tag durch das Bellen eines Hundes in der Nachbarschaft geweckt. Fred will wissen, wem der Hund gehört - nun, eigentlich sollte er es wissen, denn in der Einstellung in welcher Pete im Garten herumliegt, sieht man den Hund im Garten des Nachbarn herumlaufen.
- Die Wohnung von Fred und Renée ist düster, weite Bereiche werden von der Dunkelheit verschluckt, die Musik ist bedrohlich. Petes Welt erstrahlt in hellem Licht, wie uns die Gartenszene gleich vermittelt. Ein krasser Gegensatz, wie die dunklen und hellen Aspekte der Psyche?
- Als Pete im Radio die Musik hört, welche Fred in der Bar spielte, kann er sie nicht ertragen. 'Gute' und 'böse' Seite der Psyche zum zweiten? Zumal die Musik jeweils am Arbeitsplatz von Fred/Pete erschallt - übrigens haben auch beide eine Begegnung mit Renée/Alice an diesem Ort, welche durch Laurent/Eddy überschattet wird.“ [6]
Und Ramge führt den Gedanken einer Entsprechung von erstem und zweitem Teil noch weiter:
- „Durch die Geschehnisse, die in jeder der beiden Welten stattfinden, läßt sich sogar ein tatsächlicher chronologischer Ablauf der Geschehnisse feststellen. (...) Bevor Pete das Haus [von Andy] betritt, schaut er kurz auf seine Uhr - man vergleiche die Uhrzeit mit jener, welche man auf der Uhr in Freds Zimmer des 'Lost Highway Hotel' ablesen kann. (...) So läßt sich durch genaue Analyse sogar der genaue Zeitpunkt des Todes von Renée/Alice bestimmen, die Furcht Freds vor der Videokamera des Mystery Man, die Hinrichtung Freds auf dem elektrischen Stuhl ist in dem Film zu sehen, usw.“
Geht man davon aus, dass Fred im Gefängnis hingerichtet wurde, so erschiene der Rest des Films plötzlich als eine Art Leben nach dem Tode – auch diese Interpretation ist nicht auszuschließen und bedingt zusammen mit den anderen möglichen Interpretationen die kaum zu schließende Offenheit des Films, auf der gerade sein Reiz beruht.
[Bearbeiten] Trivia
- Lynch berichtete, dass die Eingangsszene des Films aus seinem Leben gegriffen sei: Tatsächlich habe einmal ein Mann an seiner Tür geklingelt und den Satz „Dick Laurent is dead“ durch die Sprechanlage gesprochen. Als Lynch aus dem Fenster blickte, sei niemand mehr zu sehen gewesen [7].
- Als beinahe seherisch entpuppte sich die Besetzung von Robert Blake, dem „Mysteryman“. Vier Jahre nach dem Start des Films wurde Blakes Frau ermordet – ein Verbrechen, für das der Schauspieler 2002 schließlich selbst angeklagt wurde.
- Immer wieder diskutiert wird der Einfluss des Films Tanz der toten Seelen (Carnival of Souls, 1962) auf David Lynchs Film. Der Mystery Man und der von Herk Harvey dargestellte Untote sind ähnliche Figuren, und die Hauptdarstellerin trägt den selben seltenen Vornamen (Candace) wie Pete Daytons Mutter. Auch die Geschichte weist gewisse Verwandtschaften auf: Der Film schildert die Todesvision einer bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Frau, die träumt, wie sie von den Toten verfolgt und in deren Welt hineingezogen wird.
- Das Sound-Design zu Lost Highway stammt wie in einigen anderen seiner Filme von David Lynch selbst.
- Die Dreharbeiten des Films mit einem Budget von 15 Millionen US-Dollar begannen im September 1995 unter anderem in Barstow und Los Angeles Kalifornien und in Chapel Hill North Carolina USA und wurden im Februar 1996 beendet.
- Lost Highway kam am 15. Januar 1997 in die französischen, am 21. Februar 1997 in die US-amerikanischen und am 10. April 1997 in die deutschen Kinos. Dabei spielte der Film in den USA nur rund 4 Millionen US-Dollar ein. Weltweit brachte er ein Einspielergebnis von rund 8 Millionen US-Dollar ein.
- Der Film ist eine Co-Produktion von Asymmetrical Productions, CiBy 2000, Lost Highway Productions LLC und October Films im Verleih von Senator Film (Deutschland).
- Olga Neuwirth und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek haben Lost Highway als Oper aufbereitet. Uraufführung war am 31. Oktober 2003 in Graz.
[Bearbeiten] Soundtrack
Der Soundtrack wurde von Trent Reznor produziert. Die Trackliste des offiziellen Soundtracks ist:
- David Bowie - I'm Deranged
- Trent Reznor - Videodrones; Questions
- Nine Inch Nails - Perfect Drug
- Angelo Badalamenti - Red Bats With Teeth
- Angelo Badalamenti - Haunting & Heartbreaking
- The Smashing Pumpkins - Eye
- Angelo Badalamenti - Dub Driving
- Barry Adamson - Mr. Eddy's Theme 1
- Lou Reed - This Magic Moment
- Barry Adamson - Mr. Eddy's Theme 2
- Angelo Badalamenti - Fred & Renee Make Love
- Marilyn Manson - Apple of Sodom
- Antonio Carlos Jobim - Insensatez
- Barry Adams - Something Wicked This Way Comes
- Marilyn Manson - I Put a Spell on You
- Angelo Badalamenti - Fats Revisited
- Angelo Badalamenti - Fred's World
- Rammstein - Rammstein
- Barry Adamson - Hollywood Sunset
- Rammstein - Heirate Mich
- Angelo Badalamenti - Police
- Trent Reznor - Driver Down
- David Bowie - I'm Deranged (Reprise)
Nicht auf dem offiziellen Soundtrack ist: This Mortal Coil - Song To The Siren